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Großenhainer Anterhaltungs- und Ameigeblatt. Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke. 86 1850 Sonnabend, den 26. October Tagesnachrichten. Sachsen. In der 35. Sitzung der zweiten Kammer ließ Prinz Albert für die Theilnahme an seinem Unglücke danken und anzeigen, daß er bald vollständig genesen sein werde. Dann erregte eine Interpellation die Aufmerksamkeit. In Betreff des Abgeordneten Neidhardt in Reichenbach hatte die Kreisdirection zu Zwickau nämlich berichtet, derselbe sei aus seinem Wohnorte weggezogen und habe deßhalb die Wählbarkeit daselbst verloren. Riedel erklärte nun den ganzen Bericht dieser Behörde für eine Unwahrheit, da Neidhardt Reichenbach nicht verlassen habe, und fragte an, wie so etwas habe vorkommen können. Minister v. Friesen er klärte, es sei schon angeordnet, weitere Erörterungen anzustellen. Dann kam man zur Bcrathung einiger Differenzpuncte mit der ersten Kammer in Hinsicht des Gesetzes über die Ablösung der Lehngelderver bindlichkeit. Bekanntlich hatte jene Kammer meh rere Puncte zum Nutzen der Berechtigten ausgenom men ; die zweite Kammer blieb dagegen bei ihren Beschlüssen auch dießmal stehen. Den Schluß machten Eisenbahnangelegenheiten. — Nach einer Bekanntmachung des Justizministeriums sind bis jetzt 4297 wegen Theilnahme am Maiaufstande in Untersuchung befindlich gewesene Personen völlig begnadigt, 182 sind die Strafen mehr oder minder ermäßigt worden. — Die Paßkartcnvereinsversamm- lung in Dresden hat den Erfolg gehabt, daß Baiern und Coburg dem Vereine beitreten werden. — In Unterlosa bei Plauen ist eine Frau, wahrscheinlich von ihrem Ehemanns, erdrosselt worden. Beide Leute hatten schon langst in Streit mit einander gelebt, es aber nicht zur Scheidung bringen kön nen, da die angebrachten Gründe nicht als hin länglich betrachtet wurden. Preußen. Der Generaladjutant des Königs, Graf v. d. Gröben, hat das Obercommando der preußischen Armee an der kurhessischen Grenze über nommen. — Der Gardelandwehr ersten Aufgebots wurde angezeigt, daß sie sich möglicher Weise noch in diesem Winter auf die Einberufungsordre vor bereitet halten möchte. — General v. Bonin hat das Commando der Truppen bei Wetzlar über kommen. — Bei den Gemcindcrathswahlen in Breslau wurden 14 Eonservative und 7 Demo kraten gewählt; 4 Wahlen sind noch nicht ent schieden. — Der dänische Gesandte hatte sich in Berlin beschwert, daß viele Freiwillige in preußischer Uniform und mit Militärpässcn versehen in das holsteinsche Heer einträten. Es wurde ihm geant wortet, daß jeder entlassene Soldat eine Uniform als sein Eigenthum erhalte und daß es ihm nicht verwehrt sei, damit hinzugehen, wohin er wolle. — Die Regierung hat zwei Kriegsdampffregatten, jede mit sechs 25pfündigen Bombenkanonen, in Eng land angekauft. — Die bundesfreundlichen Zei tungen heben hervor, daß mehrere streng demokra tische Zeitungen für die preußische Politik neuerlich Partei ergriffen haben, und glauben dadurch be wiesen zu haben, daß Preußen sich mit der Revo lution verbunden habe. Baiern läßt sehr viel Truppen hin und her marschiren. Ein Theil soll auch an die sächsische Grenze postirt werden. Baden. Die Grenzsperre gegen die Schweiz ist neuerdings wieder sehr verschärft. — Mehrere deutsche Flüchtlinge, darunter bis zu 8 Jahren Zuchthaus verurtheilte, haben sich hier gestellt, da sie dieß einem weiteren Aufenthalte in der Schweiz vorzuziehen erklärten. — Ein neues Vereinsgesetz wird erwartet. — Die Kammer hat dem Minister des Auswärtigen ein Vertrauensvotum gegeben und sich mit der Unionspolitik einverstanden erklärt. — Der Frankfurter Bundestag hat beschlossen, daß Baden binnen drei Monaten von Preußen geräumt sein soll. Kurheffen. Die Obersinanzkammer, Oberzoll- direction, Staatsjagdverwaltung, Oberbcrg- und Salzwerkdirection, das Obersteucrcollegium und Obersorstcollegium sind aufgehoben. Desgleichen eine Anzahl anderer Behörden. An die Stellen der abgesetzten, sollen Hassenpflugsche Creaturen kommen. — Die Abschiedsgesuche der Officiere sind noch nicht angenommen; Hasscnpflug hat beliebt, dieselben als Meuterei zu erklären. — Elvers ist von Wilhelmsbad zurückgekehrt. Die Ministerkrisis ist zerschlagen. Staatsrath Scheffer ist zum Mit glied des Staatsministeriums ernannt, ohne Porte feuille. — Die Cholera forderte in Kassel täglich gegen 20 Opfer. Hannover. Die Ministerkrisis ist vorüber. Das Ministerium bleibt, und somit wären die Be mühungen der blindreactionären Partei vor der Hand erfolglos gewesen. Die Stimmung im Lande