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Großenhainer Anterhaltungs - und AnreiSeblatt. Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke. ^.30. Sonnabend, den 13. April 1850. Tagesnachrichten. Sachsen. Den 9. April fand die erste gemein schaftliche Sitzung der Kammern statt, und zwar um sich über die Differenz des neuen Gewerbe- und Personalsteuergesetzes zu einigen. Dieselbe be trifft die Besteuerung der Pensionärs. Die zweite Kammer will eine unverhältnißmäßige hohe Be steuerung der Pensionen und Wartegelder, den so genannten Tarif k, die erste Kammer eine vcr- hältnißmaßigere und niedere; zwischen inne stand der Buhk'sche Antrag. Zur Uebersicht diene, daß 300 Thaler nach dem Tarif l? 2 Thlr. 3 Ngr., nach der ersten Kammer 2 Thlr. 22 Ngr., nach Buhk 2 Thlr. geben sollen; der eigentliche Unter schied kommt erst bei den Steigerungen zum Vor schein, wonach z. B. nach Tarif k 600 Thaler geben 13 Thlr. 21 Ngr., nach der ersten Kammer 6 Thlr. 19 Ngr., nach Buhk 7 Thlr., und der höchste Satz von 3000 Thalern nach Tarif F 375 Thlr., nach der ersten Kammer 91 Thlr., nach Buhk 145 Thlr. Für den Beschluß der ersten Kammer hatte sich die Regierung bei der Verhand lung darüber erklärt. Der Finanzminister Behr sprach sich gegen den Tarif x aus, dem nur po litische Ansichten zu Grunde lägen. Politischen An sichten könne aber das Recht der Gleichmäßigkeit in der Besteuerung nicht geopfert werden. Die Regierung habe schon zweimal in dieser Angele genheit nachgegeben und sich mit dem Beschluß der ersten Kammer einverstanden erklärt, obgleich der Procentsatz dadurch von 10 auf 30 Procent erhöht worden sei; sie habe gezeigt, daß sie den widrigen Streit enden wolle. Weiter zu gehen, sei gegen seine Ueberzcugung und gegen die seiner Collegen, und er werde eher zurücktreten, als das Gesetz in diesem Falle unterzeichnen. Der Unter schied des Ertrags betrage im Ganzen bei dem Tarif ik gegen den Beschluß der ersten Kammer nur 1000 Thaler, wahrend mit dem gegenwärtigen Gesetze, wenn es das Ministerium nicht annehmen könne, 70,000 Thaler dem Staate oder vielmehr den Steuerpflichtigen zu Schaden gehen würden, welche fast allein auf Vermögen und Renten ge worfen wären, während bei dem Gewerbe und der Landwirthschaft mehrere Erleichterungen eingetreten seien. Die vereinigte Kammer nahm aber trotzdem mit 55 gegen 54 Stimmen den Buhk'schen Tarif an, und somit wird es, wenn das Ministerium nicht zurücktritt, was nach den Worten des Mi nisters nicht zu glauben ist, bei dem jetzigen Gesetz bleiben. — Die 46. Sitzung der ersten Kammer hatte nur einen Beschluß von allgemeinerem Interesse, daß nämlich eine ärztliche Verpflegung und im Falle des Versterbens gewisse Beiträge den beurlaubten Unterofficieren 'und Soldaten der Kriegsreserve und der zweiten Abtheilung der Armee nicht mehr aus der Staatscasse gegeben werden sollen, außer wenn sie auf dem Wege nach oder von den Urlaubsorten zurück erkranken und sterben. — Die 56. Sitzung der zweiten Kammer betraf die fortgesetzte Bera- thung des Budjets für das Ministerium des In nern. Die einzelnen Posten zu erwähnen, würde zu lang sein; nur der einstimmige Beschluß der Kammer dürfte Manchen interessiren, die Regierung solle die Aufhebung der medicinisch-chirurgischen Akademie zu Dresden bei der in Aussicht gestellten Medicinalreform dadurch vorbereiten, daß sie von jetzt an nur noch solche Zöglinge aufnehme, welche später zum Uebcrtritt zur Universität (durch das Gymnasialexamen) berechtigt seien.— Die Industrie- Ausstellung in Leipzig ist am 10. April eröffnet worden. — Das Ministerium des Innern macht bekannt, daß das am 28. Januar 1836 von dem russischen Major a. D. Adamowitzsch von Olsufieff der Dresdner Blindenanstalt vermachte Capital nun 19,199 Thaler betrage. — Am 7. April hielt der König über die der Dresdner Garnison angehören den 3 Bataillone der 1. Jnfanteriebrigade auf dem Theaterplatze eine Revue ab und trug dabei das erste Mal den Waffenrock. Der Leipziger Zeitung nach sah derselbe sehr wohl aus und wurde von den Truppen mit wahrem Jubel und donnerndem Hoch begrüßt. — Am 9. April erschoß sich der Ziegeldeckergeselle Döhlichen zu Dresden, als er dabei ertappt wurde, seine ehemalige Geliebte aus verschmähter Liebe mit einem Hammer todtzuschla- gen; sie kam jedoch dadurch glücklich mit einigen nicht gefährlichen Kopfschlägen davon. Preußen. Der französische Gesandte in Berlin soll geäußert haben, daß nur ein äußerer Krieg Frankreich noch von der inncrn Krise retten könne und daß hierbei vorzüglich^ die preußischen Rhein provinzen gefährdet sein würden, darauf aber die Antwort erhalten haben, daß eine solche Krise auch zugleich die deutschen Streitigkeiten im Innern