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Großenhainer Anterhaltungs- uns Anreigeblatt Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke. 29. Mittwoch, den 10. April 1850. Tagesnachrichten. Sachsen. 53. Sitzung der zweiten Kammer. Auf der Tagesordnung war die Berathung des Berichtes über das Ausgabebudjet des Ministeriums des Innern, im Betrage von zusammen 597,495 Thaler, gegen die vorige Finanzperiode 44,515 Tha ler mehr, welche Erhöhung vorzüglich auf Pflege der Landwirthschaft und des Gewerbewesens, sowie für die Straf- und Versorgungsanstalten kommt. Sowohl in dieser als in der 54. Sitzung wurden sämmtliche Ansätze mit ganz unbedeutenden Ab änderungen größtenthcils mit sehr großer Majorität angenommen. — Die 45. Sitzung der ersten Kam mer bot von allgemeinem Interesse nichts dar. vr Joseph suchte wieder um die Erlaubniß, ein Gesetz einzubringen, nach, betreffend die Ordnung und Ausübung des Jagdrechts. — Eine Verord nung vom 27. Marz verbietet das Tragen von Stockdegen und andern heimlichen Waffen. Eine dergleichen vom 5. April bedroht jede Pflichtver nachlässigung bei Bewachung von Gefangenen an dem Dienstpersonale in Folge neuerdings häufig vorgekommener Entweichungen aus dem Gefängniß mit sofortiger Dienstentlassung. — Obgleich Advocat Blöde unter Bruch des Handgelöbnisses die Flucht ergriffen hat, ist Professor Richter auf Handgelöbniß und gegen 2000 Thaler Caution der Haft ent lassen worden. Unter den neuerdings davongeflo- genen „Maikäfern", welchen Namen die Mai gefangenen scherzhafter Weise erhalten haben, be findet sich auch der Bürgermeister Schmidt aus Wurzen. Obgleich von Vielen diese gelungenen Fluchtversuche beklagt werden, können wir diese Meinung nicht theilen, denn von Amerika aus, wohin den Entkommenen fast allein die Auswan derung offen steht, ist ein Schaden durchaus nicht zu fürchten, während durch jahrelanges Gefängniß dem Lande viele Kosten verursacht und dem Ge fangenen alle Mittel, eine andere Existenz sich zu suchen, abgeschnitten oder wenigstens verkümmert werden. Am 7. April entkamen übrigens auch zwei gemeine Verbrecher (Spitzbuben) aus der Amts- frohnfeste zu Dresden durch den Ofen und, nach dem sie ein Schloß mit einem Messer ausgeschnitten hatten, über die Dächer. Erst Nachmittags 5 Uhr wurden dieselben im Keller des Amthauses, wo man sie den Fluchtspuren nach am wenigsten ver- muthete, zufällig wieder erlangt, nachdem sich der Eine kurz vorher erstochen hatte. — Die Aufnahme der Viehbestandslisten nach der Verordnung vom 2. März 1844 ist auf den 30. April festgesetzt worden. — Der Schneidermeister Franke ist wegen Theilnahme an der Inbrandsetzung des Opern hauses u. s. w. zum Tode vcrurtheilt worden. Preußen. Der Handelsminister hat eine öf fentliche Aufforderung zur Einreichung von Ent würfen zu einer Rheinbrücke zwischen Eöln und Deutz erlassen. — In der letzten Zeit sind mehrere Ministcrräthe unter Vorsitz des Königs über die deutsche Frage gehalten worden. — Der Anschluß der Truppen der beiden Mecklenburg ist erfolgt und geht so weit, daß z. B. auf preußischen,Universi täten studirende Mecklenburger ihre Zeit unter dem preußischen Militär in der Universitätsstadt dienen können. — Die Wahlen zur ersten Kammer sind durchgängig konservativ ausgefallen. Würtemberg. Der Staatshaushaltsplan, welcher den Kammern vorliegt, weist das ungün stige Resultat nach, daß zur Deckung desselben die Steuern bedeutend erhöht werden sollen. — Es bestätigt sich, daß an der würtcmbcrgisch - badischen Grenze ein Lager aus süddeutschen Truppen ge bildet wird, außerdem auch einige Lager innerhalb Baierns. Hannover. Das hannöversche Regierungs schreiben über die deutsche Versassungsangelegcnheit spricht sich klar und offen aus, daß die Regierung eine Abänderung des alten Bundesrechtes von der Zustimmung aller Bundesgenossen abhängig mache, d. h. auf gut Deutsch, daß der alte Bundestag wieder in Frankfurt anfange zu tagen und Ferien halte, denn wenn Einstimmigkeit von 38 Indivi duen erfordert wird, kommt sicher ein Nichts zu Stande. Dessau. Nach dem Gesetz über Aufhebung der Stolgebührcn sind die Gebühren für alle kirchlichen Acte, mit Ausnahme derjenigen, die auf Verlangen in den Wohnungen der Betheiligten verrichtet wer den, abgeschafft. Die Geistlichen erhalten dafür eine Entschädigung aus der Staatscasse. Hessen. Die Zeugenverhöre bei dem Processe wegen der Ermordung der Gräfin Görlitz sind nun beendet. Es geht aus ihnen ziemlich deutlich hervor, daß der ehemalige Bediente des Grafen, Johann Stauff, der Mörder sein dürfte, wahrend