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Großenhainer Unterhaltungs - und AnreiZeblatt — Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke. 2H. Mittwoch, den 27. März 18^0 Tagesnachrichten. Sachsen. Die Processe bei den Leipziger Assisen haben sämmtlich mit Freisprechungen geendet, selbst die Anklagen wegen Verbreitung gemeiner und un sittlicher Bilder. Der Eindruck ist daher im All gemeinen kein günstiger, denn Niemand kann sich verhehlen, daß grade durch ein solches Verfahren eine Aendcrung des Geschwornengerichts im be schrankenden Sinne hcrbeigeführt werden dürfte. — Der Staatsminister a. D. vr. v. Falkenstein ist provisorisch mit dem Vorsitz im evangelischen Lan- desconsistorium beauftragt und bereits eingeführt worden. — In der 49. Sitzung der zweiten Kam mer war bemerkenswerth eine Interpellation Bieder- mann's wegen des baierschen Dreikönigsbundes und ob die Regierung nicht die Zustimmung der Kammern dazu einzuholen gedenke. Hierauf kam ein königliches Decret zur Berathung, wonach die provisorische Forterhebung der Steuern bis zum 31. December in Vorschlag gebracht wird, und zwar sollen erhoben werden: 1) die bisherigen or dentlichen Steuern, 2) a. ein Zuschlag zur Grund steuer nach zwei Pfennigen von der Steuereinheit und 1). ein Zuschlag zur Gewerbe- und Personal steuer nach Höhe eines vollen Jahresbetrags (also eine koppelte Gewerbe- und Personalsteuer). Die Bewilligung der Steuererhebung wurde jedoch vor läufig nur bis Ende August angenommen (mit 42 gegen 25 Stimmen), die außerordentlichen Zuschläge aber vor der Hand mit 35 gegen 32 Stimmen abgelehnt. — Die 42. Sitzung der ersten Kammer wurde mit einer Suspendirtenangelcgenheit hin gebracht. Die 43. Sitzung führte zu der Annahme des Joseph'schen Gesetzentwurfes, wonach die po litischen Angeklagten vor Schwurgerichte gestellt werden sollen. Das Ministerium hat aber schon früher erklärt, daß es nicht dazu geneigt sei, noch sich dazu verpflichtet halte. — Die 50. Sitzung der zweiten Kammer betraf eine Anzahl uninteressanter Kleinigkeiten. Preußen. Der Reichstag der deutschen Union zu Erfurt wurde mit den bei solchen Gelegenheiten gewöhnlichen Festlichkeiten und Ceremonien am 2o. März eröffnet. Die bisherigen drei Sitzungen des Staaten- und Volkshauses beschäftigten sich mit den Wahlprüfungcn, den Wahlen der Aus schüsse, der Geschäftsordnung u. — Der 49. Ge burtstag des Prinzen von Preußen ist in vielen Kreisen gefeiert worden. — Am 23. März ward die neue Gemeindeordnung für den preußischen Staat veröffentlicht. — Der officiclle Preußische Staats- Anzeiger enthält folgenden Artikel: „In Folge der Thronrede, mit welcher am 15. d. M. die wür- tembergische Landesversammlung eröffnet worden ist, haben Se. Majestät der König sich bewogen finden müssen, Ihren Gesandten am königlich würtem- bergischen Hofe den Befehl zu ertheilen, Stuttgart mit dem gelammten Gesandtschaftspersonale zu ver lassen." Dem würtembergischen Gesandten in Ber lin wurde eine Note cingchändigt, in welcher ihm der gänzliche Abbruch des diplomatischen Verkehrs angezeigt und angcdeutct wird, daß Preußen cs unter seiner Würde halte, anders als auf diese Art auf die Verdächtigungen und Beschuldigungen der würtembergischen Rede vom Throne zu ant worten. — Die Gerüchte, welche über einen von Oesterreich zu berufenden Congrcß derjenigen Mächte, welche 1815 die Verträge unterzeichnet haben, in Umlauf waren, scheinen sich zu bestätigen. — Der Justizrath Rötger zu Erfurt ist vom Ministerium mit der Führung der Klage gegen die sächsische und hannöversche Regierung beim Bundesschiedsgcrichte beauftragt worden. — Die Sendung des Gehcim- raths Delbrück nach Wien in Betreff der Zoll einigung mit Oesterreich ist, wie gleich Anfangs zu vermuthen war, als gänzlich verunglückt zu betrachten. Baiern. Das neue Vercinsgesetz hat die frei willige Auflösung einer Anzahl politischer Vereine zur Folge gehabt, da bei dessen Strenge dieselben kaum existiren können. Alle Beamten müssen außer dem schwören, daß sie weder einem geheimen, noch verbotenen, noch mißliebigen Vereine angchörcn, noch künftig angehören werden. — Die Stadt Ludwigshafen soll am Rheinufer befestigt werden. — Am 20. März erhielten neun Batterien Befehl, ihre Beurlaubten unverzüglich cinzuberufen, sich auf den Kriegszustand und zur Marschbereitschaft auszu rüsten. Baden. Das noch von Hecker entworfene Bürgcrwehrgesetz ist aufgehoben. — Beide Kam mern haben einstimmig die Bewilligung zum An schluß Badens an die deutsche Union gegeben. Würtembcrg. Die Kammer hat einstimmig be schlossen, keine Adresse auf die Thronrede zu erlassen.