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haben sich alle Bevollckächtigte für baldige Ein berufung des Reichstages und sofortige Feststellung eines Termins (des 15. Januar 1850) ausge sprochen, außer Hannover und, wie sich von selbst versteht, Sachsen. Denn was war von der säch sischen Politik Anderes zu erwarten, als daß sie auf dem glorreichen Pfade, bald nach Oesterreich, bald nach Preußen taumelnd, fortzuwandeln sucht, auf dem sic so großartige Erfolge schon errungen hat, daß Sachsen aus einem der aussichtreichsten deutschen Lander eine politische Null geworden ist. Wenn die Kammern nicht entschieden für den Drei königsbund auflreten, werden wir wieder von Oester reich ins Schlepptau genommen werden. — Die neue Centralgewalt ist endlich fertig und heißt: Interim. Es besteht dasselbe aus zwei österreichischen und zwei preußischen Bevollmächtigten, und wenn sich diese Herren nicht einigen können, ernennt Oesterreich und Preußen jedes einen deutschen Für sten zum Schiedsmann; geht es auch dann noch nicht, so wählen diese Schiedsleute zusammen noch einen Schiedsrichter rc. rc. Man sicht, die Sache ist äußerst praktisch. Man wird vor lauter Schei den gar nicht zum Bereinigen kommen. Se. kaiserl. Hoheit der Erzherzog Reichsverweser werden seine Gewalt in die Hände der Jnterimsherrcn niederlcgen. Baden. Einige Todesurtheile wurden wieder vollstreckt und unter den Berurlheilten befand sich auch der ehemalige Adjutant Trützschlers. — Aus Rastatt sind 15 Gefangene, größtenthcils Würtem berger, glücklich entkommen. Sie brachen aus dem Blockhaus in die Minen, und von dort aus arbeiteten sie sich 17 Fuß aufwärts durch die Erde an das Tageslicht. — Die badische Armee soll in Posen reorganisirt werden. Oesterreich. Ein Circularbcfchl ist an alle Officicre ergangen, die bei den zu rcorganisirenden ungarischen Truppen stehen, welcher ihnen zur Pflicht macht, jeden Mann einzeln genau zu über wachen, jedoch dabei Alles zu vermeiden, welches an die traurigen Ereignisse des Krieges erinnert. — In Kuttenberg in Böhmen, wo die Gemeinde einen Juden nicht als Grundbesitzer zulassen wollte, hat der Kaiser gegen dieselbe entschieden, da seine Unterthemen gleiche Pflichten, daher auch gleiche Rechte hätten. — Die Hinrichtungen und Be gnadigungen vom Strange zu Pulver und Blei sind in Ungarn an der Tagesordnung und setzen die Bevölkerung in Schrecken. Am meisten war Ließ bei der Erschießung des ehemaligen Premier ministers Grafen Bathyany der Fall, welcher in Folge des Versuches, sich durch eine Halswunde den Tod im Gefängniß zu geben, zum Hängen nickt mehr für tauglich befunden ward. — In Mailand hat es große Entrüstung erregt, daß die Militärbehörde dem Magistrat der Stadt auch noch eine Rechnung von 30 Gulden für Hasel stöcke rc. zugcschickt hat, welche bei den neulichen Prügelscenen an den Betheiligten wegen Theilnahme an einem Gassenspectakel verbraucht wurden. — Die Hofbeamten werden neu uniformirt und er halten blaue Waffenröcke mit rothcn Aufschlägen und blaue Pantalons in Galla, graue in Cam pagne. Auch der Münzfuß wird abgeandcrt und die Gulden den rheinischen gleichgestellt werden. — Die eigentliche Bestimmung des'in Böhmen con- centrirten Armeecorps tritt mit jedem Tage deut licher hervor, und seitdem wir, sagt die Breslauer Zeitung, die Instruction des Commandantcn ken nen, wissen wir zur Genüge, daß jenes Corps sowohl die tschechische Bewegung überwachen soll, bei der russischer Einfluß im Geheimen thätig sein soll, als auch den Scparationsgelüsten der Krone Sachsen für den Fall als Rückhalt dienen muß, wenn selbe sich entschließt, von dem Dreikönigs. Kunde wieder zurückzutreten. Schweiz. Durch schweizerische Milizen ist an der Grenze auf österreichischem Gebiete ein kaiser licher Oberleutnant in den Fuß geschossen worden, was bei dem Vorarlbergschen Truppencorps große Aufregung hervorgerufcn hat. — Es sollen jetzt noch 5000 deutsche Flüchtlinge in der Schweiz sich befinden. — Die Parteien treten sich auch in der Schweiz wiederum ernster entgegen. Vorzüglich thätig wird neuerlich wieder der katholische Son derbund. Katholische Geistliche scheuen sich nicht, in ihren Predigten die Eidgenossenschaft alS einen faulenden Leichnam zu bezeichnen, der durch Los sagung von der alleinseligmachenden Kirche und Aufhebung der Klöster einen Selbstmord begangen habe; die Cholera stellen sie als eine Strafe dafür dar, daß die Schweiz die heiligsten Diener der Kirche (die Jesuiten) hülflvs in die Fremde ge stoßen und fremde Revolutionsmacher dafür mit offenen Armen ausgenommen habe. — Der Bun- desrath soll aufs Neue 20 Flüchtlingen angekündigt haben, daß sie die Schweiz verlassen müssen. Frankreich. Der Vorschlag, dem Viceprasi- denten der Republik eine Zulage von 52,000 Fr. jährlich zu geben, ward in der Nationalversamm lung angenommen. — Der Finanzminister hat die Unterhandlungen mit der Bank wegen einer neuen Anleihe von 200 Millionen wieder ausgenommen. Wenn man den Finanzzustand Frankreichs seit Ein» führung der Republik betrachtet, so muß man über die gerühmte Billigkeit schaudern, denn noch unter keiner Regierung sind so ungeheure Schulden ge macht worden als jetzt. — Die Untersuchung über die Junirevolution erstreckte sich auf 15,000 Per sonen. 3043 wurden sofort in Freiheit gesetzt, 11,057 kamen vor die Militärcommission, von der 6374 frei gelassen und 255 vor das Kriegsgericht gewiesen wurden; die übrigen 4428 wurden zur Deportation verurtheilt, 1647 davon jedoch vom Präsidenten begnadigt. Nordamerika. Friedrich Hecker, der König der deutschen Republikaner, ist am 14. September mit seiner Familie in Newyork wieder glücklich ein getroffen und hat am 19. von dort aus die Reise in seine Ländereien fortgesetzt. — Mit dcm franzö-