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sammenc.ehörigkeit Aller kräftigen, ohne das sla- vische Element zu unterdrücken. Der französische Ministerpräsident Wadding ton empfing am 4. d. Vormittags eine Depu tation Industrieller aus dem Departement du Nord, welche über die industrielle Krisis Bericht erstattete. Der Ministerpräsident erklärte, daß er sich eingehend mit der Lage der Industrie be schäftige; die ökonomische Situation in Emopa und in der ganzen Welt habe sich geändert. Die Regierung sei sich wohl bewußt, daß die Beschlüsse, welche sie zur Besserung der wirth- schaftlichen Lage fassen müsse, außerordentlich wichtiger Natur seien; die Regierung werde be strebt sein, für die Industrie und die Arbeiter bevölkerung Frankreichs Sorge zu tragen. Zum französischen Handslsminister ist der De- putirte Tirard ernannt worden. Das „Reuter'sche Bureau" meldet aus Rom, daß Kardinal Nina im Begriff sei, eine neue Denkschrift an den Fürsten Bismarck zu richte», welche sich in eingehender Weise über die Punkte äußert, deren unverzügliche Lösung der Vatikan für nothwendig erachtet. Der Papst hat bei der Feier seiner Krönung keinen öffentlichen Segen ertheilt. Wann die Erneimung von Kardinalen stattfinden werde, ob im März oder im Mai, ist noch unbestimmt. Wahrscheinlich sind Bischof Hergenröther von Würzburg, Bischof Pie von Poitiers, der Erzbischof von Toulouse und trotz seiner Ablehnung Or. Newman für den rothen Hut in Aussicht genom men. Die Wahl des Erzbischofs von Toulouse ist ohne politische Bedeutung, während die an deren drei den Einfluß jesuitischer Rathgeber bekunden. Dem Nihi lismus in Rußlandzu steuern, mag es verschiedene Mittel geben; das Nächst liegende würde wohl sein, um namentlich die Un zufriedenheit mit der Negierung zu heben, der Corruption mit der Beamtenwelt ein Ende zu machen. Einen Vorschlag von fraglicher Wirkung macht in dieser Beziehung das Pultawaer Gou vernement, welches in einer Petition um Gewäh rung einer freiheitlichen Verfassung bittet, indem nur diese den zunehmenden Nihilismus zu unter drücken vermöge. Der Mörder des Fürsten Kropotkin ist bis jetzt noch nicht ermittelt. Die Führung der Untersuchung wird in dieser Hinsicht durch den Umstand besonders erschwert, daß Niemand Zeuge des Verbrechens gewesen ist. Nur der Kutscher hat in der Dunkelheit die Figur des Mörders gesehen. Derselbe war von kleinem Wuchs und trug einen Bart. Nach der Aussage desselben Kutschers fuhr gleich nach dem Attentat eine Fnhrmannsdroschke, auf welcher vier junge Leute saßen, in die Straße, in welche sich der Mörder geflüchtet hat. General Loris-Melikoff meldet aus Astrachan vom 4. d., daß wiederum keine an der Epidemie erkrankte Personen vorhanden sind und daß die Verhandlungen über Abschätzung der zu verbren nenden Gebäude und beweglichen Gegenstände ihren Fortgang nehmen. Parlamentarische Verhandlungen. Reichstag. 5. März. Die Berathung der Strafgewalts vorlage wird fortgesetzt. Abg. Hänel wendet sich gegen die gestrigen Ausführungen Kleist-Re- tzow's, der hoch" befriedigt sein müsse durch den Entwurf, denn Kleist sei gleich dem Reichskanzler ein erklärter Gegner der parlamentarischen Rede freiheit. Die Berufung auf eine socialistische Gefahr lasse er nicht gelten, denn was hätten die socialistischen Abgeordneten in einer Körper schaft von 400 Mitgliedern zu bedeuten? Das Argument mit dem Mißbrauch der Redefreiheit habe in seinen Augen nicht einen größeren Werth, man müsse den extremen Parteien die Möglich keit lassen, ihre Ansichten schrankenlos zu entwickeln, ein nothwendiges Eorrelat der Redefreiheit sei die straffreie Veröffentlichung wahrheitsgetreuer Berichte. Die Vorlage sei viel rigoroser als das gemeine Recht, auf das der Kanzler so großes Gewicht gelegt habe. Der ursprüngliche Entwurf habe überall das Gefühl der Demütbigung des Reichstages hervorgerufen, aber auch der vorlie gende Entwurf involvire die Alterirung von zwei Artikeln der Verfassung. Der Bundesrath habe hier wieder eine eigenthümliche freiheitsfeindliche Rolle gespielt. Der Reichskanzler habe von Er weiterung der Autonomie des Haufes gesprochen, dann aber habe der deutsche Justizminister seine Intentionen schlecht ausgeführt. Warum habe man dann nicht einen Artikel in die Verfassung ausgenommen, welcher dem Reichstage die Ge richtsbarkeit über seine Mitarbeiter gewähre? Die Anwendung des gemeinen Rechts auf parlamen tarische Redner sei unmöglich. Redner pole- misirt besonders gegen die Ausschließung und er klärt sich gegen jede Resolution auf Aenderung der Geschäftsordnung. Staatssekretär Friedberg wendet sich gegen die einzelnen Ausstellungen und Angriffe Hänel's. Der Entwurf habe die autonomistischen Befugnisse des Hauses allerdings stärken, aber gleichzeitig dem Hause auch neue Pflichten auferlegen wollen. Er nehme die volle Verantwortlichkeit für den gan zen Inhalt des Gesetzes auf sich. Abg. Freiherr v. Stauffenberg ist gegen den Entwurf; ihm sei es unerfindlich, wie man be haupten könne, es sei nicht in die Rechte und Befugnisse des Hauses eingegriffen. Der Entwurf habe aller Orte» das Gefühl des Staunens her vorgerufen und keine Präcedenz aus constitutio- nellen Staaten sei anzusühren. Redner kritisirt die Motive nach verschiedenen Richtungen und vermißt die Beibringung des Materials, welches es unabweisbar erscheinen lasse, zu so strengen Maßregeln zu greifen. Der Entwurf sei für seine Person unannehmbar. Redner beantragt die zweite Berathung im Plenum. Gegenüber v. Stauffenberg erklärt Staatssekre tär Friedberg, die Motive seien weit davon ent fernt gewesen, der bisherigen Führung der Prä sidialgeschäfte einen Vorwurf machen zu wollen. Das Bedürfniß sei allerdings constalirt, er wolle indeß die vorgefallenen Ausschreitungen nicht ein zeln anführen. Redner hält aufrecht, daß das gedruckte Wort in England dem gemeinen Recht unterworfen sei. Abg. Bebel spricht gegen den Entwurf und führt aus, die Motive hätten die Thatsachen und die Personen nur nennen sollen, dann würde die Unhaltbarkeit der Vorlage eingeleuchtet haben. Tie Regierung wollte mit der Vorlage einfach die Socialdemokraten aus dem Hause drängen und zugleich die Redefreiheit beseitigen. Vor Grün dung des deutschen Reiches sei in Preußen im Abgeordnetenhaus die Redefreiheit weit excessiver ausgeübt worden, als jemals im Reichstage. Der Reichskanzler sei freilich consequent, wenn er die Entfernung der Socialisten aus dem Reichstage als die Vervollständigung des Socialistengesetzes bezeichnete. Er erinnerte daran, wie Fürst Bis marck gegen die Socialisten im Halise aufgetreten sei. Redner erörtert die Ausführung des Socia listengesetzes und meint, zur Entfernung der So cialisten hätte die Abänderung des Wahlgesetzes besser gedient und wünscht die Ablehnung der Vorlage. Damit schließt die erste Lesung. Ein Antrag auf Verweisung der Vorlage an eine Commission wurde mit großer Majorität abgelehnt. Dafür stimmten nur beide Fraktionen der Rechten. Die zweite Lesung erfolgt also im Plenum. Die nächste Sitzung findet am Freitag statt, auf der Tagesordnung steht die zweite Lesung des Straf gemaltgesetzes und des Etats. Aus dem MuweuthaLe. * Waldenburg, 6. März. (Die Gewinnliste) der Lotterie des Albertvereins ist nunmehr im Druck erschienen; dieselbe steht in unserer Expe dition zur gefl. Einsichtnahme zur Verfügung. Bemerkt sei noch, daß die Gewinne, welche in nerhalb der nächsten 50 Tage nach beendigter Ziehung nicht abgenommen worden sind, dem Al bertverein verfallen. *— (Der Petition betreffs Besteuerung der Wanderlager und Waarenauctionen), welche der Stadtgemeinderath von Plauen an das königliche Ministerium des Innern gerichtet und bereits abgesendet hat, sind nachträglich bei getreten: Treuen, Radeberg, Sebnitz, Roßwein, Adorf, Annaberg, Mittweida, Ehrenfriedersdorf, Glauchau, Dahlen, Camenz, Rochlitz, Zschopau, Lengenfeld, Neustädtel, Nossen, Dresden, Reichen bach, Schneeberg, Eibenstock, Sayda, Marienberg, Hohenstein, Werdau, Crimmitschau, Pegau, Riesa, Lommatzsch, Pirna, Waldenburg, Markneukirchen, Lichtenstein, Grimma, Dippoldiswalde und Mee rane. *— (Civilversorgung von Militärper sonen). Das Reglement über die Civilversor- gung und Civilanstellung der Militärpersonenist dahin abgeändert worden, daß I. Unteroffizieren schon nach vollendeter neunjähriger activer Mili tärdienstzeit eine Anstellung in der Königlichen Stadt- und Landgendarmeriezu Theil werden kann und 2. denselben solchenfalls die Dienstzeit, welche sie im Gendarmeriedienst bis zur Erreichung einer zwölfjährigen Gesammtdienstzeit verbringen (nach 9 Jahren Heeresdienst, 3 Jahre in der Gendar merie), für die Erlangung der Militüranwärter- eigenschaft mit angerechnet und ihnen im Falle des Wohlverhalleiis der vom Kriegsministerium auszufertigende Civilversorgungsschein ausgestellt werden kann. *— (Zu den diesjährigen Uebnngen der Landwehr und Reserve) sollen im Gan zen 95,415 Mann einberufen werden. Nach §5 des Gesetzes vom 25. Mai 1875 sind nur die Un teroffiziere und Mannschaften des Beurlaubten standes und ihre Familien (nicht die Offiziere, Militärärzte und Militärbeamten) in den Mo naten, in welche» sie sich im activen Dienst be finde», von der Classensteuer befreit. Findet die zwölftägige Uebung so statt, daß sie sich in zwei Monate hinein erstreckt, so dehnt sich die Steuer befreiung auf beide Monate aus. *—(Sparkassenwesen). Nach einer soeben erschienenen, vom statistischen Bureau des königl. Ministerium des Innern zusammengestellten Ueber- sicht über die bei den Sparkassen im Königreich Sachsen im Monat Januar 1879 erfolgten Ein- und Rückzahlungen wurden in 169 Kassen in 114,389 Posten'11,165,551 M. 82 Pf. ein-und in 86,853 Posten 9,167,171 M. 98 Pf. zurück gezahlt. An diesen Summen partizipirten die einzelnen Regierungsbezirke wie folgt: Dresden: 36466 Einzahlungen mit 3,012,342 M. 60 Pf. und 29281 Rückzahlungen mit 2,423,078 M. 92 Pf. Leipzig: 39959 Einzahlungen mit 4,044,199 M. 69 Pf. und 29791 Rückzahlun gen mit 3,460,031 M. 31 Pf. Zwickau 27723 Einzahlungen mit 2,980,048 M. 82 Pf. und 20,091 Rückzahlungen mit 2,416,448 M. 91 Pf. Bautzen: 10241 Einzahlungen mit 1,128,960 M. 71 Pf. und 7690 Rückzahlungen mit 867,636 M. 58 Pf. Im gleichen Monat des Jahres 1878 wurden in 168 Kassen 10,939,159 M. 93 Pf. (1879 also 226,091 M. 89 Pf. mehr) eingezahlt ung 8,882,401 M. 42 Pf. (284,770 M. 56 Pf. mehr) zurückgezahlt. Die Zwickauer Branddirection hat, wie in Vorjahre», auch Heuer eüien mit großer Sorg falt ausgearbeitete» Jahresbericht über die Thä- tigkeit der städtischen Feuerwehren erscheinen lassen, ans welchem mir mittheilen, daß im Jahre 1878 in Zwickau nur zwei Kleinfeuer stattfau- den, zu deren Dämpfung die besoldeten Feuer wehrmannschaften verwendet wurden, und daß die einzelnen Abtheilungen der Feuerwehr im Laufe des gedachten Jahres im Ganzen 129 Uebnngen abhielten, während 11 Gesammtübun- gen der acliven Feuerwehren stattsande». Aus dem SachfenLanve. Ein Kutscher in Dresden hatte seine Herr schaft etwa 2 Stunden in der Stadt herumge- fahre» und war sodann nach Hause zurückgekehrt. Beim Reinigen der Pferde werden auch die Hufe derselben von den Schnee- und Erdmassen befreit und als der Katscher dies bewirkt, blitzt ihm plötzlich von dem einen Hufeisen goldner Glanz entgegen; an einein der Schraubstollen sitzt ein Siegelring, der den am Hintertheil des Hufeisens angebrachte!:, spitz zugeschärften, etwa zollhohen Eisentheil so fest umschließt, daß er nur mit Anwendung von Gewalt abzubringen war. Das Pferd hatte also beim Traben mit diesem Hufeisentheile so in den Ring getreten, wie man mit dem Finger hineinfährt. — General-