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Sächsischer Landes-Anzeiger : 22.03.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-03-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189203224
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18920322
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18920322
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-03
- Tag 1892-03-22
-
Monat
1892-03
-
Jahr
1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 22.03.1892
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WWWWWWWWWWM^^ "' — Beilage ) um Zäch !jil lös len Landes-Aiyeiger ( s lh emni her Geueil lll-Äitzkigcc). , Dienstag, 38. März 1893. ! — Bering: »l lexander Wiede in Chemnitz, ^— I" Nr. 6?. — 12. Zihrgang- Amtliche Anzeigen. ^ Ueber das Vermögen der TavisseriegeschLsts-Jnhaberin Marie Vales»a Wievach — in Firma Geschwister Wiebach — in Chemnitz (Lvhgasseü) wird heute, am 17. MärztSVL, Nachmittags »V- Nhr das CoiicnrS Verfahren erössuet. Ter Kaufmann Otto Hösel I» Chemnitz (Annabergerstraße 40) wird »um CrucnrSverwalter ernannt. Co»c»rSfordernngen sind bis zum 8V. April 18V2 bei dein Ge richte nuzumelden. ^ Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eiueS andere» Verwalt er?, /owie über die Bestellung eines GläubigerauSschnsseS und eiutreteuden Falles Über die in 8 120 der ConcnrSordnung bezeichne!«» Gegenstände nuf de» «. April 1S92, Vormittags »V- Nhr «nd zur Prüfung der angeuieldeten Forderungen ans de» 1» Mai 1»VL, Vormittags 10 Nhr Vor deni »ntcrzeichiieten Gerichte Termin anbcraumt. Allen Personen, welche eine znr Concursa asse gehörige Sache in Besitz haben oder znr ConcnrSmasse etwas schuldig sind, wird ansgegeben, nichts an den Gemcinschnlduer zu verabfolgen oder zu leiste», auch tue Verpflichtung onscrlcgt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Concuröverwalter biö zum 7. April 1»VS A,neige zu machen. Königliches Amtsgericht Chemnitz, Abth. «. Böhme. Bekannt gemacht dnrch Act. Pötzsch, G.-S. Ans den Märztagen des Jahres 1848. Am 19. März des Jahres 1848 wurde den in den Straßen Berlins kämpfenden Truppen der Befehl des Königs überbracht, den Kampf einznstellen, sich zu sammeln und Berlin zu verlassen. Damit War der Sieg des Volkes in jenem Kampfe, welcher den absoluten Staat Preußen in ein constitntivnclles Königreich »mniandelte, ent schieden, und wenige Stunden später war Berlin von Truppen ent blößt, mit Ausnahme einer Compagnie, welche in de» Gemächern des Schlosses zum Schutze dcS König- znrnckblicb. Hierüber sagt Professor Leo in seiner abnra. bamxoris": „Endlich sahen sich die, welche in dieser Cvnfusion noch jeden Zoll breit, der sich halten ließ, zu halten wünschten, gezwungen, de» in> Schlosse noch vorhandenen Nest der Truppen in die Säle und Gemächer, mit einem Wort in die innere!, Räume des Schlosses znrnckznzichen und sogar die Höfe des Schlosses vom Militär entblößen zu lassen." Aber auch diese wenigen, in den Cvrridoren des Schlosses befindlichen Soldaten erschiene» überflüssig, als der König am Mittag des 19. März die Bildung einer bewaffneten Bürgcrwehr anordnele, »nd — wie er von der Schlvßtcrasie ans an die scinc» Worte» lauschenden Bürger sagte — die Anfccchtcrhältnng der Ruhe und Ordnung in die Hände der Bürger legte, welche sie am besten wahren könnten. Schon am Nt. März Abends bezogen Vürgerwchrmänner die Schloßivacüe und besetzten die Posten in den einzelnen Gängen; am 20. März früh erhielten die Soldaten, welche noch im Schlosse waren, den Befehl znm Abmarsch. Dieser ausschließliche Schutz des Königs dnrch die Berliner Bürgerwehr hat »ach der allgemeinen Annahme bis znm Moment der Abreise des Königs nach Potsdam gedauert, wohin er sich begab, um wieder unter der Obhut des Militärs zu ffein — in Wahrheit hat er aber nur wenige Stunden unter dem alleinigen Schutze der Bürgerwehr gestanden, wie Personen, die mit den intimen Vorgängen jener Zeit sehr genau bekannt sind, versichern. Noch vor dem Mittag des 20. März rückte ein Trupp Soldaten l» das Schloß und bezog die Wache im Vorzimmer des Königs. Man wird fragen, wie dies »nbemeckt geschehen konnte und wir geben deshalb nachstehend die Aufklärung. Am Morgcn des 20. März ließ der Wachtmeister B. von den Leibg nsdarmcn 20 zuverlässige Mann von seiner Compagnie nach seiner in der Artillericstraße gelegenen Wohnung kommen, mit 'dem in Hinblick auf die Stimmung der Bevölkerung erklärliche» Befehl, in Civillleidnng zu erscheinen. In der Wohnung des Wacht meisters erwartete sie ein Barbccr nnd sämmtliche 20 Mann mußten sich die Bärte abnehmcn lassen. Nachdem sic ganz das Ansehen von Civilisien hatten, ließ B. sie antrelcn, gab ihnen Carabiner nnd einige Minuten später zog ein Trupp von 20 Männern, die Jeder, der ihnen begegnete, für eine Compagnie der neuen Bürgcrwehr h ctt, nach dem königlichen Schloß. Dort marschirten sie ohne Weiteres hinein, waS Niemanden in Erstaunen setzen konnte, und B., welcher mit den Gängen und Treppen im Schloß sehr ver traut war, führte seine Mannschaft direct in das Vorzimmer des Königs, welches er sofort in ein Wachzimmer umwandelte. Als Friedrich Wilhelm IV. nach einiger Zeit in das Vorzimmer trat, war er sehr erstaunt, dasselbe von Bürgerwchrlenten besetzt zu finden — als aber B. vortrat, sich meldete nnd mittbeilte, ans welche» Personen die Wache bestand, h ilerte sich das Gesicht des Königs ans und er sagte, daß er nun ganz beruhigt sei. Da Niemand von der eigent lichen Bürgerwehr die Posten im Vorzimmer des Königs besetzt hatte, so dachte auch Niemand daran, sie abzulöse». So blieb diese Ma»u- jchaft bis zur Abreise des Königs nach Potsdam unbehelligt im Vorzimmer des Königs, ohne daß irgend Jemand eine Ahnung von dem wahren Charakter dieser Wachtmannschaft hatte. Ob sich Friedrich Wilhelm IV. später dieser Handlungsweise des Wachtmeisters B., welche doch nicht ganz ohne Gefahr war, nnd welche B. >h»e jede Anregung von anderer Seite ansgefübrt halte, erinnert hat, wisse» wir nicht — ein sichtbares Zeichen solcher Erinnerung hat B. aber niemals erhalte». Um ein Königshaupt. Historische Begebenheit, erzählt von Klara Reich ner. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. II. Au König Jakobs Hof. König Jakob VI. Stuart' (später als König von England Jakob I.)» der Sohn Maria Stuarts, unter dessen Regierung Schott land in fast fortwährender Empbriing „nd Verschwörung sich befand, wäre vielleicht einer der besten Regenten geworden, wie er einer der wohlwollendsten war, hätte nicht auch er — als unglückselig unheim liches Erbe, — sein gutes Tücil von jenen verhängnißvolle» Dcmaer- gaben besessen, a» welchen fast alle Stuarts mehr oder minder litten, zuweilen dadurch selbst ihr trauriges Geschick heransfvrdcrnd oder besiegelnd, denn selten trug wohl ein Königsgeschlecht schwerer an der Last der Krone! Auch König Jakob hatte wenig Freude a» der Krone Schottlands! Obwohl ausgcstattct von Natur init hvher Begabung des Geistes nnd Gemnthcs, vermochte er trotzdem nichts Segensreiche- mit diesen Eigenschaften zu erreichen, denn sein ganzer Charakter war eine Zusammensetzung der sonderbarste» Widersprüche. Gelehrt bis zur Pedanterie und bis zum Ucbermaß durchdrungen vom Gefühle seiner Würde und von überspannten Begriffe» seiner königlichen Gewalt beherrscht, die ihm und seine» Nachkommen sehr Verderblich wurden, verband er doch damit zugleich eine große G»l- müthigkeit und war ein persönlicher Feind aller Geivaltlhäligkeit, außerdem aber verletzte und erniedrigte er nicht selten seine königliche Würde durch ungehörige Vertraulichkeit, ebenso wie er, trotz seines vielen Wissens, große Vorliebe für de» Verkehr n»d das Gespräch mit Menschen ohne Bildung zeigte. Freund der Diplomatie, und im Stande, seine Ansichten glänzend und beredt zu vertheidigen, richtete er doch nichts dadurch ans, sondern war gewöhnlich selber schließlich der Angeführte, Betrogene, und da» Wort: „Richtet Euch nach meinen Worten, aber nicht nach meine» ThatenI" fand insofern beständig Anwendung ans ihn, als er — ungeachtet allen Scharfsinns — meist nur klug in der Theorie, doch »icht i» der Praxis war. Aehnlich so verfuhr er auch im Punkt de» Geldes! — Mit großen Summen oft verschwenderisch-freigebig, War er förmlich knauserig-sparsam bei den kleinsten. — Nannte man Ihn später, als Englands König, doch nicht umsonst: „Den Salomo des Nordens," und zugleich den — „weisesten Narren von Europa!" König Jakob befand sich zur Zeit nicht in seiner Hauptstadt Edinburgh, sondern jagte für einige Woche» in der Umgegend von Pttth, einer der schönsten Städte Schottlands, malerisch gelegen am Die Thettnehnrer an de» Berliner Stratzen- krawallerr vor Gericht. Gegen 22 Theilnehmcr an den Berliner Straßenkrawallen wurde am Sonnabend oor der Berliner Strafkammer verhandelt. Die Anklage beschuldigt die Einzelne» verschiedener Straflhaten: Der Theilnahme an einer Zusammenrottung von Mensche», welche mit vereinte» Kräften gegen Personen und Sachen Gewaltthätigkeiten ver übte», des Widerstandes gegen die Staatsgewalt, der Aufforderung znm Widerstande vvr versammelter Menschenmenge, der Majestäis- beleidigung, der Beleidigung der Schutzmannschaft, der Aufreizung zu Gewaltthätigkeiten, der Theilnahme an einer Zusammenrottung, welche Plünderungen verübte. Einige werden beschuldigt, an einer Zu sammenrottung sich bctheiligt »nd nach der dritten an sie ergangenen Aufforderung sich nicht entfernt zu haben. Die Angeklagten, welche der Mehrzahl »ach unbestraft sind, stehen zumeist im Alter von 19 bis 22 Jahren, nur einer hat die 30 bereits überschritten. Zwei dcr Angeklagten sind sogar erst 16 Jahre alt. Die meiste» dieser Scandalmacher waren vor Gericht sehr kleinlaut; alle Ausreden, daß sie nur zufällig in die Tumnlle hineingerathen seien, halfen ihnen nichls und der Gerichtshof erkannte ans sehr strenge Strafen bis zu 3 Jahren Gefängnis). Weß Geistes Kinder die Angeklagten waren, geht an- folgender Episode hervor: Der 20jährige Angeklagte Döring wird durch die Zeugen überführt, beim Aufziehen der Wache den Ruf anSgestoße» zu haben: „Hoch die Anarchie! Hoch die Republik!" Als er ver haftet wnrde und der Schutzmann ih» fragte, wie er so dreist sei» könne, Angesichts der anfziehenden Schloßwache so etwas zu rufe», hatte er gesagt: „Ich bin Anarchist, das entspricht meiner Anschauung!" Präs.: „Was wollten Sic eigentlich mit diesem thörichtc» Ruf be zwecken? Sic mußten sich doch sagen, daß Sie damit die schon erregte Menge ansrcizteu." — Angekl.: „Ich wollte bloß demvnstriren für die allgemeine Noth »nd die armen Arbeiter, welche keine Arbeit haben." — Präs.: „Die alten Arbeiter werden sich bedanken, daß Sie junger Mensch ihre Interessen schützen wollen! Warum suchen Sie keine Arbeit?" — Angekl.: „Ileberall, wohin man kommt, da heißt es: Besetzt! — Ich war »cun Monate im Krankenhause und habe dasselbe erst im Januar verlasse», ich war ganz ohne Arbeit, und alle Bemühungeii', solche zu bekommen, waren vergeblich. Außerdem war meiner Mutter Sterbetag, und ich befand mich in großer Ans rcgnng." — Präs.: „Ihrer Mutter Sterbetag hätten Sie würdiger begangen, wenn Sie sich nicht an dem Krawall betheiligten." — Angekl.: „Es ist doch bekannt, daß, wenn die Schloßwache anfzieht, eine Menge Mensche» initmcirschire»." — Präs.: „Wie kamen Sie nun dazu, jenen dreisten Ruf ausznstvße»? Sie wissen offenbar gar nicht, waS Anarchie ist? Sie wollten wahrscheinlich verhaftet werden." — Angekl.: „Ich habe mich bei einem Gas- und Wasserrohr- leger um Stellung beworben, nnd der Mann halte die Dreistigkeit, mir 9 Mark Wvchenlohn anzubictcn. Und dann war ich auch i„ Flusse Tay, die mehr als einmal schon Residenz der Könige Schott lands gewesen. Sonderbarerweise war nämlich Jakob VI. dazumal ein leidenschaftlicher Freund edle» Waidwerks, — er, der — obwohl es keineswegs an persönlichem Mnthc ihm gebrach — doch trotzdem kein entblößtes Schwert ohne Schauder blinken sehen konnte! Nahe der Stadt Perth lag Schloß Gowoin-House, das Besitz- thnm des Grafen von Gowoin, eines Sohnes jenes Lord Nuthwen, dessen Haupt einst auf der» Blocke, als das eines Verrcilhcrs an des damals lOjährigcn Königs Majestät, gefallen war. Während aber die beiden Söhne des enthaupteten Rebellen im Au Stande erzogen wurden, »nd sich viele edle Herren um die nach dem Gesetz ein- gezogene Herrschaft Gowoin bewarben, erklärte der gutherzige König, der aufrichtig das traurige Laos des stvl;c» Lords bedauert hatte: Kein Anderer als der ältere von dessen Söhnen dürfe Graf von Gowoin sein! — Ob und wie dieser und sein jüngerer Bruder Lord Nuthwen» welche Beide jetzt in ihrem heimalhliche» Schlosse residirten, dem König diese Milde dankte», werden wir erfahre». — An scheinend führten sie allerdings nichts Feindseliges gegen ih», den sic als Marder ihres Vaters betrachteten, im Schilde, obwohl ihm frei lich Allerlei zu Ohre» kam, Waran Jakob Slnart in seiner gut- mnthigen Unllngheit durchaus nicht glauben mochte, und zum Beweis dafür und seiner gnädige» Gesinnung, hatte er sogar versprochen, der Einladung der beiden Herren Folge leistend, am heutigen Tage nach Gowoin-Hvnse zu kommen, um dort das Jagdmahl einznnehmen, nachdem er und sein Gefolge im nahen Park von Folkland den prächtigen Zehnender erlegt hatte», auf den es diesmal abgesehen war. Die Kinder sollten nicht für die Schuld des Vaters büßen! — Dieser an sich ja sehr schöne und edle Gedanke verleitete de» König — trotz aller Warnungen — zu einer seiner gewöhnlichen thörichten Handlungen, die er auch i» diesem Falle bitter zu bereuen habe» sollte! — Groß, massiv und trutzig erhob cs sich dort, das alte Schloß Gowoin-House, mit ieincn weite» Gärten, die sich bis nach dem Fluß Tay hinzogen, in herrlicher Lage, nahe der Stadt Perth und deren Kuppeln und Thürme, und ninrahmt von einem waldigen, roman tischen GebirgS-Panoraiua. Der alterthümlichc, mit Zinnen und Eck- thürmen versehene Bau mit dem mächtigen Schloßhof, zu welchem ein dunkles, gewölbte- Thor führt, sah aber trotzdem viel zn düstcr ans, um einladend genannt zu werden. Zur Mittagsstunde etwa ivar'S, als ein schöner junger Mann von ebenso kühnem als lebens frohem Acnßerea, in kleidsamer Jagdtracht, auf da- lockige, Helle Haupt da» Federbarett gedrückt, ans beide» Schultern flatternde Bänder mit Schottland» Farben tragend, die Straße dahergesprengt kam, die von Perth nach Gowoin-House führte, als plötzlich »ine Keine Kavalkade sein« Aufmerksamkeit ««egte, und ihn veranlaßlr, Aufregung, daß der erste Beamte der Stadt di« Deputation der Arbeitslosen »icht empfangen halte." — Präs.: „Neun Mark Wochen, lohn waren doch »och immer besser als gar nichls. Was geht cS Sie junge» Menichen denn auch a», ob eine Deputation empfangen wird oder nicht." — Angekl.: „Ich gehöre doch ebensogut zn de» Arbeiter», wie die Andere». Wenn ich gegen das Militär hätte anfreizen wollen, dann hätte ich mich doch gegen die Soldaten gewandt." — Präs.: „Das würde Ihnen jedenfalls sehr schlecht bekommen sein. Ihr Aus ruf ist offenbar eine lhörichte Rcnommage eines Menschen, der keine Ahnung von den anarchistische» Tendenzen hat. Gehen Sie doch hi», wo Anarchie herrscht, hier hält Sie Niemand." — Angekl.: „Ich wollte bloß gegen die allgemeine Arbcilernvlh demonstiireii." — Präs.: „Jedermann, der arbeiten will, kann auch lebe», aber dorthin gehe» die Arbeiter nicht." Der als Zeug' vernommene Haus besitzer, bei welchem der Vater Dörings wohnt, bekundet, daß der Letzlere häufig kränklich ist and sich oft ,'m Krankenhause befindet. Der Vater sei sehr wohl in der Lage, den Sohn vor Noth zu schützen und thnt dies auch oft über seine Kräfte hinaus. Der Angeklagte sei ein etwas überspannter Mensch, der ErfindungSschrilllen im Kopfe habe, sich mit dem Problem des lenkbaren Luftballons nnd andere» Dingen abquäle und wahrscheinlich keine Ahnung von der Bedeutung des Wortes „Anarchist" habe. Die letzten Stnnden nnd die Hinrichtung des Dienstbotenmörders Schneider. Es wird immer von großem psychologische» Interesse sein, wie ein Verbrecher, der mit Verleugnung jeder Stimme der Menschlichkeit in schrecklicher Weise das Leben von Mitmenschen vernichtet hat, jene letzte Spanne Zeit zubringt, in welcher kein Schimmer von Hoffnung mehr für ihn winkt und der Uebertrilt in eine dunkle unbekannte Ewigkeit ihm bcvorstcht. I» der Armensünderzelle des Wiener Land gerichts-Gebäudes diesem Raume von criminell historischen Charakter, in welche»! Francesconi, Hugo Schenk, Stellmacher und so viele an dere in trauriger Erinnerung befindliche Gestalten des Wiener Pitaval weilte», bevor die schwerste Strafe an ihnen vollzogen wurde, bracht« auch der Dieiistbotcnmörder Franz Schneider seine letzte» Stunde» zu. Es ist eigentlich ein freundlicher Nanni, in welchem dem Ver- urlheiltcn durch die Eisenstäbe vor dem Fenster das Himmelslicht spärlich nnd doch wieder mit verlockendem Glanze cwgegeiidnngt. Ein geräumiges Zimmer mit einem Tische an der Wand, auf welchem ein Crncisix zwischen zivei Kerzen steht, vor demselben Stühle nnd an der Seite ein mit frischem Linnen überzogenes Lager. Hier er schien am Tage vor der Hinrichtung Schneider's dessen Vertheidigcr Or. Gustav Fried, nm in gewissenhafter Auffassung seine» Berufes in der Nähe des Delinquenten zu lsein und freundliche, ansrichtende Worte au diesen zn richte». Mit großer Fassung sprach Schneider hierbei von seinem Loose. „Morgen ist es Alle- ans", sagte er, „jetzt kan» ja nichts mehr ge ändert werden an meinem Schicksale." Dann fügte er bei, daß sein Weib schuldiger sei als er; wenn sie nicht gewesen wäre, würde es anders gekommen sein. Seuszend bemerkte er: „Ich yab' mir «icht gedacht, daß cS so mit mir enden wird." Im Verlaufe des genannte» Tages machte Or. Gustav Fried seinem Clienten einen zweiten Besuch. In der Stimmung des Verurtheiltc» war iazwis.lieii eine auffallende Veränderung vorgegangen. Ec war merkwürdigerweise in einer harm losen, fast gemülhlichen Stimmung. Niemand hätte dem heiter plau dernden, um nicht zu sage» schwätzenden Manne angesehc», welche grauenvolle Stunde ihn bei Anbruch des nächsten Tages erwartete. Mil der Cigarre in der Hand sprach er, vor dem Vertheidigcr stehend, unablässig über die verschiedensten Dinge, vo» einem Gegenstände zum andern übergehend, wie Jemand, dem es ein Vergnügen macht, zu sprechen und gehört zn werden. Er erzählte befriedigt, daß er ans sein Ersuchen Wein erhalten habe. „Das ist halt das," sagte er, „was mich uvch immer gestärkt hat in früheren Zeilen." Auch Cigarren habe er erhallen, »nd der Cigarrenranch thue ihm sehr wohl. Er versicherte, daß er morgen ganz ruhig „hinansgehen" werde. Er rief sich auch einige nnbedeiitende Erlebnisse ans der seine» feurigen Nenner zn gemäßigter Gangart anznhalten. Dieselb' bestand ans zivei wvhlgeschirrten, stattlichen Reitpferden, ans dene»* nebst dem üblichen Gepäck, zivei Personen in bestaubten Rciseklcider" sich befanden, ein älterer Man» und dicht hinter ihm ein blutjunge^ Bürschlein. Sulch' ein Anblick wäre »»» freilich nichls SelleneS, sondern bei de» damalige» und dortigen Reise- und Verkehrs-Ver hältnissen nur etwas sehr Alltägliches gewesen, hätte nicht ein ihm »»erklärliches Etwas, sowie eine bittende Bewegung des älteren Reisende», der offenbar ihn anzureden wünschte, den stcts gefälligen und liebenswürdige» jungen Menschen bewogen, ans diese Bewegung mehr Gewicht zu legen, als er wohl sonst gelha» haben würde. „Könnt Ihr mir nicht sagen, lieber Herr," redete ih» jetzt der Fremde an, während sein junger Begleiter, dessen offenbar noch sehr jugendliche Ericheinnng ein großer Mantel und die brcilkrampige, tief in's Gesicht gehende Kopfbedeckung fast ganz verbargen, sich sehr tief über sein Roß bückte, als ob er dort am Riemenzeug und Ge päck allerlei zn ordnen fände, „wo wohl zur Zeit der König sich auf« halte» mag? - Ich hätte gar Nvthweiidiges mit ihm zu sprechen, und etivas sehr Wichtiges ihm zu übergeben, daS von hohem Werthe ist!" — Etivas erstaunt blickte der Jüngling auf de» Fragenden. — Was konnte der schlichte Bürger, als welchen ec den Mann beur- thciltc, wohl so Wichtiges mit de», König z» verhandeln haben? — Trotzdem erwiderte der Page König Jakvb's, der hübsche John Ram- say, mit seiner gewohnte» höflichen Freundlichkeit: „Wenn die Sache eilt, mein guter Freund, so könnt Ihr gar nichts Besseres ihn», als Euch mir anzuschließen. Ihr seht mich nämlich im Begriffe, de- Königs Eintreffen hier in Schloß Gowoin-Hvnse anzukünde» ; bald naht er selbst, nach beendeter Jagd da» Mahl dort einzniiehinen. Ihr könntet »icht leicht eine zweite, so günstige Gelegenheit finden, denn seine Gnaden sind heut in besonders guter Laune." Ter Fremde wechselte einen kurze», schnelle» Blick mit seinem jugendlichen Begleiter, — dann dankle er dem freundlichen Rathgcber und bat ihn in» die Gefälligkeit, ihn und seinen Knaben, der leider — wie er sagte — taubst,»»», sei, jetzt bei dem Schloßherru »nd später bei de», König anzumelden, was der Page auch bereitwillig versprach. Weitere Worte zu wechseln, dazu gebrach es an Zeit, den» schon ließen von Ferne Jagdhörner sich vernehmen, weithin schallende Fanfaren blasend. — Schnell setzte deshalb, die Reisenden freundlich grüßend, der junge Mann sein flinke» Roß wieder in schneller« Bewegung, um schleunigst den Auftrag seines königlichen Herrn anSznführe», es den beide» Andern überlastend, ihm langsamer nach dem unmittelbar vor ihnen liegende» Schloß zu folgen. — (Fortsetzung folgt.)
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