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329 dem Kopfe unter die geschwungene Axt und wird in den Schädel getroffen. Mit dem Wehruf: „Ach, meine liebe Mutter!" eilt der kleine Knabe zu der Mutter hin und sinkt entseelt zu ihren Füßen nieder. Stammvevwandt. (Fortsetzung.) Wenden wir uns jetzt nach B. —. Hildebrandt hatte für kurze Zeit das Krankenlager verlassen und saß am Fenster. Er schaute hinaus in den Hellen Frühlingssonnenschein. Marie war bei ihm und las die neuesten Zeitungen vor. Daß der Friede so gut wie geschlossen war, wußte Hildebrandt. Von den Friedensbedingungen kannte er aber nur die Milliardenforderung. Die Mutter und Marie hatten es geschickt zu verhüten gewußt, daß er die Ab tretung seines Heimathlandes erfuhr. Der Vater müsse sich erst kräftigen, meinten sie. — Draußen verlangte eben Jemand nach Marien. Sie ging hinaus . . . Die Sache ließ sich nicht so rasch erledigen, als sie geglaubt, und so blieb der Vater längere Zeit allein im Zimmer. Vor ihm an der Wand hing die Zeitungsmappe. Er nahm, da Marie immer noch nicht erschien, eines der alten Zeitungsblätter zur Hand. Es war vom 6. März. Obenan stand mit großen Buchstaben die telegraphische Depesche: Bordeaux, 5. März. Die Nationalversammlung genehmigte die Friedens präliminarien zwischen Frankreich und Deutschland. Hauptbedingungen dabei sind: Abtretung von Elsaß und eines Theils von Lothringen Vor Hildebrandt's Augen wurde es dunkel; das Zeitungsblatt entfiel den zitternden Händen; kraftlos sank der Körper in den Lehnsessel zurück. So fand ihn Marie, als sie eintrat. „Vater!" schrie sie auf; „um Gottes Willen, was ist Dir?" Doch der Vater antwortete nicht. Sein Auge haftete starr am Boden. Marie folgte den Blicken und sähe — o Entsetzen! — das unglückselige Zeitungsblatt. Sie hob es auf... Da stand es, das verhängnißvolle Telegramm, mit großer Schrift gedruckt. Nun war ihr Alles klar . . . Angsterfüllt kniete sie nieder und umfaßte die Knie des Vaters . . . „Ach, mein Vater", schluchzte sie, „nun ist es doch geschehen, was wir von Dir noch sernhalten wollten. O, ich Unglückselige, daß ich Dich nicht besser schützte vor diesem furchtbaren Augenblicke. Ich weiß es, der Schmerz wird Dich wieder aufs Krankenlager werfen, von dem Du erst erstanden bist. Und ich allein bin Schuld an Allem!" Sie barg ibr Gesicht in den Händen; Thränen erstickten ihre Stimme. — Der Vater erwachte endlich aus seiner Erstarrung und sähe die in Schmerz aufgelöste Tochter vor sich. Er legte seine Hand auf ihre Stirn und richtete einen unbeschreiblichen Blick auf sie. Dann sprach er mit matter Stimme: „Weine nicht, meine Tochter. Ihr wolltet einen großen Schmerz so lange als möglich von mir fern halten. Das gab Euch die Liebe ein. Habt Dank dafür . . . Nun ist es anders gekommen, als Ihr gewollt. Ich habe es eher erfahren, was mir so tief in die Seele schneidet. O, ich habe es längst geahnt, daß sich unsre Feinde nicht mit den fünf Milliarden begnügen möchten. Doch wollte ich nicht in Euch dringen, weil ich mich fürchtete, die ganze Wahrheit zu hören. Es sollte so sein ! Frankreich, mein großes Frankreich, ist nicht mehr. Es blutet aus tausend Todeswunden. Laß gut sein, meine Tochter, ich trage auch dieses noch, wie ich das Frühere trug. Weine nicht mehr! Ich weiß, daß Du ganz wieder meine liebe, gute Tochter bist. Deine Liebe soll mir die wenigen Tage, die ich noch bei Euch bin, verschönern." Er schwieg. Marie erhob sich wieder. Sie schaute hinein in des Vaters todtenbleiches Antlitz. Ach! diese Ruhe, die er zeigte, sie wollte ihr schier das Herz zerreißen. Sie hatte einen heftigen Ausbruch des Schmerzes er wartet. Nun war er so ruhig, der Vater. Sie wurde ibr unheimlich, diese Ruhe. Und dazu diese Stimme, mit welcher er sprach! Es lag etwas darin, was sie nicht näher bezeichnen konnte, was ihre Angst aber noch vergrößerte. Wie hatte sie ihn doch lieb! In diesem Augenblicke hätte sie freudig Alles opfern können, wenn es ihm genützt, wenn es ihm den verlornen Frieden zurückgegeben haben würde. „Eine Bitte aber erfüllst Du mir, Marie", hob der Vater wieder an, „ von heute ab liest Du mir Alles vor, was die Zeitung enthält. Willst Du?" Marie bejahte. Der Vater erfaßte ihre Hand und sähe ihr ins feuchte Auge: „Hast Du keinen Wunsch, Marie? Ich möchte Dir gern beweisen, wie lieb ich Dich habe." „Keinen, mein Vater, als den, Dich recht, recht glücklich zu machen!" „Du gutes Kind! Ich weiß sehr wohl, daß auch Du gelitten hast in der letztverflossenen Zeit. Ich kenne Deinen Kummer, wenn Du mir ihn auch nicht nennst. Verzeihe Deinem Vater, wenn er in einer dunkeln Stunde — " „Nein, nein!" rief da Marie, „so mag ich Dich nicht reden hören. Du bist immer mein lieber, guter Vater gewesen, immer! ..." Die Mutter trat ein und das Gespräch wurde unterbrochen. Hildebrandt legte sich bald darauf wieder nieder. Es war zu viel für ihn gewesen. Die Entkräftung ließ ihn bald einschlafen. Marie erzählte der Mutter, was sich eben zugetragen. Wie wird das enden? fragten Beide. Die Antwort aber blieben sie sich schuldig. — 9. Es giebt Menschen, welche als herzlos gelten, denen aber in Wahrheit eine Fülle des tiefsten Gefühls innewohnt. Hildebrandt gehörte zu diesen Menschen. Er war der beste Gatte und Vater. Hätte man indessen nach seinen Worten schließen sollen, man würde schwerlich diese Gewißheit ge wonnen haben. Es giebt Eltern, die, wo sie gehen oder stehen, von ihren vortrefflichen oder reizenden Kindern erzählen. Da werden schon in dem kaum lallenden Knablein aufkeimende Talente entdeckt; das Töchterchen ist die personificirte Liebenswürdigkeit selbst. Wem wäre nicht schon einmal in Gesellschaft der fromme Wunsch vom Pfefferlande beigekommen, wenn die beredten Lippen eines beneidenswerthen Vaters oder einer affenzärtlichen Mutter, das Lob ihres Wunderkindes zu predigen, gar kein Ende finden konnten? — In solche Verlegenheit brachte unser Hildebrandt Niemanden. Bestände die Liebe lediglich in Worten: bei ihm wäre sie nicht zu finden gewesen. Haft Du, lieber Leser, schon einmal am Ufer eines großen Stromes gestanden? Nicht die Stellen, wo das Wasser rauscht, wo sich in ewigem Wechsel Welle auf Welle bildet, sind die tiefsten. Nein! da, wo der Spiegel ruhig und klar ist, mußt Du sie suchen. So offenbart sich auch das tiefste Gefühl nicht in Worten. Es bleibt auf dem Grunde der Seele; aber es besitzt eine den ganzen Menschen durchdringende Kraft. — Wenn Hildebrandt's Auge auf Mutter und Tochter ruhte, dann war es der Wiederschein seiner Seele: eine Fülle von Gemüth spiegelte sich darin. Und diese Fülle strömte aus als eine geheimnißvolle Kraft und bewährte sich an jedem neuen Tage. Ein Hauch des Friedens durchdrang die Räume des Hauses; sein Wehen empfand auch der, welcher zum ersten Male dieselben betrat. — „Denke Dir, Vater, diese Neuigkeit:" trat Marie am Morgen nach jenem entscheidenden Augenblicke, welchem wir im vorigen Kapitel beiwohnten, ins Zimmer. „Denke Dir, Onkel Reinhardt ist wieder da. Eben läßt er es melden. Am Nachmittage will er selbst kommen." „ Dachte mir es doch, daß er bei der ersten günstigen Gelegenheit wieder zurückkehren würde", entgegnete Hildebrandt. „Ich bin gespannt, zu er fahren, wo er gewesen ist, da er uns gar keine Nachricht gegeben hat." (Fortsetzung folgt.) Hakrplan der Orosstznlrain - Laiin. lVaeb Dresden: 7 II. 20 AI. trüb, 9 45 und 10 50 vorm., 3 5 und 4 35 naekm., 9 20 und 10 50 abds. Naek veipLix: 6 II. 25 AI. trüb, 9 45 vorm., 3 5 naekm., 6 50 und 10 50 adds. Nacd Aleissen: 7 II. 20 AL. fr üb, 9 45, 10 50 vorm., 3 5 und 4 35 naebm. und 9 20 abds. Nack Obemnitr: 6 II. 25 AL. srüb, 9 45 vorm., 3 5 naebm. und 4 35 naekm. (via köderau). Verzeichn iß der im Monat April 1872 stattgefundenen Prüfung des Gases hiesiger Gasanstalt nach einem Straßenbrenner. April Zeit Druck Cubikmtr. Kerzenlichtstärke 20. N^UHr. 47 Millim. V,i36. 17. Kerzenhöhe 45 Millim. Großenhain, den 20. April 1872. Louis Pollmar. ^ür di6 vielen kreuuälielieu Le^ei86 der Hieilnastme dei dem Iods istrer tzeiiedten lunte, Krtm 8u§eii Ulen den Ii6iÄie1i8teu Dunk die Liüt6M886N6L. 6e8toru t'rüU ^11 vlu- voßcdüed uaek dreitägigem Kranken lager nn8er guter, unvergeßlicher ÜVLIK« im ^lter von 10 lallren 7 Monaten 3 Noellen 2 "Lagen, >va8 xvir freunden und bekannten tietdetrüdt anxeigen. Oro88enkain, den 22. ^pril 1872. Vie vamilie Der diesjährige Stiftungsball der freiwilligen Turnerfeuer wehr soll Montag, den 29. April 1872, im Schützenhause ab gehalten werden. Beginn des Balles Abends 8 Uhr. Der Vorstand der freiwilligen Turnerfeuerwehr. Heute Abend Uebung. Der Vorstand. GflaumenmuH, sehr schön, ä Pfd. 24 Pfennige empfiehlt WV L. Dans«. Rigaer Tonnen-Leinsaat, ämerik. Pferdezahn, Riesenknörich, Serradella, Gras - Mischnng, Thymothegras, engl. Raygras empfiehlt ' -1. Herrin»»» VlaVrtx.