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313 gemuthet werde, zurückgezogen werden; in dem Fall jedoch, daß der Präsident sich veranlaßt sehe, die Klageschrift zurückzuziehen, müsse der Staatssekretär Fish seine Entlassung geben. — Bei Besprechung eines in New-Jork stattgefundenen Meetings pro phezeien die dortigen größeren Zeitungen eine Coalition der Anti- Grant'schen Republikaner mit den Demokraten, durch welche eine Wiederwahl Grant's gefährdet sein würde. — Der Dam pfer „Oceanus" wurde auf dem Mississippi in der Nähe von Cairo in Illinois, oberhalb der Mündung des Ohio, durch eine Explosion zerstört und verbrannt; von 100 Menschen, welche sich auf dem Dampfer befanden, sind 60 umgekommen. — Wie aus Mexico gemeldet wird, feiern die Regierungstruppen über die Insurgenten immer neue Triumphe; so besiegten sie dieselben im Staate Tabasco nach einem sechsstündigen Gefechte. Der Aufstand in Tabasco scheint somit sein Ende erreicht zu haben, da die Anführer sämmtlich geflohen sind. Porfirio Diaz soll sich nach New-Jork, die übrigen Rädelsführer nach den nördlichen Theilen von Mexico begeben haben. Vermischtes. In Park-Lane, einer der elegantesten Straßen Londons, ist kürzlich ein Raubmord verübt worden. Gegenüber dem Palais des Herzogs v. Cambridge bewohnte Madame Riel nebst ihrer unverheiratheten Tochter, einer jungen Schauspielerin, welche der dort spielenden französischen Truppe angehört, ein Haus. Fräulein Riel kehrte von einer Reise nach Paris soeben zurück, als das Dienstmädchen, eine Engländerin, ihr mittheilte, Ma dame Riel sei seit dem vorhergehenden Morgen und die Köchin seit dem vorhergehenden Abend verschwunden. Als das Dienst mädchen klagte, es habe nichts zu essen gehabt, da Madame Riel sämmtliche Schlüssel mitgenommen habe, öffnete die junge Dame die Vorrathskammer mit ihrem eigenen Schlüssel und fand dort die Leiche ihrer Mutter mit einem Strick um den Hals, welcher an dem eisernen Geldschrank befestigt war. Die anfänglich nahe gelegte Muthmaßung, daß es sich hier um einen Selbstmord handele, stellte sich bald als irrig heraus, da der Körper viele Spuren eines heftigen Widerstandes zeigte. Der Geldschrank war er brochen, ebenso die meisten anderen Räumlichkeiten, in denen Werthsachen aufbewahrt wurden, und nur die Juwelen lagen offen und unberührt da; wahrscheinlich, weil der oder die Mörder befürchteten, sich durch deren Verkauf zu verrathen. Geraubt wurden Silberzeug, französische und englische Banknoten, fran zösische Staatspapiere rc. Die Köchin, auf welche zunächst der Verdacht fallt, weil sie am Nachmittage, nachdem die Gemordete zuletzt gesehen worden war, verschwand, ist eine Französin, Marguerite Dixblancs mit Namen, und soll eine Anzahl von Bekannten unter den Londoner französischen Flüchtlingen haben. Nach langen vergeblichen Recherchen ist es der Polizei endlich gelungen, der Mörderin habhaft zu werden. Dieselbe ist nämlich, wie man der „Nat.-Ztg." aus Paris meldet, am 13. April in St. Denis verhaftet worden. Die Ausbeute edler Metalle in den sibirischen Bergwerken ist eine enorme. In 25 Jahren (1839 bis 1865), berichten statistische- Daten, wurden in den jeniseiskischen Bergwerken 18,298 Pud (1 Pud --- 40 Pfund) im beiläufigen Werthe von 275 Millionen Silberrubel Goldes gewonnen. Im Durchschnitt beträgt dies über 10 Millionen jährlich. Die-Revenuen der Regierung wären noch weit größer, wenn nicht der Diebstahl einige Millionen dem Staatsschätze entziehen würde. Mit dem gestohlenen Golde wird unter den Augen der beaufsichtigenden Beamten ein schwungvoller Handel betrieben. Stammverwandt. (Fortsetzung.) Freude und Schmerz zugleich waren es, die Roberts Brust durchzogen, nachdem er diesen Brief gelesen. Die Gewißheit, daß Marie ihn nicht ver gessen, daß sie ihn noch eben so treu und innig liebe, als vordem, sprach aus jeder Zeile. Hatte sie doch ein grenzenloses Vertrauen zu ihm in dem Briefe gezeigt. Sollte, durfte er dasselbe täuschen? Und dennoch! — wie konnte er Hilfe schaffen, er, dessen Anwesenheit bei Hildebrandt alle traurigen Ereignisse der letzten Zeit lebhaft ins Gedächtniß zurückrufen mußte? Das war der Schmerz, der bei längerm Nachdenken die erste Freude übertönte. Das arme Mädchen! Wie mochte es gelitten haben in dieser Zeit. Marie schrieb nichts davon, aber Robert fühlte es aus ihren Worten heraus. Ueberall Kampf und Streit in dieser Schreckenszeit: Hildebrandt krank und vergebens nach Fassung ringend; Marie den Vater und ihn, in welchem jener nur den Feind Frankreichs zu sehen schien, zugleich liebend; er selbst aber rathlos, wo es doch so mächtig in ihm drängte, Hilfe und Frieden zu bringen. Wo war der Ausgang aus diesem dunkeln Thale? Welches war die Lösung dieses dreifachen Widerstreites? — Robert legte sich an diesem Tage nieder, ohne die Ruhe zu finden, die er suchte. Alle Gründe, die für und wider eine Reise nach B. sprachen, erwog er reiflich. Er konnte zu keinem Entschlusse kommen. — Der Morgen des 18. März brach an. Wilde Pöbelhaufen zogen nach dem Montmartre, jener natürlichen Festung innerhalb Paris, und empörten sich wider die zu Recht bestehende Nationalversammlung. Die Regierungs truppen leisteten kaum Widerstand; ganze Bataillone gingen zu den Rebellen über. Da galt es denn von Neuem, Wacht zu halten, damit der kurz zuvor eingeleitete Friede auch gehörig beachtet werde. Die bereits auf dem Rück märsche befindlichen deutschen Regimenter mußten Halt machen, manche sogar umtehren. Die Beurlaubten wurden zurückgerufen, neuer Urlaub nicht er- theilt. Für Roberts Entschluß wurde diese Wendung der Dinge maßgebend. Eine Reise nach B. war für die nächsten Wochen unmöglich geworden. So schrieb er denn noch selbigen Tages folgende Zeilen an Marien: „ Dein Brief, meine inniggeliebte Marie, hat mich mit Freude und Schmerz zugleich erfüllt. Der Gedanke, daß Du mich noch ebenso treu wie ehedem liebst, hat für mich etwas Beseligendes und läßt mich getrosten Muthes in die Zukunft blicken. Das Bild aber, welches Du von Eurem Heim entrollst, ist so traurig, daß auch ich von tiefem Weh ergriffen bin. O, meine Marie, was hast Du leiden müssen, was wirst Du noch erdulden! Ja, ja! ich täusche mich nicht, wenn ich behaupte, daß Du gerade deshalb, weil Du mich so lieb hast, so viel ertragen mußt. Und dennoch darf ich nicht wünschen, daß cs jemals anders sein möchte. Mein ganzes Sein und Denken gipfelt ja in dem Gedanken, daß Du mich liebst! — Du rufst mich vertrauensvoll zu Dir, erwartest, daß ich Hilfe, daß ich Frieden bringe. Ach, wie gern thäte ich dieses! Seit gestern, wo ich Deinen lieben Brief empfing, habe ich Alles reiflich durchdacht, was sich wohl thun ließe. Noch war ich zu keinem Entschlusse gekommen. Ich mußte mir immer wieder sagen, daß ich schwerlich ein Friedensbote in Eurem Hause sein könne, daß ich eher neues Unheil bringen würde, als Segen. Daneben aber erblickte ich Dich in Deinem tiefen Seelenschmerze! — Da kommt die Nachricht, daß ein neuer Aufstand in Paris ausgebrochen sei. Wilde Rotten empören sich gegen die Nationalversammlung. Es würde vergebens sein, nun um Urlaub nachzusuchen, wo der Friede wieder bedroht ist. Zch muß mich der Macht der Ereignisse fügen. Vielleicht, das ist mein steter Gedanke, ist es zu unser Beider Heile, daß es so kam. Der Himmel hat sichtbar uns seither geschützt; gewiß, es wird noch Alles gut enden. Gerade der Umstand, daß Ihr nun zu Deutschland gehört, hat für mich so viel Tröstliches. Sei versichert, daß ich Dein Bild immer im Herzen trage, daß ich Dich unveränderlich liebe. Dein treuer Robert." Nachschrift: Sollte eine wesentliche Veränderung bei Euch nach irgend einer Richtung hin eintreten, so bitte ich Dich dringend um Mittheilung. D. O. Robert wurde etwas ruhiger, nachdem der Brief abgegangen war, wenn er sich auch sagen mußte, daß er mit demselben wenig oder gar nicht auf die Verhältnisse im Hildebrandt'schen Hause einwirke. Hatte er doch Marien wenigstens sagen dürfen, daß er sie noch liebe, daß sie ihm noch immer das Theuerste sei auf Erden. Gewiß, das mußte zum Balsam werden für des lieben Mädchens geängstetes Herz. (Fortsetzung folgt.) MU «le 8»xe. Sonntag den 21 und Montag den 22. April nur zwei große H «in im Bereiche der neu erfundenen Salon-Magie vom Pros. OK. 8wngel, Hofkünstler Sr. Hoheit des regierenden Herzog Ernst 11. zu Sachsen-Koburg-Gotha. Die Vorträge, ohne alle Apparate, ohne Gehülfen und bei gewöhnlichem Tische, sind noch nie in diesem Genre gesehen worden und steht Herr Stengel einzig und allein in seiner Kunst als unübertroffen da. Anfang präcis 8 Uhr. Erster Platz 10 Ngr., zweiter Platz 5 Ngr., Gallerie 2z Ngr. Kinder unter 10 Jahren bezahlen die Hälfte.