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198 Abstimmung hatte es doch verdient. Was aber wäre dazu geeigneter ge wesen, als ein Krieg mit Deutschland, oder richtiger gesagt: ein Krieg mit Preußen? Nach Berlin! nach Berlin! hatte die Mehrheit der „großen Nation" schon seit Jahren gerufen. Nun, der Vorwand dazu wurde gefunden, weil man ihn finden wollte! Mehr Schmach hat wohl noch niemals eine Vertretung auf sich geladen, als die der französischen Nation, indem sie den Krieg erklärte. Preußens König sollte einem entfernten Verwandten seines Hauses bestimmen, auf die demselben angetragne spanische Königskrone für alle Zeiten zu verzichten. Als er nun nicht ohne Weiteres auf solch' schändliche Zumuthung einging — da war der Krieg fertig! Die ganze gebildete Welt war empört ob solcher Handlungsweise. War es doch, als ob bei völlig heiterm Himmel ein plötzlicher Gewittersturm hereingebrochen sei und nun Strahl auf Strahl verderbenbringend zucke! Das waren Tage, welche jetzt kamen, wie sie noch kein Lebender gesehen. Ein einziger langer, weithin tönender Wuthschrei drang durch alle deutschen Gauen, und wie ein Mann schaarte sich das ganze Volk. Was galt es jetzt: ob Preuße, Sachse, Baier? Nur Deutsche waren da, dem Erbfeinde zu begegnen! Gar mancher Jüngling verließ das Elternhaus und die Stätte der Bildung, zog muthig hinaus zum Streite. Hobel und Hammer legte der Arbeiter nieder und nahm die Waffe zur Hand; schmerzlich war der Abschied, welchen der Gatte von der Gattin, der Vater von den Kindern nahm. Doch es wurde Alles überwunden, und Niemand sähe den bärtigen Kriegern, als es ins Feld ging, an, welch' schwere Kämpfe sie bereits bestanden hatten. Ja, es ist so, ein „Volk in Waffen" war's, das an die Grenzen eilte, um Gut und Blut in die Schanze zu schlagen fürs Vaterland. — Und wie stand es jetzt in B.? Das waren furchtbare Augenblicke für die Hildebrandt'scke Familie, als die Nachrichten über einen möglichen Krieg zum ersten Male in das Städtchen kamen. Hildebrandt war in voller Auf regung; es konnte, es durfte nicht wahr sein, was die Zeitungen brachten. Doch es kamen neue Nachrichten, welche die ersten bestätigten. „Warum", sprach Hildebrandt, „will der König von Preußen nicht nachgeben? Wäre dann nicht aller Streit zu Ende?" Die brave, treue Seele. Es ging ihm wie den meisten Franzosen, er glaubte das gute Recht auf Seiten seines Landes. „Preußen ist im Unrecht", rief er aus, „das kann nicht anders sein! Hat es doch von jeher nur zu unserm Schaden gehandelt bei allen seinen Unternehmungen. Nun will es gar auch in Spanien Einfluß gewinnen, damit wir auf zwei Seiten von ihm eingeschlossen sind. Das können, das dürfen wir nicht zugeben, wenn Frankreich nicht zu Grunde gehen soll!" Solche und ähnliche Reden ließ er wiederholt laut werden. Es war seine volle Ueberzeugung, was er aussprach. Hatte er doch noch einen be- sondern Grund, die Unnachgiebigkeit Preußens zu verwünschen. Robert Treuberg gehörte dem letzten Jahrgange der Reserve an und mußte darum jetzt an seine schleunige Abreise denken, um sich dem Heere einzureihen, denn die Mobilmachung hatte bereits begonnen. Schrecklicher Gedanke! Der, den er so sehr achtete, ja, den er so lieb gewonnen hatte, als sei es sein eigen Kind, sollte gegen Frankreich kämpfen! Er vermied absichtlich mit Treuberg in Berührung zu kommen. Was hätte er ihm auch sagen sollen? Noch schrecklicher war die Lage, in welcher sich Robert befand. Aus dem Kreise, wo er so liebevoll ausgenommen worden war, sollte er scheiden, als Feind scheiden. Wie hatte er sich die Zukunft so schön gedacht; welche Pläne waren in ihm der Reife entgegengegangen! Vorbei, vorbei! Er schied als Feind des Landes; es konnten nur unangenehme Erinnerungen sein, die sich an die letzten Tage seiner Anwesenheit knüpften. Welch' ein Geschick! Jetzt erst, da er scheiden, vielleicht auf immer scheiden sollte, war es ihm zur vollen, klaren Gewißheit geworden, daß er Marien unaussprechlich liebe. „Was wird sie zu dem Feinde ihres Vaterlandes sagen, wenn er zum letzten Male kommt, die Hand zum Abschiede ihr zu reichen?" hatte er sich wohl hundertmal des Tages gefragt. Er war am Nachmittage in seiner Wohnung geblieben und hatte Alles in Rücksicht auf die nahe Abreise geordnet. Es konnte nicht unbekannt im Städtchen geblieben sein, was dieselbe veranlaßte. Hatte doch sein Feind, jener Bernard, nicht versäumt, die französischen Arbeiter in Hildebrandt's Fabrik mit dem wahren Sachverhalte vertraut zu machen. Klug war es in jedem Falle, daß Robert seine Abreise auf den Abend festgesetzt hatte. Es war ja nicht weit bis zur Grenze und den Weg konnte er nicht ver fehlen, da der bald volle Mond die Nächte hell erleuchtete. Ein schwerer Gang war noch zu thun. Ohne Abschied von der ihm theuer gewordenen Hildebrandt'schen Familie konnte Robert unmöglich gehen. Es dämmerte bereits, als er die Wohnung Hildebrandt's betrat. Wie still es hier war. Die Arbeiter hatten heute etwas früher als sonst Feierabend gemacht und Meister Hildebrandt war schon seit einer Stunde weggegangen. Das erfuhr Robert durch ein Dienstmädchen. Er wandte sich nach dem Garten; dort pflegten Marie und ihre Mutter die Sommerabende gewöhnlich zuzubringen. Täuschte er sich nicht, so waren sie auch heute dort. Er lenkte also seine Schritte nach der Laube. Welch' ein Zufall! Marie saß allein da und schaute, wie in Träume versunken, nach den leichten Wölkchen, welche, vom Abendstrahl noch matt erleuchtet, hoch am Himmel standen. Einzelne Helle Sterne blinkten durch sie hindurch. — Das Geräusch der nahenden Schritte schreckte Marien auf! Sie schaute dem Ankömmling mit fast starrem Blicke entgegen. Ach! an ihn hatte sie ja so eben gedacht, für ihn hatte sie ein Gebet hinaufgesendet nach jenen lichten Höhen. Nun war er selbst da, war gekommen, um Lebewohl zu sagen, vielleicht auf immer. Wie das weh' that im Herzen, wie das stürmte in den Gedanken, wie das die Brust zusammenschnürte! Es wäre ihr nicht möglich gewesen, das erste Wort zu fprechen. (Fortsetzung folgt.) Sitzung der naturwissenschaftlichen Gesellschaft „Isis" am 5. März 1872. Dorf.: Herr Lehrer Ur. Hartmann. Nach Erledigung einiger geschäftlichen Angelegenheiten bespricht der Vor sitzende eine kleine Brochüre: K. Kühn, die elektro-magnetische Materie in ihrer kosmischen Existenz. Als Manuscript gedruckt. — Herr Pharmaceut Preßke bringt zur Ansicht den Weidenspinner (Uipari8 LaUem D), als Raupe, Puppe und auskriechender Schmetterling. Eine von Hrn. Lehrer Simmank eingesandte kurze Abhandlung bezieht sich auf dieses Insekt. — Herr Tele graphen-Vorstand Marschner verbreitet sich über den Bildungsgang und die litterarische Thätigkcit'des ausgezeichneten populär-naturwissenschaftlichen Schriftstellers A. Bernstein in Berlin, welcher durch seine gehaltvollen und ungemein klaren Leitartikel der Berliner Volkszeitung, sowie durch seine „naturwissenschaftlichen Volksbücher" (4 Bände) rühmlichst bekannt ist. Herr Marschner lieft aus letzterem Werke einige interessante Artikel, welche die Bedeutung des Fettes für den menschlichen Körper behandeln, vor. Schluß der Sitzung lO Uhr. kakrplan cler 0^r088tznkain - Latin. Dreien: 7 I). LV AI. frük , 8 45 unck 10 50 vorm., 3 5 unck 4 35 naekm., 9 20 unck 10 50 abcks. Deipri^: 6 V. 25 AI. krük, 9 45 vorm., 3 5 nackm., 6 50 unck 10 50 nkcks. AIeis86n: 7 I). 20 AI. krub, 9 45, 10 50 vorm., 3 5 unck 4 35 naekm. unck 9 20 abcks. Aiaek dremnitr: 6 1). 25 AI. früd, 9 45 vorm., 3 5 naekm. unck 4 35 nrreüm. (vin KÖckerau). Naci» Orimma (via Döbeln): 6 25 trüb, 9 45 vorm., 3 5 nacbm. unck 4 35 nacbm (vin Köckernu). Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten Mittwoch, den 13. März 1872, Nachmittags 5 Uhr im Rathssitzungszimmer. Tagesordnung: 1) Berathung des Entwurfs zum Contract über den Verkauf des Militärhospitals; 2) Beschluß des Stadt raths, nöthige Baulichkeiten im Rothe'schen Stifte betr.; 3) desgl., die Verpachtung der jetzigen Semmelbänke betr.; 4) desgl., Areal abtretung und Verlegung eines Straßentractes in der Catharinen gasse betr.; 5) desgl., einen mit dem früheren Todtenbettmeister Lehmann abzuschließenden Vergleich betr.; 6) Bericht der Finanz- Deputation über die Sparcassenrechnung pro 1870; 7) Beschluß des Stadtraths, die Prüfungen des Leuchtgases betr.; 8) desgl., die Vergrößerung der Sparcassenlocalitäten betr.; 9) desgl., die erbetene Erlaubniß zur Herstellung zweier Durchgänge durch den Giebel der früheren Jnnungsfabrik betr.; 10) desgl., die Entschädigung des Marktmeister Meyer für in der Sparcasse geleistete aushülfsweise Arbeiten; 1t) desgl., ein Gesuch um Rückerstattung städtischer Anlagen betr.; 12) desgl., die Differen zen beim Haushaltplane pro 1872 betr. Der Vorsteher. Dank null Mchmf. Zurückgekehrt vom Grabe unseres unvergeßlichen Gatten, Vaters und Bruders, könuen wir nicht unterlassen, allen Denen unsern herzlichsten Dank auszusprechen, welche dem Verstorbenen den Sarg so reichlich mit Blumen schmückten und ihn zur letzten Ruhe begleiteten. Besonderen Dank aber Herrn Pastor Preil zu Lenz für die trostreichen Worte der Religion am Grabe, sowie Herrn Kirchschullehrer Starke, als auch Herrn Lehrer Jrmschler für die erhebenden Gesänge am Grabe und am Trauerhause. Dir aber, Verklärter, der Du so frühe von uns gingst, Dir rufen wir noch nach: Ruhe sanft — Erhaben über Sterne, Schaut Dein Geist nun jenes bessre Land. Liebreich, in der Näh' und in der Ferne, Wird Dein Name oft von uns genannt. Daß wir Dich im Himmel Wiedersinden, Uns auf ewig dann mit Dir verbinden: Diese Hoffnung flöß in unser Herz Balsam bei der Trennung herbem Schmerz. Böhla, am 5. März 1872. Die trauernde Familie Zeifenl. Der Verkauf der Loose zu der mit der Ausstellung verbun- hat begonnen und können Wiederverkäufer solche Loose in ganzen Hunderten entnehmen bei Strohhutfabrikant Hotel cle 8nxe, Baumeister Dresdner Gasse 376.