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Ermordung der Geißeln im Gefängnisse la Roquette in Paris verhandelt wurde, hat den Präsidenten des Scheinkriegsgerichtö, Genton, zum Tode und mehrere Andere zu Freiheitsstrafen von verschiedener Dauer verurtheilt. Fünf Angeklagte, darunter ein Offizier des Hinrichtungspelotons, wurden freigesprochen. Belgien. Das „Echo du Parlement" theilt mit, daß den letzten Nachrichten aus Charleroi zufolge der Strike der Arbeiter in den Kohlengruben als beendet anzusehen ist, und daß man hoffe, die Arbeit werde demnächst wieder ausgenommen werden. Das Generalquartier der Truppen, die des Strikes halber nach dem Hennegau entsandt worden sind, ist in Charleroi. Am 18. Januar kam es in einer Kohlenzeche im Chatelet bereits zu Thätlichkeiten; die Truppen mußten einschreiten, da die strikenden Arbeiter die Stränge des Kübels abschneiden wollten, damit Jene ihrer Gefährten, welche ihren Aufforderungen, die Arbeit niederzulegen, widerstanden, nicht in den Schacht mehr fahren könnten. Vier Rädelsführer wurden verhaftet. Doch ist dies glücklicher Weise nur ein vereinzelter Zwischenfall. Das Aus bleiben der versprochenen Subsidien der Internationale, das Scheitern des projectirten allgemeinen Strikes in allen belgischen Kohlenzechen und die bereits ankommenden Kohlen aus Deutsch land und England haben viele Arbeiter zur Besinnung gebracht. England. In einer Patronenfabrik der Vorstadt Greenwich ereignete sich eine Explosion, welche einen Aufseher und 30 Ar beiterinnen mehr oder weniger bedenklich beschädigte. In mehrern Fällen besorgt man einen tödtlichen Ausgang. Das Gebäude wurde fast gänzlich zerstört. Nußland. Die officielle „Militärzeitung" meldet, die Feststellung der Grundsätze der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht sei soweit beendet, um der Durchsicht der gesetz gebenden Kreise unterbreitet zu werden. Ein Abenteuer in der Wachtstube. (Fortsetzung.) Der Fähnrich blickte betroffen seine Freundin an. Sie reichte ibm lächelnd die Hand und nickte ihm zu, als ob sie hinzufügen wolle, er dürfe -ihr in allen Stücken vertrauen. „Sie haben mir in der Sylvesternacht Ihre Vergangenheit geschildert", fuhr sie fort, „ich entnahm sofort aus Zbren Mittheilungen, daß Sie sich in der Uniform nicht glücklich fühlen. Sie suchen die Ursache Ihrer Un zufriedenheit in dem feindseligen Verhalten Ihrer Kameraden. Ich glaube, sie liegt tiefer. Lassen Sie mich darüber nachdenken; ich werde Ihnen schreiben, wenn ich das Richtige gefunden zu haben glaube." „Und wann werde ich Sie Wiedersehen?" fragte der junge Mann, den der leise Druck ihrer Hand elektrisch durchzuckte. „Jedenfalls vor meiner Abreise, ich schreibe Ihnen auch darüber." Hand in Hand schritten die Beiden der Thüre zu; sie hatten sie noch nicht erreicht, als sie rasch geöffnet wurde und ein alter Herr auf der Schwelle des mit Eleganz und Geschmack ausgestatteten Zimmers erschien. Erschreckt entzog Fräulein Buchwald ihre Hand dem Fähnrich. „Der Herr Geheimrath!" sagte sie leise, dann eilte sie, über und über erglühend, hinaus. „Ich bedauere den Vorfall recht sehr", nahm der Geheimrath das Wort, „aber er läßt sich nicht ungeschehen machen. Fräulein Buchwald wird Ihnen meine Unterredung mit ihr mitgetheilt haben; es war für mich ein peinlicher Augenblick, indeß werden Sie zugeben müssen, daß ich unter den obwaltenden Verhältnissen nicht anders handeln konnte." „Ich weiß nicht, ob man der Verläumdung nicht am wirksamsten da durch entgegen getreten wäre —" „Wenn ich der öffentlichen Meinung bewiesen hätte, daß ich ihr Urtheil nicht anerkenne? Nein, Herr Fähnrich, und wenn ich es auch gewollt hätte, meine Damen würden diese sehr gewagte Opposition nicht geduldet haben. Die Damen urtheilen schärfer wie wir. und wer der öffentlichen Meinung einen Schlag ins Gesicht geben will, der muß sich auf einen harten Kampf mit ihr gefaßt machen. Ich setze nicht den leisesten Zweifel in die Auf richtigkeit'und Wahrheitsliebe des Fräulein Buchwald, um so tiefer bedaure ich, zu diesem Schritt gezwungen worden zu sein." Eine leichte Verbeugung machte den Fähnrich darauf aufmerksam, daß der Geheimrath nicht weiter über diese Sache zu reden wünsche; er mußte sich verabschieden, wenn er nickt unhöflich scheinen wollte. Auf dem Wege zu seiner Wohnung dachte er ernstlich über die Worte j des Mädchens nach. Er wußte jetzt, daß es ein stärkeres Gefühl, als das der Freundschaft > war, was ihn an sie fesselte, und er glaubte, in ihren schönen, tiefen Augen gelesen zu haben, daß dieses beseligende Gefühl auch ihre Seele durckströmte. Er hatte ihr seinen Schutz und seine Freundschaft angeboten, das An erbieten war angenommen worden, jetzt war es seine Pflicht, sein Versprechen «einzulösen. Durfte er sie einem ungewissen Geschick entgegen gehen lassen, wenn er es verhindern konnte? Durfte er das niederdrückende Sklavenjoch noch länger auf ihrem schönen Nacken dulden, wenn es in seiner Macht lag, sie von demselben zu befreien? Nimmermehr! Was aber sollte er thun, um ihr zu zeigen, daß es ihm Ernst war mit der Einlösung seines Versprechens? Er ging zum Negimentscommandcur, um ihm mitzutheilen, daß er entschlossen sei, um seinen Abschied zu bitten. Der Oberst empfing ihn kühl. Er erwiderte ihm, die Verpflichtung zum activen Dienst sei eigentlich noch nicht abgelaufen, aber nach dem Vorfall in der Sylvesternacht erscheine das Gesuch gerecktfertigt, er werde es befür worten. Danach, wie die Zukunft des jungen Mannes sich gestalten werde, erkundigte er sich nicht. Der Fähnrich erhielt abermals den Beweis, daß er es nicht verstanden hatte, sich Freunde unter seinen Kameraden zu er werben. Der Major, dem er ebenfalls die Meldung machte, meinte, man dürfe eine Sache nicht so rasch übers Knie brechen. „Schockschwerenoth, weßhalb denn gleich abdanken?" fragte er, während er dem jungen Herrn eine mächtige Rauchwolke aus seiner Meerschaumpfeife ins Gesicht blies. „Lallen Sie sich zu einem andern Regiment versetzen!" Der Fähnrich zuckte die Achseln. „Ich habe unter meinen bisherigen Kameraden keine Sympathien ge funden", erwiderte er, „darf ich hoffen, sie unter dem Offiziercorps eines anderen Regiments zu finden?" „Das kommt allein auf Sie an! Schockschwerenoth, ich habe Ihnen das längst sagen wollen, aber es fand sich keine Gelegenheit dazu! Wer ein wackerer Soldat sein will, der muß leichtes Blut in den Adern haben, da darf man nicht über jedes Wort zu Gericht sitzen, da muß man leben und leben lassen, sich dem Geist des Ganzen anbequemen und ernst im Dienst, aber fröhlich bei der Flasche sei". Cie sind ein Kopfhänger, Fähnrich —" „Herr Oberstwachtmeister, meine Natur ist ernst —" „Na ja, weiß wohl, aber deßhalb können Sie doch mit den Fröhlichen fröhlich sein! Abschied nehmen? Unsinn! Zeigen Sie den Kameraden, daß Sie stolz sind auf das galante Abenteuer, dann wird man Sie beneiden und Ihre Schlauheit bewundern!" „Und die Ehre der jungen Dame?" „Bah, die Dame verläßt die Stadt, damit ist die Sache abgemacht." „Ich will Ihnen einen guten Rath geben", fuhr der Major fort, indem er mit der Pfeifenspitze auf die Brust des jungen Mannes tippte. „Verloben Sie sich mit einer adeligen Dame, dann hat das ganze Geschwätz ein Ende. Wenn ich in Ihren Schuhen stäke, wüßte ich schon, was ich thäte. Ver lobung, Versetzung, Heirath!" „Das ist Alles rasch gesagt —" „Und eben so rasch gethan!" Der Fähnrich mußte unwillkürlich lächeln. Dies war sür den jovialen Major das Zeichen, seine Lachmuskeln in Bewegung zu setzen. „Sehen Sie, mein junger Freund, das wäre der richtige Weg! Nach der Verlobung kommt das Patent, werde schon sorgen, daß Sie es bald erhalten." „Aber zur Verlobung gehören Zwei, Herr Oberstwachtmeister!" „Na, na, wenn Sie nur wollen! Wir könnten darüber heute Abend bei einer Tasse sprechen, vorausgesetzt, daß Sie mir die Ehre erzeigen wollen, meine Einladung anzunehmen." Der Fähnrich verbeugte sich, diese Ehre war ihm noch nie widerfahren. „Schockschwerenoth, der Hauptmann von Wartensleben hat vielleicht den Vorfall von der schlimmsten Seite betrachtet!" fuhr der Major, noch immer lachend, fort. ,,War freilich eine verfängliche Geschichte! Eine Dame im Eckschrank, dazu ein junges, schönes Mädchen! — Fähnrich, Sie sind ein gefährlicher Mensch, vor Ihnen muß jeder Familienvater seine Töchter hüten!" „Es war ein Mißverständnis; —" „Na ja, das sagt man ja immer, aber bei den Damen macht man sich durch solche Abenteuer interessant." „Es wäre ein sehr zweideutiger Ruhm, nach dem ich nicht geize!" Der Major erhob scherzhaft drohend den Zeigefinger, dann zündete er seine Pfeife wieder an. „Wir wollen darüber nicht streiten", sagte er, „viele junge Herren lieben es, sich diesen Ruhm zu verschaffen. Na, überlegen Sie sich das; ich sage Ihnen, auf diesem Wege gleichen Sie die Geschichte am besten aus." (Fortsetzung folgt.) Wie der Inseratentheil des heutigen Blattes zeigt, bat Herr Director Meyfarth — wie es auch recht und billig ist — seinem Bruder, Herrn Fr. Meyfarth, der, trotz der wenigen Beschäftigung in seinem Fache, uns doch stets den tiefdenkenden, fleißigen Künstler zeigte, für das demselben so sehr spärlich ausgefallene Benefiz ein zweites, im Verein mit Frl. Prosky, bewilligt. — Wenn uns in erster Linie schon die Humanität für Herrn Fr. Meyfarth gebietet, diese Vorstellung zahlreich zu besuchen, so ist es in zweiter Linie ein doppelter Magnet, der uns bestimmen wird, nicht zurück zubleiben. Frl. Prosky, ein allerliebster kleiner Dämon, hat sich die Gunst des Publikums schnell zu erringen gewußt, indem sie die ihr zugctbeilten Parthien mit großem Fleiße und eingehendem Verständnisse zu verwirklichen wußte. Moser's neueste Dichtung: „Kaudel's Gardinenpredigten", ist am Hofthcater zu Dresden so vielfach wiederholt worden, daß wir hierin die vollste Bürgschaft für die Gediegenheit des Lustspiels finden. Die Hinzu fügung der Posse „August Piepmeier" dürfte uns um so willkommener sein, als in derselben Herr Fr. Meyfarth Gelegenheit hat, sich in seinem eigenll den b, drei 2