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Ein Abenteuer in der Wachtstube. (Fortsetzung.) „Ich wünsche, daß Sie hier die Ruhe finden mögen, die Ihnen nöthig ist", sagte der Fähnrich, aus seinem Sinnen erwachend, „schließen Sie nur jtinen ab, mein Fräulein, so werden Sie nicht gestört werden." 2 geld, ohne Unterschied des Münzfußes und des Betrages, auf welchen die einzelnen Stücke lauten, von dem Gebrauche für Zahlungen ausgeschlossen wird. Ein Gleiches gilt von der Bank noten oder sonstigen auf den Inhaber lautenden unverzinslichen Schuldverschreibungen außerdeutscher Corporationen, Gesellschaf ten und Privaten, welche dem fremden Papiergeld gleich geachtet werden. Ausgenommen von dem Verbot sind bis auf Weiteres die Noten der französischen Bank, welche auf 50 Francs und darüber lauten. Das Gesetz ist wesentlich gegen die in jüngster Zeit ausgegebenen kleinen Abschnitte von Bankbillets der neu gebildeten „Societö general" in Paris gerichtet, sowie gegen eine Ueberfluthung der neu creirten kleinen Noten der franzö sischen Bank unter 50 Francs. — Die „N. Pr. Z." schreibt: Die Mittheilungen einer hiesigen lithographirten Correspondenz über die bevorstehenden Vorlagen aus dem Cultusminifterium find, wie wir hören, durchweg irrig; es sind weder über die facultative Civilehe, noch in Betreff des Austritts aus der Kirche Hprlagen der Art beschlossen, wie die in Rede stehende Corre spondenz andeutet. Frankreich. In der Nationalversammlung wurde am 20. Decbr. über das Bankgesetz berathen. Die Commission beantragte, das Maximum des Notenumlaufs auf 2700 Mil lionen festzusetzen. Thiers vertheidigte den Negierungsvorschlag, daß das Maximum 3 Milliarden betrage. Der Commissions antrag sei unzureichend. Die Vermehrung des Notenumlaufs sei das einzige Hilfsmittel; die Aufnahme einer Anleihe sei sinnlos. Frankreich bedürfe unbedingt des Friedens; je grau samer derselbe sei, desto nothwendiger sei es, ihn aufrecht zu erhalten. „Verbrecherische Unvorsichtigkeiten", fuhr Thiers fort, „haben uns Worte zugezogen, auf welche Stillschweigen die einzige Antwort sein kann." Schließlich erklärte Thiers, 2800 Millionen seien die niedrigste Ziffer, welche die Regierung ac- ceptire. Die Commission schloß sich dieser Ziffer an, und wurde dieselbe von der Nationalversammlung genehmigt. Ebenso wurde vom Hause die Bestimmung angenommen, welche die Bank zur Ausgabe von Noten zu 10 und 5 Francs ermächtigt, sowie ferner die Bestimmung, daß die umlaufenden kleinen Noten der Creditinstitute binnen sechs Monaten einzuziehen sind. — Dem Vernehmen der „Patrie" zufolge beabsichtigen mehrere der Rech ten und dem rechten Centrum angehörige Mitglieder in der Nationalversammlung den Antrag einzubringen, daß die Re gierung sich verpflichten möge, bis zur vollständigen Räumung des occupirten Gebietes sich streng in den Grenzen des Ab kommens von Bordeaux zu halten. Die jetzigen Deputirten sollen demgemäß ihr Mandat bis zum Jahre 1874 behalten und dann erst eine Constituante gewählt werden. — Aus Charle- Ville wird unterm 29. Decbr. gemeldet: Infolge des in der Nacht vom Sonntag auf Montag in der Barake eines französischen Marketenders an zwei baherschen Soldaten, einem Corporal und einem Hornisten, verübten Mordanfalles, bei welchem Ersterer tödtlich, Letzterer schwer verwundet wurde, ist eine strenge Unter suchung eingeleitet. Der Zapfenstreich findet um 7 Uhr anstatt um . 9 Uhr statt. Diese Bestimmung ist jedoch nur für die Soldaten getroffen. In dem bisherigen Verhältnisse zu den französischen Behörden und Einwohnern ist keine Veränderung eingetreten. Die von Pariser Journalen verbreitete Nachricht, daß französische Notable als Geißel weggeführt seien, ist durch aus unbegründet. — Nach einer Correspondenz der „K. Z." soll es nicht geduldet werden, daß Frankreich so großartige Rüstungen macht, daß es, ehe die Kriegsschuld bezahlt ist, wieder vollständig kriegsgerüstet dasteht und dann bei der Verfallzeit Schwierigkeiten machen könnte. England. Die Genesung des Prinzen von Wales macht befriedigende Fortschritte. Die Königin hat ein Schreiben an die Nation erlassen, in welchem sie derselben für die bewiesene rührende Theilnahme dankt. Er wollte fich der Thüre nähern, aber das Mädchen bat ihn, zu bleiben. „Ich kann nicht schlafen", erwiderte sie, „und die Ruhe finde ich auch, wenn ich hier sitze und mit Ihnen plaudere. Sie haben mir, einer Un bekannten, so großes Vertrauen und eine so liebenswürdige Gastfreundschaft bewiesen, daß ich Ihnen wohl nicht besser meinen Dank beweisen kann, als indem ich Ihnen mittheile, was mich hierher geführt. Darf ich Ihnen meine Schicksale erzählen?" Er wollte erwidern, daß er in ihre Geheimnisse nicht eindringen möge, aber in dem Blick, der ihn aus ihren Augen traf, lag etwas, was ihm nicht erlaubte, diese Erwiderung zu geben. Der Fähnrich zündete die Spirituslampe an und schickte sich an, ein Glas Grog zu bereiten, aber das Mädchen ergriff rasch die Numflasche und bat ihn, ihr dieses Geschäft zu übertragen. „Ich muß etwas weit ausholen", fuhr sie fort; „sollten meine Mit theilungen Sie ermüden, so sagen Sie es aufrichtig, ich werde mich alsdann kürzer fassen. Mein Großvater war ein vermögender und sehr angesehener Kaufmann, ein ächter Patriot, der in der Zeit der Knechtschaft unerschütterlich festhielt an dem Vertrauen, daß der Tag kommen müsse, an welchem Deutschland die Kelten zerbrechen und den gefürchteten Korsen über den Rhein zurückwerfen werde. Er war einer der Ersten, welche dem Aufrufe des Königs Folge leisteten, als Freiwilliger trat er in das preußische Heer, um dem deutschen Vaterlande Blut und Leben zu weihen. Er war einer der Braven, die bei Leipzig den Heldentod starben. Mein Vater war da mals zehn Jahre alt, er erlernte die Kaufmannschaft und übernahm später das Geschäft seines Vaters, welches inzwischen meine Großmutter mit Hülfe eines treuen Buchhalters geführt hatte. Seine erste Ehe war kurz, schon im ersten Jahre starb seine junge Frau, und er konnte sich lange nicht entschließen, zu einer zweiten Ehe zu schreiten. Endlich, in seinem vierzigsten Lebensjahre, begegnete ihm ein Mädchen, welches ihn so sehr fesselte, daß er ihr Herz und Hand anbot. Aber das Glück schien ihn nicht begünstigen zu wollen. Verfehlte Spekulationen und unverschuldetes Unglück hatten bereits sein Geschäft untergraben. Der Mißmuth darüber und der Groll gegen das Schicksal machten ihn hart und ungerecht gegen seine Umgebung, und nicht allein dies, sie führten ihn auch in die Kreise Derjenigen, welche aus mannichfachen Gründen die Regierung stürzen wollten. Ermüdet meine Erzählung Sie nicht?" „Nicht im Geringsten, mein Fräulein", antwortete der Fähnrich, der eifrig an seinem blonden Schnurrbärtchen drehte und den Blick von dem schönen, durch die Erregung leicht gerötheten Antlitz nicht abwandte. „Ich versichere Ihnen, daß Ihre Mittheilungen mich außerordentlich interefsiren." Lächelnd und mit einem Blick des Dankes die dunkeln Augen zu ihm aufschlagend, goß das Mädchen Rum in das Glas, um den Grog zu bereiten. „Lieben Sie ihn stark?" fragte sie. „Nicht sehr, wenn ich bitten darf." „Wohlan, auf ein glückliches Jahr!" Sie nippte an dem Glase und überreichte es dem jungen Manne, der verwirrt die Wimpern senkte. „Das Jahr achtundvierzig kam und mit ihm die Revolution ", fuhr das Mädchen fort. „Als der Völkersturm ausbrach, hatte meine Mutter mir eben das Leben geschenkt; sie bat meinen Vater auf den Knien, sich nicht an dem Kampfe zu betheiligen; allein war es Trotz, falsche Scham, oder die Ueberzeugung, für eine gerechte Sache zu kämpfen, genug, mein Vater ließ sich nicht zuruckhalten, er focht auf den Barrikaden und mußte die Flucht ergreifen, als die Truppen siegten. Seitdem ist er verschollen, ich weiß nur, daß er damals nach Amerika geflüchtet ist. Er schrieb nie; wir vermutheten, daß das Schiff, welches ihn hinbringen sollte, untergesunken sei. Nach seiner Flucht stellte es sich heraus, daß das Geschäft ruinirt war. Meine Mutter übertrug einem befreundeten Kaufmann die Abwicklung und verließ mit mir, ihrem einzigen Kinde, die Stadt, um bei einem Bruder eine Zuflucht zu suchen. Mein Oheim war nie ein Freund meines Vaters gewesen; er hatte vor der Hochzeit meine Mutter ernst gewarnt und ihr ohne Hehl gesagt, nach den Erkundigungen, die er eingezogen habe, sei der Kaufmann Buchwald ruinirt, wenn sie ihn heirathe, müsse sie, da sie selbst kein Vermögen be sitze, sich auf Noth und Elend gefaßt machen. Sie können denken, daß unter solchen Verhältnissen der Aufenthalt im Hause meines Oheims nicht angenehm war, meine arme Mutter mußte täglich Vorwürfe hören, und ich fand auch keine Liebe in dem Herzen dieses Mannes, den trübe Er fahrungen und bittere Enttäuschungen zum Menschenfeind gemacht hatten. Wir fügten uns in ihn so gut wir es vermochten, und nur, wenn wir allein waren, machten wir dem gepreßten Herzen Luft." „Er war ein Barbar!" sagte der Fähnrich entrüstet. „Wie konnte er Sie entgelten lassen, daß Ihre Mutter seinen Rath nicht befolgt hatte?" „ Ja, wie konnte er's!" erwiderte das Mädchen. „ Indeß auf der andern Seite erfüllte er als Oheim und Vormund seine Pflicht in einer Weise, die mich ihm zu stetem Dank verpflichtet. Er schickte mich in die besten Schulen, ließ mir Privatunterricht geben und ruhte nicht, bis ich mein Examen als Lehrerin gemacht hatte. Und als ob dies die einzige Aufgabe seines Lebens gewesen wäre, raffte die Cholera ihn hinweg, kurz nachdem ich die Prüfung bestanden hatte. Aber nicht er allein, auch meine Mutter ward ein Opfer der Seuche, und der Tod Beider erfolgte so rasch, daß ihnen nicht einmal Zeit blieb, Abschied von mir zu nehmen." Das Mädchen, überwältigt von diesen Erinnerungen, bedeckte ihr Antlitz mit den Händen, und ihr leises Schluchzen verrieth, daß sie der Heim gegangenen Mutter noch immer mit treuer Kindesliebe gedachte. Der Fähnrich stieß verlegen die Asche von seiner Cigarre und leerte das Glas, dann sah er auf die Uhr. (Fortsetzung folgt.) b u d lü sa de b: ge^ Lel als un Gr er ein ver besi inn Pa! ferr der tige bett hatl miö bete