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Großenhainer Werh aliungs- und An;cheblatt. Amtsblatt des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Redigirt, gedruckt und verlegt von Herrmann Starke in Großenhain. ^ö- ROO»Dienstag, den 3V. August 18 VO. Bekanntmachung. Die Schulgelder auf das dritte Vierteljahr 1870 sind längstens bis zum 3V. dieses Monats an Stadthattptcassenez:peditionsstelle zn bezahlen. Großenhain, am 2. August 1870. Der Stadtrach. Kunze. Br. Bekanntmachung. Die bestehende Vorschrift, nach welcher auf den Promenaden — Fußwegen Schiebekarren und Handwagen nicht gefahren, auch schwere und umfangreiche Gegenstände nicht getragen werden dürfen, und zwar zn Vermeidung von Geldstrafen bis zu Einem Thaler, oder im Unvermögensfalle entsprechender Gefängniß- strafen, wird, da in der neueren Zeit vielfach gegen diese Vor schrift verstoßen worden, hiermit aufs Neue eingeschärft. Großenhain, den 29. August 1870. Die Stadtpolizeibehörde. Kunze. Dfsicielle Kriegsnachrichten. (Nr. 25.) Bur le Duc, den 26. August, Nachm. 3 Uhr. Die kleine Festung Vitrh ergab sich gestern früh; 16 Kanonen wurden vorgefunden. Zwei Bataillone Mobilgarde, welche sich verirrt, wurden von unserer Cavalerie gesprengt, 17 Offiziere und 850 Mann zn Gefangenen gemacht. Diesseits Major v. Friesen schwer blessirt und 3 Mann verwundet. Tagesnachrichten. Sachsen. Se. Majestät der König haben dem Commandeur der l. Infanteriedivision Nr. 23 Sr. königl. Hoheit dem Prinzen Georg das Eommandeurkreuz 1. Klasse, sowie dem Commandeur der 11. Infanteriedivision Nr. 24 Generalmajor Nehrhoff v. Hol- derberg und dem Commandeur des Feldartillerieregiments Nr. 12 Oberst Funcke das Eommandeurkreuz 2. Klasse des Militär- St.-Heinrichs-Ordeus verliehen. — Wie das „Dr. I." ver nimmt, ist Sr. königl. Hoheit unserm Kronprinzen von Sr. Maj. dem Könige von Preußen nach der Schlacht vom 18. August das Eiserue Kreuz verliehen worden. Auch bestätige sich die Nachricht, daß Sr. königl. Hoheit unserm Kronprinzen von Sr. Majestät dem Bundesfeldherrn das Obercommando einer aus mehreren Armee corps gebildeten neuen IV. Armee übertragen worden sei. Preußen. Der amtliche „Staatsanz." schreibt: „Wie die Schlachten bei Weißenburg uud Wörth in den ersten gemein schaftlichen Kämpfen preußischer Truppen und deren Bayerns, Würtembergs und Badens blutig die neue Waffenbrüderschaft besiegelt haben, so ist an den siegreichen Schlachttagen bei Metz auch den zum ersten Male gemeinsam kämpfenden Truppen des Norddeutschen Bundes, namentlich den Sachsen und Hessen, die Feuertaufe geworden. Deutsche Treue und deutsche Ewigkeit haben das Volk in Waffen vom Fels zum Meere, vom fernsten Osten bis jenseits des Rheinstroms entschlossen gegen den ge meinsamen Erbfeind und unter der ruhmvollen Führung seiner Fürsten, Prinzen und Heerführer zu Erfolgen geführt, welche Zeugnisse der Vaterlandsliebe und des deutschen Heldenmuthes darlegen. Groß sind die aus allen Theilen des so geeinigten Vaterlandes gebrachten Opfer, doch, je größer sie sind, um so fester muß die Hoffnung Platz greifen, daß das Blut unserer Helden, daß die auf den Feldern der Ehre Gebliebenen das festeste Band deutscher Einheit bilden werden." — Aus Pont u Mousson vom 26. August wird berichtet: Die Franzosen selbst geben ihren Verlust an Verwundeten in der Schlacht bei Grave- lotte auf 15,000 Mann an, dazu kommen aber noch etwa 5000 Todte, und außerdem wurden an Gefangenen aus diesem Treffen bis heute Morgen circa 3000 Mann hier durchgebracht, so daß sich der Gesammtverlust der Franzosen demnach auf mindestens 23,OM Mann beläuft. — Nach einer anderen An gabe liegen in Metz 20,MO verwundete Franzosen, unter welchen der Lazarethbrand herrscht und der Typhus ausgebrochen ist. — Die „N. Pr. Ztg." bringt über den Antheil der preußischen Garde an der Schlacht vom 18. August einen ausführlichen Bericht, der zugleich auch die Thätigkeit der sächsischen Truppen beleuchtet uud welcher also schließt: „Der Tag nach der Schlacht war ein ernster, trauriger Tag. Vou 2 Uhr Nachmittags an bis spät in die Nacht hinein wurden die gefallenen Helden be erdigt. Die Regimentsmusiken spielten den alten schönen Choral: „Jesus, meine Zuversicht". In dem weiten Kreise, der durch die Kameraden der zu Begrabenden gebildet war, standen die Offiziere des Regiments und des Stabes. Unendlich ergreifend waren die stillen, bitten: Thränen, die langsam über die sonnen verbrannten Wangen der kriegerischen starken Männer herab rollten. Nein, Niemand, der ruhig zu Hause sitzt und der den großen Kampf, den wir jetzt kämpfen, nur aus Berichten von blutigen Schlachten, von theuer erkauften Siegen kennt, kann sich einen Begriff von der furchtbaren Geißel des Krieges machen; Hab' und Gut, Leib und Blut, Alles muß vor ihr vergehen. Ewige Schande den ruchlosen Frevlern, die sie herauf beschworen! Gegen 9 Uhr Abends wurde die feierliche Todten- musik plötzlich durch einen kecken, schnellen Marsch unterbrochen. Näher und näher kam das klingende Spiel, und jetzt zogen die Regimenter rasch und leichten Schrittes an uns vorüber. Es waren unsere wackeren Kampfgenossen, die überall beliebten und gelobten Sachsen. Sie riefen uns einen freundlichen „Guten Abend, Kameraden" zn, der herzlich erwidert wurde. Bald verklang die Musik in der Ferne; aber nicht lange, denn gleich darauf ertöute es im vollen Männerchor: „Stille 'Nacht, heilige Nacht" — und von der anderen Seite: „Lieb Vaterland, kannst ruhig sein". Ja, Vaterland, du kannst ruhig sein. So lange in deutschen Auen Männer geboren werden, wie jene treuen Helden, die vor St. Marie und St. Privat fochten, bluteten und starben, so lange kann kein Feind, woher er auch kommen