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Nr. 144. — 12. Jaliraaila. Die an jeden» Wochentag Abend (mit de« Datum der folgenden Tages) zur Ver sendung gelangende unparteiische Zeitung „Sächsischer Landes-Anzeiger": mit täglich cinein Extra-Beiblatt 1. Kleine Botschaft 2. Sächsischer Erzähler k Sächsische Gerichtszeitung 4. Sächsisches Allerlei 5. Jllnstr. Unterhalt«,»göblatt 8. Sonntagöblatt 7. Lustiges Bilderbuch lostet bei Ausgabestellen monatlich 7g Pfg., bei Post-Anstalten monatlich 7b Psg. «Lchsischer il>li>es-Kl>reiller. Verbreitetstes „„Parteiisches tägliches Lokalblatt. Dir Hauptblätter de» „Sachs. Landes-Anzeigers" erscheine» (ohne dessen Extra-Beiblätter) auch in einer billigere» Sondcr-Ausgabe algr kheinniher Gerreeal-Anzeiger für Lheninitz monatlich 40 Pfg. frei inS Haus; außerhalb Chemnitz monatlich 60 Pfg. mit Zntrageit. Freitag, 24. Juni 18SS. Der „Sächsische LandeS-Anzelger" ist in der deutsche» Post-ZeilungS-PreiSlift» unter Nr. SS80 eingetragen. (Oesterreichisch. Zeitungskatalog Nr. 2SS1.) Der „Chemnitzer General-Anzeiger" ist in der deutichen Post-Zeitungr-Preislist« unter Nr- 1342 eingetragen. (Oesterreichisch. Zeitungskatalog Nr- bSL) Verlags-Anstalt: Alexander Wied« Chemnitz, Theaterstraße Nr. L Fernsprech-Anschlnß Nr. 136. Telegr-Adr-: Landes-Anzeiger» Chemnitz. Anzeigenpreis: 6qesv-iltcnc Corpnszeile (ca-OSilben fassend) oder deren Raum 15 Psg. — Bevorzugt« Stelle («gespaltene Petitzeile ca. 11 Silbe» fassend) oder deren Nanm 30 Pfg. Bei wiederholter Aufnahme entsprechend billiger.— Anzeige» können nur bis Vormittag äuge,wunnen werden, da Truck und Verbreitung der großen Auslage längere Zeit ersordern.—Die Anzeigen finden ohne Preis au sschlag gleichzeitig Verbreitung durch den „Chemnitzer General-Anzeiger". Amtliche Anzeige»». Das im Crnndbnche anf den Namen Heinrich Alba» von Wolffers- s»rs eingetragene, inAltchtMnih( >!N»abergerstr.) gelegene Grundstück, Nr 261 dcS FlnrvnchS, Nr. 120 des Brandcataslers, Foliant 366 des Grnndbnchs für Altchemnitz, bestehend a»S Wohnhanö mit Verla,ifslade», Wasckiranm, Rämherei und Pferdcstall. sowie Scttenwohngebände, Hofraum, Bleich platz und Garte», geschützt ans SO 000 Mark, soll an hiesiger Amts gerichtsstelle zwangsweise versteigert werden und es ist der 2«. Jnli 1U02, Vorinittags 10 Uhr als Anmeldetermin, ferner der 11. Aug«st 1N02, Vor,nittagS 10V- Uhr als Versteiger«»gstermin, sowie der 24. Angnst 1U02, Vormittags II Uhr als Ter»,in znr Verkündung des VertheilnngsplanS gnberanmt worden. Die Nealberechtigtcn werden anfgesordert, die ans dem Grundstücke lastenden Rückstände an wiedcrkehrenden Leistungen, sowie Kostcnforderunge», spätestens im Anmeldcterminc anznmclden. Eine llcbcrsicht der ans dem Grundstücke lastenden Ansprüche »nd ihres Nangverhälinisses kann nach dem Anmeldetermine .in der Gerichtsschreibcrei des Unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werden. Königliches Amtsgericht Chemnitz, Abth. U, am 20. Juni l892. Böhme. Freitag, den 24. Jnni 1002, von Vormittags S Uhr ab sollen im Anctionssaale des Jnstizgebändes hier folgende Pfänder, als: Möbel, Spiegel, Bilder, Vorhänge, Kleider, Umhänge, Taille», Regu- latcnre, Sophas, Bettstellen, Matratzen, Schreibpnlle, lltcgale, Ladentafeln, Waarcnschränke, Wring- nno MascknnaschiNen, Waage» in. Gew., Schraub stöcke, Drehbänke, Herrenllcide» nnd Fnlterstosse, div. Spitzen nnd Besätze, Feueranzünder, 2 Pianinos, 2 Merkzengknste» mit Inhalt, 400 Stück Fenster- Verschlüsse, 4 Schneidklnppen, I Malzpntz-, 1 Bohr-, 1 Schlender- nnd 1 Näh maschine, 1 Partie Druckformen, Draht und Bandeisen, 4 Drnckiische, 1 Hand- und 1 Transportivage», 2 Pferde, 30 Stück Kohlenkasten, 1 Hund, 1 Eis schrank, 1 Hcrrcnpelz, 1 Droschke, 1 Handdrnckprcsse, 1 Schleifstein, 1 Farbeu- mühle, 1 Setzleiter, 1 Zn eirad, 1 Zuglampe, 1 Taschenuhr, 60 Fl. Wein, 2 Faß Rilui, 1 Fnß Cognac. 1 Faß Pr vcnccröl, 1 Kiste Pim»,ent, 1 Ballen Reis, 1 Ballen Tabak, 1 Kutsch- »nd 1 Hnndegcschirr, 1 gr- Partie Cigarren re. gegen sofortige Bezahlung znr Versteigerung gelangen. Böhme, Gerichtsvollzieher bei dem König!, Amtsgericht Chemnitz. Hente Freitag Nachmittags von 2 Uhr ab sollen im Lasch'schen Gasthofe zn Siegmar daselbst eingestellte Pfandstücke, namentlich 1 Ladet!tisch, Regale, I Spiegel, 1 Brückenwaage, 1 große Partie Schrcibhcste, Schiesertasein, Notizbücher, Bilderbücher, Gratnlationskarteu, Schreibpapier, Federkästchen, Tinte, Papicrwäsche n. B. mehr öffentlich versteigert werden. Acluar Berger, Gerichtsvollzieher bdi dem Königl. Anitsgericht Chemnitz. Hente Freitag, de» 24. Juni 1802, Nachmittags 8 Uhr gel ingt i» Nendler's lstestanratio»» 1» Kappel eine dort nutergebrachte Partie Pfarrdstücke, als: Möbel, Kleidungsstücke, 1 Glaskasten mit ansgestopstcn Vögeln, 1 Schmetterlingssammlung n. Ä. m. gegen sofortige Bezahlung znr Versteigerung- Lichtenberger, Gerichtsvollzieher bei dem Königl. Amtsgericht Chemnitz. Das italienische Königspaar iu Berli»«. Der König nnd die Königin von Italien haben am Mittwoch mit de» deutsche» Kaiserpnare Berlin besucht »nd sind mit wahren Jnbclstürmcn empfangen worden. Kare: Wilhelm nnd König Hnmbert hatten sich Mittwoch Vormittag zunächst nach Jütcrbogk begeben, in» dort Schießübungen bcizii- wvhne». Die Begrüßung war eine sehr lebhafte. Ilm 10V- Uhr wurdc ei» Gefechtsschießen begonnen. Eine Batterie s roß ans Mörser»,eine andcte ans Ringkanonen n»f 2400 Meier. Dann folgte ein Scbießen ans Schncllsener- gcschütze» in Panzcrthiirmlasclten mit Kartätschen ans nnrückende Stnrnt- coloilnc». Nachmittags wurde nach einer Frühstückspause das Schießen fort gesetzt. Zunächst feuerte eine Batterie im Costüm Friedrichs des Große» ans acht glatten sechspsündigeu Geschützen. Dann folgte eine moderne Batterie Ein ruhiges Haus. Humoreske von D. Duncker. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. Unter diesen reizvolle» Zukiinstsdildern war ihm die Pferdebahn fahrt schnell genug vergangen nnd auch Fräulein Emmy war sic nicht lang gewvrdcn, den» auch sie hatte an dem goldenen Faden sv>tgespon»en, der mit dem neuen Clavierlehrcr, dem „herrlichste» oo» Allen" und dem nächstwinterlichcn Abonnement auf der Nonsscan- Jnscl seine» Anfang genommen Halle und dessen Forlsetznng nicht mehr und nicht weniger enthielt, als ei» neues Abendkränzche», am liebsten vo» acht bis elf; ein gemeinsames Thcaierabvmieiiicnt mit Aiiiiie Waller — Emmy schwankte mir zwischen Maliowsky — Schauspielhaus und Kainz — Berliner Theater — ein Zweifel, dem ja übrigens ganz leicht durch Abzählen an de» Jackcnknvpse» abgc- holfen werden kviinle, »nd der schliesslich in einem Tanzvergltüge», mit dem Mama unter alle» Umständen die neue Wohnung einwciheu mußte, seine» vielverschlungenen Schlnstknoten fand. Nun waren die beiden Glücksspiuner an ihrer Endstation angclangt. Emmy ließ nicht locker. Zuerst wußte nach der Bcndlersiraße gegangen werden. Nirgends ei» MicchSzcttel z» entdecken! Doch da. linker Hand, am letzten Ende nahe dem Wasser. Sie fragten beim Portier. Ja, drei Treppen hoch, sechs herrschaftliche Zimmer — 800 Thaler. — „Nicht höher als zwei Treppen durste die Wohnung gelegen fei», nicht mehr als vier, höchstens fünf Zimmer haben und der Preis 450 Thaler nicht überschreiten." Das war Mamas Ultimatum gewesen. Und Mama hatte trotz ihrer stillen Art doch schließlich immer da- letzte Wort. Also zogen die Beiden mit lauge» Gesichtern ab. Was nun? Näher zur Stadt zurück oder noch weiter fort? — Der Alte war entschieden für die erste, Emmy ebenso entschieden für die zweite Richtung — Herr Balduin wohnte nämlich dicht am Zoologischen Garten. Natürlich behielt das tleine, eigensinnige Mädchen auch jetzt, wie stets, ihren Wille». I» einer kürzlich angelegten Straße, die dem Alten so ziemlich rütnirur 'II,»In z„ sei» schien, fand sich in einer ganzen Reihe gleichmäßig gebauter neuer Häuser, in denen bisher mir tvenige Wohnungen vermiethet worden, was sie suchten: eine zweite Etage mit vier Zimmern für allerdings 500 Thaler, doch meinte der Wktttkr gnädig, der Wirth würde wohl 50 ablnssen 7- „für'» und endlich erschien ei» Parlament«», welcher die Capitnlcilion anbot und damit die Einstellung des Schießens bewirkte, woraus ein Parademarsch de» Schluß der Besichtigung bildete. Um zwei Uhr traten die Monarchen die Reise »ach Berlin an. Die Reichshanptstadt hatte inzwischen für die Strecke vom Anhaltcr Bahnhof bis zum Schlosse in kurzer Zeit einen »»gemein effectvolle» Schmuck angelegt. Die osficicllc Ausschinncknng vo» Seiten der Stadt, sowie die private der Häuser durch die einzelne» Besitzer verschmolz zn einen, harmonischen Ganze», säst alle Häuser trugen reichen Fahnen» nnd Flaggenschinnck, viele Häuier auch Gnirlaitdc». Ans dem Pariser Platz war von den städtischen Behörden ein in rothcn, weiße» und grünen Farben ge haltenes Zelt errichtet; das Gitter des Denkmals Friedrichs des Großen war mit Blattpflanzen reich verziert, die Denkmäler am Opernplatz nnd ebenso die Figuren aus der Schloßbrücke waren mit Topfgewächsen nnd Blnmenlanbe» umgeben. Eine dichte Menschenmenge war herbeigeströmt nnd hielt die Foststraße zn beiden Seiten besetzt. Tie Ankunft der Königin Margarethe nnd der Kaiserin erfolgte um 2 Uhr 40 Min. Nachmittags ans dem westlichen Geleise des Potsdamer Bahnhofes. Großer Empfang fand nicht statt. Außer einige» officiellen Persönlichkeiten hatten sich »nr einige Mitglieder der Hofge sellschaft nnd der italienischen Botschaft eingefunden. Nachdem die Königin nnd die Kajscrin den Salonwagen verlassen, durchschritten sie den kaiserlichen Warle salon, um in dem offenen Vierspänner Platz zn nehmen. Bei dem Erscheinen beider hohen Franc» brach das versammelte Publikum in stürmische Hochrufe ans, welche mit freiindlichem Kopfnicken dankend erwidert wurde». Das Mnsikcorps des 1. Garde-Dragoiierregitnetits stimmte die italienische Nationalhymne an und die 5. Eskadron desselben Negiments machte Honneurs. Unter Voran- reiten des Mnsikcorps und zweier Züge der schöne» Reitertrnppe setzte sich das Viergespann in Bewegung, begleitet von dem Commandenr des Regiments nnd dem Oberstallmeister Grase» v. Wedel und gefolgt von zwei weiteren Zügen der Dragoner- In schlankem Trabe ging es durch das Spatier der hochrnsenden Menschenmasscn hindurch dem königliche» Schlosse zu. Als die beiden Fürstinnen das Brandenburger Thor passirten, trat die Wache in's Gewehr. Die Auknnst der hohen Dame» kam wohl etwas »»erwartet, den» die dort ansgestetttcn jungen in Weiß.gekleideten Damen eilten vor dem Wagen der Herrichastc» über den Platz herüber z»m Zelt. Der Wagen der Monarchinnen hielt mir eine kurze Weile, während welcher brausende Hoch- und Evvivarnse nnd Tücherschwenkc» ihnen die begeisterten Grüße der angc- sammelten Tausende entgegenbrachten. Um 3 Uhr Nachmittags traf König Hninbcrt in Begleitung seines kaiserlichen Gastgebers, vo» den Schießübungen i» Jüterbogk znrückkchrcnd, anf dein sestlich geschmückten Anhalter Bahnhof ein. Der Eingang zn den Fürstcnzimincr» war in eine» Lorbeerhain ver wandelt worden, ans dem sich ans vergoldeten Streben ein Baldachin ans goldbefranztem Pnrpnrstoss erhob. Ans dem Baldachin ruhte die Kaiserkrone. Gewinde ans Eichenlaub und Tannenrcisern, deutsche und italienische Fahne», Schilder mit dem deutschen Reichsadler nnd dem savohischen Kreuz vervoll ständigte» in ansprechender Znsammcnstellnug de» Aufputz. Auch das Innere der Fürstenzinuner war z»m Empfang des Königs hergerichtct worden. Mit einem ebenso zahlreichen wie glänzenden Gefolge fuhren die Monarchen in die Bahnhofshalle ein. Aus dem/Bähnhos erch.irtetr» der Stadtkommandant Gras Schliesse» mit seinem > Stabe Und ddr Polizeipräsident v. Richthofen, den Kaiser, der die Uniform des I. Gard.» Fcldartillcric-Negittieiits trug, und den König, in der Uniform des 1. hessischen Husaren.Regiments. Die Monarchen gingen durch die Fürstenzimtner nach den« an der Möckernstraße bcrlitsteheuden vierspännigen Daumontwagen. Auf der Straße hielt die zur Eskorte kommandirte Leib-Eskadron des Garde- Kürassier-Regiments mit der Regiments»»»!! und in die Bcgrüßnngssansare» der Musiker mischten sich die enthiisiasiischen Hochrufe der nach vielen Tausen den zählende» Menschenmenge, Ein Zug Kürassiere setzte sich an die Spitze des königlichen Wagens, an dessen »echten! Hinterrad der Cvinmandcnr ritt, während cr anf der linken Seile von dem Coniuiaiidenr der Gardckürassiere begleitet wurde. Ein zweiter Zug folgte ans den Wage». Begleitet von lanlen Kniidgcbniigcu der Bevölkerung fuhren die Monarchen durch die König- grätzerstraße dem Brandenburger Thore zu. In der Straße stmden die Leute Kopf a» Kopf gedrängt, alle Fenster der anliegende» Häuser waren dicht besetzt, brausende Hochrufe in deutscher Sprache nnd nicht weniger stür mische Evrivas lösten einander ab. A» der Tribüne bei dem Brandenburger Thor wurde König Humbcet vo» sünszehn jungen Dame» feierlich begrüßt; als ihre Führerin üdereeichtc Fräulein Marggrass, die Tochter des Berliner Sladtrathes, dein Könige einen prächtig n Bliitnenstrauß ans Kvrnblnmen nnd Marschall-Niel-Rost». Älsd nn b grüßte Bürgermeister Zelle de» könig lichen Gast im Namen der Reichshanptstadl mit folgender Ansprache: „Ew. Majestät wollen allcrgnädigst gestalte», daß wir Sic bei dem Eintritt in unsere Stadt Namens der Bürgerschaft nnlerlhänigst begrüßen. Gleiche Geschicke ver binden das VolkJtaliens nnd das dculschc Volk znr herzliche»Sympathie. Bei^ Trvckelilvohnen", wie der Biedere nnpcrstäudlich murmelnd hinziifngld. — Also z»m Wirth. Emmy war in zwei Sätzen stiben. Das Hans konnte ihrer Berechnung »ach höchstens fünf Minuten von Herrn Baldniiks Wohnung liegen. Der Alte folgte nicht allzu langsam, denn an der andern Ecke der Straße erhob sich ei» stattlicher Bicrpalast mit bunten Scheiben, kühnen Fresken nnd sonstigem modischen Zubehör. Er sah sich schon an einet» der eichenen Tische zwischen Julius Wolfs und Anton von Werner sitzen. Ihm gegenüber halten Gneist »nd Virchow Platz genommen. Er stolperte strahlend seiner Tochter »ach. Der Wirih war nicht zn Hanse und seine Fra» schien nicht geneigt, Versprechungen über ebenluelles Herabsetzen des Miethprcises abzngcde». Immerhin möge inan die Wohnung ansehe». Ein Dienstmädchen beleuchtete mit einer Petroleumlampe die elegant tapezierten, aber gänzlich feuchte» Wände, von deren bedenk- iichcr Beschaffenheit allerdings weder Emmy noch der Rentier etwas dcmelkte», denn das junge Mädchen dachte »nr daran, wie sich das kleine Hoszitnmer am Borderflnr, das ihr innthlnaßlich znfalle» würde, am hübschesten cinrichten ließe, und ob das zweifenstrige Vorder- zimmer auch z»m Tanzen groß genug sc!» würde, wenn erst die Möbel darin stünden, vor Allem der Flügel, dc» Papa ohne Frage nr die Stunden bei Herrn Balduin anschaffc» mußte, während der Rentier das Unterbringcn der alten Einrichtung — die Wohnung bot eine kaum halb so große Nanmflächc als die in seinem eigene» Hanse — berechnete nnd dabei uiitvillkürlich i» Erwägung zog, ob die Heroen des Tages sich in Anbetracht der großen Nähe ans ihrer Stammkneipe drüben wohl gelegentlich in seine eigene Wohnung locken lassen würde». Julius Wolfs »nd Anton von Werner unter seinem Dache. — Das ließ schon ein paar Unbequemlichkeiten mit in Kauf nehmen. Wie gerädert, aber höchlichst befriedigt, kamen die Beiden gegen zehn Uhr zn Hanse an. Der Alle hatte denn doch die Slammkneipe vertagt, freilich banplsächlich ans dem Grunde, weil er morgen früh um ü Uhr geweckt sein wollte, damit er pünktlich nin acht Uhr in „der neuen Wohnung" sein könne. Sohn und Schwiegersohn konnte» erst im Lause des Vorinittags eintrcfsen, bis dahin sollte, wenn irgend möglich, gemiethct sei». — Nachdem man sich eben zum Abend brot gesetzt hatte, trat, eine nngewvhnte Erscheinung zu dieser Stunde, Ha»S in'» Eßzimmer. Sei» Auge leuchtete, sein Antlitz strahlte. Er Nationen haben, unter der Führung ihrer hochherzigen Fürsten, nach langen nnd schweren Kämpfe» ihre Einheit errungen! Ew.Majestät sind ei» treuer nnd wahrer Freund unsere, Herrschers, ein mächtiger Verbündeter Sr. Majestät unseres Knisces. Innige Freude zieht durch alle Gcmülhcr, so oft Ew. Majestät de» deutsche» Boden berühren. Daß diese Freude und jene Sympathie in der Hauptstadt des dentschen R-ichs gain besonders lebhaft sind, dürfe» wir ehr- fnrchtsvoll versichern." Unter unnnterbrocheneti enthnsiastüchen Shinpathie- bezetignngcil fuhr der Zug durch de» M ttelweg der im schönsten Fcstschmnck prangenden Linken den, königlichen Schlosse zn. Trupp.-» bilde«» vom Denkmal Friedrichs des Großen bis zn» Schlosse Spalier, nnd vor dem Schlosse wurden die Monarchen vo» einer Compagnie empfange», die sie dort mit Fahne »nd Musikhvrs erwartete. Hier brachte anch die italienische Colonie dem König ihre Huldigung dar- Kurz vor 4 Uhr'wurden ans de» Fahnenstange» des alten Hokenzollernsitzcs die Standarten der verbündeten Monarchen gehißt. Das französische Botschaftshotel ans dem Pariser Platz hatte »och in letzter Stnnde geflaggt. Anf seinem großen, von einer roth- weißen Marquise überschatteten Balkon sah man die Familie des Botschafters. — Die Absperrnngsmaßregcln iviirde» sehr gelinde gehandhabt, das Pnbliknm konnte bis unmittelbar au de» Straßenzng heran reten. Der Wageuverkehr wurde erst eine Viertelstunde vor der Auknnst der Majestäten geschlossen. Nach einer kurzen Rubchauss nach der Ankunft im S bloß besuchten die Majestäten die Rnhmeshalle nnd verweilten dort längere Zeit. Wo sich die selben ans de» Straßen zeigte», wurdc» sie cnthnsiastisch begrüßt. N >ch des; Rückkehr zmn Schloß fand FamilieiN-isel statt, am Abend große Galaopcr- Nach derselben erfolgte die Rückreise »ach P tsdam. Politisch« Rundschau. Chemnitz, de» 23. Juni. Deutsches Reich. Der Trittksprnch des »kaiscrs, den derselbe bei der an, Dienstag Abend stattgehabien Galatafel im Nene» Palais am' da- italienische Königspaac ansbrachte, hat »ach dem „Neichsanzeigcr? folgenden Wortlaut. „Der Besuch Eurer Majestäten hat Meine Frau »nd Mich nicht nur mit hoher Freude erfüllt, sondern mit U»S freut sich Mein gesanimtes Volk. Daß Eure Majestäten die Gnade hatten, vo» Ihrem schönen Vaterlands her die weite Reise nicht zu schenen, »>» Uns hier anfznsncheti, beglückt Uns und rnst Uns znm Tank auf. Nicht unbekannt ist Euren Majestäten die Halle, die Sie hier beehren. Scho» einmal war es diese», Hanse vergönnt, Eure Majestäten hier z» sehen, als Sie Meinem unvergeßliche» Herrn Vater die sremidlich« Pflicht erfüllten, bei der Taufe Meiner jüngste» Schwester Palhenstellr zn übernehme», als Seine jetzt schon sqgcnnmwobcue Gestalt in der vollsten Fülle Seiner Schönheit nnd Kraft Ihnen eittgegenlruchtetc, dieser selben jinlsjen Ptzinzeß, deren Verlobung gerade bei der Anwesenheit ihrer hohe» Pathen zn verkünden mir eine besondere Freude ist. Geschwunden ist jener Held, geblieben jedoch sind die innigsten Beziehungen der brüderlichen Freundschaft nnd Anhänglichkeit zwischen Unseren beiden Häusern >»id Uns Beiden. Der Jubel der Bvöikecung, der Enren Majestäten eittgcgenschlägt und der morgen aus dem Mnnd: Meiner Berliner Ihnen cntgcgenschlagen wird, wird cs bezeugen, wie dankbar das gesammte deutsche Volk es anerkennt, daß Italiens Majestäten sich hier cingefnndeii haben. Die blonde Schwester Germania begrüßt ihre schöne Schwester Italic,. Mein Glas gilt der Gesundheit Ihrer Majestäten und dem Wunsche, daß cs Ihnen Wohlergehen und der Segen Gottes ans Ihnen nnd Ihrem schöne» Lande ruhen möge, welches so vielen Meiner Unlerlhanc» nnd Meiner Ka.ucr.dcu zu besonderer Freude wird, wenn cs sic gastlich nnsliimmi." Dev Prinzregent Lssitpolv von Bayer» ermächtigte dc» Vorsitzenden des Evmilec's für den Empfang des Fürste» Bismarck i» München, Ferdinand von Miller, mitztilhcilc», daß cr sehr be dauere, während der Anwesenheit Fürst Bisinarck's nicht in München sein z» könne», sich aber der Vorbereitungen zn einem würdigen Em pfange Bismarcks freue. sagte »ichis als: „Nalhel!" und das velständnißvolle Schwesterlein erwiderte ebenso prompt und ebenso lakonisch: „Du hast gcmiclhcl." Mit einen, Seufzer wonniger Erschöpfung ließ Hans sich neben seiner Mutter ans dem Svpha »«der. „Du wirst staunen, Mütterchen — ein Zimmer mit Cabinct in der Mancrstraßc, zwei Treppen hoch »ach vorn, wundervoll sage ich Dir,Und billig — spult — fünfnndpierzig Mark monatlich." „Aber es waren ja bei unserer Berechnung Deines künftigen Budgets höchstens fünfnnddreißig anf die Miethe gefalle»?" „DaS thul nichts, die lnmpigen zehn Mark spare ich mir wo anders ab. — Es wäre ein Verbrechen gewesen, das nicht zn nehmen. Und so sauber, Mama — die Wirlhi» — das heißt ihre Tochter —", nnd Hans schmunzclte, „ein entzückendes lleines Exemplar —- macht die Zimmer selbst rein." Frau Luise seufzte nnd sah ihr Schmerzenskind besorgt vo>k der Seite a». Das aber hatte sic um die Taille gefaßt und bat? „Freu Dich doch, Mama, ich bin wirklich dort gut aufgehoben, nnd so glücklich, daß cs endlich so weit ist. Und den Kaffee, Emmy, de» gebe ich gleich in den ersten Tagen. Ich habe schon mit Mininr gesprochen!" Emmy lachte. „Minim, wer ist denn das?" „Na, das Wirthstöchterchcn natürlich. Wie dumm D» fragst, Emmy. Sie heißt Marie, wird aber von vertranten Freunden de» Hauses Mimm genannt." Fräulein Emmy war im Begriff, ihrem Bruder eine „moralische Pauke" zn halten, als der Alte, der sich inzwischen salt gegessen, dazwischen fuhr: „Laßt doch die Alfanzereien, Kinder. Ich werde jetzt die Arbeit für morgen vcrtheilcn." Am nächsten Vormittag zwölf Uhr kehrte der Rentier sehr erhitzt und aufgeregt nach Hanse zurück. Der Rnbikon war überschritte»; er hatte den MicthSevntract unterschrieben. Der Wirth hatte die fünfzig Thaler in der Thal abgclassc», wiS sein wohlunlcrrichteler Pförtner prophezeit halte, aber »nr unter der Bedingung, daß die Sache gleich perfect würde. Inzwischen hatten sich auch die übrige» Familienmitglieder de< ihnen zucrtheilten Aufgabe entledigt. (Fortsetzung folgt.)