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Sächsischer Landes-Anzeiger : 15.06.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-06-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189206154
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18920615
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18920615
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-06
- Tag 1892-06-15
-
Monat
1892-06
-
Jahr
1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 15.06.1892
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Nr. 136. — 12. JahiMiia. Sächsischer Die NN jedem Wochentag Abend (mit de« Datum des folgende» TagcS) znr Ber» sendnng gelangende unparteiische Zeitung „Sächsischer Landes-Anzeiger": mit täglich einem Extra-Beiblatt I. Kleine Botschaft s. Sächsischer Erzähler ö Sächsische Gerichtözcitnng 4. Sächsisches Allerlei V. Jllustr. Itnterhaltungsblatt 6. Sonntagsblatt 7. Lnstigeö Bilverbnch kostet bei Ausgabestellen monatlich 70 Pfg., bei Post-Anstalten monatlich 75 Pjg. Mes-AllZkiM Verbreitetstes unparteiisches tägliches Lokalblatt. Die Hauplblätter des „Sachs. Landes-Anzeigers" erscheinen (o l> n e Vesseu Extra-Beiblätter) auch in einer billigeren Sondcr-Ausgabe alSi Cheinnitzer General-Anzeigev für Cbciunitz monatlich 40 Pfg. frei i»S Hans; außerhalb Chemnitz monatlich 50 Pfg. mit Zutragen. Mittivoch, 15. Juni 1892. Der „Sächsische LandeS-Aiizciger" ist in der deutschen Post-ZeitniigS-Preisliste unter Nr. 5580 eingetragen. (Oesterrcichisch. Zeitnngskatalog Nr. 2651.) Der ..Chemnitzer General-Anzeiger" ist in der deutsche» Post-ZeitnngS-PreiSlist« nntcr Nr- 1342 eingetragen. (Oesterrcichisch. Zeitnngskatalog Nr. 59L) Berlagö-Anstalt: Alexander Wiede Chemnitz, Theaterstraße Nr. S. Fernsprech-Anschlnß Nr- 136. Tclegr -Adr-: Landes-Anzeigcr, Chemnitz- «nzelgentirriS: Oaewaltcnc Corvnsnile (ca-9SiIbe» fassend) oder derenNanm 15Pfg. — Bevorzugte Stelle (6gespalte»ePetitzeile ca. 11 Silben fassend) oder deren Nanm 30 Pfg. Bei wiederholter Aufnahme entsprechend billiger.— Anzeige» können nur bis Vormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auslage längere Zettersardern.—Die Anzeigen finden ohneP reiSanfschlag gleichzeitig Verbreitung durch den „Chemnitzer General-Anzeiger". »— „ , i Politische Nnudscha». Chemnitz, den 14. Juni. Deutsches Reich. Des Kaisers Portemonnaie. Während der letzten Truppen besichtigung a»f dem Tcmpelhoscr Felde bei Berlin am Sonnabend hat, wie das „Kl. Jour»." meldet, der Kaiser dort ein brannledcrnes Portemonnaie verloren. Dasselbe enthielt etwa hundert Mark, einige Schlüssel und einen goldenen Fingerring. Bei einem sofort äuge stellte» Nachsnchen ist das Portemonnaie nicht gesunden worden, und es war deshalb eine Compagnie Pioniere ko»l»>andirt, welche noch mals »achforschtc». Aber auch diese haben nichts gesunden. — Einem freudigen Ereignis; kan» die deutsche Kaiserfainilie für den Monat August rntgegenschen. WaS hat der Zar in Kiel gesagt? Gegenüber den er hobenen Anzweiflungen hält die „Köln. Ztg." ihre Nachricht, der Zar habe i» Kiel in bündigster Weise erklärt, er werde die Pläne der Franzosen ans Wiedergewinnung von Elsaß-Lothringen nicht unterstütze», anfrecht. — Diese Versicherung ist aber doch wohl kaum gefalle», wcniigleich der Zar sehr friedfertig erschien. Ter Bestich des italienischen Königspaares in Berlin. Nach verläßlichen, der „V. Z." onS Berliner Hoskreisen zugehende» Nachrichten ist der Bestich des italienischen Königspaares am Kaiser- Hofe einstweilen bis znm Herbst vertagt; vielleicht werde er in diesem Jahre überhaupt nicht mehr erfolge». Es hat über den Besuch und seine Vertagung ein überaus herzlicher Briefwechsel zwischen beiden Monarchen stattgefnndc». Man ist in Berlin vollständig darüber sicher, daß die Drcibnndspolilik von de» inneren Vorgängen in Italien, welchen Verlauf dieselben auch nehmen mögen, durchaus »»berührt bleibe» wird. Aus Friedrichörnh. Die »enc „Westd. Allg. Ztg." in Köln, die dem Fürsten Bismarck ebenso nahe steht, wie die „Hamb. Nachr", erklärt rnudwcg olle ernculeu Mitlheilnnge» von einer Aussöhnung zwischen dem Kaiser nud dem Fürsten Bismarck für absolut erfunden. — Wir Halle» Letzteres gleich gesagt. Bürst Bismarck lätzt in de«» „Hamv. Nachr." die neu lich verbreitete Meldung, er solle zum Präsidenten des preußischen Stnatsrathcs ernannt werde», für unbegründet erklären. Der Meld ung stand die Erfindung an der Stirn geschrieben. Die parlamentarische» Verhandlungen des prensiischen Landtages in Berlin haben am Montag wieder begonnen. Die Negierung wünscht die Session schnell zu Ende zu bringen, aber cs scheinen die Dnige nicht so glait verlaufen zu sollen. Das Herren haus hat die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses über das Militär anwärtergesetz nmgcstoßen; auch bei dem Tertiärbahngesctz wird cs nicht an Differenzen fehlen. Unrichtige Mitthcilnngen über daö Inkrafttreten der Sonntagsruhe in« Deutschen Reiche waren im Umlaufe: Die mehrfach durch die Blätler gehende Nachricht, daß demnächst ein Erlaß zu erwarten sei, dcmznsvlge alle Bestimmungen der Gewerbe- gesetznovellc vom 1. Juni 1991 über die Sonntagsruhe in Kraft treten würden, ist nicht zutreffend nach der „N. A. Z." Znm I. Juli treten überhaupt nur diejenigen Bestimmungen der Gewerbe uov.lle über die Sonnlagsrnhe in Kraft, denen znfolge im Handels- gewerbc Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter am ersten Weihnacht»-, Oster- und Pfingstfciertage überhaupt nicht, im klebrigen an Sonn und Festtagen nicht länger als 5 Stunden beschäfligl werde». Für Preußen steht auch die Publikation der Ansführnngsbcstiinmungcn Der Kellerprosessor. Eine einfache Geschichte von Max Kretzer. Nachdruck verboten. A» einem Octvbermorgen war er znm ersten Male aufgctaucht, wenigstens nicinle Frau Petsch, die Inhaberin des kleinen Papicr- ladens an der Ecke, sic habe ihn an diesem Tage „entdeckt." Ta sic Wittwc war, keine Kinder hatte, und nnr dann am meiste» hinter dem Bcrkanfstisch aiisznwartcn halte, wenn die Knaben »nd Mädchen der nahen doppelten Gemeindeschnle von oder nach der Schule unterwegs waren» so saß sie an schönen Tagen mit Vorliebe in der geöffnete» Ladcnthnr, und versperrte mit ihrem massiven Körper fast den Eingang. Während die Finger sich mechanisch mit dem Stricken eines Strumpfes beschäftigten, ließ sie über die Brille hinweg ihren Blick über den Platz und die Straße entlang gleite», »insterte jcdin Menschen mit der Miene eines Criminalbeamten und halte für alle Vorgänge, selbst für die nichtigsten, jene naive Neu- gierde bereit, welche zugeknöpfte Menschen unausstehlich finden, die aber lediglich eine Folge allzugroßer Langeweile und Beschränkt heit ist. Diese beiden mächtigen Häuserquadrate, welche de» mäßig großen Platz ninschlosseu und dem Auge nur die Durchsicht in die dunkle etwas schmutzige Straße gestatteten, die ihn dnrchschnitt, waren mit ihren Freuden und Leiden größtentheils auf sich selbst angewiesen. Sie nahmen sich ans wie eine riesige, steinerne Veste, die die Vor stadt hinausgeschvbcn hatte bis dahin, wo das Millioiieunngehener seine Fühlhörner über Wiesen und freies Feld ansslreckle, bis es auch diese eine» TagcS mit seinem steinernen Nachen verschlingen wird. Während eines einzigen Sommers waren die vierstöckigen Mieths- kasernen aus der Erde geschossen, um den Gürlel von Berlin i»> äußersten Süd-Osten zu dehne» und zu erweitern. Sie rochen so zusagen noch nach Neuheit. Die Kälte de? noch nicht ganz ansge- trockncten Kalkes haftete ihnen an. Die weißen, roh geputzten Fanden, die noch de» Oelanstrichs harrte», hatten etwas Starres, LeichenhastcS. Trotzdem waren die Wohnungen säst Übersicht, größtentheils von jene» kleinen Leute», die einen weiten Weg nicht scheuen, um ein billiges Heim zu besitzen. Selbst in den Vorderhäuser», in de» ge öffneten Fe»stern der obere» Stockwerke, konnte man an milden Abenden «ine langgezogene Garnitur von weißen und blanen Hemd- zn den gesetzlichen Vorschriften zn erwarten; in einer Reihe von Städten ist die nähere Regelung der Angelegenheit außerdem der ortSstatutarischen Bestimmung Vorbehalten. Für die letzte» vier Woche» vor Weihnachten, sowie für einzelne Sonn- und Festtage, an wclchcn örtliche Verhältnisse einen erweiterten Geschäftsverkehr er forderlich mache», kann die Polizeibehörde eine Vermehrung der Stunde», während welcher die Beschäftigung statlfinden darf, bis ans 10 Stunden znlasse». Die Stunden, während welcher die Beschäf tiguiig statlfinden darf, werden unter Berücksichtigung der für den öffentlichen Gottesdienst bestimmten Zeit, sofern die Beschäftignngszcit durch statutarische Bestimmungen eingeschränkt worden ist. durch letztere, i»> Uebrige» von der Polizeibehörde sestgestcllt. Die Feststellung kann für verschiedene Zweige des Handelsgewerbes verschieden er folgen. Prenhisches Abgeordnetenhaus. Das Hau» nahm am Montag seine Arbeiten nach den Pfingstfcrie» wieder ans. Der Abg. von Balan (sreicons.) welcher znm Polizeipräsidenten von Potsdam ernannt ist, hat sein Mandat »iedergclegt. Alsdann wird i» die zweite Beralhnng des Tertiärbahngesetzcs eingetrete». Die mit der Vorberalhung betraute Commission hat der Vorlage die Bezeichnung: Gesetzentwurf betr. die Lokalbahnen und Privatanschlnßbahne» ge geben. Nach einem Anträge des Abg. Jansen (Ctr.) wird statt Lokalbahnen „Kleinbahnen" gesetzt. Eiscnbahnniinister Thielen dankt der Commission für ihre Bemühungen, das Gesetz zn Stande zn bringe» und betont, die Slaalsregicrnng werde de» beschlossenen Acnderungc» znstimmen, um e!» Scheitern des Gesetzes z» verhüte». 8 1 wird angenvmmen, ebenso § 1 a, welcher besagt, daß Aendcrungc» i» der Anlage oder im Betriebe der Kleinbahnen der behördlichen Genchmignug bedürfe». 8 2 bestimmt die Behörde», welche für d e Concessionirnng zuständig sind. Der Paragraph wird unter Ablehnung beantragter Acndcrnnge» genehmigt. 8 3 stellt diejenigen Punkte fest, auf welche sich die polizeiliche Prüfung zu beschränke» hat. Unter Anderem wird gesagt, daß die technische Befähigung und die Zuverlässig keit der Belriebsbedicnsiele» geprüft werden soll. Abg. Nickcrt (freist) bcantragi Streichung des Passus, welcher bo» der Znbcp- lässigkeit handelt. Nach längerer Debatte hierüber wird ein Antrag Hammachcr (nallib.) angenommen, wonach die polizeiliche Prüfung sich nur ans die technische Befähigung »nd Zuverlässigkeit der Be diensteten solcher Betriebe erstrecken soll, die mit Maschinen betrieben werden. Die §§ 4—19 werden nach unwesentlicher Debatte geiichmi'gt und die Wcitccberathniig sodann auf Dienstag 11 Uhr vertagt. Die Koste«« dev Berliner Weltausstellung veranschlagt die „Köln. Ztg." an der Hand der Zahlen, die für frühere Ausstell ungen maßgebend waren, auf 55—60 Millionen Mark. Allerdings geht diese Summe über die Kostensumme der letzten Pariser Aus stellung etwas hinaus; es erscheint, so bemerkt das citirte B'alt» die Annahme eines etwas höheren Kostensatzes indessen durchaus gerecht fertigt, wenn man erwägt, daß in Paris der Platz für das Unter nehmen schon vorhanden war und außerdem in dem Troeadcropalast ein höchst geschmackvolles »nd bedeutendes Ansslellnngsgcbände zur Verfügung stand, während in Berlin sowohl die Beschaffung „nd Herrichtniig des Platzes, wie die Ausführung der Ansstellnngsbanlich- keitcn sehr erhebliche Mittel in Anspruch nehme» würde. Man wird sich daher nicht darüber hiiiwegtäuschc» dürfe», daß ei» Betrag von der angegebenen Höhe für die Finanzirnng des Unternehmens er forderlich sein würde, sowie daß ei» sehr erheblicher, wenn nicht der überwiegende Thcil als Garanlicfvnds wird beschafft werde» müssen. Die Krenzzeitung veröffentlichte folgende Anklage: „Vor etwa acht Tagen sind ans dem Privatcabinet des Herr» von ärmcl» bemerke», die i» nierkwürdigcm Gegensätze zn den mit St»ck überladenen Armenpalästen standen. Nur an den unlcrcn Etage» »erriechen hi» und wieder große rolhe Zettel die Oedc »nd Leerst die noch hinter den Scheiben herrschte. Es war, als wollte» die Besscrsilnirle» „nnr der Noth gehorchend, nicht dem eignen Tucbe, sich inmitten dieser Gemeinde niedcrlassen, wo die Bewohner jedes Hauses sich als große Familie betrachtete», neugierige Auge» hinter den Gardinen jeden Schritt eines Einkchrendc» oder Davongehcnden beobachteten, und die Menschen die kleinstädtische Gewohnheit hatte», vor der HauSthür nud vor den Läden zn sitzen und zn stehen, sobald cs die Witterung gestattete. Platz und Straße lagen abseits vom Verkehr, daher kam es, daß sie a» warme» Tage» zu öffentliche» Kindergärten wurden, in denen unzählige, halbverkümincrte kleine Wesen sich tummelte» »nd balgten. „Der sieht aber mal komisch aus, de» habe ich ja »och garnicht gesehen," dachte die würdige Frau Petsch, als sie ihn vorttbergehc» ah. Es war allerdings eine ganz originelle Erscheinung, die sich hre» Blicken darbot. Unstreitig verdiente er die Bezeichnung „Herr", trotzdem er in seiner Kleidung stark znrückgekommen war. Aber dieser Schäbigkeit hafteten die besseren Tage »och so sehr an, daß es lictätlos gewesen wäre, von ihr auf die Person schlimme Schlüsse z» ziehe». Ja, die Person, die war cs eben, die sofort fesselte, trotz des ausgedienten CylinderhuteS, der bedenklich in's Grüne schimmerte, und trotz des abgetragenen Hackenwärmers, der seine magere Figur bis weit über die Knie umschlottcrte, und dessen Grundfarbe schwer zu errathen wäre. Fra» Petsch sah, wie er in de» Bäckerladen an der gegenüber liegende» Ecke ging, noch auf der Straße zwei Schrippe» in die Tasche steckte, die er vorher auf ihre Weichheit geprüft halte, und dann direct ans ihr Geschäft zukai». Jetzt erst bemerkte sie, daß er eine Papierrolle unter dem Arm trug nud daß ihm sogar ein Pincc-iiez über den Nock banmelte. Der wird auch waS Rechtes kaufen, dachte sie und erhob sich von ihrem Stnhl hinter der Glasthür, die bereits geschlossen war, weil der Herbst sich empfindlich bemerkbar inachle. Noch die Klinke i» der Hand, hatte er bereits den Hnt gezogen und einige hösliche, tiefe Verbeugungen gemacht. Er wird doch nicht etwa betteln wollen, dachte Frau Petsch weiter und pflanzte sich hinter dem Ladentische ans. „Womit kann ich dienen?" fragte sic dann. Ec suchte einige Augenblicke nach einer Stelle, wo er de., Cylindcr nulcrblinge» könne, da der Ladentisch und die Glaskästen, die ans ihm standen, mit allerlei Dim.en belegt waren. Endlich stellte er ih» ans die Diele mir der Ocssnnng nach oben und legte die Rolle hinein. Es geschah bescheiden, fast dcmülhig» wie Je,»and cs zn thnn pflegt, der sich seit langer Zeit daran gcwölint hat, überall nnr geduldet zu werden. „Etwas irisch draußen," sagte er mit fast kraftloser Stimme und rieb sich die Hände. Nun konnte Frau Petsch ihn naher mustern. Sei» Haupthaar war noch boll, trotzdem es bereits stark ergraut war. Der stattliche Vollbart von gleicher Färbung war wohl gepflegt, woraus man auf eine gewisse Koketterie seines Besitzers schließe» durfte. Seine GesichlSzngc waren regelmäßig, und sein großes, blaues Auge drückte Güte und Milbe ans. Die bessere Abstammung stand ihm sozusagen auf der Stirn geschrieben. Gar kein übler Manu, dachte Frau Petsch abermals. „Würden Sie wohl die Güte habe», mir drei Bogen weißes Schreibpapier, de» Bogen zu zwei Pfennige», zn geben," sagte er mit eilte,» verbindlichen Lächeln. „Außerdem möchte ich noch um einige Löschblätter und Stahlfedern bitten, die letzteren recht spitz, ich kann nur mit spitzer Feder schreiben." Aha, der macht Engroseinkäufe, dachte Frau Petsch wieder und holte das Gewünschte Herbor. Dan» wunderte sic sich über die „ge bildete Sprache", die durchaus nichts Gesuchtes enthielt, sondern viel eher die gute Erziehung vcrrieth. Als er die Stahlfedern z» prüfen begann, bemerkte Fra» Petsch, baß er a» der linken Hand einen alten schwarzen Handschuh trug, der a» mehreren Stellen arg zerrisse» war, so daß die Fingerspitzen zu sehen waren. Den rechte», der wohl de- Anziehens kam» inehr werth war, hatte er ans den Tisch geleg«. Das Geschäft war bald erledigt. Er wollte schon gehe», als er »och einmal de» Hut hinstellte, in die Tasche faßte, eine große» halb zerfetzte Brieftasche hervor holte und dieser eine selbst geschriebene Visitenkarte entnahm, die er der Händlerin überreichte. „Wenn Sie meiner Hilfe vielleicht einmal bedürfen, verehrte Fra», dann bitte ich ehr um geneigten Zuspruch," fühlte er sich verpflichtet, zu bemerke». „Ich siehe jeder Zeit zur Verfügung, käme auch eben so gerne zu Ihnen. Sprechstunden während des ganzen Tages. Mein Prinzip ist: gründlich und billig." (Fortsetzung folgt.) Haaseman» die üblichen Gratifikationen an die Handclsrcdacteure der Berliner Zeitungen, soweit dieselbe» ihre Visitenkarte» zu diese,» Zweck ci'ngcsandt hatte», verschickt worden, »nd zwar einige Monate vor - Fälligkeit der üblichen Halbjahrs-Gralisikatione». Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir diese Vorausbezahlung in Verbindung bringen mit de» Vorbereitungen znr Emission der neuen rumänische» Anleihe, deren Vorzüge zn schildern und deren Nachiheilc zu ver schweigen sich die Herren Handelsredaclenre mit 300—1500 Mark je nach der Größe ihrer Zeitung bezahlen lassen." Sehr richtig be merkt dazu die „Köln. Ztg." „Unseres Erachtens würde die Krcuz- zcitnng 'ehrlicher »nd anständiger anflreten, wenn sic sofort mit offenem Visir fechten und gleich die Name» derjenigen Handelsredaclenre und Ber, liner Zeitungen veröffentlichen wollte, die sich in solcher WcUe bestechen lassen. Die Bestochenen haben allerdings kein Interesse daran, ihre Namen veröffentlicht zu sehen, nmsumchr aber alle die, welche cs mit der Presse ehrlich und gut meinen." Oesterreich-UiliM'rr. Zur Währnngsfrage. Es war das Gerücht verbreitest die Verhandlungen über die neuen Wcihrnngsgcsctze sollten vertagt werden, weil sich dabei zn große Schwierigkeiten hcransgestellt hätte». Die Meldung beruhte aber ans Erfindung, die Verhandlungen werden rüstig fortgesetzt werden. Italien. Die Deptttir1enkaitt«ncr wird sich, wie es heifft, auf unbestimmte Zeit vertage», «««» nicht wieder znsammen- zntreten. Während dieser Zeit wird da»» die Kammcrnnflösnng und die Ausschreibung der Neuwahlen pnbticirt werden. Wen» di« letzteren statlsinde» werden, st.ht bist er »och nicht fest. Frankreich. Eine Beleidigung oes Präsidenten Carnot wird ans Paris gemeldet: Als der Präsident am Sonntag den Rennplatz von Loiigchamps verließ, riese» einige Personen in der Nähe seines agcns: „Ec geht, weil er Geld verloren hat! Grüßt ihn nicht, de» hölzerne» Kerl! Nieder »ist Caruot!" Die Schreier wurde» verhaftet und die Polizei hatte Noth, sic gegen die Prügel des un willige» Publikums zn schütze». Im Polizciamte wurde sestgestcllt, daß die Arrestanten zwei Monarchisten waren. — Gegen Wilson, den Helden d^z berüchtigten Ordenssehwinbels, ist Strafantrag wegen Wahlbeste.hung gestellt. Spanien. Bedenkliche Znständk. Die Arbeilernnrnhen, welche in der Provinz Barcelona ansgcbrocheii sind, nehmen nachgerade den Charakter einer Revolte an. Tie Zustande sind recht böse, Plünder ung und Brandstiftung können nnr mit Waffengewalt verhindert werden. Ein allgemeiner Streik aller Arbeiter des ganze» Bezirks soll cintrelen, die Fabrikbesitzer haben schon freiwillig ihre Etablisse ments geschlossen, doch müsse» dieselben durch starke Mililärabthci'l- inige» vor Angriffen geschützt werden. Hierbei wurden wiederholte Abweisungen der Sinrmcnden mit blanker Waffe uölhig. I» Cala- horra am oberen Ebro richtet sich die W»lh der Menge besonders gegen die Geistlichkeit, die Domherren flohen. Das Militär war z» schwach und konnte die tobende Menge nicht zügeln. Selbst ei» Eiscnbahnzug wurde von der Menge angegriffen, die mit Flinten schüssen zuruckgetricbc» werde» mußte Starke M.litärablhcitunge» sind znr Erhöhung der Autorität der Behörde» abgcsandt. Nutzland. So werde«» denn «in» sie Ansfnhrverbote fallen. Die.. Gctreidccommissio» hat die Wicdcrgcstallnng der Ausfuhr von Weizen,
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