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aller Art verschwenderisch überhäuft, die arme Emilie aber hatte ein herbes Mißgeschick fast unausgesetzt verfolgt. Nach dem Verkauf ihrer Güter hatte sie einen großen Theil der erhaltenen Eapilalien, unbedachtsamer Weise und ohne sich vorher mit erfahrenen Personen hierüber zu berathen, um nur schnell so bedeutende Geldsummen aus dem Hause zu haben, und da sehr annehmliche Zinsen ver sprochen wurden, auf das Zureden einiger dabei betheiligren Personen auf ein ansehnliches Rittergut ausgeliehen, dabei aber außer Acht gelassen, sich zu unterrichten, mit welchen Schulden diese Ländereien bereits behaftet waren. Ein paar Jahr lang erhielt sie auch ihre Zinsen prompt gezahlt, dann aber trat ein Todesfall ein, der Verkauf des Guts ward verfügt, der Werth aller liegenden Gründe war sehr gesunken, der sich ergebende Kaufschilling siel daher verhältnißmäßig so gering aus, daß die vor Emilien ein getragenen Gläubiger nicht einmal ihre volle Befriedigung erhielten, jene aber ihre ganze Forderung hierbei einbüßte. Diese Schreckens-Nachricht erhielt sie gerade an dem Tage, als ibr kleiner Sohn, den sie auch Egmont benannt hatte, in sein fünftes Jahr trat. Jeder Geburtstag dieses vaterlosen Jindes war bisher schon immer mehr ein Thrä- nen- als Freudenfest gewesen, diesmal aber war Emilie so niedergeschlagen und trübsinnig, daß der arme Knabe auch nicht einen freundlichen Blick von seiner Mutter er halten konnte. So verging der Tag; mit weinenden Augen schmiegte sich das Kind am Abend, ehe cs in sein Beltchen gebracht wurde, an sie, drückte ihre Hand an seinen Mund und fragte: Liebe Mutter, Du bist doch nicht krank? Nein, mein guter Junge, rief Emilie, ihn an ihre Brust pressend, Gott sei Dank, noch bin ich gesund und fühle mein Unrecht, daß ich Deinen lieben Geburtstag so vertrauert habe. Deinetwillen und Dir zu Liebe will ich mich aufheitern und Golt bitten, daß er mir Stärkung verleiht, mein Geschick zu ertragen und mich für Dich, Du mein einziges mir noch gebliebenes geliebtes Wesen, bei Gesundheit und Kraft erhalte. — Du hast auch, meine liebe schöne Mutter, fragte der Knabe weiter, mir schon recht lange nichts mehr vom Vater erzählt, wird denn der Vater, der so gut ist wie Du sogst, nicht bald kommen? Gewiß bald, antwortete Emilie schluchzend, geh' nur jetzt zu Bette, mein Kind, der liebe Gott nimmt sich der frommen Kinder an und wird auch Deinen Vater wieder zu uns führen. Emilie mußte jetzt bedeutende Einschränkungen in ihrem Hauswesen vornebmen. Der Bediente ward entlassen, und um auch in ihrem gegenwärtigen Wohnort, wo sie zwar sehr cingezogcn gelebt und nur den unvermeidlichsten Um gang gehabt hatte, doch aber als eine wohlhabende Frau von Stande bekannt war, dem Gerede und Gefrage aus- zuweichcn, beschloß sic, nach einem sehr entlegenen kleinen Landstädtchcn zu ziehen, und hier, wo möglich, in noch größerer Abgeschiedenheit, blos der Erziehung ihres Sohnes zu leben. In stiller Ruhe verflossen hier ein paar Jahre, als das Unglück von Neuem anfing, die arme Emilie zum Gegen stand seiner Verfolgungen zu machen. Ihr noch übriges Vermögen war bei einem ansehnlichen kaufmännischen Hause untergcbracht, der bisherige Prinzipal desselben starb, sein Sohn, der die Handlung übernahm, hatte keinen Sinn für den ruhigen und nicht sehr ausgedehnten aber soliden und sichern Gang der Geschäftsführung seines Vaters; auf eine bedeutende und schnelle Vergrößerung des Vermögens ging sein Streben. Er unternahm die gewagtesten Spc- cularionen, wollte, da diese mißlangen und ihm ansehnliche Verluste zuzogcn, sich schnell dadurch wieder aufhelfen, daß er an den verderblichen Börsenspielen Theil nahm. Hier gewann er wirklich in der ersten Zeil einige Summen, welche aber der Fallstrick wurden, den ihm sein böses Ge schick legte; denn nun ließ er sich auf einen Papierkanf zu einem solchen enormen Betrage ein, daß er das Auf sehen der ganzen Börse erregte. Ein unerwartetes politisches Ereigniß drückte aber diese Papiere so herunter, daß hier durch der gänzliche Umsturz dieses alten kaufmännischen Hauses dergestalt erfolgte, daß der neue Herr Prinzipal sogar landflüchtig werden mußte. Bei der Untersuchung fand sich ein solches Uebermaaß der Passiva, daß die Gläubiger kaum fünf Procent ihrer Forderungen erhielten, wodurch also der Rest von Emiliens Vermögen bis auf einen sehr unbedeutenden Betrag verloren ging. Sie ertrug diesen neuen Schlag mit Ergebung und Fassung. Auch meine gute Mutter, sagte sie, mußte sich ärmlich durchhelfen, womit sollte ich denn ein besseres Schicksal verdient haben. Bald aber drang noch ein an derweites Mißgeschick auf sie ein. Frau v. S sing an zu kränkeln, sie selbst besaß gar kein Vermögen, ihre ganze kostbare Cur mußte also von Emilien bestritten werden. Monate dauerte dieser Zustand und erschöpfte die letzten Geldmittel, die noch vorhanden gewesen waren, bis endlich dennoch Alles sich vergeblich erwies, und der Tod den Leiden der Kranken ein Ende machte. Dieses Ereigniß war für Emilien unbeschreiblich nieder schlagend, denn ob sie gleich die Frau v. S nie sehr hoch geschätzt und sie auch fortdauernd als eine der Haupt- veranlassungcn zur Entfernung ihres Mannes betrachtet hatte, so war sie ihr doch als jetziger einziger Umgang, als treue Unglücksgefährtin und als Vertraute aller ihrer Angelegenheiten sehr wcrth und unentbehrlich geworden. Ueberaus schmerzhaft ward sic daher von diesem neuen Verlust betroffen, und stand nun mit ihrem Sohn ganz allein in der Welt. Von allen Geldmitteln entblößt, blieb ihr jetzt nur noch ihr Schmuck übrig, von dem sie nach und nach einzelne Stücke zu veräußern anfing. Hierzu war aber das Städtchen, in dem sic wohnte, ein ganz unpassender Ort. Nur mit großer Müde und nach vielen Hin- und Rückfragen ließen sich dergleichen Kostbarkeiten und immer tief unter ihrem Werth verkaufen. Emilie mußte sich also zu einer abermaligen Aendcrung des Wohn orts und zwar um so mehr entschließen, als auch der Unterricht ihres Sohnes, der nun schon das acht« Jahr erreicht hatte, in dem jetzigen Aufenthaltsort bei der Man gelhaftigkeit der dortigen Schulen sehr zurückblieb. Aber auch noch andere Rücksichten machten es nöthig, eine größere Stadt zum Wohnort zu wählen. So wenig Emilie sich leider auf finanzielle Berechnungen verstand, so leuchtete ihr doch ein, daß cs mit dem Verkauf ihrer noch vorhandenen Juwelen bald auch zu Ende gehen, und ihr dann gar nichts mehr übrig bleiben werde. Sic be schloß daher eine Maaßregel, die sic früher wohl nie für möglich gehalten hätte, ihren Unterhalt durch Handarbeiten sich zu erwerben, was sic in einem volkreichern Orte mit größerm Erfolg und zugleich in der ihr so sehr wünschens- werlhen Verborgenheit bewirken zu können hoffte. Sie löste nun schnell ibr Hauswesen auf und begab sich nach F , wo sic das Glück hatte, sehr bald ein Unter kommen in dem Hause einer allen Wittwe, der sie sich ebenfalls als Wittwe, unter dem Namen Hart vorstellt« und die alte Dame gleich sehr für sich einnahm, zu finden. Mit Hilfe ihrer Wirthin, die sich auch, woran Emilien besonders gelegen war, zur Mittelsperson hierbei anbot, gelang es ibr nun zwar auch, Beschäftigung zu erhalten, bei der Menge von Personen aber, die sich ihren Unter halt auf diesem Wege verschafften, ward von den Kauf leuten, für welche die Arbeit besorgt ward und die natür lich diese Eoncurrenz zu ihrem Vortheil benutzten, so wenig für dergleichen Arbeiten gezahlt, daß Emili« , selbst mit dem anhaltendsten Fleiß doch nur kaum die Kosten für Mietbe, Feuerung und den Lodn einer Wärterin zu decken vermochte. Für Nahrung und Kleidung und den Unter richt ihres Sobnes, für welchen sie bei dessen herrlichen Anlagen keine Kosten zu scheuen für unerläßliche Pflicht hielt, blieb ibr nichts, und fortdauernd mußte daher ein Stück ihres Schmucks nach dem andern veräußert und auch hier fast immer weit unter dem Wertbc weggegeben werden. (Fortsetzung folgt.) Bekanntmachung. In nächster Zeit nach der auf den 2l. laufenden Monats angesetzten Zwangsversteigerung der zur Bennew itz'schen Concursmasse gehörigen beiden Bauergütcr zu Medessen, eines Fünfhufenguts und eines Einhuscnguts, soll an Ort und Stelle mit dem öffentlichen Ankäufe der Jnventarien- stückc und WirthfchaftSvorräthe auf ge dachten Gütern verfahren werden. Der Tarwerth