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Sächsischer Landes-Anzeiger : 05.04.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189204053
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18920405
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18920405
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-04
- Tag 1892-04-05
-
Monat
1892-04
-
Jahr
1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 05.04.1892
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Ltiluge MM SWschcn Lan-es-Aiycigcr (Chemnitzer Gcnerill-AilMger). Dienstag, 5. April 1892. s — Verlag r Alex an der Wiede ln Chemnitz. — Nr. 79. — 12. Jahrgang. „Kreuzräuber." Schon öfter» sind syrische und armenische Männer, welche collec- lirend durch Europa zogen» schließlich als Betrüger entlarvt worden. Trotzdem haben derartige Subjekte noch im vergangenen Jahre in Deutschland wiederholt freundliche Ausnahme gesunden. Es dürste daher am Platze sein, auch hier ans eine Warnung hinznweisen, welche Missionar L. E. Högberg ans TabriS in Persien soeben nach Schweden hat ergehen lasse». Er bittet, solchen Collrctanten niemals zu tränen, sondern sich immer an die in den Kankasusläiidcrn nnter Syrern, Armeniern, Persern und Jude» arbeixmden Missionsgesellschaften zn Wenden, wenn man christliche Arbeit in jenen Gegenden unterstützen will. Nach den Mittheilnngc» Högbergs bildet da- Collectiren in Europa eine» sörmlichen Erwcrbszweig sür Syrer und Armenier, für Welche» der VoltSmuud den Namen „Hatjakofs", d. i. Kreuzräuber, erfunden hat. In Rußland trete» nämlich diese Männer als Pilger aus dem heiligen Lande auf und verlause» an die aber gläubische» Bauer» gefälschte Neben este von Christi Kreuz und der gleichen. I» protestantischen Ländern behaupte» sie für wohlthätige Zwecke, Kirchenbanten, Unterstützung bedrängter Christengemeinden zn reisen. So hat im vergangene» Jahre ei» gewisser Kascha Mosche in Deutschland für ein gar nicht bestehendes Neltnngshaus gesammelt und lebt jetzt von dem gewonnene» Gelde mit einem Denlschen zu sammen, der ihm die nöthigen «Berichte" schreibe» soll. Ein ge wisser Babo Benjamin, der sich Jakob ler Benjamin nennt, in seiner Heimath ursprünglich ein ungebildeter Knecht, der im Rufe eines Trunkenboldes steht, ist auch jetzt wieder unterwegs, um die Bekannt schaft mit hochstehenden Freunde» in protestantischen Länder» aufzn frische». Von dem Ertrage früherer Reise» hat er sich ei» Haus gebaut und prächtig eingecichlet. Ein Syrer, Namens Simon, der ein Grundstück gelaust hatte, ohne die »ölhige» Mittel zn besitze», durchzog im vorige» Jahre ganz Finnland und sammelte milde Gabe» für die „bedrängte» Syrer". Ci» Anderer, Kascha Gcvrgis, hat sich vo» dem gesammelten Gelbe Haus und Garten gekauft und erfreut sich nn» einer höchst behaglichen Existenz. Und zum Loh» süc ihre Gulmnthigkeit werden die europäische» Protestanten »och verhöhnt, indem man unter Anspielung ans ein bekanntes Bibelwort vo» ihnen sagt: „Sie seien von dem reichliche» Genus; der lauteren Milch dc» Evangeliums so einfältig wie die Kinder geworden." Ein neuer Mord in Berlin. Ein grauenhafter Mord ist in der Nacht zum Sonntag in Berlin entdeckt worden. In dem mächtigen Hanse Kaiser Wilyelm- straße 25, in welchem sich n. A. in der ersten Etage des Bur a» und die Wache dcS 14. Berliner Polizei-Reviers befindet, hatte der Portier Degener gestern früh gegen 7^/» Uhr unterhalb der nach der ersten Etage führende» Treppe beim Hantircn mit dem Besen „inen dicht an der Wand liegende» Körper wahrgenvmmen, den er zunächst nicht zn erkennen vermochte. Cr zündele daher eine H..»L- lawpe au »ud bei dem Schein derselbe» erkannte er L» seinem Ent setze», daß es eine nur halb bekleidete weibliche Leiche war. Der Portier eilte m», in .das in der ersten Etage gelegene Polizciburean, um dort Anzeige von seiner Entdeckung zu erstatten und kehrte sodann, begleitet von dem Neviervorsteher nnd einige» Schutzleute», nach dem Fundort zurück. Von Seite» der Polizei wurde sestgestcllt, daß die Frauensperson anscheinend in der Mitte der zwanziger Jahre stehe. Die Lage in welcher die Leiche sich befand, war eine ganz unge wöhnliche. Der Körper war völlig znsammeugckanert, die Beine im Knie bis zum Hals hinaufgewgcn, so daß das Kinn der Leiche auf den» Knie reichte. Eine Znckerschnur war um de» Hals der Leiche geknüpft nnd ruhte bis zn de» Knien herab, die ebenfalls mit einem Stück Schnur znsammcngebnndcn waren. Die um Hals und Knie geschlungene Znckerschnur hatte an diesen Körperlheilen tiefe Ein schnitte erzeugt. Anscheinend hat ein heftiger Kampf zwischen dem Mörder und seinem Opfer stattgefnnden. Soviel stand von vorn Jn's Herz getroffen. Erzählung v. F. Arnefeldt. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. Tante Lina halte ihren Liebling nicht aus de» Auge» verloren Sie besuchte ihn zuweilen i» der Pension nnd ließ ihm während seiner Schul- nnd Universitätszeit Gels mittel znfli ßen, durch welche der Hang des Knabe» und Jüngling- zur Verschwendung bedenklich genährt ward. Nicht ohne Einfluß der Tante halte Anton sich für das Studium dei^ Medici» entschiede». I» ihrem Kopfe war lange der Plan ent standen, die Hand der schönen nnd reichen Gabriele ihrem Liebling zuznwenden nnd sie glaubte, dieses Ziel würde sich leichter erreichen lassen, wenn Anton ein Berufsgenosse d.s vr. Richter sei. Unbewußt hatte sie für ihren Schützling die richtige Bah» aus gesucht, obgleich Anton wahrscheinlich auch in einem anderen Berufe sich ausgezeichnet haben würde. Er war eine geniale und enthusiastische Natur, was er ergriff, das wußte er sich in einer anscheinend spielende» und dabei doch eigenartig tiesen Weise zu eigen zn machen. Lcidcr besaß er auch die Schattenseite», welche schon manches Genie die abschüssige Bahn hinunter gesnhrt habe». Genußsucht, eine» an Wild heit grenzende» Eigenwillen nnd den Hochmnth, welcher glaubt, jeden Weg gehe» zu dürfen und nicht an die für alle Welt giltigen Gesetze gebunden zn sein. Das geniale, sein bestrickende Wesen de- jungen Arztes verfehlte nicht, auf Gabriele eine» gewissen Eindruck zu mache», obgleich sie noch nicht recht wußte, ob sie sich mehr angezogen oder abgesloßen fühlte. Für Anton dagegen war das junge Mädchen sehen, sie lieben und mit seinem rasenden Ungestüm nach ihrem Besitz streben, eins. Tante Lnia verhieß ihm ihren getreue» Beistand und stellte ihm als Zeichen der anch in Gabriele« Brust für ihn erwachten Liebe ihre Bereitwilligkeit dar, ihren Vater seinen Wünschen geneigt zu machen. Vr. Richter, der noch niemals während seiner ärztlichen Thätig- leit eine» Assistenzarzt beschäftigt hatte, ließ sich zunächst durch die Bitten seiner Tochter, aus welchen auch er ein wärmeres Gefühl für de» junge» Doclor heransznhöre» glaubte, bestimme», dessen uiedicinischc Kenntnisse näher zu prüfe»; diese erwiesen sich als sehr bedeutend, AntonS Wesen war ihm sympathisch und so stellte er ihn neben sich an. Je mehr er Gelegenheit erhielt, ihn in der Ausübung seines BernfcS zn beobachte», desto höher stieg seine Achtung vor seinem Wissen und Können; er schien ihm ei» Chirurg von Gottes Gnade ; nicht nur seine Hand war von erstaunlicher Leichtigkeit und Sicherheit, er fand anch in schwierigen Fällen wie durch innere Ein gebung das Süchtige. M t neidloser Beivnndernng erkannt« vr. Richter an, daß neben ihm eine junge Kraft erwachse, welche seinen Ruhm verdunkeln und bahnbrechend auf dem Gebiete der Chirurgie wirken Iverde. Bei seinem zurückgezogene» Leben und bei der Heimlichkeit, herein fest, daß die That am Fundorte nicht verübt sein konnte. Die Rekognition der Leiche stieß anf ganz erhebliche Schwierigkeiten. Schließlich stellten sich indeß einige Personen ein, welche in der Leiche eine gewisse Adele wieder erkennen wollten, welche Lumpen zu sammeln und dieselbe» in einem Produkten-Geschäst der Koblank straße zn verkaufen pflegte. Diese NekognoScenten wußte» anch an zugeben, idaß die 'Ermordete, weil sie arbeitsnusähig und vbdachlv- war, das Recht habe, die Nächte im Asyl sür Obdachlose in der Danzigecstcaße znzubringe». Infolge einer daselbst gehaltenen Nach frage wurde die Nichtigkeit dieser Angaben bestätigt und eine Auf seherin deS Asyls rekognoscirte denn anch die Leiche als diejenige der von den Leuten beschriebenen Person. Dieselbe heißt mit ihrem wahren Vorname» Antonie, ihr Vatersname lautet Sakowski, die Person ist am 31. October 1853 z» Ueckermünde geboren, jetzt also 39'/? Jahre alt. Die Leiche machte jedoch den Eindruck, als ob die Franenspersv» erheblich jünger iväre. Alts Ra»» m»d Fern. — Enrst Renz-j-. Der bekannteste Kunstreiterdireetor Deutsch lands nnd wohl auch der ganzen Welt, Ernst Renz, ist, im Alter von nicht ganz 77 Jahren, in der Nacht zn», Sonntag in Berlin gestorben. Renz war in der Reichshauptstadt bekanntermaßen eine üb raus populäre Figur. Er ist 1815 in dem kleinen Orte Bückingen i» Bade» geboren;, sei» Vater war ein blutarmer Seiltänzer, und sein Sohn Ernst wandte sich ebenfalls von Kind nn diesem Metier zn. Zähigkeit und Ausdauer machten ihn zum Direktor, und mit großem Geschick wnßtc er sich im Laufe der Jahre ein gewaltiges Renommee zn erwerben. 1846 kam Renz znm ersten Male nach Berlin, das er seitdem Jahr sür Jahr besuchte, und wo er i» seinem CircuS in der Karlstraße ein Nicsenctablissement besitzt. Renz ist mehr, fachcr Millionär geworden, besitzt auch viele Auszeichnungen. Er war sehr streng im Dienst, sonst aber außerordentlich gntmüthig nnd wohllhätig. Für die Gewinnung hervorragender Künstler wandte er fabelhafte Summen auf, nnd bisher bestand er alle Concnrrcnzven suche mit Erfolg. Sein Sohn Franz Renz übernimmt die Leitung seines Instituts, dessen Werth nach Hundcrttauscnde» zählt. — Ein falscher Afrikareisett-er. Die österreichischen Be hörden haben sich zur Zeit mit einem eigenartigen Schwindel zu be fassen. I» einer Reihe vo» Provinzstädtcn trat nämlich ein an geblicher Afrikafvrscher anf, der sich Vr. Stella nannte, merkwürdige Sammlungen besitzt nnd von vielen Schulbehörden glänzende Zeug nisse und Empfehlungen vorwies. Er hielt in viele» Städte» gegen mitunter sehr bedeutendes Honorar Vor'.esnnge» — und doch soll er Afrika nie gesehen habe». Die Behörde» und Corporationen, die ihn nnterstützte», befinden sich daher in peinlicher Verlegenheit. Wie fcstgcstellt wurde, war der angebliche Forscher, der einen anderen Namen trägt und zur Führung des Dvetortitels nicht berechtigt ist, früher Schaubudenbcsitzcr nnd ist oft unter Zurücklassung von Schulde» verschwunden. Er scheint anch von der Staatsanwaltschaft Franken berg in Sachsen steckbrieflich verfolgt und ist insbesondere durch Hinken in Folge eines lahmen Fußes kenntlich. — DeS KindeS Schutzengel. Aus der Donan bei Wien wurde am 30. März ein etwa drei Monate altes Kind heransgesischt; das Würmchen war in ein Federkissen gewickelt und schwamm in diesem wie i» einem Kahn daher, ohne den geringste» Schaden ge nommen zu haben. Man brachte es in das Findclhaus; als es dort ans seinem nassen Lager genommen und in ein trockenes, warmes Bcttchen gelegt worden war, gab es seine Zufriedenheit mit dieser Vcränveruug sofort durch lautes, fröhliches Geschrei zn erkenne». — Unterbrochene Theatervorstellung. Die Bcsncher des Coblenzer Sladttheatcrs waren am vorigen Donnerstag während der Vorstellung: „Die Geyer Wally" Zeuge einer ausrcgeadeii Scene. Als gegen Schluß des zweiten Actes der Schauspieler Voigt, Dar steller des Josef Hagenbach, mit der Vertreterin der Titelrolle, Fräulein Banr, ringen sollte (bekanntlich will Joses der Hvchsthof- bäueri» einen Kuß rauben), stürzten die Ringenden zu Bode« Fräulein Banr schlug dabei mit dem Kops mehrere Male anf de» Boden anf, wobei ihr zwei Haarnadeln tief in de» Hinterkopf ein» drangen. Unter gräßlichen Schmerzensschreien wurde die Schwer verletzte von der Bühne getragen. Ein im Theater anwesender Arzt enlsernte die Nadeln und veranlaßte die Uebersührnng der Verunglückten in ihre Wohnung. Die Vorstellung fand damit eia HäheS Ende. — Ei» origineller Gaunerstreich. I» der vorigen Woche still Wien ei» origineller Gaunerstreich ansgeführl worden. Kamen da am Mittwoch zwei Männer in da- beim Nordbahnhos gelegene Hänschen, in dem die Sicherheitswache nnlergebracht ist, n»d sagte», ic seien Spänglcr und beauftragt, das Dach nbzudecken, weil die Zinktafel» durch neue ersetzt werden müßte». Die Polizisten, in deren Brust kein Falsch wohnte, halte» dagegen nichts einzuwcuden, freuten ich vielmehr, daß sie ne» cingedcckt würde» und sahen mit Befrie digung, wie die „Spängler" so fleißig arbeiteten, daß der Dachstnhl schon am zweiten Tage seiner schützende» Hülle fast ganz entkleidet war. Einer der Arbeiter machte die Zinltafcln los, der andere fuhr sie mit einem Handwägclche» weg. Nene brachte er nicht. Da» hatte auch seine» guten Grund, den» wie sich endlich, am dritten Tag» durch eine» Zufall herausstellte, wäre» die eifrigen Spängler — Diebe! Den so jäh an- ihrem Vertrauen ansgeschrccktcn Polizisten gelang cs, eine» der Gauner zn fassen, der andere halte sich mit seinem Wägelchen bei Zeiten ans dem Staube gemacht. - Der Gipfel der Frechheit. Ei» geradezu „haarsträubend" frecher Diebstahl ist in der Nacht vom Donnerstag z»>» Freitag i» Rix- dors bei Berti» in der Speijewirlhschaft von Kunze verübt worden. Die Spitzbuben habe» nicht mir sämmtlichc Borräthe a» Fleisch-und Wurstwaaren, Käse, Cigarre» lind sämmtlichc vorhandenen Getränke und alle Gläser mitgeaommc», sondern auch »och sämmtliche Thüre» nnd Fenster ausgchoben und als gute Beule davongcsührt. ES ist unbegreiflich, daß die Diebe ohne Störung ihre „Arbeit" vollführen konnten, da dieselbe längere Zeit i» Anspruch genommen haben »mß und nicht ohne erhebliches Geräusch vollsührt sein konnte. — Ei» bestialischer Mörder. In der verflossene» Woche war Belgrad der Schauplatz eines schrecklichen Mordes, den der beim Advocate» Kosta Sparlalj bcdienstete Bndimir Avramovic an seiner Geliebte», dem Dienstmädchen Therese Lakic, ansführle. Avra- »ivvic bemerkte, daß seine Geliebte seil einiger Zeit ihre Aufmerksam» kcit einem andern jungen Manne schenke nnd ihn vernachlässige. Als seine Vorwürfe und Drohungen nichts nützten, beschloß er, wie er ganz kaltblütig dem Unters,ichnngsrichter erzählte, seine Geliebte um» znbringcii, „damit sei» Rivale keine Gelegenheit mehr habe, sich au ihrer Schönheit zn weiden." Avramovic kam >»» halb 7 Uhr Morgen- zn seiner Geliebten, i» deren Zimmer sich auch eine Köchin befand. Letztere ergriff, als sie de» Avramovic, der ein großes, scharf ge schliffenes Messer i» der Hand hielt, erblickte, die Flucht durch da- Fcnstcr. Avramovic stürzte ans seine Geliebte, trennte ihr mit dem Messer den Kopf vom Rumpfe und schlitzte ihr hieraus den Unter leib auf. Tie Connnission fand, als sie in das Zimmer trat, de» Rumps der Lakic in einer Blutlache liegen, während der Kopf der Ermordeten in einer Ecke des Zimmers lag. Avramovic, der sofort »ach der That von GcnSdarmen ergriffen wurde, legte yor dem Untersuchungsrichter ein offenes Geständnis; ab nnd erklärte, zufrieden z» sein, daß ihm die That gelungen. Er werde, sagte Avramovic, mit angenehme» Gefühlen dem Tode, der ihn erwartet, i»'S Auge sehen, und bitte »nr, ihn so bald als möglich zn verurt eilen. — Ei» svttVe»barev Ehehauvel. I» der i»> Jahre 1863 unweit Chickamanga (Tennessee) geschlagene», Historist; gemordenen Schlacht wurde ein Soldat der Blindesarmee, John Quincy, schwer verwundet und bis zu seiner Heilung in einem Nolhhospilal a»f dem Schlachlfclde selbst vo» einer jungen Willwe, mit Name» Dovley, vervflcgl. Der Mann dieser Fra», ei» Soldat der südlichen Armee, ivar angeblich j»> Kriege gefalle». Quincy verliebte sich in die Wiltive und hcirathele sie, als er wiedergenesen war. Nach vierzehn mit welcher Anton maiichen tollen Streich, den er trotz der Liebe zu Gabriele verübte, zn umhüllen wußte, kam dem Tvctor davon nichts zu Ohre» und so befreundete er sich mehr und mehr mit dem Gedanken, in jenem seine» künftigen Schwiegersohn z» erblicken. Die Aussicht, seine Tochter bald als die glückliche Gattin eines von ihr geliebten Mannes, dem rine schöne Zukunft bevorstand, zn sehe», hatte seit langen Jahre» wieder i» sein verdü; crle- Gemülh eine» Sonnenstrahl geworfen, den das Auftreten des Amerikaners schnell und grausam verlöschte. Er durfte de» überlästigen Freier nicht abweisen, mußte mit W»th und Verzweiflung im Herzen den gelassenen, freundliche» Wirlh spielen. Als Gabriele ihm am Morgen das Frühstück gebracht, hatte er es über sich vermocht, ihr ruhig, ja mit einer gewissen Heiterkeit den von ihm geladenen Gast anzuknndigen, »nn sie aber wiedcrkai» und ihm den Vorschlag machte, Anton auch zur Theilnahme an der Mahl zeit ailfjufvrdern, war es mit seiner Selbstbeherrschung vorbei. Finster nnd schroff, wie sie es vo» ihm nicht gewohnt war, schlng er ihr das Verlangen ab. „Wenn man den kleinen Finger gicbt, glaubt Ihr sogleich die ganze Hand nehmen z» können," versetzte er »ninulhlg, „weil ich mehr dcr Nvth gehorchend, als dem eigene» Willen, einen alte» Comiiiilitioncn an mcineiu Tische sehe, fällt es mir doch nicht ei», Gastniähler zn veranstalte». Ein für alle Mal, laß mich mit solchen Anforderungen unbehelligt, Blackheao ist eine Ausnahme »nd wird sie bleiben. Gieb mir de» Hut nnd die Handschnhe, Kind," fuhr er milder fort und strich mit der Hand über ihr dunkles Haar; „der Wagen ist bereits vorgefahren." Gabriele reichte ihm das Verlangte, küßte ihm znm Abschiede und suchte Taiile Lina auf, um dieser de» Mißerfolg ihrer Sendung z» berichte»; vr Richter begann indeß i» sehr trüben Gedanken seine tägliche Rundfahrt »ach den Krankenhäusern und z» seine» Patienten. Gabriele» Wunsch, daß Anton an dem Mittagessen thrilnehme, war ihm wieder ei» Beweis für ihre Liebe zu dem jungen Arzt ge wesen; grade deshalb mußte er ihn aber fern halten; Blackhead durste die Beiden nicht zusammen sehen. Erwachte Eifersucht in ihm, so war sofort Alle» verloren; er mußte so lange wie möglich hingehalte» iverde». „Und dann? Und dann?" fragte sich der Doctor, indem er sich mit dem seidenen Taschentuchs über die Stirn fuhr. „Was dann?" „Wer hieß mich auch so wahnsinnig sein, das Kind mit der Tante diesen Sommer nach Baden-Baden zu schicken," schalt er sich, „ich wollte ihr eine Freude bereiten und stürzte sie in» Verderbe». Hätte Schwarzkopf sie dort nicht gesehen —* „Müßiges Sinnen nnd Erwägen", unterbrach er sich «it bitterem Auslache», „was sein sollt«, mußte geschehe^ da» Schicksal muß sich erfüllen." „Nein!" schrie er laut anf, „ich greise de», Rade in die Speiche» — ich — ich — nicht sie soll unter seiner Wall; zermalmt werden." Ter Wage» hielt vor dem Hospital» vr. Richter stieg aus. Der geynälle, sich gegen ei» grausames Vechängniß ansbäumende Mensch blieb zurück, a» die Krankenbcite» trat »nr der sorgsame Arzt, der Helfer der Leidenden. 3 Das Mittags »> a h l. I» einem kleinen, sehr freundlich eingerichteten Saal, in welchem Gabriele Richter sonst ihre Freundinnen zn heileren Mädchengcscllschaften und kleinen musikalischen Aufführungen zu versammeln pflegte, stand die Tafel für vier Personen mit blendend weißem Damast, feinem Porzellan, Silber, Krystall und Blume» gedeckt. Die »ach dein Garte» gehenden Fenster waren durch Vorhänge gegen das bereits verbleichende Tageslicht abgeschlossen, Wachskerze» anf einem Krviieu- und einigen Wandlenchter» erhellten dis Gemach, in dessen Kami» ei» ganz leichtes Feuer brannte. Auch das dicht »eben dein Saal gelegene Zimmer war erwärmt und beleuchtet; hier ging der Doctor in eine», Anzüge, der zwischen Hans- nnd Gescllschaslsanzng die Mitte hielt, mit düsterem Blick und lies gefurchter Stirn anf »nd »jeder. Seit er vor zwei Jahren Ga briele ans der Pension geholt und sie geheißen hatte, als Herrin vom ganzen Hanse Besitz z» nehme», war er nicht wieder in diese» Räume» gewesen, welche Dank Gabrielen? seinem Geschmack und de» ihr zn Gebote stehenden Mitteln bedeutende Vcrschönernngcn erfahren halten. Der Thcil deS Hauses, in welchem der Doctor lebte nnd arceitetc, und der, in welchem die Tante und Gabriele sich in der Regel auf hielten und ihre Gäste empsinge», war so streng geschieden, daß für die Letztere» sogar einen besonderer Eingang eingerichtet war. Es erregte daher kein geringes Aufsehen, als Doctor Richter heute mit langjährigen Gewohnheiten brach nnd in den streng ge- miedenen Räumen als Gastgeber erschien. Die Tieucrichaft steckte die Köpfe znjamincn und erging sich in allerlei Verliinthnngen; a's man dann aber erfuhr, wer der erwartete Gast sei und Möbe» erzählte, daß dieser mit dem Hcrra Doctor eine sehr heftige Unterredung gehabt, welche eher alles Andere als eine Einladung zum Mittagessen Halle er warten lassen, stieg die Erregung z» einer Höhe, die für das Gelinge» der Mahlzeit fürchten ließ. Es Halle Gabriclens ganzer Energie be durft, die wilde» Wasser zu beschwören und sic Halle sich erst kurz vor der Speisestnnde a» ihre Toilette begebe» können. Dennoch gesellte sie sich noch früher als Taute Lina zn dem harrenden Vater, der bei ihrem Anblick einen Moment seine» Gnu»» und Gram vergaß; im nächsten Augenblick'kehrten sic ihm mit ver- doppelter Heftigkeit wieder. Mußte da- thörichte Mädchen auch gerade .heute alle Anmuth, alle Schönheit entfalten? Konnte sie nicht blaß, mürrisch, häßlich auSsehen l „Verzeihe, lieber Vater, ich habe Dich warten lasten," sagte sie»
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