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auf der Wanderschaft gewesen, von seinem ersparten Gelde gekauft habe. / „Ei, dann mußt Du aber ein hübsches Stück Geld verdient haben, wenn Du Dir als Handwerksbursche eine goldene Uhr kaufen konntest! Was treibst Du denn füv ein Geschäft?" „Ich bin ein Färber." „Es scheint eine Repetiruhr zu sein", hob der Korporal wieder an, „willst Du sie mir nicht einmal zeigen." Der Angeredete wurde verlegen. Nur zögernd kam er dem Wunsche seines Vorgesetzten nach. „Ja, es ist eine Repetiruhr", sagte er, „aber eine ganz gewöhnliche. Ich habe sie auch für ein Billiges von einem Mitgesellen gekauft, der sich in großer Geldver legenheit befand." Der Korporal betrachtete sie mit großer Aufmerksamkeit, während der Rekrut mit spannenden Blicken die Empfin dungen und Gedanken desselben aus den Mienen zu lesen suchte. Lebrechts Gesichtszüge wurden immer ernster. ,,Wo hast Du die Uhr gekauft?" forschte er weiter. „In — in Berlin, wo ich damals in Arbeit stand." „Wie hieß Dein Mitgesell?" Ohne sich zu besinnen und dadurch feiner Angabe den Schein der Wahrheit zu geben, nannte er den Namen Franz Lorenzen. „Und wie heißt Du?" „Asche." „Das weiß ich; ich will nur Deinen Vornamen wissen." „Christian — Christian Asche." „Sonderbar!" sagte der Korporal; „hier auf der Rückseite der Uhr stehen aber die Buchstaben L. L. ein- gravirt; was hat's damit für eine Bewandtniß?" Das wisse er nicht, meinte der andere; wahrscheinlich sei die Uhr auch schon von ihrem früheren Besitzer als eine alte erstanden worden. „Es ist möglich, daß sie schon in mehreren Händen gewesen ist", etwiderte der Korporal, aber nach der Be schreibung, die ich in öffentlichen Blättern von einer gol denen Repetiruhr gelesen habe, welche die Buchstaben L. L. auf der Rückseite trägt, ist sie wahrscheinlich Eigenthllm des Kaufmanns Edmund EUerholz gewesen, der bekannt lich vor einem Jahre in dem Heidekcuge bei ** ermordet wurde." Den Namen Edmund Ellerholz hob er recht nachdrücklich hervor. Der Rekrut, welcher sich von seinem ersten Schreck bereits einigermaßen wieder erholt hatte, erblaßte bei diesen Worten. Seine Knies schwankten, seine Hände zitterten, seine Lippen bebten und versagten ihm zu einer Er widerung den Dienst. „ Die Untersuchung wird es ausweisen ", fuhr der Kor poral nach einer kleinen Pause fort, während welcher er den Soldaten finster und scharf anblickte; „ja, die Unter suchung wird es ausweisen", wiederholte er; „ebenso auch, ob nicht vielleicht durch Deine weitere Mittheilung über den Besitzer der Uhr den Mördern auf die Spur zu kommen ist und dieselben endlich zur Rechenschaft und ge bührenden Strafe gezogen werden können. Vorläufig will ich die Uhr zu mir nehmen und Dich von Deinen weiteren Exercr'rübungcn für heute dispensiren." Dann forderte er mit lauterer Stimme und in einem barschen Ton den noch immer in sprachlosem Entsetzen verhar renden Burschen auf, seine Waffen niederzulegen und gab vier andern Soldaten den Befehl, ihn in das Militair- gefängniß abzuführen. Im Heidekruge kehrte an einem schwülen Sommerabend ein Handwerkshursche ein, um daselbst zu übernachten. „Ja, Ihr könnt hier bleiben", erwiderte ihm der den Lesern bereits bekannte Wirth, „im Falle Ihr Euch durch ^*er Wanderbuch oder einen Paß legitrmiren könnt." "^.i freilich, das kann ich",, sagte der Fremde lächelnd seinem Felleisen suchend; „aber seid Ihr denn so ängstliches nicht mit einem ehrlichen Menschen zu thun zu haben?» „Ich habe^vohl Grund dazu, ängstlich und vorsichtig zu sein", behaupte der Wirth. „Hätte ich diese Vor sicht immer beobairtet, so hätte ich mir manche Verdrieß- lrchkert ersparen und vielleicht auch ein scheußliches Verbrechen, welches vor nunmehr »,'nem Jahre von zwei unbekannten Handwerksburschen hier verübt wurde, verhüten können." „ Ein Verbrechen? " / . „Ja, ein RauMM- -er hier an einem Hamburger Kaufmann Namens Ellerholz begangen wurde." - „An einem Kaufmann Ellerholz?" wiederholte der Handwerksbursche sagend- indem er mit der Hünd über feine Stirn strich, älS ob er sich auf eine alte, halb ver gessene Geschichte wieder besinnen wolle; „ja, davon habe ich gehört — ich erinnere mich. Die Lhat soll aber nicht von Handwerksburschen, sondern von einem Sattlermeister verübt worden sein.^ „Wahrscheinlich von allen Dreien gemeinschaftlich", lautete des Wirths Antwort. „Ei, so erzählt doch!" bat der Gast, der mkttkerweiNe das Wanderbuch zwischen feinen Reisesachen hervorgesucht hatte und dasselbe dem Witth überreichte. Ohne aber dessen Erzählung abzuwarten, setzte er noch die Frage hinzu: „Und der Mord ist hier geschehen?" „Ist hier geschchM! dort, in der zweiten Kammer!" antwortete der^ Wirth, das Papier entfaltend und ohnr aufzublicken, nür mit dem Kopfe eine Bewegung naH der Seite zu machend',, jvo die Kammer sich befand. Er lös und es entstand eine kleine Pause. „ Also Ihr kommt von Kopenhagen?" „Ja, dort habe ich zuletzt in Arbeit gestanden." „Und wollt nun wfe-er. in Eure Heimath zurückkehren?^ „Ja, nach Tiefenthal im Erzgebirge. Ich bin null lange genug auf der Wandevschaft gewesen und alt genüg geworden, um endlich selbst Meister zu werden und mein eigenes Geschäft zu betreiben." . , -- „Ihr seid also — 'Hörern!"- Der Wirth wurd^ mitten in feiner Rede durch' ein Klopfen an der Tküp unterbrochen. Auf seinen Herein- ruf traten zwei MMne'V ein, die ' ein Abendbrod und Nachtlager begehrten. . , Es war ein älterer Mann und ein junger in einer Soldatenuniform. Die Leser werden leicht errathen, daß dies der Sattler Lebrecht und sein Sohn , der Korporal, waren. „Hier war es!" sagte der Vater zu diesem Letzteren, der sich Hieras neugierig nach allen Seiten umblickte. „Ihr meint den Mord?" bemerkte der Wirth, „ja, der ist dort in der zweiten Kammer verübt." „Ich habe es mir gedacht, daß er in jener Kammer geschehen sei", meinteder Sattler, der dem Wirth, welcher die Thüren öffnete, folgte und einen Blick auf die Mord stätte warf. ' (Fortsetzung folgt.) Kirchliche Nachrichten. - Am 19. Sonntage nach Lrinitatis Beichtrede (8 Uhr): Herr Archidiaconus Müller. Vormittagspredigt: Herr Superintendent Clauß, über Ephes. 4, 22 - 28. Nachmittagspredigt: Herr Diaconus Hedrich, über > Luk. 10, 38 — 42. Mittwoch den 10. Octbr. Communion; die Predigt hält Herr Archidiac, Müller u. die Beichtrede Herr Diac. Hedrich. Beerdigte, Derst, den 26. Septbr.: Carl Richard, ehe!. S. des B. u. Pachtgärtn. Carl Gotthelf Moritz Kresse, 3 W. 2 L. — Den 27.: Friederike Martha, ehel. T. des Fabrikarb., Carl Traug. Lehmann, 8 M- 2 W. 2 L. — Den 30.: Marie Therese Franke in Naundorf, ledig., "64 I. 4 M. 1 W. 1 T. — Mar Theodor, äußerehel. „S- -er Johanne Rosine Stephnn, 2 O. x W. 5 T. Anna Marie, ehel. L. des B. a. Fleischermstrs. Hrn. Friedr. Ferd. Mammitzsch, 3 M. 4 W. — Den 3. Octbr.: Marie Martha, ehel. T. des B. u. Löpfermstrs. - Hrn. Christian Sigismund Beeg, 3 I. 10 M. 2 T. Getauft vom 27. Septbr. bis 3. Octbr.: 5 Knaben, 5 Mädchen und 1 AwilliNgsmädchenpaar. Speisezettel der öffentlichen Speiseanstalt. Sonnabend: Linsen mit Wurst. , Sonntag: Nudelst mit Rindfleisch. Montag: Hirse mit Schweinefleisch. Dienstag: Graupen mit Rindfleisch. Mittwoch: Kartoffeln mit Rindfleisch. Militär-Verein Sonntag den 7. Octbr. von Nachm. 4 —Uhr auf dem „rothen Hause".