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Großenhainer NtcchMW- M AilzchMÄ. Amtsblatt des König!. Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Redrgirt, gedruckt und verlegt von Herrmann Starke in Großenhain. ^0. 73 Sonnabend, den 23. Juni 1868. Bekanntmachung. Die an uns herangetretene schwere Zeit wird, soweit dies nicht bereits geschehen, unfehlbar eine gefährliche Vermehrung der Bettler und Landstreicher und anderer gemeingefährlicher Personen, sowie Arbeitsmangel und Brodlosigkeit für Viele herbeiführen. Um diesen Uebelstanden thunlichst zu begegnen, sieht sich das unterzeichnete Königliche Gerichts amt veranlaßt, den Gemeinden seines Bezirks Folgendes bekannt zu machen und anzuordnen: In allen Ortschaften sind ohne Verzug Schutzwachen zu errichten. Denselben haben alle unbescholtenen und zuverläs- figen Personen des Orts, soweit sie zu irgend einem Dienst noch tauglich sind, beizutreten. Sie sind mit Stöcken, oder auch mit Seitengewehren oder Piken, keinesfalls aber mit Schießgewehren zu be waffnen und haben als Abzeichnung eine weiße Binde am linken Arme zu tragen. Der Gemeindevorstand jedes Orts hat diese Mann schaften zu befehligen und kann sich zu seiner Vertretung einen oder nach dem Bedürfnisse mehrere Untercomman- Hanten wählen. Den Befehlen dieser Commandanten ist zu Vermeidung harter Geld- oder Gefängnißstrafen unweigerlich Folge zu leisten. Beschwerden über dieselben sind bei dem Gerichtsamte anzubringen, doch wird verhofft, daß das gemeinsame Interesse keinen Zwiespalt werde aufkommen lassen. Die Gemeindevorstände haben zunächst mit ihren Ge- meinderäthen, beziehentlich in kleinen Gemeinden mit allen stimmberechtigten Mitgliedern das Verzeichniß der beitritts- pflichtigen Mannschaften aufzustellen, ein Wacht-Ver- sammlungS- und Arrestlocal zu bestimmen und die für diese Localien etwa zu gewährende Vergütung auszuwerfen, oder mit den ELgenthümern zu vereinbaren. Bei den diesfallsigen Abstimmungen gelten die Bestim mungen in § 46 der Landgemeinde - Ordnung vom 7. No vember 1838. Die Mannschaftslisten sind von dem Gemeindevorstande kn Verwahrung zu nehmen und fortzuführen. Die benachbarten Ortschaften sind verpflichtet, einander beizustehen, insonderheit haben größere Gemeinden ihren kleineren Nachbargemeinden thatkräftige Hilfe zu leisten. Die Commandanten der Wachtmannschaften haben sich zu diesem Zwecke über die bei gegenseitig sich nöthig machenden Unterstützungen anzuwendenden Allarmzeichen und sonst erforderlichen Vorkehrungen, ingleichen über die Strafen für Zuwiderhandlungen gegen die angeordneten Wachtdienste und sonstigen Dienstvorschriften unter Vor fitz der Herren Friedensrichter, die deshalb ohne Ver zug die Gemeindevorstände ihres Bezirks zusammen zu berufen andurch ersucht werden, zu berathen. Sollten sich die Gemeindevorstände hierbei nicht so weit zu einigen vermögen, daß für einen Beschluß stimmt, so haben die Herren Friedensrichter nach eigenem Er messen Bestimmung zu treffen. Seiten der Schutzwachen sind bei Lag und bei Nacht die erforderlichen Wachtposten aufzustellen und Patrouillen durch den Ort und die dazu gehörigen Fluren abzusenden. Die Reihenfolge der Wachtdienste, die Stärke der Pa trouillen, die Zeit ihrer Entsendung haben die Wacht- commandanten zu bestimmen. Bettler, Landstreicher und alle verdächtigen Personen sind anzuhalten und mittelst sicherer Transporteure in das Amt einzuliefern, ausländische Grenzbettler sind an die Polizeibehörde der nächsten preußischen Ortschaft abzugeben. Alle Thätlichkeiten sind unbedingt zu vermeiden und etwaigem Widerstande nur die nötßige Gegenwehr ent gegen zu setzen. Den zu den Gemeindeleistungen nicht beitragspflichtigen Gutsherrfchaften wird freigestellt, sich den Einrichtungen der Gemeinden anzuschließen oder auf eigene Hand ihre SLcherher'tsmaßregeln zu treffen. Sämmtliche Gemeinden haben die als gemeingefährlich bekannten Mitglieder ihrer Ortschaften streng überwachen zu lassen und ihr Auslaufen aus dem Orte auf keinen Fall zu dulden, insonderheit die Vorschriften der Armens Haus-Ordnung streng zu handhaben. Sollten dergleichen Personen anderwärts ausgegriffen und in das Amt eingeliefert werden, so werden dieselben nicht allein mit der gesetzlichen Strafe, nach Umständen ohne Weiteres mit körperlicher Züchtigung, belegt, sondern auch die Gemeinden, die solches durch Aufsichtsmangel verschuldet haben, für die entstehenden Atzungs- und son stigen Kosten verantwortlich gemacht, nach Umständen bestraft und wird ihre Pflichtvernachlässigung öffentlich bekannt gemacht werden. Es haben aber auch alle Gemeinden bei namhafter Strafe ihre Ortsangehörigen, die sich nicht selbst Arbeit zu schaffen oder zu ernähren vermögen, ausreichend und zwar zunächst durch Arbeitsverschaffung, eventuell durch Lieferung der Nahrung zu unterstützen und ist jedes Ge meindemitglied verbunden, die nöthigen Naturalien, deren es nicht selbst bedarf, gegen angemessene, durch den Ge- meinderath jeden Orts festzustellende Vergütung der Ge meinde zu liefern. Alle Verkaufsloeale, Schenken und Gasthäuser sind Abends 9 Uhr zu Vermeidung von 5 Thaler Strafe zu schließen. Betrunkene sind ohne Weiteres in Arrest zu nehmen und einen Tag lang darin zu behalten, in schweren Fällen anher einzuliefern. Wie man endlich zu erwarten hat, daß von Veranstaltung öffentlicher Lustbarkeiten aller Art werde abgesehen werden, so hat man nur noch den Wunsch auszusprechen, daß Jeder sich hüten möge, leichtgläubig unverbürgte, beunruhigende Nachrichten weiter zu verbreiten und durch unüber legt« Handlungen die Gemeinde, sich selbst, oder sein Eigenthum zu gefährden, sondern treu und