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Sächsischer Landes-Anzeiger : 30.04.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189204300
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18920430
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18920430
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-04
- Tag 1892-04-30
-
Monat
1892-04
-
Jahr
1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 30.04.1892
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Nr. W — 12. Jaliraana. Di» an jedei» Wochentag Abend (uilt dem Dalinn des folgenden Tages) zur Ber« srndung gelangende nnvürteiische Zeitung „Sächsischer Laudes-Anzeiger": mit täglich einem Extra-Beiblatt I. Kleine Botschaft 2. Sächsischer Erzähler s Sächsische Gerichtszeitung 4. Sächsisches Allerlei k. Jllustr. Unterhalt,»ngsblatt «. Sonntagöblatt 7. Lnstiges Bilverbnch kostet bei Ausgabestelle» »lvnatlich 70 Psg.^ bei Post-Anstalten monatlich 75 Pfg. OSchfischer lllilkS- Verbreitetstes «„parteiisches tägliches Lokalblatt. Die Hanptblätter des „Sachs. Laudes-Anzeigers" erscheinen (ohne dessen Extra-Beiblätter) anch in einer billigere» Sondcr-Ansgabe als: Chemnitzer General-Anzeiger ,,, für Chemnitz monatlich 40 Pfg. frei ins Hans; außerhalb Chemnitz monatlich 50 Pfg. mit Zutragen. Sonnabend, 30. Avril 1892. Der „Sächsische Landes-Anzelger" ist in der deutschen Post-ZeitungS-PreiSliste unter Nr- 5580 eingetragen. (Oesterreich! sch. Zeitungskatakvg Nr. 2651.) Der „Chemnitzer Geiicrnl-Aiizetaer" ist in der deutschen Post-Zeitnngs-Prelsliste unter Nr- IS42 eingetragen. (Oesterreichisch. ZeitnngSkatalog Nr. 592.) Verlags-Anstalt: Alexander Wiede Chemnitz, Theaterstrabe Nr. S. Fernsprech-Anschluß Nr. 138. Telcgr -Adr.: Lander-Anzeiger, Chemnitz. Anzeigenpreis: Ogespollcns Corpnszeike (ca. 9 Silben fassend) oder deren Raum 15 Pfg. — Bevorzugte Stelle (bgespaltene Petitzeile ca. 11 Silben fassend) oder deren Naum 30 Pfg. Bei wiederholter Attfnahme entsprechend billiger.— Anzeigen können nur bis Vormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der große» Anslage längere Zeit erfordern.—Die Anzeigen finden ohnePreiSansschlng gleichzeitig Verbreitung durch den „Chemnitzer General-Anzeiger". »»» Bon den Anarchisten. Chemnitz, den 29. April. Die letzte Schandthat der Pariser Anarchist«» hat die Aufmerk samkeit der ganzen civilisirten Welt ans den Anarchismus gelenkt, und überall werden nunmchr ganz außerordentliche Maßregeln gegen den selben gefordert. Die Reihe der anarchistischen Verbrechen wird immer größer und immer drängender deshalb die Frage: wie macht ma» diese Unholde, diese Feinde der menschlichen Gesellschaft unschädlich? Der Wahnsinn kann nicht durch Belehrung, die Tollheit nicht durch einsichlsvolles Zureden besänftigt werden. Die Anarchisten stellen sich außer Reih und Glied, sie sind keine politische und keine gesell schaftliche Partei, sie erkennen Recht und Gesetz nicht a», deshalb müssen sie mit allen Mittel» unschädlich gemacht werden. Zunächst liegt es der französische» Regierung vb, das in Paris befindliche anarchistische Nest gründlich ausznnehiuen. Wenn sie sich ferner gegenüber den anarchistischen Anschlägen so ohnmächtig erweist, wie bisher» so muß man befürchten, daß di« Grundsäule» der öffentlichen Ruhe und Sicherheit stürzen. Neben der Uebcrzengung von der Nothwendigkeit eines augen blickliche» rücksichtslosen Vorgehens gegen de» Anarchismus ist aber anch die Erwägung nöthig, wie der weiteren Ausdehnung der anarchistischen Krankheit entgegeuzuarbeiten ist. Das geheimnißvolle Verbrechen hat von jeher lraurigcrwcise auf manche Menschen eine besondere Anziehungskraft ausgeübt. Und am meisten gedeiht der Wahnwitz dort, wo es an der nvthigen Volksbildung gebricht. Daher rührt es, daß gerade in Rußland und in den romanischen Ländern der Anarchismus, die „Propaganda der Thai", die meisten Anhänger gefunden hat. Der Russe Netschajew sagt in seinem „Katechismus", daß der Revolutionär sich weder um Gesetz, noch ui» Moral, noch um Sitten zu kümmern hat: „Tag und Nacht darf er nur einen Gedanken, nur eine» Zweck habe», die unerbittliche Zerstör ung. Indem wir keine andere Thäligkeit als die Zerstörung zulassen, erkennen wir an, daß die Form, in der sich diese Thäligkeit cinßcrn mnß, eine höchst mannigfaltige sei» kann, Gifte, Dolch, Strick — die Revolution heiligt Alles ohne Unterschied. Die einzige Revvlntio», Welche jedem Volke zum Heile gereichen kann» ist diejenige, welche jeden Staatsbegriss durch und durch vernichtet. Unsere Arbeit ist die schreckliche, totale, unerbittliche Zerstörung." Diese Tollheit, die Methsdehät, blieb iiichtTheorie.Netschajewselbsternwrdeteeinen Genosse», Vv» dem er Verrath befürchtete. Er floh nach der Schweiz, wurde^aber an Rußland ausgeliefert. Sei» weiteres Schicksal ist unbekannt geblieben Seine Lehren aber fanden sowohl in Rußland wie in Frankreich An hänger. In Deutschland blieb die Thäligkeit der Anarchisten ohne nennenSwerlhen Erfolg. Die Socialdeniokratie trat ihnen mit Ent schiedenheit entgegen und verworrene oder ruchlose Gesellen, die sich der „Propaganda der Thai" zuneigte», wurden aus der Partei aus geschlossen und zogen es vor, wie Most und Hasselmann, jcnscils des Occans eine Zuflucht zu suche». Wenn nun die Belehrung des Volkes ein Mittel gegen die Ausdehnung des anarchistische» Ansivnchses am Körper der Gesellschaft ist, so ist auch die möglichste Ausgleichung der Gegeusätze zwischen den besitzende» uud den arbeiieuden Klassen, soweit sie vernünstigcrweise möglich ist, ei» zweites. Zur Beseitigung wirklich vorhandener socialer Mißstände muß der Staat versöhnend zwischen beide treten Das deutsche Volk hat diese» Weg bereits betreten, In Deutschland will man den minder bemitleltcu Bolksklasseu jede Fürsorge, die möglich ist, augedeihcu lasse». Mail darf deshalb auch hoffe», daß das deutsche Vaterland von ähnliche» Missethatc», Wie sie sich jetzt i» Paris vollzogen haben, verschont bleibe. Strenge gegen die Mordgescllen, Selbstschutz der Gesellschaft, eine versöhnende Socialpvlitik — damit darf ma» hoffen, die anarchistische Epidemie zu überwinden» wenn man anch auf absehbare Zeit vor vereinzelten Greuelthate» nicht bewahrt bleiben wird. Politische Rundschau. Chemnitz, den 29. April. Deutsches Reich. Der frühere Kultusminister Graf Zedlitz ist an einer Darmfistel erkrankt uud muß sich schon in nächster Zeit einer Operalion unlerziehe». Militärvorlage. Der „Natlib. Corr." zufolge steht für die nächste Rcichlagsscssion eine große Militärvorlage i» Vorbereitung. Ucber den Inhalt läßt sich augenblicklich bei den noch schwebenden Erwägungen Näheres noch nicht sagen. I», Zusammenhang damit scheinen anch die Gerüchte über den bevorstehenden Rücktritt des Kriegsminislers von Kaltenborn zu sichen. Die vfficiöse» Znrnck- Weisnngen dieser Gerüchle möge» für de» Augenblick ihre Nichtigkeil habe», nach »nsereu Informationen aber schwerlich für lange Tauer. I» ganz demselben Sinne äußert sich die freiconservative „Post". Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht einen kaiserlichen Erlast, der de» Reichskanzler zur Aufnahme der durch die Gesetze vom 16. Februar 1882, 16. März 1886, 22. Februar, 30. März and 10. April 1892 bewilliglen Anleihen im Gesammibctrage oo» 148,706,995 Mk. ermächligt. In dem Erlasse wird ausdrücklich bc- stimmt, daß die Verzinsung dreiprvcenlig sein sott. Die Neichsregier- »»g schciut mithin entschlossen, bei der drciprvccntigen Zinsfvrm ans absehbare Zeit zu beharre». Der preutzische LandtagSabgeordnete, Landes- Oeconomierath Wilhelm Spangenberg, Mitglied der frci- conservativen Partei, ist in Hameln gestorben. Unwahrscheinliche Meldung. Einer Berliner Draht- mcldung der „Times" zufolge wird Nndini, wenn er im Juni Berlin besucht, der deutschen Negierung eröffnen, Italien könne die Bürde seiner Rüstungen nicht länger trage»: es inüsse daher Ue Herabminderuiig seiner Wehrmacht statlfinde». Diesem Vorschlag Italiens werde ein ähnlicher Vorschlag seitens Oesterreichs folgen. Hierzu schreibt die »Voss. Ztg.": Diese Meldung klingt vollständig »»wahrscheinlich. Rudini hat in, gegenwärtigen Augenblick keine Ver anlassung, die Frage einer Herabmindcrnng der italienische» Wehrkraft zu erörtern; wenn die Kammern das Flnaiizprvgramm Nndinis ver werfen solllen, dann wäre, es nicht »»möglich, daß in Rom an eine gründliche Durchsicht der italienischen Ausgaben, anch für das Heer, gedacht würde. Man wird sich aber auch in Nom hüte», außer im alleräußersten Nothfalle eine Verringerung der Wehrmacht zu versuchen. Prentzifches Abgeordnetenhaus. DoIIuerrtaassitzu»g. Nach Ehrung des Andenkens des Tags zuvor verstorbenen Abg, Spangenbcrg (freicons.) lrilt das Hans in die erste Lesung des Nach tragsetats ein (Gehalt des Ministerpräsidcnlen), de» Fiiianzminister Miguel begründet. Abg. Nickcrt (freis.) bedauert, daß ihm nicht gleich nach der ersten Rede des Ministerpräsidenten Gelegenheit zur Antwort wurde. Das Volksschulgesetz habe die Schläfer im Laude aufgeweckt. Wenn »in» jetzt kein Schuldvlationsgesetz cinbringe, so wüßten die Lehrer ganz genau, daß das »nr geschähe, um sie gegen die Gegner des Schulgesetzes einzuuchmc». Von der Trennung der Armier des Reichskanzlers und des preußischen Ministerpräsidenten sei keine Partei erbaut. Bei den nächsten Wahlen müsse das Volk dafür sorgen, daß die jetzige Mehrheit verschwinde, da»» erst wäre die der Volksschule drohende Gefahr vorüber. Abg. von Naiichhanpt (cons.) bedauert, daß man seiner Partei beim Volksschulgesetz nicht Zeit gelassen habe, die Gegensätze zu überwinden. Eine Verstän digung sei möglich gewesen. Abg. von Hnene (Ctr.) meint, die Ne gierung müsse de» Kampf ui» die cvnfessionclle Schule dnrchkämpsen. Ministerpräsident Graf Enlcnbnrg meint, man hätte keinem neue» Cnltnsmiuister zninnthe» könne», nnmittclbar »ach dem Rücktritt des Grafen Zedlitz das Volksschulgesetz weiter zu vertrete». Die Trennung der Aemter de- Reichskanzlers und des preußischen Ministerpräsi denten hält er für ersprießlich. Minister Or. Bosse will kein großes Programm geben. Er wnrde wie seine Vorgänger das konfessionelle Priucip der Volksschule aufrechierhalten, doch ohne Gewissenszwang. Ein Schnldotationsgesch in diesem Augenblicke cinbringe», heiße de» Kampf um die Volksschule sofort wieder eröffnen. Abg. Hobrccht (natlib.) meint, daß es gut vom Könige gehandelt sei, das Volks schulgesetz zurückzuzichc», da der Kampf um dasselbe so zugespitzt ge wesen sei, daß jcde DiScussion die Geister mir noch weiter von einan der entfernt halte. Die Gemcindeschulcn hätten das conscffivnelle Princip bisher treu gewahrt. Aba. von Kardorsi (freicons.) ist der An sicht, daß die consccvative Partei von einer Strömung beherrsch! werde, welche jeder gemäßigten Anschauung unzugänglich sei. Er vcrnrtheilt auf's Schärfste das Vorgehen gegen Herr» von Helldorf. Das Volksschulgesetz habe der Kirche einen z» weitgehenden Einfluß cittgeräilint. Ji» Kampfe gegen die Umsturzpartcien sollten wir die Momente hervorheben, die »ns einen, nicht die »ns trennen. Abg. Stöcker (cons) beiout dem Abg. von Kardorff gegenüber, daß ernst haste Versuche zu einer Verständigung über das Volksschulgesetz, das die Umsturzgewalien hätte aufhalien können, nicht gemacht worden seien. Abg. Richter (dfr.) nennt das Schulgesetz kein Bollwerk des Christenihnms, sondern der kirchlischen Herrschsucht. Er bedauert, daß weder der Ministerpräsident noch der Cnltnsmiuister ein Programm dargelegt habe». Die politischen Verhältnisse seien so undurchsichtig und durchaus provisorisch, daß weitere Cvnflicte nicht ausbleibe» könnte». Nach einer kurzen Entgegnung des Ministerpräsidenten ver tagt das Hans die Berathung ans Freitag 11 Uhr. Zur Sonntagsruhe» Die Dlrcciion der königlich preuß ischen Ostbahn läßt, wie ans Königsberg berichtet wird, versuchs weise sämmlliche Güterzüge an den Sonn- und Festtagen Wegfällen. Nettes von Emitt Pascha» Bezüglich des Verhältnisses Emi» Paschas zur Reichsregiernng war cs bisher zweifelhaft gewesen, ob das Schreibe», welches unterm 3. Februar 1891 an Emiii ins Innere abging »»d i» dem er von Seiten der Negierung zum Ein tritt in den Reichsdienst als „Reichscommissar zur Verfügung des Gouverneurs" anfgefordert wurde, jemals in seine Hände gelangt ist. Wie nun von zuverlässiger Seile gemeldet wird, hat diese streitige Frage jetzt dahin ihre.Lvsnng gefunden, daß das erwähnte Regicrungs- schreibcn in der Thal »icmals Emin erreicht hat. Gleichzeitig und unter demselben Dalum war auch an Oo. Stnhlman» ein Schreibe» gerichtet und ihm der Eintritt in die kaiserliche Schntztrnppe angctragen worden. Anch dieses dürste mithin ebensowenig in die Hände des Adressaten gekommen sein. Nun ist in Zanzibar die überraschende Nachricht cingelroffen, daß Or. Slnhlmai», am 15. Februar mit dem größten Theil der Einin-Pascha Expedition i» Bnkoba angclangt ist, nachdem in Undnssnmci, westlich vom Albert-Nhanza 1'/, Gr. N. Hunger und Krankheit seinen Vormarsch vereitelt Hallen. Emin Pascha selbst ist erkrankt und folgt langsani nach. Oesterreich Ungarn. Gros Hartena», der ehemalige Fürst Alexander Battenberg, ist zum Generalmajor und Cvmmandaulen der 11. Jnfanlcricbrigade avancict. Er behalt seinen Wohnsitz in Graz. - - Der CttstoS der egyptologischen Sammlung des Hvfmuienms i» Wien, Ritter v. Bergmann, hat sich getüdtet. — Pfarrer Kneipp in Wien. Vorgestern hielt Pfarrer Kneipp von Wörishofen vor 2000 Zu hörern im Mnsikvereinssaal i» Wien einen Vortrag über Wasserheil- knnde; unter den Anwesenden besande» sich Gräfin Bardi, Nerinian Chan, Gräfin Lippe-Seilern; »ach Schluß oiest- Vortrages hielt Pfarrer Kneipp einen zweiten Vortrag vor einem geladenen aristo kratischen Kreise im Holet Ente. Er erhielt einen Kranz mit der Inschrift ans de» Schlcifenbändcru: „Unserem Vater Kneipp in treuer Verehrung von Wiener Anhängern." Italien. Anarchisten-Verhaftungen. In der Nacht vom 27. auf den 28. d. M. haben in Nom neue Verhaftungen von Anarchisten lallgefnndcn. — Nach einem Telegramm des „Herold" ans Nom explovirte im Keller eines reichen Kaufmanns in Mafia eine Bombe, die das Haus schwer beschädigte. — Der gtetf» Componist Verdi hat kürzlich dem gegenwärtig in Florenz ver- weilenden Hans v. Bülow brieflich seine hohe Bewunderung auS» gedrückt. — Der „Berliner Abendzeitung" wird unter« große Ovationen dargeb 28. d. M. anö Rom berichtet: Ans Sici'lie» werde» hierher »ichrcrc verdächtige Erkrankungen gemeldet, meistens mit tödllichcm AnSgange. Auch hier schließe» die Aerzte auf Cholera, die durch Peniilsnlar-Dampfcr, die mit Indien verkehren, verschleppt worden sein soll. In Benares richtet die Seuche entsetzliche Verheerungen an, die Zahl der Todesfälle beläuft sich dort täglich auf über 150. DaS italienische Gesundheitsamt wird demnächst entsprechende Q»a- rantaincmaßregel» verfügen» die sich wahrscheinlich auch ans die levantinischen Provenienzen erstrecke» werde», weil i» Syrien n»d Palästina die Seuche ebenfalls noch fortdanert. Prof. Semmola, darüber befragt, hat erklärt, er befürchte für den Sommer »nd Herbst wieder «ine große Epidemie. Frankreich. Paris in tausend Aengstcn. Der „Figaro" theilt aus einer Unterredung mit dem Ministerpräsidenten Lvubct mit, derselbe habe sich dahin ausgesprochen, jetzt ernte man die Früchte der seit einer Reihe von Jahren geduldete» nncingeschränkten Freiheit der Rede und der Feder; diesem Mißbrauch wolle er enlgcgenlreten >»»d sei entschlossen, den Kampf fvrtznsctzc», dies sei das einzige Mittel» mit dem Anarchismus ei» Ende zu machen. Für den 1. Mai besorge er nichts, Frankreich werde an diesem Tage das ruhigste Land der Erde sei»; im klebrigen seien alle Vorsichtsmaßregeln getroffen, um Persönlichkeiten, welchen Drohbriefe zngegangen, z» beschützen (und Vöry?). Die Negierung sei fest entschlossen, ohne Schwäche ihre volle Pflicht zu thlln. — NingS um Paris sind »ach einem Telegramm des „H. T. B." Truppen concentrirt und neue Truppcnzügc treffen fortwährend ein. Die Aufregung i» der Arme,: und dem Osficicr- cvrps soll sehr groß sein, zumal häufig das passirende Militär von der Volksmenge provvcirt und gehänselt wird. Tie Panik unter den Einwohner» von Paris ist noch im Wachsen. Alle Bahnzüge sind durch die Fremden, die wohlhabenden Bürger »nd Aristokraten, welche i» größter Eile Paris verlassen, überfüllt. Säm mtliche Pariser Hotels sind fast leer. Der Präsident Carnot besuchte die im Hospital St. Louis nntcrgebrachten Opfer der Explosion am Boulevard Magenta, denen er 1600 Francs spendete. Anch der Municipalrath von Paris nimmt sich der Verunglückte» a» und hat an den Minister des Innern Loubet ein Schreiben gerichtet, worin er die Aufmerksamkeit des Ministers aus deren traurige Lage lenkt. Loubet erwiderte, er habe befühlen, daß ihnen Hilfe geleistet werde; er werde außerdem eine» Gesetzentwurf eiubriuge» wegen.Entschädigung von Personen, »velche durch Dynamiinttentale z» Schaden gekommen seien. Die Geschworene» im Proceß Navachol erhielten je zwei Schutzleute zu ihrer Sicherheit zngetheilt. In der Nacht zum Donnerstag wurden große Masse» anarchistischer Proklamationen in die Kasernen eingeschmuggelt. Die selben wurdc» zum Theil angcklebt und auch de» passirende» Soldaten zugesteckt. In de» Proklamationen wird die Armee anfgefordert, die Herrschaft der Bourgeoisie zu vernichlen »nd die Officicre nieder- zuschießc». Inzwischen dauern in Paris wie in der Provinz die Verhaftungen »nd Haussuchungen fort. Nach einer Bcrathnng mit dem Mlnisterprüsidenlcn Loudet unterzeichncle der General-Staals- anwalt 250 Haftbefehle gegen Anarchisten. In Roubaix wurden 12 Anarchisten verhaftet. — Die Vorgänge bei Berathnng der Geschworene» im Nav ichol-Proceß waren geradezu scandalvscr Natur. Zuerst wurde die vom Vorsitzende» geslellce Frage ans Bewilligung mildernder Umstände verneint, bei der dann v v rge n o in ine n e» gesetzlich vvrgesch ri e bcn cn namentlichen Abstimmung waren plötzlich sieben Stimme» für und fünf Stimme» gegen mildernde Umstände. Der Vorsitzende glaubte, ein Mißverständnis; annchmen zu müssen, und ließ znm zweite» Mal namentlich abstimmcn. Er erhielt dasselbe Ergebnis;, welches dadurch recht-kräftig wnrde. Ein »euer Zwischenfall steigerte die Erregung der Geschworenen anf's Höchste. Zwei Geschworene weigerten sich mit aller Entschiedenheit, den Gerichtssaal wieder zu betreten; erst nach langen Uevcrcedimgcu der Collcgcn gaben sie schweren Herzens nach und »ahme» ihre Plätze wieder ei». Die gesammle Presse ist empört über diese Blamage in der Jnslizpüege. Belgien. Unheimliche Drohung. Die „Nefvrme" meldet, der Direktor des Justizministeriums zu Brüssel habe einen Drohbrief erhalte», welcher das i» die Lust sprenge» des Ministeriums ankündigt, um di« daselbst ansbewahrlen Aktenstücke über die Anarchisten zu zer stören. Das Ministerium wird bewacht. Großbritannien. DaS IlnterhanS hat nach fünfstündiger Debatte die zweite Lesung der Bill, durch welche Len unverehelichle» weib lichen Personen daS legislative Wahlrecht verliehen werden sollte, mit 175 gegen 152 Stimmen abgelehnt. Die Negierung behandelte den Gegenstand als offene Fcage, doch nntecstützte der erste Lord dcS Schatzes, Balsonr, die Bill sehr energisch. — In ver am Mitt woch vor dem Londoner Polizeigericht wieder anfge- nommenen Verhandlung gegen die Anarchisten Nicholl und Mowbray wurden die Letzteren vor das Schwurgericht verwiesen. Im Lause der Verhandlung verlas der Staatsanwalt die in dem anarchistischen Journal „Commvnweal" veröffentlichte», von Nicholl nnterzeichnelen Artikel, durch welche zur Ermordung des Staatssekre tärs des Inner» Matthews, des Richters Hawkius und anderer Personen anfgefordert wird. Orient. Ein kleiner Unfall. Ans Bukarest wird unterm 27. d. M. gemeldet: Al- der König und der Kronprinz Ferdinand heute i» einem zweispänstigen Wagen nach der katholischen Kirche in der Strada Vineri fuhren, brach auf dem Boulevard Academici die Wagenachse, so daß der Wagen sich plötzlich auf d e Seile senkte. Die Pferde gingen durch. Der König erlitt nur einig« leichte Hautabichürfnngen. Der Kutscher, der die Pferde lenkte, und ei» Lakai, der neben ihm 'saß, wurden vom Sitze geschleudert und chwer verwundet. Kronprinz Ferdinand war rechtzeitig auf di« Straße wurden, nachdem er die gesprungen, »»lasse» hatte» von ' König«
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