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adler geschmückt herab. Die meisten der anwesenden : Abgeordneten gehörten Conservativen und National- liberalen an, von den Freisinnigen waren die Abgg. Rickert und Meyer-Halle anwesend, das Eentrum war durch eimge Mitglieder vertreten, auch einige Antise miten waren zugegen. Nach einer Meldung soll Abg. Ahlwardt als erster Volksvertreter im Schlosse an wesend gewesen sein, nach einer anderen war er nicht da. ; OoMtsche Armvschan. Dextsches Reich. Die Nordlandsretse des Kaisers ist für diesen j Sommer, der „Köln. Ztg." zufolge, ganz aufgegeben. Das genannte Blatt schreibt: Da es zur Zett auch nicht annähernd zu übersehen ist, wie lange die be- ; vorstehenoen RetchStagsverhandlungen dauern werden - und der Kaiser vor der Genehmigung der Militär- - Vorlage Deutschland nicht verlassen will, so hat er sich z jetzt entschlossen, für diesen Sommer rndgtltig auf die ; gewohnte Erholungsreise nach Norden Verzicht zu leisten; doch ist nicht ausgeschlossen, daß er nach Schluß j der Verhandlungen noch eine kürzere Reise in die Ost- t see unternimmt, ehe er sich, wie alljährlich, Anfang August nach Cowes zur Beiwohnung an den dortigen ? Regatten begiebt. Der „Retchsanzetger" veröffentlicht folgende kaiser liche Cabinetsordre: „Der nunmehr erfolgte Ab schluß des großen Werkes der Steuerreform giebt Mir willkommenen Anlaß, Ihnen in Anerkennung der un schätzbaren Verdienste, welche Sie Sich um das Zu standekommen dieses für das Vaterland hochbedeutsamen i Reformwerks erworben haben, das Großkreuz des ' Rothen Adlcrordens mit Eichenlaub und der königlichen j Krone unter dem Ausdruck Meines königlichen Dankes , zu verleihen. Die Insignien des Ordens lasse Ich 1 Ihnen hterneben zugehen. Neues Palais, den 3. Juli ! 1893. Wilhelm R. An den Staats- und Finanz- Minister Or. Miquel." Verhältnismäßig stark versammelte sich der neue z Reichstag am Dienstag zu seiner ersten Sitzung. Viele Abgeordnete trugen noch den Frack anläßlich der ; eben im Weißen Saale des Berliner Schlaffes voll- zogenen feierlichen Eröffnung vor dem Kaiser. In den - Wandelgängen herrschte ein ungemein reges Treiben: gegenseitige Fragen und Vorstellungen, Austausch von Erlebnissen aus dem Wahlkampf u. s. w. u. s. w. Bei der Anordnung der Plätze im Sitzungssaal hat sich nicht viel geändert. Den untersten linken Kiel nehmen wieder die Soctaldemokraten ein, die mit einigen Plätzen hinüber in jene Abthetlung greifen, wo die beiden freisinnigen Fraktionen und die Volkspartet sich niedergelassen haben. In den Rethen der national» liberalen Abgeordneten fällt ein Mitglied in Offizters- untiorm aus; es ist Abg. Dietrich Hahn; allgemeine Aufmerksamkeit lenkte sich aus den Abg. Grafen Her bert Bismarck, der ungemein wohl aussah, neben ihm hatte der Erbprinz von Hohenlohe-Oehringen Platz genommen. Nach den im Foyer ctrculirenden Ge sprächen haben sich die Socialdemokraten und die frei sinnigen Fraktionen gegen eine kommissarische Bera- Heuilleton. Auf de« Rosenhof. Erzählung von H. Moevingus. Nachdruck v«rdot<a (Fortsetzung.) „'s ist ... . 's ist zerbrochen," stotterte Hansel, „und ich hab noch kein neues kaufen können. Wartet, ich bind's Euch." „Na, dann kauf' eins, aber bald." Und Franz ging. Der Alte sah ihm kummervoll nach. „Armer Bub, armer Bub!" Wie der Franz beim Seegrunder die Thür auf- klinkte, stieß er gerade auf die Gertrud. Er bot ihr ein „Grüß Gott" und fragte nach ihrem Vater. „Ich hält' mit ihm zu reden." Das Mädchen sah ihn an, stieß einen Schrei aus und lief, das Gesicht mit der Schürze bedeckend, an ihm vorbei. Nun wurde es ihm klar, warum das Spiegelglas daheim zer brochen war. Auch der Seegrunder schrak sichtlich bei seinem An blick zusammen. „Ihr braucht's nit zu verbergen," sagte Franz, nachdem sie das übliche „Grüß Gott" gewechselt, „weiß schon, wie mir die Krankheit mitg'spielt hat." „Aber ich bitt' Dich, Franz! Ich ... ich will doch gleich die Gertrud holen." „Laß," und Franz hielt den Bauer zurück, „laß sie, ihr ist's schon übel genug. Ich komm', Euch zu dan- ken, daß Ihr Euch meines — des Viehs angenommen habt, das hält' so verhungern müssen." »Ist gern g'schehen, ist ganz gern g'schehen! (Frei lich wars gern geschehen und auch recht Profitlich ge wesen!) Ihr seid ja meiner Gertrud Schatz, 's bleibt in der Familie." „Seegrunder, davon kann di« Red' nimmer sein." „Wie? Ihr wollt das Mädel nimmer?" thung der Vorlage erklärt, auch die Nationalliberalen wünschen keine Eommtsfions-Berathung. Nach der offiziellen Fractlonsltste des Reichstag» zählen dir Conservativen 76 Mitglieder, die Reichs partet 25, die Antisemiten 10, das Eentrum 99, die Polen 19, die Nationalliberalen 51, die Freifinnige Vereinigung 11, die Freisinnige Volkspartet 22, die Süddeutsche Bolkspartet 12, dte Soctaldemokraten 43 Mitglieder. Bet keiner Fraction find 26 (8 Elsaß- ? Lothringer, Ahlwardt, Bachmater, Graf Bernstorff (Uelzen), Graf Bismarck-Schönhausen, Brückmater, , Prinz Carolath-Schönatch, Graf v. d. Decken, Fus- angel, Frhr. von Hodenberz, Hofmann (Dillenberg), j Frhr. von Hornstetn, Johannsen, Langerfeldt, Leuß, ' Liebermann v. Sonnenberg, Röficke, vr.Stgl, Thomsen), s Die neue Mtlttärvorlage ist bereits dem Reichs- tage wieder zugegangen. Dte Friedensstärke des s deutschen Heeres an Gemeinen, Gefreiten und Oberge- ' freiten wird darnach für dte Zett vom 1. October ' bis 31. März 1899 auf 479,229 Mann als Jahres. ; dnrchschntttsstSrke festgestellt. Vom 1. Oktober 1893 ab werden die Infanterie in 538 Bataillone und 173 Halbbataillone, die Cavallerte tn 465 Schwadronen, s dte Feldarttllerte tn 494 Batterteen, dte Fußarttllerte tn 37 Bataillone, dte Pioniere in 23 Bataillone, d'e - Etsenbahntruppen in 7 Bataillone, der Train tn 21 Bataillone sormtrt. Während der Dauer der Dienst pflicht im stehenden Heere find dte Mannschaften der Cavallerte und der reitenden Artillerie dte ersten dret, alle übrigen Mannschaften dte ersten zwei Jahre zum ununterbrochenen Dienst bet den Fahnen verpflichtet. Im Falle nothwendiger Verstärkungen können aus An- ordnung des Kaisers die nach der vorhergehenden Be- s stimmung zu entlassenden Mannschaften tm aktiven Dienst zurückbehalten werden. Cavalleristen und rettende Artilleristen mit dreijähriger aktiver Dienstzeit dienen tn der Landwehr ersten Aufgebotes nur drei Jahre. s Bezüglich des deutsch-spanischen Handelsver« j träges gtebt man der „Magd. Ztg." zufolge deut- ; schersetls das Spiel ebenso wenig verloren, wie be- s züglich des deutsch-rusfischen. Dte Thättgkett des - deutschen Botschafters v. Radowttz soll sich zur Urber- Windung großer Schwierigkeiten besonders erfolgreich erwiesen haben. Rach jetziger Lage der Dinge soll übrigens dte Frage des Alkoholzolles dte ausschlag, gebende Bedeutung verloren haben. Man glaubt da» her, bald zu einem günstigen Abschluß zu gelangen. Der „Retchsbote" erhält eine Zuschrift aus der Provinz Posen, tn welcher ausgesührt wird: „Was genaue Kenner der Verhältnisse unserer Provinz beim ) Beginne der Arbetlen der AnfiedelungScommtffion § vorausgesagt haben, daß es nämlich vergebliche Liebes- mühe sei, die deutsche Sache bet uns durch Ansiedlung j j von deutschen Colontften katholischen Glaubens- 4 bekenntntsses zu fördern, das hat sich bet den jetzi gen Retchstagswahlen zum ersten Male als durchaus richtig herausgestellt. Von allen Seilen hört man, daß die deutschkatholischen Ansiedler durchweg dem pol nischen Candtdaten ihre Stimme gegeben haben, auch gegenüber von deutschen Candtdaten, dte von con. servattver Sette oder vom Bund der Landwtrthe auf stellt wurden. Aus eigener Erfahrung kann Schreiber dieses bestätigen, daß In der großen deutschen Anfied- lung Btecheo, Kreis Wrewschen, auch nicht eine einzige Stimme für den deutschen Candtdaten abgegeben wurde. Wenn dte dort ausschließlich angefiedelten Westfalen trotz der dem niedersächsischen Stamme eigenen Zähtg. keit tn noch nicht dret Jahren ihre deutsche Abstammung so verleugnen konnten, wte wird es nach dreißig Jah ren dort aussehen, geschweige denn tn anderen deulsch- katholtschen Ansiedlungen? Im preußischen Abgeordnetenhaus wurde am Dienstag bet säst leerem Hause dte Interpellation de- Abg. Grafen Douglas verhandelt, welcher fragt, welche Maßregeln dte StaatSregterung gegen die Lholera- gefahr zu ergreifen gedenke. Euttusmintster Bosse antwortet, dte Regierung Hobe Alle- vorbereitet, was zweckmäßig erscheine und sich tm Vorjahre bewährt habe. Es liege kein Grund vor, irgend welche be sonderen Sorgen zu hegen. Ausdrücklich constattrt der Minister, daß dte weitgretfenden Absperrungsmaß regeln des Vorjahres überflüssig seien. Zu einer wet teren Anfrage wegen einer Reform des preußischen Medizinalwesens theilt der Minister mit, daß Er- wäzungen im Gange seien. Nach einer kurzen De- batte, tn welcher verschiedene Wünsche ausgesprochen werden, wird der Gegenstand verlaffen. ES folgt die Fortsetzung der am Montag abgebrochenen Berathung des Antrages v. Los betr. die korporative Organisation des Berufsstandes der Landwtrthe. Der Antrag wird von den Abgg. von Erffa (cons.), Schmitz Erkelenz, Brandenburg und HoenSbröch (Clr) befürwortet, von den Abgg. Schulz Lupttz (freicons.) und Rickert (frets.) bekämpft, schließlich aber angenommen. Das HauS vertagt sich alsdann bis Mittwoch Vormittag 10 Uhr, wo Petitionen verhandelt werden sollen. Die Studentenkrawalle haben sich immer be. denklicher gestaltet. In der Nacht zum Dienstag schlu gen die Tumultuanten mehrfach Fenster und Laternen entzwei und es kam zu recht heftigen Zusammenstö; en mit der Pol'zei, in einzelnen derselben unterlagen auch die an Zahl schwächeren Beamten; die Excedenten zer schlugen u. A. auch einen Straßenkiosk und steckten denselben auf der Mtchaelorücke in Brand. Schließ lich hieben dte Polizisten schonungslos dazwischen, worauf Ruhe eintral. Urber hundert Personen find verwun det, gegen 60 verhaftet. Die Studenten behaupten, daß dte schlimmsten Ausschreitungen nicht von ihnen, sondern von liederlichem Gesindel herrühren. Dte Zettungen sehen dte Lage für sehr ernst an, zumal bet der «»gekündigten Schließung der Arbetterbörse noch größere Tumulte bevorstehen dürften. Im Laufe des Dienstags sanden ebenfalls wiederholte Lärmscenen statt, dte sich bis zum Kammergebäude ausdehnten. Die Bestattung des bet den Krawallen am Sonnabend getödteten jungen Kaufmanns verlief glimpflicher, als man angenommen, aber am Abend gab es erneuten Skandal. In der Kammer betonte dte Regierung, daß vor allen Dingen die Ruhe wieder hergeftellt i „Ich will sie nicht schrecken; ein wüschter Kerl, wte i - tch einer bin, darf sich nur eine Wirsch'« fret'n." i „So, na, da haben wir's ja! Ganz gute Ausred', - jawohl, ganz gute Ausred'. Also deswegen, weil Euer l G'ficht einem aufgewühlten Ackerfeld gleicht, deswegen soll mein Mädel mtt Schimpf und Schänd' fitzen i bleiben? Nein, davon pasfirt nix. Ihr nehmt sie — basta." „Nein, Seegrunder, tch nehm' sie nit. Ganz offen will tch sein. Guckt, der Gertrud Schönheit hatte mir ! dte Sinne benebelt, 's war ein Stolz tn mir, daß die Schönste mein sein sollt'. Ich fragt' mein Herz nit weiter — und warb um sie. Später redete tch mir ein, tch ltebe sie, bis ... . bis tch halt tnne wurde, was dte Lieb' doch eigentlich für ein Kräutle ist. Seit der Stund' hielt mich nur noch dte Pflicht. Du haft'S mal g'ihan, jetzt schiel' nit seitwärts, sagt' tch mir. Und bet Gott, ich hätt' sie g'hetratet, tch hält metn Herz gezwungen, wär' dieses ntt." Er zog das Papier mit den 5 Siegeln aus dem i Rucksack, legte es auf den Tisch und hielt es mit der Hand fest. „Da drin steht's, daß ntt tch Erbbauer von dem Rosenhof bin. Erbbäuertn ist dte Käthe, dte Tochter meines Ohms seltg. Wie sie nach Heiligenfelde kom men, das geht Euch nix an, kann Euch auch gleich sein. Nur der Herr Pfarrer kriegt den Brief zu lesen, sonst keiner. Vor Gott aber schwör' ich's: fie ist dte echte und rechte Bäuerin vom Rosenhos." Der Seegrunder sah bald auf das Papier, bald auf den Franz, sein Kopf wackelte, lein Mund stand offen, aber kein Wort kam heraus. „Daß Ihr mtch als Schwiegersohn nun nimmer i brauchen könnt, seh ich rtn, ohne daß Jhr's mir I sagt," schloß Franz. „Der Gertrud wünsch tch alles l Gute, richtet Ihr einen schönen Gruß von mir aus. « Eure Hand gebet mir und dann Gott befohlen, See ¬ grunder." Willenlos ließ der Alte seine Rechte ergreifen; wie versteinert saß er da, während Franz zur Stube hin. ausschritt. Er konnte nur bet sich denken: Herr Gott, Dir dank' tch's, daß dte Gertrud noch ntt unter der Haube ist! — - — Dem Franz aber war es, wie er heimgtng, als habe er sich einen schweren Stein von der Seel ge wälzt und drückende Ketten abgestretft. — Im Stalle wieherte ein Roß. Der Stlberschimmel war's, den der Hansel nicht mit den anderen Gäulen fortgezeben, sondern trotz der schweren Zeit selbst verpflegt hatte, weil's ja des Franzen Lieblingsgaul war. Franz ging in den Stall und rief: Braver, kennst mtch noch?" Der Schimmel spitzte bet der so lange vermißten, wohlbekannten Stimme di« Ohren, prustete und scharrte mit der Hufe. „Ja, auch Dich treibt's, wieder ein. mal dahinzufliegen über Berg und Ttal!" Er sattelte das Roß und schwang sich ihm auf dm Rücken. „Nun zeig'Dich, Braver," rief er fröhlich, „will sehen, ob Du den Weg ahnst, den tch nehm'!" Hansel sah den kaum Genesenden hoch zu Roß au» dem Hofthor retten. „Heiliger Sebaldus! Da fitzt er, weiß Gott, grad wte ein Kirchenlicht! Will ihm nur gleich das Bett richten, denn nein kommt er doch wieder, der Waghals!" „Der WaghalS" dachte unterdeß nicht an Bett noch Krankheit. Ganz anderes beschäftigte ihn. Ein unend liches Glücksgefühl wettete ihm die Brust, daß er hätte lachen, fingen, jauchzen mögen. Was dte Käthe wohl für etn Geficht machen, wenn er so plötzlich daher kam und wie fie erst dretnschauen werde, wenn fie gar alle» erführe, das vom Vater seltg und das andere vou setner Lieb' zu ihr, die wte etn Helles Feuer Im Her zen ihm loderte. (Fortsetzung folgt.)