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Amts- und Anzeigeblatt für den Amtsgerichtsbezirk Eibenstock und dessen Umgebung : 13.06.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-06-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426615816-191906134
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426615816-19190613
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426615816-19190613
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Amtsgerichtsbezirk ...
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-06
- Tag 1919-06-13
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Monat
1919-06
-
Jahr
1919
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ivendung ist einfach, eS ist wohlschmeckend, wenn e« die I richtig« Behandlung erfährt. Zu beachten ist: 1. Döcrge- müse ist vor dem Kochen mindesten? 6 Stunden einzu wei chen, da der dem Gemüse durch Trocknen entzogen« Was sergehalt wiederqegeben werden soll, ehe man es kocht. 2. Dörrgemüse ist dem Verstauben ausgesetzt! es erfordert daher eine gründliche Abspülung mit kaltem Wasser vor dem Einweichen. 3. DaS vom Ännweichen zurückbletbende Wasser ist nicht wegzuschütlen,*sondern beim Kochen mit zu verwenden. 4. Auf 50 Gramin Dörrgemüse rechnet man beim Einweichen l Liter (lauwarmes) Wasser. 5. 10 bis 40 Gramm Dörrgemüse ergeben für eine Person eine Gemüsemahlzeit. Zur Bereitung einer Gemüsesuppe rechnet man die Hälfte der angegebenen Menge. 6. Dörr- gemüse ist besonders geeignet für ein Weichkochen in der Kochkiste. Ankochzeit 5 Minuten Kochdauer in der Koch kiste 2 bis 4 Stunden. 7. Man bereitet Dörrgemüse wie frisches Gemüse zu.- 8. Törrgemüse läßt sich mit friscbem Gemüse mischen, jedoch muß datz Fitschgemüse und das Törrgemüse vor dem Mischen fertiggelocht sein. 9 Törr- gemiise eignet sich auch zur Streckung der Kartoffel. Zur ScMmmaltrmst der Volksschule. Die sächsische Lehrerschaft fordert Durchfüh rung der Selbstverwaltung auf allen Stufen der Schulverwaltung bis in die einzelne Schule hinein, also Beseitigung des autorativen Schuldirektorrts und dafür kollegiale Ausgestaltung der Schullei tung. Diese Forderung ist kein Erzeugnis der Revo lution. Sic wurde sch^n erhoben in der Denkschrift ! zur Neugestaltung des sächsischen Dolksschulwesens I rmn Jahre 1911. Sie findet sich bereits rn den vcjchlüssen des Arbeiter-Kongresseszu Ber lin vom Jahre 1848 für die Wahl der Bk- zirtsjchulinspektoren; denn § 15 heißt: „Ter zur Beaufsichtigung der Schulen von leiten ves Staates nötige Beamte wird durch sämtliche Lehrer eines Kreises aus ihrer Mitte gewählt und erhält der Gewählte vom Staate hie Sanktion." Tie Direttorenfragc gab es 1848 noch nicht, andernfalls wäre sie sicher nach demselben Grundsatz gelöst worden: Der Schulleiter wird durch sämtliche Lehrer der schule aus ihrer Mitte ge wählt und erhält der Gewählte vom Staate bezw. rou der Gemeinde die Sanktion. Tie Revolution hat auch diese alte Forderung mit neuer Kraft erfüllt. In Hamburg ist jetzt Vie Frage der Selbstverwaltung in den Schulen auch in der Fragecher Schulleitung, in dem Punkte also gelöst worden, der allenthalben die größten Schwierigkeiten macht: Tie Hamburger Schulletter kerben vom Kollegium und 3 Vertretern des El ternrates aus' 1 Jahr gewählt. Ter Schulleiter ver waltet sein Amt ehrenamtlich. Den im Amte be findlichen Schulleitern war es sreigestellt, ob fie sich einer Neuwahl unterziehen, als Lehrer .ohne Gehaltsvenuste weiter wirken oder in den Ruhestand gehen wollten. Rund 75»o der Schulleiter find ivie dergewählt worden. In Preußen ist der Gesetzentwurf über die Aufhebung der Ortss chulins pektion er schienen Auch hier soll die Wahl des Schulleiters ruf der Grundlage der Selbstverwaltung auf Zeit stattfinden. Wiederwahl ist gestattet. Die visheri gen Rektoren sollen ihre Amtsbefugnisse verlieren ohne Schmälerung ihres Einkommens und als Leh rer in das Kollegium zurücktreten. Tus neue Amt ieS Schulleiters soll ein reines Ehrenamt ohne j jede besondere Vergütung sein, das >mr mit - einer Stnndenermäßigung verbunden ist. „Dadurch wird einem alten berechtigten Wunsche der Lehrer schaft ohne Unterschied der Parteirichtung Rechnung getragen", führte der Kultusminister in der Preu fischen Kammer unter lebhaftem Beifall aus. „Wir kerben damit auch der Schule und unserer Volks bildung im besten dienen." Tae sächsische Lehrerschaft ist fest überzeugt, daß auch im Freistaat Sachsen die Schulleitungsfrage keine andere Lösung findet. Eine undemokraiische Schule in einem demokratischen Staatswesen wäre ein Widerspruch in sich. Preußen und Hamburg sind trrangegangen. Sachsen wird folgen müssen, wenn es Wert drrauf legt, die Schule der neuen Zeit und die neue Zeit der Schule dienstbar zu machen! Gerettet! Nm Pfingstgeschichte von Reinhold Ortmann. (Nachdruck verboten.) Eden war Dr. Heinz Rippoid mit seiner Morgen toilette und seinem Frühstück fertig geworden, als bescheiden an die Tür seines Iunggesellenzimmer» geklopft wurde. »Da ist jemand, der den Herrn Doktor sprechen möchte, meldete die Wirtin „Hier — er hat mir auch seine Karte gegeben." Theophil Kemmeter, Geheimer Rechnungsrat, stand auf dieser Karte zu lesen. Und der Doktor schüttelte den Kopf. »Mir gänzlich unbekannt," meinte er, »aber lassen Sie ihn nur in Gottes Namen herein." Der Besucher, der mit steifer Verbeugung eintrat, hätte nach Heinz Ntppold, Dafürhalten kaum nötig ge- habt, feinen Amtstttel auf die Visitenkarte drucken zu taffen, den» er stand ihm mindesten» ebenso deutlich auf Sem Gesicht geschrieben. " »Sie werden erstaunt sein, mein Herr," begann er mit einer Stimme, die ebeasn tzünn und trocken war wie stin« Gestalt, »daß ein Ihnen völlig Fremder sich heraus- aimmt, Sie zu stören. Und wenn es Ihnen unbequem sein sollte, mich anzuhüren —" ,O bitte," meinte der Doktor ohne übergroße Freund- llchkett. »E» ist ja Feiertag, und ich hab« nicht» Besonder«» »or. Womtt kann ich dienen?" -Wt <io«r ««»kunft, wenn «o Ihn«« tzotwdt — mir mit einer Luskunst. Unter vorau»setzung Ihrer gütigen Diskretion natürlich — wie ich wohl nicht erst hinzuzu- sttgen brauch«. Es handelt sich um eine junge Dame, die Ihnen, wie ich vermute, nicht ganz unbekannt ist — nm Fräulein Helene Freystng nämlich." Heinz Rippold wurde noch reservierter. . »Jetzt sehen Sie mich in der Tat etwa» erstaunt, mein Herr I Die Dame, deren Namen Sie da genannt haben, ist allerdings seit sieben oder acht Monaten meine Ztmmer- aachbarin, aber unsere Bekanntschaft beschränkt sich auf eine Anzahl flüchtiger Begegnungen und oberflächlicher Unterhaltungen »Ich werd« mir erlauben, e» Ihnen zu erklären. Da« Geheimnis einer weisen Lebensführung besteht meiner lleberzeugung nach darin, nichts zu unternehmen, ohne sich durch sorgfältige Prüfung und Erkundigung über alle Möglichkeiten de» Ausgangs informiert zu haben. Es hat mir schon sehr viel Geld und wohl noch viel mehr Aerger erspart, daß ich mich während meines ganzen Lebens noch mit keinem Menschen eingelaffen habe, ohne zuvor genaue Auskunft über ihn einzuholen. "Bei einem so folgen- schweren Schritt aber, wie es das Heiraten ist, erscheint doch wohl das denkbar grüßte Maß an Vorsicht und Ueberlegung geboten." Heinz Rippold machte große Augen. Er kannte die junge Lehrerin, die da neben ihm ein so merkwürdig fülle» und geräuschloses, Dasein führte, zwar in der Tat nur oberflächlich: aber er wußte doch, daß sie ein sehr hübsches, sehr junges und sehr liebenswürdiges Mädchen sei. Und da ihm sein Besucher als das erklärte Gegenteil von alledem oorkam, war seine Verwunderung nicht frei von einer Beimischung starken Unwillens. „Das mag sehr richtig sein," bemerkte er kühl. „Aber Sie hätten sich dann eben in ein Auskunftsbureau be mühen sollen statt zu mir." „Nach dieser Richtung hin ist selbstverständlich alles Erforderliche bereits geschehen. Unh ich habe über die junge Dame, der ich in einer befreundeten Familie des öfteren begegne, den denkbar günstigsten Bericht erhalten. , Ich bin also nach ernster Erwägung zu dem Ent schluß gekommen, dem Fräulein am heutigen Nachmittag meinen Anttag zu machen, und Ich gebe mich bezüglich feiner Aufnahme selbstverständlich keiner Besorgnis hin. Ehe ich aber diesen letzten entscheidenden Schritt tue, hätte ich auch von Ihnen, mein Herr, dessen Namen Fräulein Freysing wiederholt ^erwähnt hat, gern noch gehört, ob Sie in der Lebensführung Ihrer Nachbarin jemals etwas Auffälliges oder Verdächtiges bemerkt haben — ob es viel leicht zu Ihrer Kenntnis gelangt ist, daß sie Besuche er- hiett oder " Länger vermochte Heinz Rippold nicht mehr an sich zu halten. Mit einer so heftigen Bewegung sprang er aus, daß auch der Geheime Rechnungsrat ganz erschrocken emvorfudr. „Nun aber ist's genug, Herr!" schrie er den bestürzten Besucher an. „Heiraten Sie die Dame in des Teufels Namen, wenn sie dumm genug ist, Sie zu nehmen. Mich aber verschonen Sie gefälligst mit Ihren unverschämten Fragen. Guten Morgen!" Herr Theophil Kemmeter war viel schneller zum Zimmer hinaus, als er hereingekommen war. Heinz Rippold aber riß das Fenster auf, weil er die Empfindung hatte, daß von dem Besuch etwas wie ein muffiger Ver» weiuuasaeruch zurückgeblieben lei. Er war aufgeregter, als der Anlaß es eigentlich erklären konnte; denn die Heiratspläne dieses widerwärtigen Aktenmenschen kümmerten ihn ja im Grunde ebensowenig wie das Schicksal seiner jungen Nachbarin. Aber je langer er in den goldenen Sonnenschein des köstlichen Pflngstmorgens hinausblickte, desto wütender wurde sein Ingrimm gegen den häßlichen, ledernen Gesellen, der in berechneter Ausnutzung einer traurigen Situation das junge, blühende, lebenswarme Geschöpf an sich zu fesseln gedachte. Und plötzlich über kam ihn ein diabolisches Verlangen, ihm wenigstens für heute noch einen Strich durch die Rechnung zu machen. Er konnte sie ja nicht vor ihrem Schicksal bewahren, falls sie selber willens war, es auf sich zu nehmen, aber er konnte ihr vielleicht noch einen frohen und sonnigen Tag bereiten und konnte damit zugleich diesem abscheulichen Freier den Aerger zurückzahlen, den er ihm verdankte. Ohne langes Besinnen klingelte er nach seiner Wirtin und ließ durch sie bei Fräulein Freysing anfragen, ob sie wohl auf einige Minuten für ihn zu sprechen sei. Er erhielt eine bejahende Antwort und betrat einige Minuten später das von der jungen Lehrerin bewohnte Stübchen, dem sie durch allerlei sinnigen Schmuck einen sehr hübschen und anheimelnden Charakter zu geben gewußt hatte. Noch nie war sie ihm so reizend vorgekommen wie heute in dem duftigen, Hellen Kleidchen, das sie dem Pfingsttag zu Ehren angezogen hatte. Das verlegene Erstaunen, mit dem sie ihn begrüßte, stand ihr ganz allerliebst zu Gesicht, und sie wurde noch schöner durch das seine Rot, das seine in den artigsten und natürlichsten Wendungen vorgebrachte Einladung zu einem kleinen Pflnaltausfluoe in ibren Wangen aufsteigen ließ Als er nichts mehr oorzubringen wußte, zögerte sie noch immer mit der Er widerung ; plötzlich aber wandte sie ihm ihr Gesicht zu und sagte mit einein kleinen Lächeln, das dem Doktor mehr wehmütig als freudig vorkommen wollte: „Es ist das erste Mal, daß ich eine solche Ein ladung annehme; aber gerade heute habe ich meine be sonderen Gründe, sie nicht auszuschlagen. Ich bin also mit Dank für Ihre Freundlichkeit bereit, mit Ihnen zu gehen, Herr Doktor l" " „Wir nehmen ein Auto," sagte er, „denn die Eisen bahnen sind heute viel zu überfüllt, und fahren nach irgendeinem Ort, der ein bißchen abseits liegt von der großen Heerstraße der Sonntagsausflügler. Nach Greiffen hagen vielleicht, wo man von der alten Burgruine die schönste Aussicht genießt, die Ich In dieser Gegend kenne. Sind Sie einverstanden?" Sie war mit allem einverstanden bis auf eine kleine, schüchterne Einwendung gegen die Kostspieligkeit der Autofahrt. Aber er wußte fie lachend zu beruhigen, und vielleicht hatte sie auch schon gelegentlich von der mit- teilsamen Wirtin erfahren, daß der junge Kunstgelehrte ein sehr wohlhabender Mann sei. So sausten sie den» bald im Ellzugtempo durch die lachende, frühlingsdunte Landschaft dahin, und Heinz Rippold konnte es aus den leuchtenden Augen de» jungen Mädchens lesen, daß fie di« berauschende Schönheit des Lenztages mit Ihrer ganze« S««le g«noß. — Nach langer, herzerquickender Fahrt gelangten sie an da» Ziel ihres Ausfluges, und die Hoffnung de« Doktor», daß sie dort von den Scharen der Pfingst schwärmer unbeyelligt bleiben würden, ging in Erfüllung. Noch «in«m kleinen Imbiß im Gasthause begannen sie »— rs»K»a«d»runa Zu dsr »«h um etwa eine W«gft»n-e Während de» Pfingstfeste» haben übernachtet t« Rathaus: F. Stürbe mit Frau, Apotheker, Blascwitz. Albert Forkel, Professor, Jößnitz. Otto Haupt, Kfm., Willy Scheffler, HdlgSgeh., Fanny Fritzsche, sämtl. Gera Edgar Wiß mit Frau und Tochter, Apotheker, Leipzig. Walther Schmidt, Hauptmann, Bahl- ftadt. Oskar Kühn und Frau, Fabrikant, Karl Schubert, Monteur, beide Lhemnitz Kurt Kramer mit Frau und Tochter. Fabrikbesitzer, Hartmannsdorf. Martin Arthur Fritzsche, Sienotvpist, Aue. Herm. Nonnenmacher mit Frau, Bildhauer. Fraureuth. Johanne« Weißig, Krafiivagenführer, Plauen. Oskar Karich, vöttchermstr., Großherdau. Johanne« Rüder, Proseffor, Richard »bet und Frau. Postsekretär, Gertrud Pauli, Buchhalterin, Hanne Tewes, Lehrerin, August Aguv- tius, Realschüler, Herbert Dämmender-, Realschüler, sämtl. Leipzig. entsersiten, auf waldiger Höh« gelegenen Ruine, und am, jetzt war es in der Hauptsache d«r Doktor, der die Kosten der Unterhaltung bestreiten mußte. Al» sie den tiefblauen Greiffenhagener See erreicht hatten, blieb die jung« Lehrerin plötzlich stehen. »Wie schön Aos ist — wie unvergleichlich schön!" sagte sie mit einem tiefen Atemzuge. „Würde er Ihnen recht sein, daß wir hier ein wenig rasten?" Natürlich war es ihm recht. Sie setzte sich auf eine vorspringende Baumwurzel und er lagerte sich neben sie - aus den moosigen Waldboden. Minutenlang sprach keines von ihnen ein Wort. Dann brach der Doktor da» Schweigen „Es ist doch ein eigen Ding um die Stimmung eine» sonnigen Pfingsttages Mir wenigstens ist, wenn ich mich zu solcher Stunde an das Herz der Natur flüchten konnte, noch immer wie eine Offenbarung von neuem da» Ver ständnis aufgegangen für den Sinn der herrlichen Er zählung von dem Wunder, das sich einst an einem Tag« der Pfingsten zugetragen. Ist es nickt, als ob man selber etwas von Dem Hauch jenes heiligen Geistes verspürte, der nach der frommen Darstellung damals vom Himmel herab über die Apostel kam, um sie freudig und stark zu machen für ihr Lebenswerk?" „Für ihr Lebenswerk — ja! Und freudig und stark auch für die Opfer, die ihre Liebesmission ihnen auferlegen sollte. Wenn nicht auch ich in der Frühe des heutig«« Tages etwas von dem Hauch dieses heiligen Geistes ver spürt hätte — ich würde sicherlich nicht mit Ihnen ge fahren sein, Herr Doktor!" Vefttändnislos blickte er auf. Sie aber, indem sie un verwandt in die schimmernde Ferne hinausblickte, sprach ernst und ruhig weiter: „Wir kennen uns kaum, und darum möchte ich nicht, daß Sie die Bereitwilligkeit miß deuten, mit der ich Ihre Einladung annahm. Als Tie zu mir kamen, hatte ich eben einen harten und schweren Kampf siegreich bestanden. Und weil ich sicher war, daß das mir von Ihnen gebotene Vergnügen für lange Zeit, wenn nicht für immer, die letzte ungetrübte Freude meine» Lebens sein würde, darum glaubte ich mich berechtigt, e» zu genießen." Sie schwieg, und Heinz Rippold wußte ihr nichts zu erwidern, nicht, weil der Sinn ihrer Worte ihm dunkel gewesen wäre, sondern weil er sie nur allzugut zu oer- stehen glaubte. Sie war also aus die bevorstehende Werbung dieses Kemmeter vorbereitet, und die Liebe zu ihren Angehörigen hatte ihr an diesem sonnenhellen Vfingstmorgen Kraft verliehen, den harten und schweren Kampf mit ihrem jungen Herzen siegreich zu bestehen. Ein Mitleid, so heiß und tief und innig, wie er es raun» je für ein anderes menschliches Wesen empfunden, erfilllte seine Seele; aber er hatte ja kein Recht, ihm Worte zu geben, und so begann er nach kurzer Pause von andere« Dingen zu reden, von seinen Zukunftshoffnungen und seinen Arbeitsplänen, die aick sehr hohe, schwer erreichbar«! Ziele gerichtet war. als er^nnehielt, stand sie aus uttd jagte mtt merkwürdig gepreßter Stimme: „Wäre es jetzt nicht Zeit, an d«n Heimweg zu denke«, Herr Doktor?" Etwas bestürzt blickte er auf; denn er fürchtete, sie gelangweilt zu haben, aber er sah, daß ihre Augen voll Tränen standen und daß ihre Lippen zuckten, während sie sich doch bemühte, ihm freundlich und dankbar zu zulächeln. «Erst müssen wir zur Ruine hinaus, Fräulein Helene," sagte er. „Ich habe mich ja so darauf gefreut, Ihnen die herrliche Aussicht zu zeigen." „Sie widersprach nicht, und da sie seine liebens würdige Absicht wohl merken mußte, gab sie sich auch rechtschaffen Mühe, eine gewisse unbefangene Heiterkeit zu erheucheln, von der sie doch in Wahrheit gewiß sehr weit, entfernt war. Sie erreichten die Höhe, und in zauber hafter Schönheit breitete sich das lachende Landschaftsbild zu ihren Füßen aus. Für einen Moment ließ der über wältigende Zauber dieser sonnenflimmernden Lenzesoffen- barung das junge Mädchen nun wirklich alles andere vergessen. Ein Ausruf des Entzückens kam von ihren Lippen, und um noch besser in das unter ihnen liegend« Tal Hinabschauen zu können, trat sie im Bewußtsein ihrer, Schwindelfreiheit bis hart an den Rand des steil ab-, fallenden Berghanges. Aber sie hatte es dabei an der nötigen Vorsicht fehlen lassen. Das bröckelige Felsstück, duf da» sie ihren Fuß gesetzt hatte, löste sich unter dem Druck, und sie wäre unfehlbar in die beträchtliche Tief« hinadgeglitten, wenn nicht Heinz Rippold, dessen Blick in liebevoller Sorge jeder ihrer Bewegungen gefolgt war, sie rasch zugreifend mit starkem Arm umschlungen und zurückgerissen hätte. Vom Schrecken halb betäubt, lag sie schwer atmend an seiner Brust; in seiner Seele aber ging es, als er die schöne, weiche Gestalt in seinen Armen fühlte, urplötzlich auf wie eine jauchzende Offenbarung. Er beugte sich über das liebreizende junge Gesichtchen herab und küßte es auf die leichtgeöffneten, frischen Lippen. Bon neuem zu Tode erschrocken, wollte sie sich losmachen; er aber drückte sie noch fester an sich und sagte: »Nein, ich lasse dich nicht mehr. Jetzt, da ich dich zum zweiten Male vor einem Sturz in den Abgrund bewahr» habe, jetzt will ich dich für keinen anderen gerettet habe» al» für mich." Sie verstand ihn nicht ganz, aber sein« Wort« mußten ihr wohl wie eine himmlische Musik an das Ohr geklungen fein, denn eine wundersame Verklärung kam über ihr er glühende» Antlitz, und mit geschloffenen Augen gab fie sich ohne Sträuben seinen zärtlichen Liebkosungen hin. — Als sie — selig ermüdet von der Ueberfülle ihres jungen Liebesglückes — am Abend dieses gesegneten: Pfingsttage» von ihrem Ausfluge heimkehrten, hörten sie von der Wirtin, daß am^Nachmittag ein ältlicher Herr mit einem Veilchenstrauß dagewesen sei, der sich auf ihre Mitteilung von Fräulein Freysings Abwesenheit in sicht lichem Aerger entfernt habe. Da warf sich die junge: Lehrerin noch einmal in überströmender Dankbarkeit an' die Brust ihres Verlobten und flüsterte: „Mein Leben lang will ich dir » lohnen, daß du mich! heute zweimal gerettet hast."
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