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„Univcrjul" sowie anderen Blättern gemeldet. drß cs zwischen dem König Viktor Emanuel und dem Generalstabsches Grafen Cadorna zu schar fen Meinungsverschiedenheiten gekommen sei. Cadorna, der anfänglich sehr gegen eine Betei ligung Italiens an der D a r d a n c l l e n b e st ü r - m u n g war, hat nämlich inzwischen seine Meinung geändert und tritt jetzt dafür ein, daß italienisch Truppen schon in der nächsten Zeit nach dem Osten gesandt werde». Der König ist jedoch dagegen. Nun hat Cadorna sogar den Ministerpräsidenten zu Hilfe gerufen, der in sehr energischer Weise für den Genc- ralstabschef Partei nahm. Salandra joll sogar mit seinem Rücktritt gedroht haben. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Außer einer Beurteilung der Kriegslage von Lchweizer Leite interessiert heute uoch besonders die eines französischen Generals: . Bern, 17. Juli. Der Militärtritiker des „Bund", Liege mann, schreibt zur Kriegslage u. a.: Ob General Porro sich in Calais und Paris hat bercitsinden lassen, die in Brindisi versammelten Reserven für die Dardanellen zur Verfügung zu stellen, muß abgewartet werden. Greifen die Ira- lstmer dort ein, so werden sie schwerlich trachten, ihre Tnippen an die Schlachtbank Gallipoli zu führen, wo die englisch französische Expedition unter den miß lichen Verhältnissen einen nahezu aussichtslosen Stel lungskrieg führt und trotz tapfersten Vorgehens nur meterweise Boden gewinnt. Nur eine Flanlenopera- tion größten Ltiles könnte die Verteidiger in Gefahr bringen. Ein russisches Heer ist dazu jedenfalls f it Ende Mai nicht mehr verfügbar, um durch eine Lan dung an der thrakischen Küste den Türken in den Rücken zu fallen. Wie die erste, jo ist auch die zweite Odessaer Armee nach Galizien geführt und dort im Kampfe verzehrt worden. Die Frage, ob die Rus sen noch über Reserven verfügteil, beantwortet d.r Kritiker: Bisher ist hiervon nichts zu merken, vielmehr hofft die russische Heeresleitung, bei aktiver Führung der Verteidigung Zeit zu g Winnen, um im Hinlerland neue Kräfte zu schaffen und zu organi sieren. Im Raume Nördlich der Weichsel scheint die deutsche Front in Bewegung g.raten zu seiil. Letzi sich die Borbewegung fort, so wird sieh zeigen, ob die Russen ihre ausgespannte Front noch verteidigen können. Ojsowiez unterliegt offenbar schon dem stärksten Druck. Die eigentliche Festung ist längst von den deutschen Haubitzen umpflügt. Wird die russisch Narewfront hier eingedrückt, so kann uördlia, von Warschau alles in Bewegung geraten. Daraus ist ersichtlich, wieviel davon abhängt, ob die Russen noch genügende Kräfte besitzen, um die Front von der Windau und der Dubijsa bis zur Zlota Lipa und dem Dnjestr zu halten. Paris, 18. Juli. Im „Eclair" veröffentlicht General Perrot einen Artikel, welcher der rufjischen Botschaft vorgelegen hat. Er bespricht die Schlacht in Polen und wendet sich gegen die vielverbreitcte Auffassung, daß eine deutsche Offensive nunmehr aus der nordwestpoknischen Front vorbrechen werde. Per rot ist überzeugt, daß der Stillstand der Armeen Mackensen nur erfolgt sei, um erst den Bau strategischer Feldbahnen für den Nachschub auszusühren. Während die bei Lublin und Cholm stehenden deutschen und österreichisch-ungarischen Ar meegruppen weiter vorgestoßen seien, hätten sie sich dorr von ihrer Nachschubbasis entfernt. Man müsse von einem so glänzenden Heerführer, wie Mackensen, so schreibt Perrot, annehmen, baß er diese Schwierigkeiten in Berechnung gezogen have, deshalb baue Mackensen anscheinend Eisenbahnen. Der Bau dieser Linie» dürfte etwa tO Tage erfor dern. Vermutlich sei er schon bis hinter die deutschen und österreichisch-ungarischen Frontlinien gediehen und man dürfe deshalb erwarten, daß in den aller nächsten Tagen die Armeegruppen Macken sens den Angriff auf der ganzen Front vortragen würden. Im Falle einer rus sischen Niederlage an dieser Stelle ivürden die guten Vcrteidigungsbedingungen für die russischen Heere über den Haufen geworfen werden und diese iir eine sehr ernste und schwierige Lage kommen. Es sei die höchste Zeit, daß die russische Heeresleitung eine Lösung aus dieser Klemme finde. Die letzten Ereignisse bestätigen die vorstehend ausgesprochenen Befürchtungen schneller, als der Herr General vielleicht es selbst für möglich gehalten. Eiu neuer schöner Erfolg wurde wieder zur Lee errungen. Nachdem erst kürzlich ein österreichisches bl Boot unweit der italienischen Küste den modernen italieni schen Panzerkreuzer „Amalfi" versenkt hatte, wird jetzt bereits eine neue Tat eines Unterseebootes un serer Verbündeten gemeldet, und zwar wurde bei Ragusa, an der Südspitze Dalmatiens nördlich Cat taro, abermals ein italienischr Panzerkreuzer tor pediert und versenkt. Die Meldung des österreichisch- ungarischen Flottcnkommandos lautet: Wien, 18. Juli. Amtlich wird verlautbart: Eines unserer Unterseeboote hat heute morgen süd lich von Ragusa den italienischen Kreuzer „Giu seppe Garibaldi" torpediert und versenkt. Der Kreuzer sank in 15 Minuten. Flottenkomm ando. Der Panzerkreuzer „Giuseppe Garibaldi" gehört zu der Klasse, deren Bau dem der modernen italieni schen Panzerkreuzer vom Amulfi San Marco-Typ voransging. D.r Stapcllauf erfolgte 1899. Seine Länge brtrug 105 Meter, sein Tonnengehalt 7350, seine Besatzung 550 Mann und seine Bestückung setzte sich zusammen aus einem 24,4 Zentimeter Geschütz, zwei 20,3 Zentimeter , vierzehn 15-Zentim ter uttd zehn 7,0 Zentimeter Geschützen Er hatte eine Ge schwindigkeit von 19 Knoten. Die italienische Flotte besitzt insgesamt neun Panzerkreuzer, von denen jetzt bereits zwei vernichtet worden sind. Auch unsere bl Boote waren nicht untätig: London, 18. Juli. (Meldung des Reuters chen Bureaus.) Ein holländischer Dampfer landete in Aberdeen die Besatzung des russisch» Dampfers „Balva", der am Freitag auf der Höhe der Shet land Inseln von einem deutschen Unterseeboot tor pediert wurde. London, 18. Juli. Das norwegischeP v st - boot „Vega" ist gestern nachmittag ohne Fracht in Newcastle aus Bergen angekommen. Das Schiff hatte auf Befehl eines deutschen Untersee bootes seine Ladung, die aus 400 Tonnen Salm, 800 Fässer Butter und 4000 Kisten Sardinen be stand, in die See werfen müssen Der Kommandant des Unterseebootes kontrollierte genau, wie sein Be fehl ausgeführt wurde. Dies ist das erste Mal, daß die „Bega", die jede Woche regelmäßig aus Nor wegen abgeht, angehalten worden ist. Ten wackeren Türken ist das Waffenglück weiter hold gewesen. Insbejon derc haben die Engländer und Russen di? Schärfe ihres Schwertes erneut gefühlt: Konstantinopel, 17. Juli. An der Dar - danellcnfront unterdrückte der Feind am I5. Juli bei Ari Burnu mit Mühe die von unseren Bomben in seinen Schützengräben heroorgerufenen Brände. Am Nachmittage beschoß ein englischer Kreuzer unter dem Schutze von Torpedobooten und Minensuchern unnütz aus der Ferne unsere Stel lungen bei Kaba Tepe. Bei Sedul Bahr beschoß feindliche Artil lerie ohne Wirkung eine Stunde lang unseren rechten Flügel. In der Nacht vom 14. zum 15. Juli vertrieb unsere Küstenartillerie feindliche Torpedojägcr, die sich Kere vesaerc näherte». Wir stellten fest, daß der Feind Hospital schiffe zum Transport nnd Landen von Truppen benutzt. Aii der Front in Erak griff der Feind mit Verstärkungen in der Nacht des 14. Juli unsere Stellungen an den Ufern des Euphrat an. Der Kamps dauerte erbittert bis zum Abend des fol genden Tages und endete mit einer Niederlage des Feindes, der ganz besonders stark ge litten hat. Auf unserem rechten Flügel floh er in Unordnung. Ein Versuch des Feindes, auf Boo ten vom Euphrat aus unseren rechten Flügel zu umfassen, scheiterte. Die Engländer flohen und warfen Waffen und zwei Maschinengewehre ins Wasser. Ucber 1000 Feinde wurden ge tötet. Unter ihnen befand sich der englische Oberbefehlshaber und zwei andere Offi ziere. Wir erbeuteten 32 Barken, 200 Gewehre und Bajonette, eine Menge Munition nnd Gerät. Aus den anderen Fronte» nichts Wichtiges. K v » stantinopel, 18. Juli. Das H aupt - guartier meldet: An der Darda »ellen- front fand am IO. d. Mts. bei Ari Burnu schwaches Feuer statt, auf dem rechten Flügel in Zwischnräumcii Bombenwersen. Bei Sedul Bahr unterhielt der Feind vor-unjerem rechten Flügel bis zum Morgen mit Hilfe von Leuchtkugelpistolen leb haftes Gewehr und Maschincngewehrfeuer. Un sere anatolischen Batterien bombardierten in der Nacht zum 16. Juli die feiudlich.n Lager bei Tece Burnu, Sedul Bahr und Mortoliman. Das Bom bardement rief bei Teke Burnu einen bis zum Morgen dauernden Brand und Explosionen hervor. Dieselben Batterien bombardierten am 16. Juli von neuem das feindliche Lager in der Umgegend von Sedul Bahr, wodurch dort große Unordnung entstand. Im Irak versuckste der Feind nach Be endigung der Schlacht vom 14. Juli in der Um gegend von Kalatelnaj mit einem Teil seiner Streit kräfte einen Angriff gegen unseren linken Flügel, den wir erfolgreich zurückwiesen. Nach neuen Be richten verlor der Feind während der Schlacht vom 5. Juli einen Oberstleutnant der Artillerie. Wäh rend der Schlacht vom 14. Juli scheiterten auf unserem rechten Flügel vier feindliche Scha luppen mit Lebensmitteln und Munition. Vor einer Höhe, die von einer unserer Kompagnien ver teidigt wurde, verloren die Engländer 200 Tote. Von den übrigen Fronten ist nichts Wichtiges zu melden. Konstantinopel, 17. Juli. Glaubwürdige Privatdepesche» berichte» von einem Ersolg der Tür ken gegen den rechten Flügel der russischen Kauka jusfront, der starke Verluste erlitt. Die rus sischen Soldaten fielen vor Müdigkeit hin nnd baten im Namen der Heiligen, nicht auf sie zu schieß m. Die russischen Gefangenen, die kürzlich von den bei Erzerum stehenden Heeresteilen einaebracht wurden, erzählen, daß sie nicht einmal mehr Vorräte an Zwie back hatten. Die Offiziere waren die ersten, die davon liefen. Die Armee und die Bevöl kerung in Rußland sind nach den Berichten der Ge fangenen in Verzweiflung. Es wird bestätigt, daß bei den letzten Unruhen in Moskau ungefähr 50 Fabriken verbrannt worden sind. Aus Gallipoli haben die Angreifer trotz verzwei felter Anstrengungen bisher keine Fortschritte machen können: Kopenhagen, 18. Juli. Rach Athener Mel- düngen der „Times" richten die Alliierten auf Gallipoli gegenwärtig alle Anstrengungen auf Krithia, gegen das ohne Pause Sturmangriffe an- gesetzr werden. Aber auch die Türken hätten Ver stärkungen herangezogen, und eine Entscheidung konnte noch nicht erzielt werden Vorläufig tobe der Kanrps auf der Linie Krithia—Atschi-Baba ohne Un terbrechung. I» höchst unvorsichtiger Weise, plaudert eine rus sische Zeitung die wahren Absichten Rußlands be-H züglich der Dardanellen auS: Bukarest, 17. Juli. Der Petersburger „Rjctsch" bringt einen aufseh »erregenden Artikel, der die Zensur passiert hat. Darin wird erklärt, daß Rußland niemals den Verbündeten die Zystimmung zur Neutralisierung der Dardanellen geben wür de, da hierdurch für Rußland eine staatsrechtlich un sichere Lage geschaffen würde. Konstantinopel und die Dardanellen müßten ausschließlich unter rus sische Herrschaft gelangen, ebenso das europä ische Hinterland von Konstantinopel, "die Insel Lcm- nos und ein Stück von Kleinasien. Was wird Rumänien und Griechenland dazu sagen? Enthüllungen über die deutsch-englischen verstän- -igungsverhandlungen im Zähre I9f2. Berlin, 17. Juli. (Amtlich.) Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: Nach hier vorliegenden Meldungen der englischen Presse hat Lord Halda ne ani 5. Juli im uationalliberalen Klub eine Rede ge halten, in welcher er u. a. als ehemaliger Kriegsminister die Gesichtspunkte darlegte, von welchen sich das englische Reichsverteidigungskomitee bei seinen Maßnahmen für die Verteidigung des Reiches habe leiten lassen. Lord Haldane will bestrebt gewesen sein, die friedlich gesinnten Bestandteile des deutschen Volkes von dem Einfluß der deutschen Kriegspartei und der von ihr genährten Vor stellung, als drohe Deutschland ein lleberfall von England im Verein mit Frankreich und Rußland, frei zu machen. Angesichts der immer wiederholten Versuche der eng lischen Minister, die Verantwortung für den gegenwärtigen Krieg, die sie durch ihre auf die Einkreisung Deutschlands gerichtete Ententepolitik auf sich geladen haben, von sich a u f D e u t s ch l a n d abzuwälzen, sehen wir uns aber zu folgenden Feststellungen bezüglich der deutsch- englischen Verständigungsvcrhandlungen des Jahres 1912 veranlaßt, an denen gerade Lord Haldane in hervor ragendem Maße beteiligt mar. Tie deutsche Regierung war bei diesen Verhandlungen bemüht, mit England zn einer den allgemeinen Frieden sichernden Verständigung auf Grund eines kriegerische Konflikte zwischen beiden Mächten ansschließenden gegen seitigen S ch u tz a b k o m m e n s zu gelangen. Als ge eignetste Grundlage hierfür erschien derAbschluß ei n e s gegenseitigen Neutralitäts Vertrages. Die von deutscher Seite dafür zuerst vorgeschlagene Formu lierung hat folgenden Wortlaut: „Sollte einer der hohen Vertragschließenden in einen Krieg mit einer oder mehreren Mächten verwickelt werden, so wird der andere Vertragschließende dem in den Krieg verwickelten Vertragschließenden gegenüber zum mindesten wohlwollende Neutralität beobachten, und mit allen Kräften für die Lokalisierung des Konfliktes bemüht sein." England lehnte diesen Vorschlag als zu weitgehend ab und machte folgenden Gegenvorschlag: „England wird keinen unpr ovo zier ten Angriff auf Deutschland machen und sich einer aggressiven Politik gegen Deutschland enthalten. — Ein Angriff auf Deutschland ist in keinem Vertrage enthalten und in keiner Kombination vorgesehen, der England zur Zeit angehört, und England wird keiner Abmachung beitreten, die einen solchen An griff bezweckt." Dieser Vorschlag war für Deutschland unannehmbar. Abgesehen von der Dehnbarkeit des Begriffes, „uuprvvo- zierter Angriff" konnte lediglich das Versprechen, über den anderen Vertragschließenden nicht grundlos herfallen und keine aggressive Politik gegen ihn treiben zu wollen, un möglich die Grundlage zu eineni besonderen Freundschafts- vertrage bilden. Die in dem englischen Vorschlag enthal tenen Zusicherungen sind Selbstverständlichkeiten in den gegenseitigen Beziehungen zivilisierter Staaten. Den von England geäußerten Bedenken gegen den deutschen Vorschlag suchte die kaiserliche Regieruüg dadurch entgegenzukonunen, daß sie nunmehr folgende Formu lierung vorschlug: „Sollte einer der hohen Vertragschließenden in einen Krieg mit einer oder mehreren Mächten verwickelt werden, bei welchem man nicht sagen kann, daß er der Angreifer war, so wird ihm gegenüber der andere zum mindesten eine wohlwollende Neutralität beobachten und für die Lokalisierung des Konfliktes bemüht sein. Die hohen Vertragschließenden verpflichten sich, sich gegenseitig über ihre Haltung zu verständigen, falls einer von ihnen durch offenkundige Provokation eines Dritten zu einer Kriegser klärung gezwungen sein sollte." Auch diesen Vorschlag lehnte Sir Edward Grey ab, beschränkte sich vielmehr darauf, den ersten Absatz seines früheren Vorschlages in folgender, inhaltlich jedoch bedeutungsloser Form abzuändern: „Da die beiden Mächte gegenseitig den Wunsch haben, Frieden und Freundschaft untereinander sicherzustellen, er klärt England, daß es keinen unprovozierten Angriff auf Deutschland machen und sic^ an einem solchen auch nicht beteiligen wird. Auch wird es sich einer aggressiven Po litik gegen Deutschland enthalten." Um im Interesse des europäischen und Weltfriedens ein äußerstes Entgegenkommen zu erweisen, trat die kai serliche Regierung in eine Diskussion über diesen Vorschlag ein, machte aber weitere Verhandlungen vvn der Ergän zung durch folgenden Zusatz abhängig. „England wird daher selbstverständlich wohlwollende Neutralität bewahre», sollte Deutschland eiu Krieg aufge- zwungen werden."