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Eine Stunde später tag im Briefkasten der Hauptpost eine Chiffre-Brief folgenden Inhalts: „Meine süße, kleine Leni! Ob ich Dich noch liebe, fragst Du? Ich kann Dir nur immer wieder sagen, daß ich Dich unendlich gern habe, daß ich Dich liebe, mit jeder Faser meines Herzens. Jede Sekunde denke ich nur an Dich. Wenn ich schreibe, tanzt Dein lieb liches Bild über das Papier, wenn ich im Colleg sitze, vermeine ich, Dich in dieser oder jener Ecke auftauchen zu sehen. Und dann wieder ists mir, als ob ich Deine Stimme hörte. Ach, Deine reizende Stimme! Glaubst Du an mich? Doch, wenn Du so flehent lich bitten kannst, daß ich nur eine Zeile schreiben soll. Der Brief möge Dir meine innigen Grüße ohne Zahl zutragen. In Gedanken küsse ich Deinen Rosenmund und umarme Dich als Dein getreuer Lohen- grin." Am andern Morgen hatte Kandidat Müller abermals einen rosa farbenen Brief auf dem Tablett neben seinem Morgenkaffee liegen. Fran Humpelmeyer behauptete zwar, dieser Brief sei unbedingt für den anderen Müller, der täglich solche Briefe er halten habe, aber Kan didat Müller Nummer zwei erklärte kategorisch, daß dieser Brief für ihn bestimmt sei. Bald umfächelte ihn wieder das feine Par füm und er las: „Geliebter! Dein Brief hat mich un endlich beseligt. Du liebst mich also wirk lich. Ich bin über glücklich. In solchen schönen Worten hast Du noch nie zu mir gesprochen. Und als Lohengrin bezeichnest Du Dich jetzt. Wie poetisch! Sonst hast Du immer nur kurz „Dein Karl" geschrie ben. Ich finde Lohen, grin schöner. Kommst Du heute Abend zum Stelldichein? Pünkt lich amBurgtor. Deine Dich treu liebende Lene. ?8. Warum hast Du den Brief von an derer Hand schreiben lassen? D. O." Kandidat Müller durchmaß sein Zimmer mit großen Sprüngen. Er befand sich in einer außerordentlich freund lichen Stimmung. Das eingeleitete Abenteuer versprach ja einen virtrejflicheu Bcrlauf zu nehmen. Er würde natürlich zum Rendezvous am Burgtor gehen. Aber um welche Zeit sollte das sein? Das hatte die kleine Krabbe tatsächlich vergessen anzugeben. Müller überlegte, daß man heimliche Rendezvous nur abends halten könnte, wenn der Nacht dunkle Schleier sich langsam über die Erde zu breiten beginnen. Als die Uhr von der Kathedrale die neunte Stunde verkündet hatte, promenierte Kandidat Müller noch immer allein am Burgtor. Er hatte so viele Damen vorüber trippeln sehen, aber kaum eine war ihm so erschienen, als ob sie zu einem verab redeten Stelldichein kom me. Endlich, als sich die Straße immer mehr leerte, gewahrte er eine junge Dame, die sich manchmal gar scheu um sah. Müller nahm seine ganze Kühnheit zusam men, ging auf die Dame zu, klappte die Hacken zu sammen und lüftete höf lich den Hut. ' Dann sprach er leb haft auf das junge Mäd chen ein, das schüchtern und scheu zurückweichen wollte. Studenten aber haben eine feurige Sprache. Nach einer Stunde, als man in der Konditorei bei einer prächtigen Torte mit Sahne saß, war die Herzensfestung erobert. Müller Eins war ver gessen und Mütter Zwei dafür an seine Stelle gerückt — — — Studentenliebe! Vas gute öeääcklnis. „Jedesmal, wenn ich Sie sehe, muß ich an die fünfzig Mark denken, die ich Ihnen vor nunmehr zehn Jahren geliehen habe." „Erstaunlich, was Sie für ein phänomenales Gedächtnis haben; ich habe das schon längst ver gessen." Lin lonckerdarer Balken. Staatsanwalt: „Ich glaube, mit Recht behaupten zu können, daß diese Hose ein Balken in dem Baugerüst der An- klage des Diebstahls ist!" -K Kulme Sekauptung. (Stilblüte.) „Sein großes Ver mögen hatte der Schorn steinfegermeister auf eine durchaus reinliche Weise erworben." „Aber, Johann, merken Sie sich endlich — Sie sollen mir alles auf einer Platte hcreinbringen! . . So, und jetzt wünsche ich das Zimmermädchen!"