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, Türkische Soldaten beim Wüstenschneider. Nach einer photographischen Aufnahme aus der Wüste Sinai, gezeichnet von Orientmaler Georg Maeco. zu nehmen. Geraume Zeit mußte er im Vorzimmer warten, bis der Mohr sich herbeiließ, seine Anmeldung zu übernehmen. Da wurde er vorgelassen. Friedrich stand am Tisch; begrüßte den ehemaligen Günstling mit einem Kopfnicken und sagte: „Er kommt, um mir Lebewohl zu bieten; ich habe Ihm Seinen Abschied in Gnaden erteilt und so denke ich auch, Er wird sich dessen würdig erweisen und mir keinen Grund zu wei terer Klage geben." „Durchlaucht, alles was ich besitze, steht zu Dero Verfügung. Ich habe das schon einmal gesagt." Der Herrscher runzelte die Brauen. „Ach will nicht alles Böse und Schlimme glauben, was man von Ihm erzählt. Aber mein Vertrauen ist erschüttert, und so ist unser Zusammenarbeiten unmöglich." „Ich wußte, daß meine Feinde das Ohr meines Herrn gewinnen würden." In dem Augenblick öff nete sich die Tür, der junge Kurprinz, den Stoßdegen — er kam soeben aus der Fechtstunde — in der Hand, trat ein. Es war ein kräfti ger, kleiner Bursch von un gefähr neun Jahren: aus dem frischen Gesicht blickten die blauen Augen klar und verständig in die Welt. „Vergeblich habe ich heute meinengeliebten Vater beim Fechtunterricht erwartet," ries er, dem Fürsten die Hand küssend, „ich glaube nämlich, ich habe meine Sache gut gemacht," setzte er wichtig hinzu, „und meine Geschick lichkeit hätte mir sicher ein ttob aus dem Munde mei nes gnädigsten Herrn ein getragen. Das ist nun lei der nicht geschehen." Friedrich fuhr mit der Hand überdasweiche,blonde Haar seines Kindes; er seufzte ein wenig. „Hast du deine» Degen in der Tat gut.geführt? Tas ist mir lieb zu hören. Dann komme ich morgen und treue mich deiner Fort schritte. Heute mag ich nicht mehr." Da hob der Prinz die Au gen, und nun erkannte er erschreckt die umdüsterte Miene des Vaters. Fast ängstlich fragte er: „Ist Euch etwas Schlim mes zugestoßen? Was ist geschehen, mein Vater?" „Etwas, was du jetzt noch nicht begreifst, mein Kind! Die Schlechtigkeit der Men schen ist groß; man hat mich gekränkt." Der Kleine lächelte. „Zieht es Euch nicht zu Gemüte, mein Vater; bin ich einst erwachsen, dann mache ich es, wie in der Fechtstunde" — und bei die sen Worten hob er mit ei ner kunstgerechten Bewe gung den kurzen Degen — „ein Hieb, ein Stoß, und die, die Übles wider Euch sinnen, müssen fallen." Gedankenvoll sah der Kur fürst in die leuchtenden Au gen seines Sohnes, der so frisch, so überzeugungsvoll seine Weisheit auskramte. Würde er wahr machen, was er gesagt? Würde er einst die Waf fen finden wider die Arglist der Menschen?" „Hm," er räusperte sich, fast hätte er Danckelmann vergessen, der schweigend die kleine Szene beobachtete. Jetzt reichte er ihm die Äechte. „Zieht in Frieden, Danckelmann," sagte er, und sich an seinen Sohn wendend, fuhr er fort: „Gib auch du ihm die Hand und biete ihm Lebewohl. Er scheidet von uns für immer." „Lebt wohl", sagte der Kurprinz, ihm die kräftige Kinderhand entgegenstreckend. Und als Danckelmann sie nahm, den festen Druck spürte, und in die blauen, klaren Augen schaute, da überkam es ihn; es war eine jener Empfindungen, die dex Mensch im gewöhnlichen Leben gern von sich abschüttelt, und die oft stärker sind als alle Vernunst- gründe. Es war nur ein Gefühl, eine Ahnung, und doch wußte er, daß dieser Knabe, der jetzt vor ihm stand, zum Manne heran- «rüße nach Italien!