Volltext Seite (XML)
auf Mytilene die hohe See auf. Von den anderen Fronten ist nichts Wichtiges zu melden. * Wie England bestrebt ist, in der Weltgeschichte das Verdienst, der „Beschützer der kleinen Staaten" gewesen zu sein, sich immer fester zu sichern, soll mch init den folgenden Meldungen belegt werden: Kopenhagen, 23. Juni. Zu der Meldung eines russischen Blattes, daß England bezüglich der Durchfahrt durch den Großen Belt mit Dänemark direkte Verhandlungen eingelmket hab: und daß England nicht beabsichtige, den Durchgang zu erzwingen, sondern die Angelegenheit in freund schaftlicher Weise mit Dänemark zu regeln wünsche, bemerkt „National Tidende", daß dies: Meldung, die au sich einen sensationellen Charakter trage, wie das Blatt an zuständiger Stelle ersähet, jeder Grund lage entbehre. Stockholm, 23. Juni. „Nha Tadlight Alle- haueu" schreibt unter der Ueberschrist: „W i e S ch w den blockiert wird" einen sehr heftigen Aufsatz gegen England. Ter Artikel stellt fest, daß di- Eng länder seit dem 5. Mai trotz der Garantien der Re gierung, daß Waren nicht nach Deutschland weiter verkauft werden, allein aus sieben Schiffen der Ak tien Gesellschaft Nordstyoerman 87«/« der Ladung aus Amerika beschlagnahmt hat. Man könne sich aus rechneu, was für Folgen dies für Schweden haben könne. Ter Artikel sagt, es gibt nicht den leisesten Schimmer einer rechtlichen Begründung sür solche Verfuhren. Hier handelt es sich um rohe, rücksichts lose Gewalt. Kann der unerträgliche Zustand, daß eine einzige Nation das Weltmeer monopolisiert hat, klare» zu Tage treten? England hat in der Tat eine harte Blockade über das neutrale Schweden verhängt. Man soll an gewissen Stellen der Ansicht jein, das durch Gewaltmaßregeln bearbeitete Schwe den zu einer Abmachung zu zwingen, in der Schwe den darauf eingcht, daß England ihm nach Gutdün- leu Rationen zumißt. Solche nachgiebige Haltung wird, wie wir hoffen, nie von einer schwedischen Regierung eingenommen werden. Saloniki, 22. Juni. Ein Geschwader der alliierten Flotten hat den Befehl erhalten, vor dem Piräus zu kreuzen. Tiefe Kundgebung wird unter Umständen von einem Landungskorps unterstützt werden, dessen Eingreifen von den Ereig nissen abhängen wird. Athen, 22. Juni. König Konstantin empfing heute im Schlosse von Tatoi Zaimis und gewährte dem russischen Gesandten eine Audienz. Tie Ge sandte n von Frankreich, England und Ruß land überreichten gestern nachmittag dem Mr- uisterpräjidcntcn Skuludis eine gemeinsame No te, in welcher die unverzüglich: Ausführung folgen der Maßnahmen verlangt wird: 1. allgemein: Tc- mrvilislerung der griechischen Armee, 2. Ersetzung des Ministeriums Skuludis durch ein Kabinett, wel ches alle Garantien hinsichtlich der Beobachtung einer wohlwollenden Neutralität gegenüber der Entente erjültl, 3. Auflösung der Kammer und allgemein: Neuwahlen, 4. Ersetzung der Polizeib'amten. Falls die griechische Regierung diese Forderung nicht an- nehmen sollte, würde sie allein sür die daraufhin eiutretenden Ereignisse verantwortlich fein. Ueberdies hat Griechenland seine Ministerkrise abermals ziemlich schnell überstanden, indem Sku- ludis in Zaimis — welch letzterer bereits einmal griechischer Ministerpräsident war — einen Nachfolger gesunden hat: Athen, 22. Juni. (Meldung des Rcuterschm Bureaus.) Tas neue Kabinett wird heut: nachmit tag vereidigt. Zaimis i st Ministerpräsident und Minister des Aeußern. — Tie Gesandten des Bierverbandes haben ihren Regierungen aucmp- sohlen, die Blockade aufzuheben. Und auch Lord Kitchener soll nunmehr seinen Nachfolger gefunden haben: Rotterdam, 23. Juni. „Nieuwe Rotterdam- jche Courant" berichtet aus London: „Daily Chro- nicle" meldet, es sei jetzt so gut wie sicher, daß Lloyd George (als Nachfolger Kitcheners. T. R.) die Stelle des Staatssekretärs für den Krieg annehmen werde. Es sei aber unwahrscheinlich, daß schon in den nächsten Tagen eine amtlich: Mitteilung darüber gemacht werden würde. Tie Ursache der Verzögerung der Ernennung sei technischer Art ge wesen: es dürsen nämlich nicht mehr als 4 Staats sekretäre im Unterhaus sein. Bisher ware^ die 4 wichtigsten Grey, Bonar Law, Samuel und Cham berlain. Man müßte also einen von diesen nach dem Oberhaus hinüberschieben. „Mormng Post" glaubt, daß keiner von den vieren Lust hat, nach dein Oberhaus zu gehen. Tagesgefchichte. Deutschland. - König Friedrich August bei der Flotte. Der König von Sachsen ist am Freitag in Wilyelmshaven eingctrosfen, um der Flott: einen kürzeren Besuch abzustatten. — Tirpitz an Ballin. Großadmiral von Tiepitz hat aus Anlaß des Glückwunsches zu dem Siege der deutschen Flotte bei Skagen an den General- Lirettoi Ballin folgende Antwort gerichtet: Aufrich- tigstcn Taiik. Möge für Deutschland und für die dauernden Interessen unserer großen Schiffahrts- Umen Ihr Gedanke sich ersüllen, daß wir in d:m nasser Dreieck nicht stehen bleiben. — Tie Hauptverhandlung gegen Lieb- t n e ch t. Tie Hauptverhandlung gegen den Abgeord neten Tr. Karl Liebknecht findet am 28. Ium vor dem königl. Kommandanturgericht rn Berlin statt Amerika. — Roosevelt für Hughes. Nach einer Be ratung mit Roosevelt erklärte Senator Lodge, er glau be, Roosevelt werde Hughes unterstützen. — Damit haben Wilsons Aussichten auf eine Wiederwahl zum Präsidenten der Bereinigten Staaten von Nordame rika sich weiter verschlechtert. -- Die Mexiko-Krisis. Nach einer Mel dung des Reuterschen Bureaus vom 22. Juni sollen Anzeichen für einen friedlichen Vergleich mit Me xiko vorhanden sein, doch sei Wilson entschlossen, die schärfsten Maßregeln zu ergreifen, wenn die Be mühungen um einen Vergleich scheitern sollten. Mit welchem Nachdruck Wilson sich um einen „Vergleich" — der Not gehorchend, nicht dem eigenen Trieb: — „bemüht", darüber weiß Reuter zu berichten, daß das Washingtoner Kriegsdepartement angeordnet hat, daß die ersten 15000 Mann Miliztruppen, die in den mittleren und westlichen Staaten mobilisiert wurden, sofort nach der mexikanischen Grenze gc- schlckt werden. — Und die „Times" melden aus Wa shington: Die militärischen Vorbereitungen gehen vorwärts. General Funston fordert 60OM Mann MiNz für den Grenzdienst. Kriegsschiffe werden nach der mexikanischen Küste gesandt, und man bespricht die Frage einer Blockade Mexikos. Man fürch tet, daß sie wirtschaftliche Nachteile hauptsächlich für Kanada haben werde. Ocrtlichc und sächsische Nachrichten. — Schönheide, 24. Juni. Alts dem Bestreben heraus, ein enges Band zu schlingen uni die Kämpfer draußen in Feindesland und die Zurückgebliebenen, ist hier ein Ausschuß unter Vorsitz des Herrn Schuldirektor Grohmann ans Werk gegangen, eine monatliche Zeit schrift mit heimatlichem Bildschmucke unter dem Namen «Heimatgrüße" herauszugeben. Die Zeitschrift ist inhaltlich so gestaltet, daß der obenangeführte Zweck zwei fellos in bester Weise erreicht wird. Bisher sind 7 Num mern erschienen. Möge daS Unternehmen recht viel Segen stiften und viele Freunde erwerben. — Dresden, 23. Juni. Die beiden sächsischen Generalkommando- weisen erneut darauf hin, daß An gehörige verbündeter oder neutraler Staa ten beim Wechsel ihres Aufenthaltsortes sich sowohl bei ihrer Abreise wie bei ihrer Ankunft bei der Polizei behörde zu melden haben und diese An- und Ab meldung auf den Pässen vermerkt sein muß. In Zukunft werden alle Personen, die hiergegen verstoßen, sofort in Haft genommen werden. — Schirgiswalde, 21. Juni. Eine unverhoffte Freude wurde dieser Tage dem Schuhmacher Anton Kin dermann zuteil. Er bekam vom russischen Roten Kreuz die Nachricht, daß sein Sohn Anton, welcher schon 22 Monaten vermißt wurde, sich in russischer Gefan genschaft befindet und wohl und munter ist. — Pirna, 2l. Juni. Der kürzlich verstorbene Forstmeister Schramm, früher in Rosenthal, hat der For st akademie Tharandt, die am vergangenen 17. Juni ihres l00jährigen Bestehens sich erfreuen durste, es aber im Hinblick auf die Kriegszeit nicht feiern konnte, 30000 Mark zu Stipendien vermacht. — Scharfenstein, 23. Juni. Das neunte Opfer des Spinnereibrandes, der am 20. Mai 1015 hier wütete, ist der Svinnereiarbeiter Alfred We ber geworden. Er war aus dem 5. Stock deS brennen den Gebäudes in den Hof gesprungen und war so schwer verunglückt, daß er nicht mehr gehen konnte. Jetzt ist er seinen Verletzungen erlegen. — Pfaffenhain b. Chemnitz, 22. Juni. In der Hausflur eines großen hiesigen Gutshofes befindet sich ein altes Bild, auf welchem man ein wogendes Aehrenfeld, mit Ernte-Wagen, Schnitter und Schnitterinnen erblickt, darunter folgenden, in der jetzigen Zeit sehr interessanten Ausspruch Friedrichs des Großen: „Größer als jeder Feld herr ist mir der Mann, welcher macht, daß dort, wo eine Aehre wuchs, deren zwei stehen." — Neustadt, 22. Juni. Schweres Leid brachte der Krieg über die Familie des Messerschmieds Franz Neu mann. Nachdem schon zwei Söhne als gefallen gemel det wurden, traf die Meldung ein, daß noch ein dritter Sohn den Heldentod erlitt. — Mylau, 23. Juni. Hier sind in verschiedenen Geschäften zusammengefaltete Darlehns- kassenscheine zu 1 oder 2 Mk. in Zahlung gegeben worden, von denen, wie sich erst später beim Auseinan derfalten herausftrllte, die Hälfte abgerissen war. — Zwei sächsische Lehrer durch Flug zeugabsturztödlich verunglückt. Am 17. Juni sind beim Absturz eines Flugzeuges vor Verdun der Un teroffizier und Flugzeugführer Ernst Otto und der Beo- bachtungSoffizier Leutnant d. R. JohS. Friedrich Borsch tödlich verunglückt. Otto ist der 26 jährige Sohn des Pfarrers Otto in Ablaß bei Wermsdorf und war Lehrer in Chemnitz, Ltnt. Borsch war Lehrer der Knabenschulen zu Riesa. Sie haben einen ruhmvollen Tod im Dienste des Vaterlandes erlitten. — Reichere Fleischzufuhr in Aussicht! Aus deu Marschen und von der Insel Fehmarn wird genieldet: „Die ältesten Leute können sich nicht entsinnen, Monate wie den Mai und Juni erlebt zu haben, die eine so reiche Grasfülle brachten, daß sich auch da tatsächlich daS Vieh nicht „Hindurchfressen" konnte, wo eS reichlich aufgetrieben war. Der Milcherirag ist verhälnismäßig hoch gestiegen. Beim Magervieh sind in den wenigen Wochen des Weideganges die Spuren der dürftigen Win terkost, die es beim Austrieb allzu deutlich zur Schau trug, vollständig geschwunden. Die Fettaufnahme vollzieht sich erstaunlich rasch, und das gegenwärtige Aussehen der Tiere ist hoch befriedigend, sodaß bald den Märkten erstklassige» Vieh wird zugeführt werden können. — (Wird das Sach- senland, das bisher in gewissen! Sinne etwas stiefmütterlich behandelt worden ist, von diesem Fleischsegen etwas reich licher bedacht werden?) Welllr tkS-tznnnrmuglll. 25. Juni 1'015. (Kämpfe im Westen und Oste n.) — Bet Souchez und an der Lorettohöhe kam e» zu Nahkämpfen nm Stellungen, die für die deutschen Truppen wichtig waren; die Franzosen wurden aus den Gräben geworfen. Auf den Maashöhen bei CombreS wurde hart gekämpft; hier mußten 4malige starke franzö sische Angriffe ausgehalten und zurückgeschlagen werden. — Im Osten hatten die Württemberger bei PraSznySz schwere Kämpf« zu bestehen; bei Oglanda wurden wich tige russische Stellungen erstürmt. Die Armee Linsingen war im fortschreitendem Angriff auf dem nördlichen Dnj- estrufer und die Armee Pflanzer schlug in schweren wech- sclvollcn Kämpfen zwischen Dnjestr und Pruth den An sturm weit überlegener russischer Kräfte ab. — An der Jsonzofront hielt daS Artilleriefeuer an und in Kärnten gab es wiederholte vergebliche Angriffe gegen den Freikofel. 26. Juni 1'015. (Les Eparges und ArraS. Rawaruska und bei Lemberg.) In einem Handschreiben anerkannte der deutsche Kaiser mit lobenden Worten die Tapferkeit der bayrischen Truppen und nahm zugleich die ihm angetragene Würde eines Generalfeld marschalls der bayrischen Annes an. Bei Les EpargeS wurden französische Stellungen im Sturm genommen und das genannte Dorf ward zasammengeschossen, sodaß die dortigen feindlichen Kriegsvorräte in Flammen aufgingen. Der französische Durchbruchsversuch bei Arras war zwar erfolglos geblieben, aber noch immer ließen sich Nachstöße spüren, so namentlich am genannten Tage; von da ab trat an dieser Stelle verhältnismäßige Ruhe ein. Auch auf d«n MaaShöhen und bei Calonne wurde gekämpft. — Im Osten wurden von deutschen Truppen nach har ten: Kampfe die Höhen des nördlichen Dnjestrufers gestürmt und Rawaruska genommen. Oestlich von Lemberg hatten die Russen auf ihrem Rückzüge Halt gemacht und mußten nun aus ihren neuen Stellungen in mehrtägigen Kämp fen hinausgeworfen werden; am genannten Tage waren sie bereits wieder im Rückzüge. — Die Montenegriner marschierten in Albanien ein und besetzten, ohne Wider stand zu finden, Giovanni di Medua. Seine Braut. Von Georg Paulsen. 2ü- Fortsetzung. Er schlug so stark seine beiden großen Hände in einander, daß es nur so knallte. Aber daran, feinen Hut zu ergreifen und sich zu empfehlen, wie Margot es dringend wünschte, dachte er nicht. „Miß Margot," sagte er dann, indem er ver suchte, ihre rechte Hand zu erfassen, aber sie wich ihm sofort aus. „Sir wünschen noch?" sragte sie mit einiger Un geduld. „Man hat mir erzählt, daß Sie einen Bräuti- ^n. gehabt hätten, der auch so leichtsinnig war. Denken Sie nun einmal, der hätte Ihnen Ihren Seymuck fortgenommen und ihn einem Anderen ge geben." „Aber das paßt ja gar nicht aus diesen Fall!" „O doch, es wird passen. Da hat sich vor einem Jahr oder noch srüher, dieser Ungar, der Baron Krt- wur, an meine Tochter herangemacht, si? verehrt, und der Mensch hat ihr gefallen. Sogar Schulden hat sic sür ihn bezahlt, bis ich das verbot." „Aber ich verstehe noch immer nicht," antwor tete Margot aus seinen fragenden Blick. Arthur Helmers strich ungeduldig seins glatt ra sierten Wangen, bei ihm ein Verlegenheitszeichen; dann sagte er in einem sehr gedämpften Flüster töne: „Aber das sollte doch sür Sie sofort zu er kennen sein. Annie meint, der eine Schmuck sei ihr gestohlen, und zwar das imitierte Exemplar, so daß also der Spitzbube zum Schaden noch den Spott hätte. Ich aber denke mir, Annis hat dem Patron den echten Schmuck zum Versilbern gegeben oder ih« fich von dem Menschen nehmen lassen. Darum be hauptet sie auch, dies sei der echte Schmuck, wähcrud es doch der salsche ist." „Es ist wohl möglich, daß Sie recht haben, Mr. Helmers, wenn Sie glauben, Ihrer Tochter Derar tiges zutrauen zu können," antwortete Margot, noch immer große Reservs bewahrend, woraus Mr. Hel mers eine Bewegung mit den Fingern machte, dis ausdrücken sollte, daß er seinem Töchterlein noch ganz etwas anderes zutraue. „Aber was sagen Sie zu dem allem?" forscht: er dann eifrig. „Wenn Sie die Wahrheit und mein: innerste Uebcrzeugung hören wollen," versetzte Margot, „dann will ich sie Ihnen nicht vorenthalten. Wenn Ihre Tochter so viel von dem Baron hält, dann sollten Sie auch nicht in ihre Heirat mit Herrn Baumann, eiuwilligen. Tas gäbe nur eins Unglücksehe. Lasse» Sie sic doch den Baron heiraten," schloß sie, unfä hig, ihren tiefen Unmut zu verbergen. „Aber Mr. Baumann ist ein reicher Mann, der Baron ein armer Schlucker, und da meint Annie.." „Den reichen Mann will sie heiraten und den — den anderen lieben! Pfui, Mr. Helmers, ich hätte nie gedacht, daß Sie einen so abscheulichen Plan gutheißen könnten. Schämen Sie sich!" Er blieb unerschüttert. „Warum regen Sie fich so aus, Miß Westling, wenn Ihnen Mr. Baumann gleichgiltig ist? Meine Tochter hat doch wohl rocht, wenn sie denkt, Sie hätton wegen Mr. Fred be stimmte Wünsche gehegt. Lassen Sie die beiden doch