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Der .typische Leutnant" sah in seinem Stübchen in der Kaserne und starrte mit dem denkbar größten Matze von Verblüfftheit auf das zierliche Kärtchen, das in ziemlich unordentlicher und reichlich kindlicher Handschrift obige Worte trug, r Der .typisch« Leutnant" hieb eigentlich Hans-Georg von Blinken, aber weil er mit seinem schmalen, gebräunten Gesicht, den freimütigen, blanken Augen und der strammen, sehnigen Gestalt so recht der TypuS eines preutzischen Reiteroffiziers war, so trug er im Kasino dtesen Spitz namen, der ihn ein Ehrenname dünkt«. Aber so etwas war selbst ihm, dem »typischen Leutnant", noch nicht passiert. Diese kleine Hella, wer hätte das gedacht! Sieh' mal an! Dieser allerliebste, Keine Kerl mit der rotblonden Flechtenkrone und den koketten Sommer sprossen auf der pfiffigen Stumpfnase — dieses Gold fischchen, des reichen Kommerzienrats einziges Töchterlein. — Alle Wetter! Herr Hans-Georg von Brinken kreuzte mit einem tiefen Stoßseufzer seine langen Beine. DaS sündhaft viele Geld, was diese zerbrechliche, kleine Dame hatte! An eine Geldheirat dachte er ja nicht im Traume, Gott bewahre! Aber wenn so ein süßeS^ herziges Frauchen doch nun einmal solche Berge von Mammon hat Und ein süßes, herziges Dingelchen war die kleine Hella — und Schneid hatte sie auch, Sakrament! Bestellt da «inen Königlich preußischen Leutnant zum Stelldichein um halb sechs am Denkmal, wo's doch Ende Oktober schon so höllisch schummrig ist. Und sie kannte ihn doch eigentlich kaum — denn so ein richtiges Kennenlernen war das doch auf dem Ressourceball vor vierzehn Tagen nicht gewesen. Nur reizend war's — ganz, ganz reizend! Ein bißchen hölzern und befangen gab sie sich noch, diese zierliche, rotblonde Erbin, aber nur gerade so viel, wie sich daS für eine achtzehnjährige Schönheit schickt, die der zärtliche Vater sich Ende Sommer aus der Dresdener Pension wieder geholt hat. — So eine ganz verteufelt liebe Art zu lachen, hatte diese Hella — sie hob sich dabei aus die Zehen und legte das Köpfchen auf die Seite! Und wie treuherzig und kokett zugleich hatte sie ihm zum Schluß gedankt: »Sie haben mich zu nett unterhalten Herr von Brinken, schönen Dank!" — und dann mit schief ge haltenem Köpfchen etwas leiser, halb fragend: »Auf Wiedersehen!" Und nun diese Aufforderung. — Das befehlende: »Um halb sechs am Denkmal" neben dem kindlichen: „Bitte, bitte, pünktlich!" Nun, dann frisch auf zur Attacke. Er konnte doch dieses liebe Dingelchen unmöglich warten lassen! »Meine Gnädigste, Ihr ganz gehorsamer Diener ist zur Stelle!" »Ach, Sie sind's Herr von Brinken." »Ja, gewiß! Selbstverständlich! Auf die Minute! Wie sich das für einen Militärsoldaten gehört! Und nun bitte ich: Was verschafft mir die hohe Gunst, von dem gnädigen Fräulein befohlen worden zu sein?" »Befohlen?" fragte sie gedehnt zurück. Brinken lächelte zartfühlend-verständnisvoll: »Oder wie das gnädige Fräulein es sonst zu nennen belieben." Dann etwas weniger förmlich: „Hier bin ich doch nun! Was wünschen Sie, Fräulein Hella? Ich stehe mit Leib und Seele zur Verfügung!" (Das war ganz der »typische Leutnant".) Hella spielte an ihrer Uhrkette und kämpfte sichtlich mit einer großen Verlegenheit. Endlich sagte sie: »Bitte, Herr von Brinken, — wir wollen durch die Anlagen gehen, ja? Meine Freundin scheint nicht zu kommen, sie ist stets die Pünktlichkeit selbst. Und hier kommen so viele Be kannte vorüber!" — So bogen sie denn in die An lagen ein. „Ihre Freundin sollte kommen?" fragte Brinken be fremdet. ,Ja, wollten Sie denn hier eine ganze Ver schwörung m Szene setzen?" t,Ach nein!" rief Hella mit harmlosem Lachen, »ich wollte Edith nur so gern noch einmal sprechen, ehe ich — den — den Brief an Sie abschickte. Ja, denken Sie nur!" fügte sie schnell hinzu, als Brinken sie unterbrechen wollte, .ich wollte Ihnen schreiben." „Sie haben mir geschrieben!" rief der »typische Leut nant" feierlich. Hella lachte: »Also gut, ich gebe es zu, da Sie ein Mädchenherz so schnell durchschauen! Ich habe Ihnen ge schrieben, aber ich fand nicht den Mut, den Brief ab zuschicken!" „Sie haben den Brief abgeschickt!' rief der »typische Leutnant" noch feierlicher. »Bewahre!" sagte Hella, halb ungeduldig, halb erschreckt. »Der Brief liegt zu Hause, adressiert und versiegelt in meiner verschlossenen Schreibmappe —" »Das tut er nicht!" schrie Brinken mit Stentorstimme. »Ich haße den Brief erhalten — hier ist er!" — Und da war er! »Ich habe die KuoertS verwechselt", sagte Hella ton los, — »daS hier ist der Zettel an Edith — Brief an Sie steckt wohlverwahrt in dem Kuvert mit Ediths Adresse — Und SieMSie konnten glauben, ich bestelle^Sie hierher, zu dieser Stunde in solcher Form! Sie scheinen ja eine reizende Meinung von mir zu haben, Herr von Brinken!" (Das war schneidender Hohn!) »Habe ich auch!" sagte der »typische Leutnant" feurig. zUnd nicht nur eine reizende, sondern sogar die allerbeste. Wenn ich Sie gekränkt habe, Fräulein Hella, so bitte ich Sie herzlich um Verzeihung. Aber Sie müssen selbst -u- geben: der Irrtum lag nahe! Sie schreiben: »ein unge wöhnlicher Schritt" — »Nun ja", sagte Hella, schon halb versöhnt, »damit meinte ich doch den Brief an Sie." „Ja, natürlich, den Brief", rief Brinken, »nun müssen Sie mir auch alles sagen, was in dein Briefe steht!" Erst sperrte Fräulein Hella sich ein wenig, aber so ein »typischer Leutnant" kann*gar so lieb bitten und schmeicheln, und so bekam er zum Schluß alles zu hören. < Also: Kommerzienrats wollten einen Ball geben, das heißt: nicht eigentlich einen Ball, sondern nur so eine kleine Tanzerei dem erwachsenen Töchterchen zu Ehren, und Hella hatte so schrecklich viele Freundinnen, die alle unbedingt geladen werden mußten! Es war einfach ein Ding der Unmöglichkeit, auch nur eine einzige fortzulassen — und da brauchten Kommerzienrats natürlich Tänzer, und Papa wollte lauter so fremde, gleichgültige Menschen laden. — „Und ich wollte so gern, daß Sie kommen — weil es doch neulich so reizend war — und da schrieb ich Ihnen, Sie möchten doch noch schnell Besuch machen, aber Edith sagte immer, so etwas dürfe eine Dame niemals tun — es ist ja auch sicher ungewöhnlich, aber ich wollte doch so gern —" * * * Bei Kommerzienrats ist Ball, das heißt: nur so eine kleine Tanzerei, dem erwachsenen Töchterchen zu Ehren. Da drehen sich blonde und braune Mädelchen im Kreise, eben erblühte kleine Schönheiten in rosa und blauen Kleidern — Mädelchen mit schwarzen und Mädelchen mit weißen Schuhen, mit Blumen im Haar und mit Blumen im Gürtel, aber Hella ist doch die lieblichste von allen. »Sie sieht wie der verkörperte Frühling aus", denkt der stolze Herr Papa. »Ich küsse sie mitten unter dem Kronleuchter", denkt der »typische Leutnant". Aber er wartet doch damit, bis er sie in einer Pause in ein kleines,"oerschwiegenes Eckchen, hinter Palmen und Oleander geführt hat. Und Fräulein Edith sitzt ganz allein auf der anderen Seite der grünen Hecke. Ihr ist so eigen zu Sinn. Das haben Hellas glänzende Augen gemacht! Wie sind die verändert heute, so verwirrt und doch so sicher. Horch! Man flüstert — Brinkens Stimme — und dann Küsse Küsse und ersticktes Liebesstammeln. — Da schließt Fräulein Edith die Augen, weil sie gar so weich und sehnend lächeln. Sie schmiegt die ver schlungenen Arme auf die Lehne des Sesselchens und legt den hübschen dunklen Kopf-darauf. Mas birgt doch das Leben, das vor ihr liegt, für süße, beseligende Möglichkeiten . . . Landwirtschaftliche«. — SprödeHufe. Spröde und rissige Hufe kann inan in ganz kurzer Zeit verbessern, wenn man in der Woche zwei- bis dreimal eine etwa haselnußgroße Menge von Lvrbeeröl und Vaseline an der Krone ein reibt. Das Lorbeeröl wird mit den gleichen Teilen Vaseline gemischt. Diese Salbe übt einen Reiz auf die Krone aus, wobei dann mehr Blut zuströmt und mehr Horn angesetzt wird. Sollte die Krone durch diese Einreibung bald etwas empfindlich werden, dann setze man wieder einige Zeit aus. Wird Lorbeeröl und Vaseline regelmäßig eingerieben, dann kann in einem halben Jahre ein ganz neuer Hus hervor- wachjen, dessen Horn von viel besserer Beschaffenheit ist als das frühere. — Das Schlachten der Kaninchen ist häufig noch mit Tierquälerei verbunden und doch ist die Sache jo einfach. Man ergreift das Schlachtkanin chen und hält es mit der linken Hand an den Ohren fest, jo daß die Rückseite des Tieres der rechten Hand zugekehrt ist. Mit einem in der letzteren bereit ge haltenen etwas stärkeren Knüppel versetzt man dem Tiere einen kräftigen Schlag in das Genick dicht unter den Ohren, infolgedessen das Tier sofort tot ist. Um das Blut im Körper nicht gerinnen zu lassen, macht man sofort nach der Betäubung einen Schnitt in den Hals und hängt das Kaninchen an den Hinterfüßen auf, damit das Blut ablaufen kann. Sobald dies ge schehen, dreht man das Tier um, hängt es an den Vor derfüßen auf, dann drückt man mit beiden Händen leicht auf den Bauch des Tieres, um den in der Harn blase enthaltenen Urin zu entfernen. Letzteres ist nötig, da sonst bei dem Abziehen und Ausweiden leicht infolge einer Verletzung der Harnblase der Urin mit dem Fleisch in Verbindung kommen und letzteres weniger schmackhaft, wenn nicht gar ungenießbar wer den könnte. — Einiges über die Pflanzweite der Obstbäume. Vielfach kann man die Wahrnehmung machen, daß die Obstbäume, namentlich in den Haus- sowic in den Obstgärten in der Nähe der Ortschaften gar zu eng stehen, so daß sie mit ihren geschlossenen Kronen einen dichten Wald bilden, in dem während des ganzen Sommers kein Sonnenstrahl durchzudringen vermag. Naturgemäß soll sich die Pflanzweite in erster Linie nach der Entwicklung des Wurzelshstems richten und in zweiter Linie sehe man darauf, daß die Baum krönen ein Durchdringen der Sonnenstrahlen nicht gar zu sehr abhalten, nicht daß in dem so häufig I herrschenden Schatten tierische sowie pflanzliche Schma- I rotzer ihre Heimstätte aufschlagen. Lieber pflanze man die Bäume zu weit als zu eng.. Für Kernobst wähle man bei Hochstämmen eine Entferung von zirka 12 Meter und für Steinobst etwa 8 Meter. Eine zu enge Pflanzung straft sich stets, denn was nützt uns eine größere Anzahl Obstbäume, wenn sie kümmern und niemals einen reichen Ertrag liefern. Der enge Stand gibt auch stets kurzlebige und, wenn nicht reichlich und oft gedüngt wird, sich bald erschöpfende Planzungen. Das Gelände, welches bereits lange Jahre mit Obst bäumen bepflanzt war, lasse man nach dem Ausroden der abgestorbenen bezw. nicht mehr tcagfähigen Bäume eine Zeit lang ruhen, bevor man wieder neupflanzt; denn was vom Fruchtwechsel beim Ackerbau gesagt wird, das gilt auch, wenigstens zum Teil, beim Obstbau. Auch wechsele man in den Standortstellen der Bäume. Herbstastern. Ein zeitiger Frost'zerstört oft den ganzen Flor der Herbstastern. Wollen wir denselben lange erhalten, jo muß durch Einschlagen einiger Pfähle und Ueberlegen derselben mit Latten, Decken und Tüchern der Frost abgehalten werden. Wer die Gräber seiner Lieben im November noch zu schmücken gedenkt, tut besser, die schönsten Pflanzen mit Erdballen auszuheben und drei oder mehr in einen Topf zusammen zu pflanzen. Die Töpfe stellt man dann an einem frostfreien lichten Platz auf. «riegS-Allerlei. Scherzfrage. Warum ist Petersburg umgetauft worden? — Weil der Zar hinten Burg nicht leiden kann. Ein Opfer fürs Vaterland. Ein geschätzter Leser schreibt den B. N. N.. Ich erlaube mir, nachfolgendes Gespräch zweier Berliner Jungen mitzu teilen, welches ich vor einigen Tagen hörte. Nachdem sie sich begrüßt halten, sagt« der eine: »Na, ihr habt eS jetzt doch fein, euer Schulze ist doch in Krieg, da habt ihr woll keene Schule?" Der andere: »Jawoll, so fiehste aus, wir haben doch jetzt en Meechen." Der erste, entrüstet: »Det laßt ihr euch gefallen?" Der zweite stolz: »Na, man muß doch och en Opfer forS Vaterland bringen." Sehr dreckig — Königliche Hoheit! Ein drolliger Zwischenfall ereignete sich, wie die »KönigSb. Allg. Ztg." erzählt, bei dem Besuche der Herzogin Viktoria Luise von Braunschweig in einem Braunschweiger KriegSlaza- rett. Als die Herzogin hörte, daß einer der Verwundeten den Herzog im Felde gesehen habe, erkundigte sich die Herzo gin danach, wie der Herzog denn auSgesehen habe. Uner wartet kam von den Lippen de» Soldaten die Antwort: „Sehr dreckig — Königliche Hoheit!" — Nach der Witterung der letzten Tage kann man sich dies vorstellen. Eine deutliche Absag«. Die krampfhaften Bemühungen, die von englischer Seite in der letzten Zeit gemacht wurden, Schweden in daS Lager der Entente herüberzuziehen, erfahren in dem der Regierung nahestehenden »Aftonblad" eine deutliche Abfuhr. DaS Blatt schreibt: England braucht nicht zu fürchten, daß sich die kul turelle Gemeinschaft Schwedens mit Deutschland auf ein po litisches Bündnis auSdehne. Schweden ist neutral gewesen und will eS bleiben. Wenn aber englische Zeitungen behaup ten, daß Schweden von russischer Seite nichts zu fürchten hat, so können wir darauf entgegnen, daß man in Schweden die tatsächlichen Verhältnisse bester kennen muß als in England. Bei aller Dankbarkeit für die Bemühungen Englands, Schwe den vor drohenden Gefahren zu schützen, hält man eS aber für daS beste und sicherste, wie bisher neutral zu bleiben. Das Eiserne Kreuz. Nachstehendes Bedicht ist während des Kriege« 1870/71 in der Brieftasche eine« gefallenen preußi schen Offiziers gefunden worden, dessen Name unbe kannt geblieben oder vergessen ist. Von Eisen ist », ein schlichte» Kreuz Mit einem Silberrand, Und wer e» trägt, tat nur die Pflicht Für König und Vaterland. Und wer e» trägt, gedenkt der Schlacht Und hebt die Hand empor: Für meinen König da» nächste Mal Hab ich noch Bess re» vor. Und wer eS trägt, denkt an da» Kreuz Am Grabe auf freiem Feld, Dort schlummert, der e» tragen sollt'. Der tote Preußenheld. Und wer e» trägt, denkt alter Zeit Und faltet die Hände fest, Daß Gott ihm gab so große Ehr', DaS Kreuz ihn tragen läßt. KreMjezUifte» Uedernachtet haben in Stadt Leipzig: Richard Metzner, Kfm., Zwickau i. S.