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„Kennst Du meine Kusine Magda?" „Nein!" „Die kriegt einmal eine Million Mitgift!" „Na, so häßlich wird sie wohl nicht sein!" Gott verraten, sie begegnet Dir darauf mir vernichtender Kälte. Also, sei ein Mann und überwinde." Aber die Liebe zu ihr saß doch schon sehr tief. Er konnte nicht mehr in derselben kleinen Garnison mit ihr leben. Hier traf man sich täglich . . . mußte miteinander tanzen und lachen. . . . Kurz, es ging nicht länger. Er wußte genau, daß er „oben" gut angeschrieben war und daß man einer Bitte in eine andere Garnison freundlich gegenüber stehen würde. Er wollte es also wagen. Die Feder in seiner Hand tauchte zitternd in die Tiefe des Tintenfasses, kam aber nur mit einer dicken schwärzlichen Masse zurück, die mehr malte, als schrieb. Tobias Redlich mußte zuvor erst neue Tinte holen. — — Aber der Brave war nicht zu sehen. Da ging Leutnant Martin denn mißmutig in die Burschenkammer hinauf, um ihn vielleicht aus süßem Schlummer zu wecken. Aber er kam nicht dazu. Tobias Redlich war gar nicht an wesend. Dagegen fand er aber, als er mit langem Blick die Unordnung ringsumher in sich aufnahm, etwas anderes — ihm in diesem Augenblick bei weitem Wertvolleres. Vor dem kleinen Fenster der Kammer lag das behelmte Haupt des kleinen Gottes, den er einst unter vielen Gefahren aus Venedig für die Geliebte mitgebracht hatte. Er konnte nicht die Heimkehr des Burschen abwarten. Er mußte denken: „Heute ist doch Mittwoch, da geht sie um S Uhr zu Major Kunnickes zum Kränzchen. Ich muß sie auf ein Wort sprechen. . . ." In dem dichten Tannengang, den sie auf alle Fälle passieren mußte, wartete er auf sie. Ihr weißes Golfjäckchen verriet schon frühzeitig ihr Nahen. Er sprang aus dem Gebüsch auf sie zu wie ein Indianerhäuptling. „Gnädiges Fräulein." Sie bemühte sich einen Ausdruck von Hochmut und Ver achtung in ihr liebreizendes Gesicht zu legen. Er aber streckte flehend die Hände über ihren Weg: „Nicht wahr, Sie verachten mich, weil ich scheinbar das Vielliebchen und damit . . . auch Sie vergaß?" Die Tränen stiegen ihr in die Augen. „Sie drücken sich nicht ganz richtig aus, Herr Martini Gerade wegen des . . . Vielliebchens muß ich Sie doch verachten." Er griff an die Stirn. „Ich verstehe das nicht. . . . Ich habe seinerzeit meinen Burschen mit einem wunder ¬ hübschen kleinen Amor für Sie zur Post geschickt . . , und finde nun heute zufällig in seiner Kammer . . . davon den Kopf . . . Sie können also unmöglich meine Gabe empfangen haben." Sie zuckte die Achseln. „O doch, ich erhielt Ihre Sen dung und — >— einen Kopf hatte Las gräßliche Ding auch." Er zog den Mitgenommenen aus der Tasche. „Sehen Sie, dies ist das Zubehör dessen, was ich mit so vielen Hoffnungen für Sie erstand. Mein Wort darauf." „Ich erhielt aber wirklich eines Tages einen unsagbar häßlichen Amor, dessen Begleitschreiben Sie als Alpender nannte. — Außerdem war er noch zerbrochen . . . und Sie müssen das gewußt haben, denn sein Avm und die Schärpe waren extra eingewickelt. . . . Langsam stieg die Röte des Zorns in das Gesicht des Offiziers. „Das alles ist mir völlig neu. Aber ich kann es mir jetzt so langsam erklären . . . Tobias Redlich ist ein Verbrecher ... ein . . ." Er hielt erschreckt inne. . . . „Ich will jetzt Abrechnung mit ihm halten. ... Er hat mir ja doch tausendmal mehr zerbrochen, als den Amor. ..." Da streckte sie ihm ihre kleinen Weichen Hände entgegen. „Das werden Sie mir — zu Liebe unterlassen . . ." Und er küßte diese Hände und ein wenig später auch den kleinen, roten, süßen Mund. < Noch am nämlichen Tage erhielt Tobias Redlich für die drei blutroten Rosen, die er für seines Leutnants Braut abgeben mußte und die doch nur zwei Mark gekostet hatten, von ihr ein hartes, wahrhaftig richtiges Fünfmarkstück als Trinkgeld. Davon zog er das halbe Dutzend Liebkosungen ab, die ihm sein Herr im Laufe dieses Tages geschenkt. — Und siehe da. . . . Selbst wenn auch noch die 25 Pfennig, die ihn Amor Nr. 2 gekostet, mit in Rechnung setzte, es blieb immer noch so viel übrig, um seiner Appolonia einen feinen Verlobungsring und für die spätere gemeinsame Häuslichkeit einen Anwr Nummer 3 zu erstehen. ver oerfiikreriscke Pneumatik. „Ei, wenn das jetzt a Leberwurscht wär!"