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ab, und zwar infolge eines Propellerbruches. Der Apparat ist beschädigt, der Flieger aber blieb glücklicher weise unverlctzt und beabsichtigt am nächsten Sonntag den ansgefallenen Schauflng auszuführen. — Hundshübel, 4. Juni. Der hier veranlagte Wehrdeitrag beträgt 1947 Mark. — Dresden, 3. Juni. In diesem Jahre werden die beiden sächsischen Armeekorps unter Leitung deS Armeeinspek- teurS Generalobersten v. Heeringen Manöver gegeneinan der abhalten. — Leipzig, 2. Juni. Am 2. Pfingstfeiertag früh gegen '/,6 Uhr mieteten zwei Leute an einer Gondelstation der Pleiße in Leipzig ein Boot, um damit eine Ruderpartie zu unternehmen. In der Nähe deS PleißenwehreS wollten sie die Plätze wechseln: hierbei schlug da» Boot um und beide Männer stürzten in» Wasser. Während der eine sich selbst nach dem Land» hinüberrettete und zur Gondelstation zurück- lief, ging der andere unter, obwohl ihm alsbald ein Rettungs ring zugeworfen wurde: er konnte nur als Leiche geborgen werden. — Leipzig, 3. Juni. In der heutigen Sitzung des Hauptaurschusses der deutschen Turnerschaft wurde der Jahresbericht bekanntgegrben. Er ergibt ein weiteres starkes Anwachsen der deutschen Turnerschaft im Jahre 1913 um 450 Vereine und «5 000 Mitglieder auf rund 11400 Vereine mit 1188000 Männern und 200 000 anderen Mitgliedern. Eine Anzahl Sportvereine, besonders Fußball- vereine, hat sich der Turnerschaft angeschloffen. An die Reichsmilitärbehörde ist eine Eingabe gerichtet worden, sie möge ein gewisses Mindestmaß körperlicher Ausbildung als Bedingung für Dienstvergünstigungen festsetzen. — Aue, 3. Juni. Eine seinerzeit viel belachte Begebenheit splelte sich vor 200 Jahren im Erzgebirge, in der Hauptsache in Aue und Augustusburg, ab. Im Jahre 1714 tauchte im Gebirge ein junger Mann auf, dessen Auftreten so fein und vornehm war, daß er allgemein den Glauben erregte, er entstamme einer sehr hohen Familie und wolle nur seine» Vergnügens wegen unerkannt bleiben. Er nannte sich Herr von Merbitz und hatte anfänglich Aue als Schauplatz seiner Tätigkeit gewählt. Bald öffneten sich ihm die Kaffen der Reichen und dir Herzen deS schönen Ge- schlechtes, und manche Maid seufzte im stillen nach dem aller liebsten „Prinzen von Aue', unter welchem Namen der feine Herr bekannt war. Nach und nach aber erhoben sich doch Bedenken gegen seine Person, namentlich bei denen, die oer geblich auf tue Rückzahlung ihrer nicht unbeträchtlichen Dar lehen warteten: denn die in Aussicht gestellten Geldsendungen trafen niemals ein, und man schöpfte Verdacht, anstatt eines Kavaliers einen Gauner vor sich zu haben. Als der angeb liche Herr von Merbitz in Buchholz einer Hochzeit beiwohnte, sollte er durch ein Kommando der Annaberger Garnison ver haftet werden; doch entkam er, und nur seine beiden Diener wurden festgenommen, bald aber wieder freigelaffen. Später trieb der Prinz sein Wesen in Augustusburg. Dort kam seinen Hochstapeleien der Umstand zustatten, daß ein hoher Beamter in ihm den Kurprinzen von Sachsen erkannt haben wollte. Er nahm ihn gastfreundlichst auf und erzeigte ihm die gebührenden Ehren. Natürlich ließ sich die» der Glücks ritter gern gefallen. Doch auch hier nahm seine prinzliche Herrlichkeit ein Ende. Ein Jäger erkannte und entlarvte ihn als die — Tochter eines Zeugmachers aus Lunzenau, als eine ehr- und lugendsame Jungfrau Sophie Sabine Apitschin. Sie wurde in Untersuchung genommen: da sie sich aber nicht selbst den Namen des Kurprinzen zugelegt hatte, wird ihre Strafe nicht allzuhoch gewesen sein. Ueber den AuSgang der Untersuchung meldet der Chronist nichts. Härter war jedenfalls die Strafe der vielen, die sich von der geriebenen Person hatten täuschen und um nicht geringe Summen prellen lassen: sie mußten viel Spott und Hohn ertragen und sich zeitlebens mit dem Attischen Prinzen necken lassen. — Johanngeorgenstadt, 2. Juni. Am 6. und 7. Juni findet hier ein großes Veteranenfest für da» Westerzgebirge und Nordböhmen statt, zu dem eine große An zahl österreichischer Veteranenvereine in voller Stärke, zum Teil bis zu 150 Mann, u. auch sächsische Vereine Teilnahme zugesagt haben. Der Hauptzweck der Zusammenkunft, bei der jeder Kamerad willkommen ist, ist die Ehrung der Kriegsteilneh mer und die Stärkung deS Bundesgedankens. Bedeutende Redner sind gewonnen; auch der bekannte Dichter Ohorn (Chemnitz) hat seine Kunst in den Dienst der guten Sache ge stellt. Schleunige schriftliche Anmeldungen der sächsischen Ver eine und der einzelnen Kameraden, die noch nicht schriftlich zugesagt haben, sind erwünscht, damit den Festordnern di» Arbeit am Festtage selbst erleichtert wird. Meldungen nimmt Hr. Oberlehrer Schmidt-Johanngeorgenstadt entgegen. — Gelenau, 3. Juni. Dienstag nachmittag fanden zwei hiesige Einwohner in der Staatswaldung einen Mann, der sich mit einem Revolver erschossen hatte. Au ßer der Schußwunde in die Schläfe hat er sich noch einen Schnitt in die Kehl« beigebracht. Einem Sparkassenbuch zu folge, das bei ihm gefunden wurde, handelt eS sich um einen Hugo Illgen aus KrumhermerSdorf. Schwermut soll der Grund zu der Tat gewesen sein. — T r euen i. V., 2. Juni. In den ersten Morgen stunden wurde bei der Witwe Bauer in der Feldstraße hier ein EtnbruchSdiebstahl verübt. Der Dieb verschaffte sich durch Eindrücken eines Fensters Eingang in die Woh nung und erbrach einen Glasschrank, in dem die Frau ihre Ersparnisse aufzubewahren pflegte. Ein Beutel mit 110 M. fiel in die Hände de» Eindringlings. Durch das Geräusch erwacht» die 80jährig» Frau, worauf er ihr da» Deckbett über den Kopf warf und sie zu betäuben versuchte, um dann unerkannt zu entkommen. Die sofort benachrichtigte Polizei setzte alsbald einen Polizeihund auf di« Spur. Die Be mühungen waren aber ohne Erfolg. Amtlicher Bericht üter de« öffentlichen Teil der 6. Litzung de- Gemeinderats zu Schönheide vom 22. Mai 1914. Anwesend: 18, entschuldigt: 2 Mitglieder. An der heutigen Sitzung nahm der an Stelle des Herrn Apothe ker Seume gcivöhlte und am IS. Mai 1914 von der Königlichen Amts- hauptmannschast Schwarzenberg in Pflicht genommene Gemeindeälteste, Herr Robert Tuchscherer, erstmalig teil und es hieb der Vorsitzende nach Eröffnung der Sitzung Herrn Gemeindeältcsten Tuchscherer besonders willkommen. Herr Gemeindeältester Tuchscherer dankte hieraus dem Bemeinderat sitr das ihm entgegengebrachte Vertrauen, sicherte gewissen hafte Pslichterfüllung zu und bat, das ihm geschenkte Vertrauen auch weiterhin erhalten zu wollen. Nach Eintritt in die Tagesordnung wurden folgende Angelegen heiten erledigt: I. Kenntnis nahm der Gemeinderat i» ) von der erfolgten Bestätigung der Wahi und Verpflichtung deS Herrn Gemeindeältesten Robert Tuchscherer: I, ) oon einer Verordnung d«S Königlichen Ministeriums deS In ner», Ausschluß von bleihaltigen Farben bei Vergebung oon Malerarbeiten betr.; c) von dem Ergebnis der Arbeiterzählung vom l. Mai vr.; ö) von der durch Herrn Friedensrichter Schlesinger erfolgten lleberweisung einer neuen Schreibmaschine für di» hiesige Gewerbeschule. Für da» Geschenk und da« der Schule be wiesene Wohlwollen sprach der Gemeinderat Herrn Friedens- Achter Schlesinger besonderen Dank aus: «-) von dem Ergebnis der Verpachtung der Wiese vor dem Kran kenhaus : t) oon der Ermäßigung der Verpslegkosten siir die durch die hie sige Gemeinde untergebrachten Geisteskranken: g) oon der teilweisen Erstattung der Verpslegkosten für den in Chemnitz untcrstiltzungSwohnsitzberechtigten Schulknaben Lie bold; h) von der erfolgten Ausführung der Neuanpflanzung und Nach- Pflanzung aus dem Knock, sowie im BiSmarckhain. 2. Zustimmung erklärte der Gemeinderat I) zu einer Rusnahmebewilligung von den Bestimmungen de« hiesigen Ortsbaugesetzes in der Bausache Ort«l.<Nr. 18; 2) zu den Urlaubsgesuchen der Gemeindebeamten; 8) zu der bei Gelegenheit der Anpslanzung aus dem Knock vor genommenen Anlegung eine» Pslanzgarten». 3. Al» Mitglied zum BauauSschuff« wählte der Gemeinderat Herrn Bemeindeältesten Robert Tuchscherer 4. ») Nach dem Vorschläge des Bauausschussc« wurde auf ein Ge ¬ such deS Herrn Huster beschlossen, von der Forderung der Hinterlegung einer oon der Königlichen AmtShauptmannschaft festgesetzten Sicherheit siir den Straßenbau abzusehen. Der Bauwerber soll aber verpflichtet werden, der Gemeinde den Differenzbetrag zwischen der neu zu legenden breiten und der jetzt liegenden schmalen Bordkante zu erstatten. Die Fuß weganlage selbst soll entlang des Baugrundstücks durch die Gemeinde ausgeführt werden; l>) Auf ein Gesuch der Frau verehel. Dressel in Rodewisch, betr. den Umbau bezw. Aufbau des Wohnhauses Ortsl -Nr. 374, wurde beschlossen, mit Rücksicht auf die abseitige Lage des BauorundstiickS (Schwarzwinkel) weitere Bedingungen al» die Verpflichtung zur kostenlosen und psandfreien Abtretung des zur künftigen Weaeherstellung erforderlichen Areals an die Gemeinde nicht zu stellen; <) Zur Ausstellung eines Schuppens seitens des Turnverein» ,Jahn" wurde unter den üblichen Bedingungen und unter Widerrufsvorbehalt Genehmigung erteilt; <l) Zu dein Gesuche de» Herrn Clemens Müller, betr. die Er- Achtung eines Schuppens aus dem Flurstück Nr. 71, hatte der Gemeinderat in straßenpolizeilicher Hinsicht Bedingungen nicht zu stellen; v) Ein Gesuch des Herrn Ludwig Kleinhempel, betr. die Einle gung einer PAvatwasserleitung in den Straßenkörper der Hauptstraße, wurde bedingungsweise unter Widerrufsvorbe halt befürwortet: I) Kenntnis nahm der Gemeinderat oon dem Gesuche des Grundstückseigentümers Herrn Ma; Kleinhempel, betr. die Errichtung eines Brunnens auf seinem Grundstück; Beding ungen waren nicht zu stellen: g) Mit einer Eingabe ersuchten die Herren Rudolf und Johan nes Lenk unter Hinweis auf die von ihnen früher bezahlten Straßenbaubeiträge um Herstellung eine« Fußweges an der oberen Bahnhofstraße entlang ihrer Grundstücke. Der Ge meinderat beschloß, daß Gesuch abzulehnen, da für dieses Jahr Mittel für die erwähnte Fußweganlage im Haushalt plan nicht vorgesehen, in dem Straßenbaubeitrag keinessalls auch die Kosten für eine doppelseitige Fußweganlage einge schlossen sind; ii) Nach den Bestimmungen in z 17 des Wegcbaugesetzes vom 12. Januar 1870 sind die Gemeinden berechtigt, Besitzer von Waldungen, Steinbrüchen, Fabriken, Mühlen, sowie Ge schäftsinhaber und Unternehmer aller Art, denen gewisse Wege besonders als Abfuhr- und Zufuhrwege dergestalt dienen, daß durch diese Benutzung ein wesentlicher Teil der Abnutzung herbeigcfiihrt, nach Befinden auch eine grundhas- lere oder öftere Herstellung der Wege, als sie sonst erforder lich sein würde, nötig gemacht wird, zu besonderen Wege baubeiträgen heranzuziehen. 'Rach den von der Gemeinde verwaltung angestellten Erhebungen verkehren nun nach der hiesigen Gemeinde regelmäßig und sehr oft schwere Lastauto mobile von außerhalb Schönheide wohnhaften Geschäftsun ternehmern. Die Abnutzung der Gemeindestraßcn wird aber durch den Verkehr der Lastautomobile erfahrungsgemäß ganz wcsrnMch erhöht. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache und bei dem forlacsetzten Steigen der Wegebaulasten der Gemeinde sah sich der Gemeinderal veranlaßt, von dem Rechte der Er hebung von Wegbaubeiträgen Gebrauch zu machen. Es wurde beschlossen, von den Unternehmern Müller-Auerbach, Lange- FalkenstAn, Uhlmann u. Co -Auerbach, Morgner Ellefeld und Konsumverein Aue je 100 Mark und von den Unternehmern Günnel-Wernesgrün und Holzmüller-Lengenfeld je LO Mark als Jahresbetrag zu erheben; i) Wegen de.' Ausführung der im Rathaus vorzunehwenden Malerarbeiten wurde Beschluß gefaßt. ö. Der Bericht über die Versammlung des Kassenrevisionsverbandes im Bezirke Schwarzenberg vom 29. April er. wurde von dem Vor sitzenden zum Vortrag gebracht. Der Gemeinderat nahm Kenntnis hiervon. S. Es ivurde nach Kenntnisnahme von einer Verordnung der Königli chen AmtShauptmannschaft beschlossen, von der llebernahme einer Garantiesumme für das einzurichtende Wandertheater Abstand zu nehnien. 7. Kenntnis wurde ferner genommen von dem Ergebnis der zu Gun sten deS Roten Kreuzes in der hiesigen Gemeinde veranstalteten Hau»- sammlung. 8. Zu verschiedenen Grundstücksabtrennungen erklärte der Gemeinderat, daß Bedenken nicht bestehen. 9. Zur Anschaffung eine» Verbandskastens sür die gegründete Sanitäts abteilung bewilligte der Gemeinderat einen Betrag bis zu 50 Mark. Im Anschluß hieran fand eine nichtöffentliche Sitzung statt. Aus der Zeit der BesreiMgSlriege. Nachdruck verboten 5. Juni 1814. Vorerst herrschte im Sommer d. Js. bei den Völkern Europas eitel Glück, dankbare Freude, frohe Hoffnung. Von einer Schaar blasender Postillione begleitet, der damaligen Sitte gemäß, zo gen die Kuriere der siegreichen Mächte durch die Haupt städte Europas, um der freudig bewegte» Menge den endlich erfolgten Abschluß des laugersehuten Friedens mitzuteilen. Mit einer für die damalige Zeit unglaub lichen Schnelligkeit war die frohe Botschaft bis in die entlegensten Winkel Deutschlands, Spaniens und Italiens, über die Weichsel bis tief in die Steppen Ruß lands gedrungen. Ueberall läuteten die Glocken, die Bewohner zum feierlichen Dankgottesdienst zusammen rufend, an allen Orten begann man, sich für den festlichen Empfang der heimkehrende» Sieger zu rüsten. Allerdings konnte der Rückmarsch der Truppen, wie der Einmarsch nach Frankreich nur langsam erfolgte, auch nur langsam von statten gehen; die Preußen, Oester reicher und Schweden brauchten bis Ende Juli, die Russen, die etwa 300 Meilen zurückzulegen hatten, bis Anfang des Winters, um die Heimat zu erreichen, die Italiener, Spanier und Engländer hatten es frei lich wesentlich näher. UrbrrS Jahr! Roman von Baronin G. v. Schlippenbach. (27. Fortsetzung). „Oder gar nicht," entgegnete Marie schnippisch. ' „Da!" Lie gab ihm einen kleinen freundschaftlichen Na senstüber. „Den haben Sie verdient! Ha! ha! ha!" Schnell war sie entwischt. Arnold schmunzelte vergnügt: er dachte sich sein Teil. Wie damals mit ihrer kranken Tochter reiste Frau von Lindner in kleinen Tagestouren über München nach Tirol, wo die Damen eines Abends in Gries an kamen. Hier sollten sie vorläufig bleiben, um später au den Gardasee zu gehen. Im Hotel zum Badl ließen sie sich nieder. Frau von Lindner kämpfte tapfer gegen den ei genen Schmerz: auch für sie hatte sich ein Grab über ein liebes Kind geschlossen. Anna war krank am Kör per hergekommen, bei Olga war die Seele krank. Eine große, schöne Aufgabe harrte ihrer Begleiterin: die Wunde zu heile», die das Leben geschlagen. Frau vou Lindner war eine gläubige, wahre Christin. Sie flehte, daß der ewige Arzt ihr beistehe, das Kranke gesund, das Wunde heil zu macheu. Mutig ging sie an das fromme Werk. Olga war von der Reise zu ermüdet, um iu den ersten Tage« die herrliche Umgebung zu genießen. Apathisch lag sie auf dem Ruhebett am Fenster, und ihre müden Augen schweiften träumend über die Pracht des Schlerns und Rosengartens, der allabendlich in zauberhafter Schöne erglühte. Die stille, wohltuende Art ihrer Pflegerin wirkte besänftigend auf das zer- risseue Gemüt der jungen Frau. Sie führten lange Gejpäche, die ernste Dinge be rührten. Die ältere Frau teilte echte Goldkörner aus dem Schatze ihres Lebens mit. „Lehren Sie mich mein Leid williger tragen," bat Olga eines Tages, „sagen Sie mir, wie ich es an- fangen soll, in Demut zu sprechen: „Herr, dein Wille geschehe." „Liebes Kind, — jo darf ich Sie doch nennen?" fragte Frau vou Lindner. „Ja, bitte, tun Sie es." „Gut. Wissen Sie nicht, daß denen, die Gott liebe», alle Dinge zum besten dienen sollen? Er will, daß wir ihm unser Kreuz Nachträge» leime». Je freudiger wir es tun, desto leichter wird die Last." „Ich bin noch soweit davon entfernt." „Gott wird Ihnen helfen, liebes Kind. Vertrauen Sie ihm voll und ganz." Solch ernste Gespräche führten sie oft, und nach und nach senkte sich der Friede auf das junge, wunde Herz. Frau von Lindner erzählte Olga vou ihrem frü heren Aufenthalt in Gries und dem Tode ihrer Tochter. „Sie sprechen so gefaßt darüber," sagte Olga, „wie ist das möglich ?" „Was Gott tut, das ist wohlgeta», liebes Kind. Annchen ist glücklich. Glücklicher, als sie auf Erden geworden wäre." Olga zögerte etwas, daun jagte sie: „Ich glaube, ihrer wartete schon hienieden ein gro ßes Glück." „Wie meinen Sie das?" fragte Frau von Lindner aufmerkend. „Ich dachte, Ihre Tochter und Baron Klingen hätten sich gefunden, wenn Anna am Leben geblieben wäre." „Nein, liebes Kind, von seiner Seite war nichts von Liebe in dem, was er Anna entgegenbrachte: wie ein treuer Bruder umsorgte er sie. Mein Ausspruch, daß sie auf Erdeu nicht das gefunden hätte, was ihr Herz ersehnte, ist nur allzuwahr. Wir wollen nichts mehr darüber sprechen, es schien mir aber eine Pflicht, Sie aufzuklären, damit Sie keine falschen Schlüsse ziehen." Der weltklugen Frau war es nicht entgangen, daß Waldemar von Klingen sich für Olga wärmer in teressierte, als es eine bloße Bekanntschaft bedingte. Wenn er von ihr sprach, schimmerte stets etwas von dem tiefen Gefühl hindurch, das ihn beherrschte. Wenn ein Brief von ihn: nach Gries kam, färbte leise Röte die blassen Wangen Olgas. Sie war dann den Tag über zerstreut uud träumerisch, als weilten ihre Gedanken weit weg. Frau von Lindner hatte das Grab ihrer Tochter schon mehrere Male besucht: heute bat Olga, sic be gleite« zu dürfen. Trotz der vorgerückten Jahreszeit war das Wetter noch um die Mittagsstunden warm, die Berge schützten vor den Winden. Ihre Gipfel leuch teten im ewigen Schnee ihrer Kuppen. Majestätisch erhob sich die Mendel zur Rechten, der Virgl lag zwischen ihr und dem Rosengarten und Schlern. Eingedenk der Bitte, die Klingen an Olga gerichtet, wollte sie einen Strauß der weißen, keuschen Alpen blumen für Annas Grab kaufen. — Ueber die Talfer Brücke schritten die Berliner Damen nach Bozen. In den Laubengängen drängte sich buntes Leben: nock kamen und gingen die Reisenden. Auf dem Obst- und Blumenmarkt lagen die verlockendsten Früchte auf den Tischen: die großen, süßen Trauben, Pfirsiche mit dem zarten Flaum, goldgelbe Riesenbirnen, rotbäckige Aep- fel, Ouitten und Pflaumen, große Körbe mit Nüssen und daneben die Blumen in wunderbarer Auswahl. Olga kaufte einen Busch Edelweiß und für sich blauen Enzian, nahe der Kirche. Warm schien die Sonne auf die Gräber: ihre Strahlen fielen auch auf die Ge denktafel aus Marmor, die Annas Namen trug. In stillem Gebet stand ihre Mutter neben dem Hügel