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stube zur Darstellung, auch werden erzgebirgische Dialekldichier usw. ouflrelen. Da sich am Sachsenlag außer den vielen im AuSlande lebenden Sachsen und dort bestehenden Sach senvereinen gegen hundert verschiedene sächsische Landsmann schaften beteiligen, wird auf dem Sachsentag »in interessante-, volkskundliche- und volkstümliche- Gesamtbild unseres ganzen Sachsenlandes geboten werden. ES steht zu hoffen, daß auch aus unserem Erzgebirge, das u. a. durch die Bürgermeister Kurth-Markneukirchen, Lösch-Stollberg, Uhlich-Sayda, Knesch- ke-Geyer, Dr. jur. Richter-Ncustädlel, Carl-Marienberg, Vor- berg-Hartenstein, Dr. Rüdiger-Schwarzenberg, Römer-Elter lein, Dr. jur. Kühn-EhrenfriederSdorf, Gelbrich-Lengefeld i E , Rosenfeld-Johanngeorgenstadt, Heinrich-Zöblitz, Franke-Schei- benberg, Wimmer-Adorf i. V, Dr. Lohse-Olbernhau, Hesse- Eibenstock usw. im Ehren - Ausschuß vertreten ist, viele Leute zu diesem großen vaterländischen Feste nach Dresden eilen, um dort ein frohes Wiedersehen mit unseren engeren Landsleuten zu feiern und einig« frohe Stunden zu verleben. — Dresden, 26. Mai. Ein seltenes zoolo gisches Experiment. Ein Aufsehen erregender Versuch ist nach einer Meldung auS Dresden dem Direktor deS dor tigen Zoologischen GartenS Prof. Brandes gelungen. Durch Verpflanzung von Geschlechtsdrüsen erzielte er die Vermänn lichung einer Ricke und die Verweiblichung eine» Damhirsches Der Versuch ist bisher nur an Meerschweinchen ausgeführt worden. Vor 6 Wochen wurden in der Tierärztlichen Hoch schule die beiden bisher im Zoologischen Garten befindlichen Tiere einer Operation unterzogen, die gut überstanden wurde. Sechs Wochen nach der Operation zeigen jetzt die Tiere die deutlichen Zeichen eines andern Geschlecht«, sodaß z B. die Ricke Ansätze zu einem Geweih hat, während der Damhirsch Ansätze zu einem Euter zeigt. Prof. Brandes gab in der Tierärztlichen Hochschule dem Professorenkollegium und der Studentenschaft Kenntnis von seinem Erfolge. — Leipzig, 27. Mai. Heute mittag fand in Gegen wart de» russischen Gesandten in Dresden, Baron Wolff, der Mitglieder der Gesandtschaft, Vertreter der Leipziger Behörde, de» Direktoriums der Ausstellung, der russischen Kolonie und zahlreicher Gäste die feierliche Eröffnung des russi- schen StaatSpavillonS auf der internationalen Aus stellung für Buchgewerbe und Graphik statt. Nach einem von dem Dresdner Gesandtschaftspfarrer Jakschitsch zelebrierten Gottesdienst erklärte der Gmeralkommissar, Senator von Bel legarde, nach einer Ansprache, die in ein Hoch auf König Fried- nch August und Kaiser Wilhelm auSklang, die Abteilung für eröffnet. — Leipzig, 27. Mai. In einem hiesigen Hotel ver suchte heute vormittag ein Angestellter seine Geliebte mit deren Einverständnis zu erschießen. Ec entleibte sich dann selbst durch zwer Schüsse ins Herz. Das iunge Mädchen wurde von zwei Schüssen in die Brust getroffen und in schwerverletztem Zustand ins Krankenhaus geschafft. Anscheinend ist der Grund in Schwermut des jungen Man nes zu suchen, der schon beim Militär einen Selbstmordver such begangen haben soll, weil er sich den Anstrengungen des Dienstes nicht ganz gewachsen fühlte. — Leipzig, 27. Mat. Der Inhaber der hiesigen Rauchwaren-KommissionSfirma, Simon Ebenstem, ist unter HinterlassunA einer Schuldenlast von etwa 100 000 Mk. seit Montag fluchtig. Seine Frau ist am Dienstag früh eben falls abgereist. Es wird vermutet, daß sich beide nach Hol land begeben haben. Ebenstein, der erst kürzlich wegen Heh lerei zu 4 Wochen Gefängnis verurteilt worden war, soll um fangreiche Wechselschiebungen begangen Haden. — Zitlau, 25. Mai. Schwere Gewitter gingen gestern über den Zittauer Talkessel und das Gebirge nieder. In der Ortschaft Hinterhermsdorf bei Gabel schlug ein Doppelblig in das bei der Kirche gelegene Anwesen deS Hauswirtes Mai, bestehend aus Wohnhaus und Scheune, und zündete. Sofort schlugen die Flammen heraus und eS dauerte keine zehn Minuten, so standen die beiden Gebäude in Hellen Flammen. Da an eine Rettung nicht zu denken war, richtete man die Schlauchleitung auf ein nebenan liegendes, gefährdetes Anwesen, um ein Ueberspringen der Flammen auf diese« zu verhüten, wa« auch nach vielen Bemühungen gelang. — Freiberg, 26. Mai. Am 23. und 24. dss Mts. fand in Freiberg unter außerordentlich großer Beteiligung die Generalversammlung deS Verbandes deutsch nationaler Arbeitervereine statt. Anwesend wa ren u. a. Herr Amtshauptmann Vollmer zugleich als Ver treter deS Kgl. Ministeriums des Innern, Oberbürgermeister Haupt, zahlreiche Vertreter des StadtrateS und Stadtverord netenkollegiums Freiberg, außerdem waren vertreten der Ver band sächsischer Industrieller, die Gewerbeinspektion und viele andere Korporationen. Der Jahresbericht zeigt eine un erwartet kräftige Entwicklung deS Verbandes. Der wichtigste Gegenstand der Verhandlungen war die Rede deS VerbandS- sührerS Pastor Richter, Königswalde: »Der Weg zur Eini gung der nationalen Arbeiterbewegung. Im Anschluß daran wurde ein bedeutungsvoller Aufruf beschlossen. — Elsterwerda, 27. Mai. Ein siebenjähriger Knabe stürzte nacht» aus einem Auswandererzug. DaS Kind erlitt schwere Verletzungen und wurde nach dem Tor gauer Krankenhaus gebracht. Amtliche Mitteilungen auK der 21. LtadtratS- ststung vom 20 Mai 1014 Anwesend: S Ratsmitglieder. Vorsitzender: Herr Bürgermeister Hesse. I) Der Rat nimmt von d.n ihm vorgelegten Unterlagen über den Plan der Begründung eines Fabrikunternehmens hierselbst Kenntnis und empfiehlt das Unternehmen. 2) Es wird mit Befriedigung davon Kenntnis genommen, daß der neue Fußweg vom Carltzseloeisteig nach dem Adlerselsen und von da nach dem Reulersweg gut und zweckmäßig angelegt worden ist. 4) Die Schuldirektion ladet zu den Feierlichkeiten der Bürgerschule und der Selekta anläßlich deS Geburtstages Er. Majestät de« Königs «in. 4) Nachdem die Freiwillige Turnerseuerwehr Herrn Fabrikanten Fritz Remus zum Oberführer gewählt hat, bestellt der Rat den Gewähl ten auch zum Kommandanten der Pslichtfcuerwebr, womit zugleich die Mitgliedschaft im Feuerlöschausschuffe verbunden ist. 5) Bon einer Eingabe über industrielle Hausarbeit wird Kenntnis ge nommen. Zur Beschlußfassung gelangten außerdem noch 5 andere Angele, genheilen. Aus der Zeit der BefteinugSlriege. Nachdruck verdat«» 2 9. Mai 18 l 4. Au diesem Tage vor hundert fahren starb die Kaiserin Josephine, die erste Gemah lin Napoleons, die dieser durch Scheidung verstieß, als er zur Befestigung seines Thrones die österreichische Prinzessin heiraten wollte. Josephine war die Witwe des in der Pariser Schreckenszeit Hingerichteten Vi comle Beanharnais : 1796 heiratete sie den damaligen General Bonaparte. Sie führte dann zwar ein ziemlich schwelgerisches Leben, indes wußte ihr Menschenfreund liches Wesen manche Härten Napoleons auszugleichen. Lie juchte auch Napoleon vom Kaisertum znrückznhal tcn und fügte sich der schließlichen Scheidung nur unter Sträuben. . Da sie auch nach dieser mit Napoleon noch in Verbindung blieb, wurde sie von seinem Sturz schwer genossen. Sie wollte darnach Napoleon nach Elba be gleiten, was ihr jedoch nicht gestattet wurde. Bald daraus starb sie in Malmaison. Ucbcrs Jahr! Roman von Baronin T. v. Schlippenbach. <22. Fortsetzung). Olga legte den Arm nm seine Schulter und sah ihn bittend an. Er schob sie ziemlich unsanft fort. „Ich werde tun, was ich will, und verbiete dir für die Zukunft jede Einmischung." Diese Unterredung warf tiefe Schatten auf das Gemüt OlgaS. Sie wollte ja jo gern zu ihrem Manne ansjchauen, sich auf ihn stützen, aber immer wieder kamen Charakterzüge zum Vorschein, die ihn in ihrer Meinung herabsetzten, immer wieder fühlte sie die Kluft, die sie trennte. Lothar genoß sein Junggesellenleben in vollen Zügen. Er war ein kluger Mensch. Mit festem Griff riß er die Zügel des Bankhauses an sich und saß vor dem Schreibtische des Vaters. Seine Anord nungen mußten befolgt werden. Wehe demjenigen, der cs wagte, anderer Ansicht zu sein: er wurde entlassen. So erging es auch dem ersten Buchhalter: vor dessen Scharfblick in geschäftlichen Dingen fürchtete sich der junge Chef. Ucbrigcns schien Lothar beim Antritt seines Amtes als Haupt des Bankhauses das Glück zu lächeln, einige Börsenspekulationen schlugen ein. Triumphie rend blickte Lothar auf das Geld, das dadurch einkam. Er war fast jeden Abend irgendwo im Klub, wo das Spiel ihn fesselte. Aber es mußte dort doch in gewissen Grenzen bleiben, deshalb lud der Lebemann die Herren öfter zu sich ein, wo das Spiel bis zum frühen Morgen dauerte. Einmal war Lothar zu Klingen eingeladen. Mit kritischen Augen musterte Eßlinger die beiden schönen Pferde des Leutnants, und der Sohn des reichen Bankiers mußte sich cingestehen, daß es ein Paar tadellose Vollblütler waren. Die Villa Klingens war mit schlichter Vornehm heit eingerichtet und entsprach dem Charakter ihres Bewohners. Lothar fand sie nicht elegant genug, der Sinn für wahrhafte Vornehmheit ging ihm ab. Das Wappen der Freiherren von Klingen, der silberne Hirsch im grünen Felde, machte sich nicht breit. Nur das gediegene, alte Silber trug es in schöner Gravie rung, und an der schlanken Reiterhand Waldemars saß der schwere Goldring mit dem Blntjaspis, darauf das Wappen des alten, feudalen Geschlechts. Dieser Ring war ein Erbstück. Onkel Waldemars jetzt erkaltete Hand hatte ibn getragen, und er hatte ihn mit Karminten dem Neffen vermacht. Einige Kameraden Waldemars nahmen au der in keiner Weise zn üppigen Mahlzeit teil, die aus trefflich zuberciteten, kräftigen Gerichten bestand, und dazu gab es einen alten Rüdesheimer Berg, der in den schönen Kristallgläsern goldgelb funkelte. Lothar fühlte sich zuerst fremd unter den Offi zieren, aber er war zu sehr Weltmann, um sich nicht in jeder Gesellschaft zurechtzufinden. Das Gespräch drehte sich um die Rennen, die in Aussicht standen, nm Sport und die Trakehner Pferdezucht. Lothar konnte ein sehr liebenswürdiger Gesellschafter sein: er zeigte sich heute als ein solcher. Nach denc Essen trank man den Kaffee auf der Veranda: dann setzten die Herren sich zu einem Skat nieder, der sic einige Stunden beschäftigte. „Wollen wir nicht ein kleines Jeu machen?" fragte Lothar. „Etwas Quinze oder Makao wäre nicht üvel." „In meinem Hause erlaube ich es nicht." Es fiel scharf von Waldemars Lippen. Lothar lachte, dann sagte er: „Dann nicht, Herr Baron, es war ja nur ein Vor schlag zur Güte." Man trennte sich bald darauf. „Alberner Tugendheld," dachte Eßlinger, als er Berlin zufuhr. „Ich werde mich schadlos halten. Bei diesem österreichischen Herrn Miskowitz wird heute wohl wieder der Kreis versammelt sein, dec keine so philisterhaften Ansichten hegt wie der Baron Klingen." * * Es war ein wunderschöner Herbst, der die Buchen wälder des lieblichen Thüringerlandes in bunte Far ben kleidete. Sommerliche Wärme zog über das Land, nnd die Lnst Ivar nervenstärkend. Sie tat dem Kranken in F. gnr. Der alte Herr sah frischer aus, er konnte die gelähmten Glieder freier bewegen; auch die un deutliche Sprache besserte sich. Und wie blühten Mutter und Kind auf! Wie zart färbte das Rot der Gesundheit das edle Oval Olgas! Ihre mädchenhafte, biegsame Gestalt strahlte in frau licher Anmut: die ernsten Augen lachten, wenn sie die Entwicklung ihres Knaben mit stolzem Glücke beobachtete, wenn sie an dem Bübchen all jene Zeichen jungen erwachenden Lebens wahrnahm, die allein nur das liebende Auge einer Mutter sieht. In der Tat der kleine Hans war für seine fünf Monate schon recht weit voran. Sein gesundes, in rosiger Frische prangendes Körperchen, sein reizendes Gesichtchen erfüllten Olga mit stolzer Freude und mit heißem Dank gegen Gott, der ihr diesen Schatz ge schenkt, ihren „Sonnenschein", wie sie Hänschen nannte. Ja, ihr Leben war reich, war gesegnet. Sie war so ganz Mutter, daß sie oft vergaß, was ihr als Gattin gross übei kom war dalt- mir ding eine hing der zün! gehe Div nick, man und gebe ring herg frem schor das Bon! lorei Die im »uer begr nich wen rech: in t neidi lrgte Leit, wijck muß ,We — i «rsti Karl dem schla kein, Geg erst Par- letzt, wel. Ich ich i neh, lich druc Und Neb, feine anev über sich diese schie erw S 8»,cd! trat« ist", I Stcd»! «V. wen nich »»/, Qu »Ü, 4 6b«L Mas äem Steiger-Karl passierte. Novellette von Dr. Fergusson. (Nachdruck verboten.) Der Steiger-Karl atmete erleichtert auf, als er sich mit dem Aufgebot seiner letzten Kräfte auf das Fensterbrett schwang. Er gehörte sonst nicht zu den Ängstlichen. Unter all den zahlreichen Einbrechern, die in der Residenz ihr Unwesen trieben, zählte er wohl zu den verwegensten, und manches seiner Stückchen, die er ausgeführt hatte, ging als Beispiel von Verbrecherkühnheit von Mund zu Mund. Aber diesmal hatte er sich doch zu viel zugemutet. Er war vom Lichthof aus, in den er sich eingeschlichen hatte, zwei Stockwerke hoch zu dem offenstehenden Fenster in stockfinsterer Nacht emrorgetlettert. Allerdings war der Preis des Schweißes wert. Das Fenster gehörte der Wohnung des reichen Bankiers L. zu, welcher mit seiner Familie ani Semmering weilte. Von den vielen wert vollen Kunstschätzen, dem reichen Gold- und Silbergeschirr, das Bankier L. in seiner Wohnung aufgestaprli hatte, erzählte man sich wahre Wunderdinge. Der Steiger-Karl hatte mit grober Mühe die Gelegenheit ausgekundschaftet und stand nun am Ziele seiner Wünsche. Nachdem er sich von der gefährlichen Kletterei erholt hatte, ging er mit überlegener Ruhe des geübten Ein brechers ans Werk. Zuerst säuberte er seine elegante Kleidung — er hielt sehr viel auf sein Außeres — von dem Schmutz. Dann entzündete er eine Blendlaterne, zog Handschuhe an nnd machte sich an die Arbeit. Es war ein wahres Glück gewesen, daß man daS Fenster dieses Nebenraumes, durch daS er eingestiegen war, zu schließen vergessen hatte. Denn auf dem gewöhnlichen Wege, über die Treppen, hätte es ihm bei der Vorsicht des Portiers schwer gelingen können, in die Wohnung zu kommen. Der Rückweg war leichter, denn er brauchte nur des Nachts die Wohnungstür mit dem Dietrich zu öffnen; das Paket mit den gestohlenen Sachen im Hausflur zu verstecken, und dann nach Offnen der Haustüre schnell und unauffällig zu verschwinden. Langsam ging er die Zimmer durch, um eine Auswahl unter den vielen Wertsachen zu treffen. Fatal mar nur, daß die elektrische Leitung abgesperrt war. Seine Laterne reichte nicht hin, die groben Säle voll zu erleuchten. Endlich hatte er aber das Richtige gefunden. Ein starker, festversperrter Kasten erregte seine Aufmerksamkeit. Da» Schloß bot der Geschicklichkeit Karls in der Handhabung von Dietrichen nicht viel Schwierigkeiten. Bald standen die Türen offen und vor ihm lag nun ein wahrer Schatz an kostbaren Silber- und Goldgegenständen. Mit der Miene eines Kenners nahm Karl die einzelnen Sacken heraus und berechnete mit der Gründlichkeit eines Fach mannes ihren Wert. Da plötzlich zuckte er zusammen. Sein scharfe» Ohr hatte einen Ton vernomnien, als wenn jemand leise eine Tür geöffnet hätte. Im Nu hatte er die Lampe verlöscht und horchte gespannt. Richtig, jetzt vernahm er vorsichtige Schritte. Was war das? Sollte doch jemand in der Wohnung sein? Die Schritte kamen näher und näher. fchttc. Nur wcnu ihr Wasen sich wieder ciumal im Zwicjpalt mit dem Lothars befand, wenn die feinsten Fibern ihrer Seele jchmerzhaft unter ihres Mannes ihr so fremden Natur vibrierten, dann dachte Olga traurig, daß ihr das Beste fehlte, eine harmonische Ehe mit dem Gatten, der einer Frau alles werden kann. Sie sagte sich, daß sie sich bescheiden müsse, daß dies ein zu hohes Glück gewesen wäre. Vielen Frauen wird eS zuteil, sie nehmen es als etwas Selbstverständliches hin: Olga hätte es wie etwas Heiliges empfangen, wie ein Gnadengeschenk ans Gottes Hand. Und da sie dieses Glück nicht besaß, hatte der Vater im Himmel es ihr nicht bestimmt: sie beugte sich seinem Willen. Jin September hatte Olga die Freude, ihre Mutter und Schwester bei sich in der Villa zu sehen. Das waren schöne, nngetrübte Tage. Frau von Heerbach wuc von ihrem ersten Enkclchcn entzückt und die junge Tante ebenfalls. „Und wie wohl und glücklich Olga aussieht," sagte Marie, „ich dachte, sie kann mit Lothar nicht ihres Lebens froh werden." „Urteile nicht darüber," ermahnte die Mutter, „Olga ist eine durch und durch edle Fran, sie gewinnt jeder Leite das Beste ab." Lehr betrübt war Marie Heerbach über den Tod ihrer Lchulfreundin Anna gewesen. Durch Frau von Lindner hatte sie von den letzten Tagen der Verstorbe nen gehört und von Klingens freundlichem Anteil bei dem Tode des armen, jungen Wesens. Eines Tages machten die Schwestern einen Spa ziergang, da erzählte Marie das, was sie durch Frau Linder erfahren, wie Klingen Lindners auf der Reise betreut hatte, und daß er wie ein naher Verwandter sich der Damen angenommen. „Ich denke manches Mal, daß Klingen Anna ge liebt hat," schloß Marie ihren Bericht, „daß er ihrem Herzen sehr teuer war, habe ich gemerkt. Arme, liebe Anna, sie hätte so glücklich werden können!" Olga schwieg. Sie war an diesen, Abend still und nachdenklich. Ja, warum war cs nicht möglich ? Walde mar hatte auch zu Olga von der Schwester Arnolds in einem sehr warmen Tone gesprochen. Anna war liebenswert: und mußte es ihn nicht bestechen, jich ge liebt zu wissen ? Welcher Mann blieb unempfindlich dagegen? Erst Ende Oktober kehrten die Sommerfrisch ler aus Thüringen nach Berlin zurück. Frau Henriette kam noch vorher auf einige Wochen nach F. Da war es aber nicht mehr so friedlich wie vordem. Die alte Dame mischte sich in alles, tadelte die Kinderpflege und machte der Schwiegertochter das Leben nicht gerade leicht. Auch der Kraule litt unter dem herrischen, lau ten Wesen seiner Frau. „Jetteten," lallte er, „sei — man - still." -st * -i- Nun war Olga wieder in ihrem eleganten Berliner Heim, das ihr wenig Wärme, so wenig Kn Gefühl des „Zu Hause seins" bot. Lothar schien doch zufrieden, Frau und Kind wieder bei sich zu haben. Er hatte sich auf die Dauer ohne sie gelangweilt und war die erste Zeit gegen Olga recht freundlich. Sie war dankbar dafür, sic hatte gelernt, sich mit so wenigem zu begnüge^. (Fortsetzung folgt.)