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Beilage zu Nr. 107 »es „Amts- uns AnzeigeblatteS". Eibenstock, de» 10. Mai 1914. Zm Sonntagk Kantate. Jesus lehrt uns beten: „Führe uns, Vater im Himmel, nicht in Versuchung." In nnserm heutigen Lonutagstexte (Jak. 1, 13—18) sagt uns sein Jünger: „Niemand sage, wenn er versucht wird, daß er von Gott versucht werde. Gott ist nicht ein Verführer zum Bösen, er verführt niemand." Steht, was uns hier ge jagt wird, in einem unlöslichen Widerspruch oder können wirs uns zu Nutz und Frommen vereinbaren ? Es kann nicht sein, daß widersprechende Gedanken hier sich fanden und in der Tat ergibt sich eine Lösung aller Schwierigkeiten. Es ist wohl zu unterscheiden zwischen „versuchen," d. h. zum Bösen, zur Sünde an reizen und in Versuchung geraten lassen," d. h. zuzu- lassen, daß wir von irgend einer Seite zur Sünde ange reizt und verlockt werden. Unser Gott kann und wird nie etwas tun, wodurch sündiges Tun oder Denken nns nahegelegt wird und wir zu solchem veranlaßt werden. Schuld, Strafe, Fluch wäre ja dann, was durch ihn über nns käme. Das muß ausgeschlossen sein. .Wir irren, wenn wirs annehmen wollten. Von Gott kommt nur Gutes, nur das Höchste und Beste, nie etwas Böses. Das entspricht seinem Wesen; er ist der Vater des Lichtes (wörtl, der Lichter), d. h. des Guten. Bei ihm gibt es keinen Wechsel des Lichts und der Finsternis, d. h. bei ihm können nicht abwechselungswelsc zwei Kräfte wirken, eine gute und eine böse. Das entspricht aber auch seinem Willen. Durch Christum will er die Menschen zu Erstlingen seiner Kreaturen machen, d. h. zu Wesen, die über dem Kreatürlichen stehen, welches der Sünde zuneigt. Woher aber kommt denn dann die Versuchung, d. h. der eigentliche Reiz, die wirkliche Lockung zur Sünde? Jakobus kennt wohl Teufel und Welt; (Kap. 4, 7 n. a.), er weiß, wie sie reizen und locken. Aber ihm liegt vor Allem daran, seine Leser über ihr eigenstes Wesen aufzuklären und ihnen zu zeigen, wie die Ver führung zur Sünde ihre Quelle in ihnen selbst hat. Ein jeglicher wird versucht, wenn er von seiner eignen Lust gereizet und ge- locket wird. Die Lust, wenn sie empfangen hat, d. h. wenn mit ihr der Wille sich verbunden hat, wird zur Sünde, der Strafe und Tod folgen muß. In uns, in unserm Fleische wohnt nichts Gutcs. Böse Gedanken, sündige Lüste und Begierden haben da ihren Sitz. Des Fleisches Lust, der Augen Lust, Hof färtiges Wesen, Neid, Haß, Geiz und was es sonst sein mag, fechten jeden an. Wohl ihm, wenn er im Kampf besteht. Wann werden wir bestehen? Nur dann, wenn un ser Gott mit uns ist, wenn er uns hilft, daß wir, wenn wir angefochten werden, zuletzt gewinnen und in seiner Kraft den Sieg behalten. Darum laßt uns mit Dr. Martin Luther immer beten: Führ UN», Herr, in Versuchung nicht: Wenn un» der böse Feind anncht Kur linken und zur rechten Hans, Hilf un» tun starken Widerstand, Im Glauben fest und woklgeriist Und durch de» Heilgen Geiste» Trost. Amen. —e. Der „Amenta-Flug" des Grasen Zeppelin. Blättermeldungen zufolge hat Graf Zeppelin dem Bureau für Aeronautik auf der Panama-Ausstellung seine endgültige Entschließung zukommen lassen, im Spätherbst mit einem seiner Luftschiffe nach Amerika zu kommen und während der Ausstellung in San Francisco Flüge zu veranstalten. Ueber die Aussichten und Durchführbarkeit der ersten .Amerika- Luftreise* eines Zeppelin« wird au» Luftschifferkreisen geschrieben: DaS großzügige Unternehmen deS greisen Grafen Zeppelin, mit einem seiner stolzen Luftkreuzer den kühnen Flug über da» Weltmeer zu wagen, darf gewiß auf den stürmi schen Beifall aller Deutschen de» In- und Auslandes rechnen, weil nicht» so sehr geeignet ist, den deutschen Namen würdig vor allen Kulturnationen zu vertreten, al» die Meillerleistung «ine» unserer Zeppelinschiffe, die den Neid und die Bewun- derung der ganzen Welt herauSfordern muß. E» fragt sich nur, ob nach dem Stande unseres heutigen Lustschiffbaue» «in solche» Unternehmen überhaupt Aussicht auf Durchführ barkeit besitzt. Diese Frage kann glücklicherweise von vorn herein mit ja beantwortet werden. Die deutsche Luftschiffbau- technik ist heute wohl imstande, einen Luftschiffkreuzer zu schaf fen, der den Gefahren und Stürmen einer Ozeanreise genü gend Trotz zu bieten vermag. Der Luftschiffbau Zeppelin hat bei fernen Marinebauten auf die Seetüchtigkeit und die Sturmverhältnisse auf See besondere Aufmerksamkeit verwen det. Besaßen schon vie bisherigen .See-Zeppeline* mit ihrer Geschwindigkeit von rund Li mm der Sekunde unter gewöhn lichen Verhältnissen ein« ausgezeichnete Seetüchtigkeit, so trifft dies bet weitem noch mehr zu für die jüngsten Typen der zu ausgedehnten Fahrten bestimmten Zeppelinkreuzer. Ihre ganze Anlage ist von vornherein so gestaltet worden, dag st« in jeder Weise von Wind und Wetter unabhängig zu sein vermögen. Der gewaltig« Ritsrnleib «in«» ,Z«pp«lin»* mit etnrm Sa»tnhalt von L7000 odm vrrmöchte völlig den An sturm horizontaler Böen auszuhalten. Eine genügende Mo- torenstärk«, etwa in der deS lünasten Marine-Zeppelin» von mnd 900 ?8, verbeffert natürlich die Möglichkeit dr» Luft schiffe», selbst bet Orkanen über See sicher In der Luft halten zu können, noch bedeutend. Ein solche» Luftschiff ist vermöge srtner starken Motore imstande, gegen Stürme von LS m in d«r Sekunde erfolgreich anzukämpfen, d. b. gegen di» stärksten Orkane auf S«e; sein gewaltiger Durchmesser und großer GaSinbalt lassen e» auch den stärksten Sturmböen Wieder stand leisten. Noch kürzlich erst hat sich ein so vorsichtig ab wägender Luftschiffführer wie Dr. Eckener über di« Möglich- keiten der.Ztppeline^ im überserischm Fernverkehr ungemein optimistisch geäußert. Nach seinen Ausführungen ständ« h«ut« dem Ausbau internationaler .Zeppelin-Luftschtfflinirn* nicht» im Wege al» die Rücksichtnahme auf politische Konstellationen. Im Lichte der Ausführungen Dr. Eckener» stellt sich jrden- fall» der überseeische Fernverkehr mit .Zeppelinen* nur noch als eine Frage der Zeit dar. Die Panama-Weltausstellung, bei der politische Grunde die Ausführung nickt hemmen, gibt somit erwünschte Gelegenheit, mit dem überseeischen Zeppe lin-Fernverkehr einmal die Probe aufs Exempel zu machen. Ulbers Jahr! Roman von Baronin G. v. Schlippenbach. <7. Fortsetzung). Noch einen freundlichen Wink, dann war der Leut - nant entlassen. Und als er sich am nächsten Morgen voll seinem Onkel verabschieden wollte, da hatte der alte Weidmann das ernste Halali gehört und war sanft entschlafen. Mit Tränen in den Augen knieten seine treuen Diener an der Leiche, und Waldemar von Klingen kniete mitten unter ihnen und sprach ein Gebet für den Toten, der einsam gelebt hatte und einsam gestorben war, ein Sonderling, aber mit einem goldenen Herzen, das nnr wenige Menschen kannten. * * Nachdem der schwere Metallsarg des alten Frei Herrn in der Erde versunken war, reiste dessen Erbe in dre Garnison zurück uud leitete seine Uebersiedelung nach Potsdam in das Gardereginrcnt ein. Seine bis herigen Kameraden bedauerten seinen Weggang, be sonders Schönherr. „Nun wird es hier noch öder," meinte er ärgerlich. „Ich glaube, ich halte es nicht mehr lange in diesem Nest aus, lege die Uniform ab nnd ziehe auf unser Gut als Ackerknecht." „Gemach, mein Lieber," tröstete Waldemar den Freund, „im Herbst kommst du nach Karminten, und wir gehen alle Tage zur Jagd." „Bis dahin wirst du wohl schou glücklicher Bräu tigam sein." Waldemar runzelte unwillig die Stirn. „Laß solche dummen Scherze," sagte er kurz. „Dumme Scherze?" rief Schönherr, „ich finde, es ist das natürlichste in deiner Lage. Sage, hast du noch nicht daran gedacht, Alter?" In Klingens Angen lag etwas Düsteres. Er ant wortete nicht und trat ans Fenster. Leise pfiff Schönherr vor sich hin. „Aha," dachte er, „das Bild des hübschen Mädchens ist von seinem Schreibtisch verschwunden; er hat es fortgetan. Ich ahne, daß seine Abneigung gegen die Ehe damit in Zusammenhang steht." Nach dem Liebesmahl reiste Klingen ab, von den Kameraden hinausgeleitet. Ein Gefühl, gemischt aus Wehmut und Erwartung, zog in sein Herz, als die Häuser der kleinen Garnison seinen Blicken entschwan den. Hier hatte er mehrere Jahre gelebt und seinen Jugendtraum geträumt, ihn begraben und oie Wand lung seines Schicksals erfahren. Mt männlicher Ener gie kämpfte er gegen die Weichheit, die ihn überkam. Die Zukunft lag vor ihm, ein neues, vielversprechen des Leben winkte ihm; er wollte sich damit zufrie den geben. Nachdem er in sein neues Regiment eingetrcten Ivar, richtete er den Auftrag des Onkels aus und fuhr nach Berlin. Bei diesem Anlaß mußte er auch der Fa milie von Heerbach seine Visite abstatten: er hatte auf die Verlobungsanzeige hin seine Karte mit dem üb lichen „p. k." (pour kslioiter) abgeschickt. Zu seiner Erleichterung sagte ihm das die Tür öffnende Dienst mädchcn, daß die Familie verreist sei. Der Baron von Heerbach war mit dem Brautpaar und Marie nach k zn dem Bruder Lothars gereist. Und nun schellte Waldemar bei der Frau Amts richter Lindner. Die Dame öffnete selbst. Erstaunt stand sie dem Fremden gegenüber. Waldemar stellte sich vor und fügte hinzu: „Ich komme im Namen meines verstorbenen On kels, gnädige Frau. Sie haben doch die Todesanzeige erhalten?" „Jawohl, und ich trauere Baron Klingen aufrichtig nach, er war meines Mannes Freund." Sie waren in den Salon getreten. Heute lag Anna nicht dort. Die Nacht war be sonders qualvoll gewesen; die Kranke hatte das Bett noch nicht verlassen, und die Augen der Mutter waren von Tränen gerötet. Ein Blick auf die schlicht gekleidete Frau und aus die Eiurichtung der Zimmer belehrte Waldemar, daß hier die Hülfe des Tote« angebracht war. Nachdem er Frau von Lindner gegenüber Platz ge nommen, begann er: „Mein verstorbener Onkel hat mich beauftragt, Sie, gnädige Frau, persönlich aufzusuchen, uni Ihnen mit zuteilen, daß er Ihnen eine kleine Jahresrente von tausend Mark bestimmt hat. Wenn Sie gestatten, über gebe ich Ihnen hiermit die erste Zahlung, die Zu stellung der übrigen soll pünktlich von mir innegehalten werden." Waldemar hatte seine Brieftasche hervorgeholr und legte einen braunen Tausendmarkschein auf den Tisch. Frau von Lindner begriff nicht gleich das Glück, das ihr unerwartet in den Schoß gefallen war. Sie hob die Hände und fuhr sich über die Schläfen, strich über die Äugen; ihr war, als träume sie. „Ist es möglich, ist es Wahrheit?" stammelte sie verwirrt. Dann liefen Tränen über ihre Wangen. Waldemar wandte sich weg und betrachtete ange legentlich ein Bild, das über dem Sofa hing. Es war ihm peinlich, Zuschauer der Rührung der Witwe zn sein. „O, Herr Baron, Sie tönen nicht wissen, wie heiß mein Dank dem edlen Wohltäter gegenüber ist," sagte sie endlich. „Nun kann ich mit meiner kranken Tochter ein Heilung bringendes Bad aufsuchen. Der Arzt ver laugt, daß sie in Ems eine Knr durchwacht; sie ist sehr elend. Ich sah bisher keine Möglichkeit, und mein armes Kind siechte dahin, aber jetzt, jetzt!" Waldemar erhob sich, und Frau Liuduer reichte ihm die Hand. „Sie haben einen Sohn, der eben in Eberswalde das Examen bestanden hat, nicht wahr? Bitten Sie ihn, mich in den nächsten Tagen in Potsdam zu be suche». Ich habe noch keine Wohnung, aber im Offi zierskasino der gelben Ulanen findet er mich um zwei Uhr. Auch für Ihren Sohn habe ich noch einen Auftrag meines seligen Onkels. Ich empfehle mich, gnädige Frau." Wie im Traum blieb Frau vou Lindner eine Weile regungslos stehen, dann eilte sie zu ihrer Tochter uud erzählte ihr alles. Beide Frauen dankten im innigen Gebet dem Geber aller guten Gaben für diesen Licht strahl nach dunkler Sorgeunacht. Arnold kam in den nächsten Tagen nach Berlin. Ein Bries der Mutter hatte ihm schon die glückliche Wendung im Leben der Seinen mitgeteilt. „Weißt du, daß Baron Waldemar von Klingen der alleinige Erbe des alten Freiherrn 'ist, Mutter?" „Nein: aber wirklich, das freut mich. Er scheint ein vornehmer, edler Mann zu sein." „Ich hörte vou der Erbschaft, die er unerwartet gemacht, ganz zufällig durch einen neu eintretenden jungen Mann aus der Gegend von Karminten Klinge» diente bisher in einem Infanterieregiment in einem kleinen Nest an der elsaß lothringischen Grenze, jetzt ist er Gardeulan geworden. Ich will morgen nach Pots dam hinüber. Mütterchen, ei» Glück kommt nie allein. Ich ahne, daß es auch mir lächelt, Hurra!" (Fortsetzung folgt.) geitgemätze Betrachtungen. l Nachdruck verboten,) Blumen tag! Wenn im Glanz der Maiensonne — mild das Maienlüfterl weht, wenn berauscht von Maienwonne - sich betätigt der Poet. — Wenn die Sträucher dol denschwer — wogen wie ein Blütenmeer, — wenn in allen Park-Anlagen - Nachtigallen lieblich schlagen! - Wenn wir wieder in die Weite — wandern über Feld und Flur daun zeigt von der besten Seite sich die herrliche Natur, dann wird uns in Flur und Hag — jeder Tag zum Blumentag — und ein Leucht?», Schimmern, Blühen — lohnt das mannigfache Mühen! — — Lieblich sind die Blumentage — in dem Wonne monat Mai, — doch auch sonst ist ohne Frage noch ein guter Zweck dabei. wer die Wohlfahrt fördern mag, — sei bereit am Blumentag, — Jedermann soll sich beeilen, — wohlzutun und mitzuteilen! — Einen, solchen großen Ziele — dient nun auch der zehnte Mai, — auf den Posten ruft er viele, — die mit Leib und Seel dabei. Fördern will man allerseits das be dürst'ge „rote Kreuz", das im Kriege wie im Frie den, — Kranken hilft und Invaliden! Als auf Solferiuos Fluren einst das rote Kreuz erstand, das des Krieges Schreckensspuren — folgte treu und unverwandt - wies die Menschheit der Kultur - eines neuen Weges Spur, - gangbar hat er sich erwiesen, Henri Dunant sei gepriesen! - Helfer hat er nun gc funden, — überall in Dorf und Stadt — schneller hei len nun die Wunden, — die der Krieg geschlagen hat, — wenn sic schonend der Verband — hütet vor dem Schmutz und Brand, — wenn als Retter in der Runde — naht das Kreuz zur rechten Stunde! Durch solch unermüdlich Walten — treuer Opferfreudigkeit - werden Tausende erhalten und von böser Qual be freit. — Doch, wie alles auf der Welt lostet diese Hilfe Geld - und der Blumentag solls bringen, — Hof fen wir auf gut Gelingen! Fleißig mögen sich be tät'gen — Menschenfreund und Patriot — wenn die hübschen jungen Mädchen — »ah n mit ihrem Angebot. — Äög auch diesem Blumentag — blüh« ein reich licher Ertrag! — Werde weiter hilfsbereiter, was der Menschheit dient! Ernst Heiter. «WtilWt liii AtMst ^ugslt, Disii'tzitztsttikftzdk. in kidsnstoell .k. «»toniek«,