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Humoreske von' Georg P c r s i ch. Als der Herr Pfarrer auf seinem abendlichen Spazier gange den Bauern Liefcner traf, der vom Felde kam, fiel ihm ein, bah seit kurzem das Gerücht ging, der Bauer wolle seine Witwerschaft enden und sich wieder eine Frau nehmen. Er wollte doch feststellen, was daran war. „Nun, Liesener," redete er ihn an, „wie geht's denn? Zufrieden?" „Solveir man's sein kann, Herr Pfarrer." „Nur mit solchem Vorbehalt? Ich meine, Ihr könntet ganz zufrieden sein. Wie froh ivärcn andere, wenn's bei ihnen halb so aussähe wie bei Euchl Der Entschluß, den Ihr gefaßt habt, deutet auch nicht auf ein sorgenschweres, unfrohes Herz." Der Bauer sah ihn verständnislos an. „Was für ein Entschluß soll das sein?" fragte er. „Nun, daß Ihr Eurer Seligen eine Nachfolgerin zu geben gedenkt." „Ach so," erwiderte Liesener gedehnt. „Das hat man dem Herrn Pfarrer auch schon hinterbracht!" „Wollt Jhr's nicht währ haben?" „Warum sollte ich nicht? Heiraten ist doch keine Schande." „Behüte!" „Und wenn ich auch nicht mehr der Jüngste bin, eine Frau kriege ich schon noch." „Gewiß," meinte der geistliche Herr. „Ihr seid ja noch rüstig." „Na, damit ist's freilich nicht mehr weit her. Es braucht ja aber auch uicht die Jüngste zu sein, die ich nehme." „Recht so!" bekräftigte der Pfarrer. „Es muß wenig stens einigermaßen zusammenstimmen: die Fahre wie die Charaktere, sonst wird keine gute Ehe daraus." „Es ist im Dorf unter den jungen Mädchen auch nicht viel Gescheits — sagt mein Fritz immer." „Hm — Euer Sohn könnte sich nachgerade schon nach einer umschauen. Er kommt doch an die dreißig." L'osener nickte. „Ich red' genug auf ihn ein. Aber was ist seine Antwort? Ich kann keine finden, Vater, die zu mir paßt." „Er soll nur nicht so wählerisch sein, dann wird er schon eine finden. Wie wär's denn zum Beispiel mit der Maric von dein Lauterbcrg?" „Sie ist ihm zu lang, meint er." „Oder mit der Therese vom Fischerhofer?" „Die müßt' ihm hübscher sein." „Aber da wär' doch noch die Toni vom Walcher, die Luise vom Jnncnfelder, die Grete von der Witwe Gottwald. Die Grete, das wär' eine für Euren Sohn! Nicht über Mittelmaß, hübsch und an Geld fehlt's mich nicht." Lieseners Mienen drückten gelinden Zweifel aus. „Mit dem Maß kann's richtig sein nnd mit der Hübschheit auch — aber mit dem Geld? Seit wann hat die Witwe Gott wald Geld?" „Sie ist nur keine, die damit großtut," erklärte der Pfarrer. „Es verhält sich so, verlaßt Euch darauf. Und die Grete ist wohlerzogen, fleißig und rechtschaffen. Aber was rate ich Euch! Da Ihr selbst noch eine gefunden, werdet Ihr für Euren Sohn auch schon Rat wissen, wenn er sich nicht allein auskennt. Sie ist doch aus unserm Dorf, die Eurige?" „Das möcht ich noch nicht behaupten, Herr Pfarrer," antwortete Liesener ausweichend. „Nun, Ihr werdet doch wissen, woher sie ist?" „Es ist eben noch nicht ausgemacht." „Ihr seid Wohl zum Scherzen aufgelegt, Liesener?" „Nein, Herr Pfarrer, ich mein's im Ernst." Ueber diese Versicherung wurde der geistliche Herr nur noch unwilliger. Er war jetzt überzeugt, daß der Bauer ihm keinen reinen Wein einschenken wollte. „Guten Abend, Liesener!" sagte er kurz, drehte ihm den Rücken zu und ging weiter. Der Bauer sah ihm erst ganz betroffen nach; dann schmunzelte er und schritt dem Hause zu. Als er mit dem Sohne beim Abendbrot saß, meinte er: „Der Pfarrer hat mich vorhin gefragt, wann Du eigentlich heiraten willst." Fritz schwieg. „Ich habe ihm gesagt, Du könntest keine finden. Da hat er mir ein halbes Dutzend hergezählt, die Wohl für Dich passend wären." „Muß ich sie alle sechs heiraten, Vater?" „Nein, eine würde genügen." „Und welche habt Ihr mir ausgesucht?" „Ich kenne ja die, die Du nicht willst und nenn' sie erst gar nicht. Aber wie denkst Du über Grete Gottwald?" Rentier: „Der Geldschrank, den Sie mir gestern verkauft haben, ist aber miserabel: ich schließe schon seit einer Stunde daran herum und krieg ihn nicht auf." Kunstschlosser: „Daraus sehen Sie, wie vor züglich er ist; wenn Sie mit'm Schlüssel nicht öffnen können, dann kann doch ein Dieb ohne Schlüssel erst recht nicht ran!" „Grete?" Die Züge des jungen Mannes erhellten sich für einen Augenblick. „Ja, die gefiele mir schon! An die habe ich auch schon manchmal gedacht! Aber, es hat ja keinen Zweck, Vater. Ich werde überhaupt nicht heiraten." „Das wäre! Schwatz keinen Unsinn!" „Ein offenes Wort, Vater: Weil Du wieder heiraten willst, kann ich's doch nicht. Ein reiches Mädel wird sich bedanken, mich zu nehmen, und für ein armes langt's bei mir nicht." „Danach lväre ich also derjenige, der Dir Deine Hei ratspläne verdorben hat? Aber ist es denn sicher, daß ich noch mal wieder Hochzeiten werde? Woher kommt das dumme Gerede? Nur weil ich eines Abends im Wirtshaus gesagt habe, wenn Du nicht bald eine Frau nehmen tätest, würde ich's mir überlegen müssen. Eine Frau müßte wieder ins Haus — der Ordnung wegen. Und dann bin ich auch so ein bissel auf die Brautschau gegangen —" er lachte in sich hinein — „wollte doch sehn, ob ich im Notfall noch eine erwischen würde." „Und willst in Wahrheit gar keine?" „Gehst Du auf die Brautschau, hört's bei mir damit auf." Fritz ergriff freudig des Alteu Hand.