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2. Beilage zu Nr. 284 »es „Amts- un» Anreigedlattes". Eibenstock, de» 7. Dezember M3. Seid einerlei gesinnet unterem- ander nach Jesu Christo, auf daß ihr einmlltiglich mit einem Mun de lobet Gott und den Vater un» sere« Herrn Jesu Christo. (Röm. 1b, b, v.) Zum 2. Advent. Er kommt, er kommt; geht Hm entgegen! Ter Heiland aller Welt erscheint! Er bringt euch Leben, Heil und Segen; Ehrt ihn, den größten Menschenfreund, Der das Gesetz für uns erfüllt, Und sterbend unsern Jammer stillt. Er kommt, der Schöpfer aller Dinge, Mit sanftmutsvoller Majestät. Kein Sünder ist ihm zu geringe, Der ihn um Gnad und Hilfe fleht; Gerechtigkeit und Frieden gibt Sein Reich d^m, der ihn gläuhig liebt. Er kommt, der Glanz von jenem Wesen, Der ewig und unsichtbar ist. In seinen Augen kann man lese«, Daß er der Frommen nicht vergißt. Durch seine Niedrigkeit erhebt Gott Alles, was im Staube lebt, Er kommt, der Freund verlorner Sünder, Als Friedefürst, Rat, Kraft und Held! Der sterbend einst als Ueberwiuder Den Menschenfeind allmächtig fällt. Lobsinget ihm! Er heißt und ist: Der treue Mittln Jesus Christ. Eröffnet und schenkt eure Herzen Dem König aller Könige gern. Die hier die Gnadenzeit verscherzen, Sehn Hn dereinst als ihren Heirr», Als Richter, wenn er zornig spricht: „Weicht, weicht von mir! Euch kenn ich nicht!" Mein Heiland, komm! Mein Herz ist offen; Zeuch, sanftmutsvoller König, ein. Was außer dir die Menschen hoffen, Ist Eitelkeit, Betrug und Pein. Dein Reich mir schenkt Gerechtigkeit Und göttliche Zufriedenheit. Laß deine Liebe mich empfinden, Mit der du diese Welt geliebt. Komm, meine Hoffnung fest zu gründen. Die dein Verdienst im Glauben gibt. Mein höchstes Glück, mein letztes Wort Sei: Jesus ist mein Fels und Hort! M- Johann Friedrich Mudre, Pastor in Mittelsaida bei Freiberg, 41807. Aus der Zeit der Bcsniungslmge. 7- Nachdruck vertat««. 6. Dezember 1813. An diesem Tage rief Prinz Wilhelm von Oranien als^ „souveräner Fürst der vereinigten Niederlande" sein Volk zu den Dassen, ihm zugleich die Hilfe Englands, anzeigend. Der Erfolg des Aufrufes war geradezu kläglich. Zwar waren die Holländer bereit, Geld für die An werbung von Soldaten zu geben, aber selbst für ihre Freiheit zu fechten, lag ihnen fern. Dazu waren sie auch später nicht trotz Bülows dringenden Vorstellungen zu bewegen; sie sagten, „mit Willem komt de vrede" und das genügte ihnen. —Im Großen Haupt quartier herrschte nach wie vor jene Uneinigkeit, wie sie bislang stets hervorgetreten war und sich erst zur einheitlichen Haltung gestaltete, wenn es sich um eine Entscheidung haickelte. Namentlich die Schweizer Frage erschien eine Zeitlang bedrohlich und für den Fortgang des Krieges von Bedeutung. Zar Alexander spielte den Gönner liberaler Ideen und wollte die Un abhängigkeit der Schweizer Kantone gewahrt wissen; Oesterreich beharrte bei seinem Plane, nach dem Pla teau von Langres durch die Schweiz zu ziehen und bei dieser Gelegenheit das unterdrückte Feudalr»Hi- ment in der Schweiz wieder einzuführen. Metternich aber war viel zu schlau, um nicht den Zaren zu über listen, wie es denn auch nicht festgestellt ist, ob nicht der Zar trotzdem von Oesterreichs geheimen Plänen unterrichtet war und er sich zwar öffentlich widersetzte, aber insgeheim die österreichische Diplomatie gewähren ließ. 7. Dezember 1813. Zu Beginn des Win terfeldzuges standen den Verbündete» folgende Streitkräfte zur Verfügung: die Hauptarmee mit 201000 Mann, die Schlesische Armee mit 82000 Mann und die Nordarmee mit 34000 Man,,; dazu kamen 0000 Mann englische Truppen, so daß für den ersten Angriff rund 327 000 Mann mit 1106 Ge schützen bereit standen. Dazu kamen die Verstärkungen mit 55000 Mann, die noch so zeitig hrranrückten, daß sie am Feldzüge tailnehmen konnten Es waren aber ferner in der Bildung begriffen die Truppen in Baden, Kurhessen, Thüringen, Hannover, Braunschweig usw. mit zirka 132000 Mann, die im Februar und März auf dem Kriegsschauplatz eintreffen konnten; die Bay ern und Württemberger standen bereits bei der Haupt- armee in Waffen. Als Reserven blieben in der Hei mat noch zurück 300000 Munn und auf den Kriegs schauplätzen in Italien und Spanien kämpften gegen Napoleon 267 000 Mann. Alles in allem stellte sich die Gesamtheeresmacht, die gegen Napoleon aufgeboten werden tonnte, auf 1110000 Mann, also auf eine er drückend« Uebermacht. — An diesem Tage wurden die Dänen vom schwedischen Kronprinzen bei Born höved geschlagen. Der dänische Führer Prinz Fried rich von Hessen suchte einen Waffenstillstand nach, der schwedische Kronprinz aber, der die prekäre Lage der Dänen erkannte, ließ sich darauf nicht ein- 8. Dezember 1813. An diesem Tage begann bereits der Linksabmarsch der Hauptarmee, der sich zunächst leise und ohne Aufsehen vollzog. — Ju Frankreich trat um diese Zeit etwas ein, das bis lang unter Napoleons Herrschaft noch nicht dagewesen und man nicht für möglich gehalten hätte. Um die vom französischen Senat bewilligten Truppenmassen herbeizuschaffen, wurden zahlreiche Ehemänner und Stützen der Familien zu den Fahnen berufe» Diese Maßregel erregte den heftigsten Widerstand. Zu vielen Tausenden entzogen sich die Einberufenen der Gestel lung, indem sie in die Wälder flohen; so kam es, daß Napoleon jetzt erst 63000 Mann zur Verfügung hatte, die sich allerdings bis Anfang Januar auf 250 000 Mann ergänzten, aber immer »ür den dritten Teil der auf dem Papier stehenden Truppenzahl aus machten. Gute Gcistcr dks Freiheitskampscs. XII. Blücher. Blücher war der volkstümlichste aller Heerführer in den Freiheitskriegen. Gr war auch der erfolgreichste Durch sein unermüdliches Vorwärtsdrängen riß der Jüngling im Silberhaar die verbündeten Truppe» fort zu Kampf und Sieg. Mit Recht nannte ih» der Kaiser von Rußland den „Befreier Deutschlands". Nie hat Blücher gezweifelt, daß Napoleon, dessen Thron durch Gewalt und List aufgebaut war, gestürzt würde. „Er muß herunter, und ich werde helfen", so sprach er zu versichtlich in den Jahren des nationalen Unglücks. Manche lachten ihn deshalb aus; er aber behielt den Glauben an den Sieg der guten Sache und ihre» Be schützer, Gott! Denn ob auch der Rcitersmann voll munterer Einfälle war, und manchen tolle« Streich vollsührte, wovon viele Anekdoten zeugen, so lebte dock tief in seinem Herzen ein schlichter frommer Sinn- Seine Mutter und der Oberst seines Stammre- giments hatten den Grund dazu gelegt. Gerade in der Zeit der vaterländischen Not wurde das. Gottver trauen des Helden gestärkt und trat während des Feld zuges bei Ansprachen an die Truppen Und Gottes diensten oft zu Tage. Beim Feldzugsbegipn beantragte Blücher alsbald die Vermehrung der Mlitärgeistlich- keit. Don seiner eigenen Frömmigkeit erzählte sei» Leibarzt: „Der Fürst war sehr religiös, Er versi cherte, nie in eine Schlacht zu gehen, oh»e vorher zu beten, die Vorsehung möge ?hn leiten u»d vor Miß griffen behüten, und nach jeder Schlacht, wenn sie auch nicht nach Wunsch beendet wurde, dennoch Gott zu dan ken! Er führte stets ein Gebetbuch bei sich und betete jeden Morgen und Abend. Er glaubte fest a» die Fortdauer der Seele und Vergeltung nach diesem Le ben und sagte oft: „Wenn mir jema»d diese Ueber- zeugung nimmt, dann würde Mr mei» Sterbestünd chen sehr schwer werden und ich könnte ihm »ur mit Grauen entgegensehen!" Barmherzig nahm er sich der Verwundeten und Kranken an und sorgte für die Hinterbliebenen seiner Untergebenen. Demütig wies er alle Lobeserweisungen ab: „Ich will's euch besser sagen, wer Land und Volk befreit: DaS war der Preußen Tapferkeit, Freund Gneisenau'S Besonnenheit, Von mir ein bischen Verwegenheit Und Gotte« große Barmherzigkeit!" Friedliebend sagte er zum Preußischen Kron prinzen beim Anblick des blutigen Schlachtfeldes vo» La Rothiere: „Hier sehen Sie, mein gnädigster Herr, die Folgen des Krieges. Wird ein Krieg so gerecht geführt wie der unsere, so heiligt der Zweck die Mittel; wird er aber aus Habsucht, Herrschsucht und anderen Beweggründen geführt, dann wir- jeder Tropfen Blut der Gefallenen spät oder früh zum siedenden Oel auf dem Gewissen des Regenten." Einen tiefen Blick in die friedliebende Seele dieses großen Krfcgsheldrn las sen uns auch die Worte tun, die er einmal vor Gesinn ungsgenossen in Bautzen aussprach: „Gern sehnt sich der bessere Mansch aus diesem wilden Gedränge her aus, und segnend grüße ich die Stunde, wo ich mich im Geiste mit guten treuen Brüdern in je»e Regionen versetzen kann, wo ein reines helleres Licht uns ent gegenstrahlt." So steht der „Marschall Vorwärts" vor uns da als ein ganzer Man», ein kühner Held, ei» tapferer Christ! Ehre seinem Andenken! Btz. Zwei Helden. Preisgekrönter Roman aus der Zeit vor hundert Jahren von M. Trommershausen. (Schluß.) „Wenn ich nur nicht den Verstand verliere," dachte sie schaudernd. „Mer vielleicht hört dann der wühlende Schmerz auf, und Grabesruhe kehrt ein." Der Zeiger zeigte V«1 Uhr. Da ward es draußen lebendig. Menschen ström ten aus dem Rathaus und gesellten sich zu den War tenden. Erregte Reden folgten hin und her. Einige schlugen die Hände über dem Kopfe zusammen. Zorn und Schmerz malte sich in den Gesichtern. Krauen zogen iHv' Tücher hervor und wischten sich die Augen. Langsam glitten Ermentruds Augen hinunter aus der Höhe. Sie sah die bewegten Mienen, die Verstörtheit dsr Gesichter, und sie begann zu zittern. Da stürzte Frau Simon herein. „Das Urteil ist gesprochen und wixd sogleich voll zogen werden," rief sie atemlos. Hilda flog aus ihrer Ecke auf, brach aber sogleich zusammen. „Nein, nein, nein!" schrie sie u»d breitete ab- wehrend die Hände aus. Frau Simon beachtete den erschütternden Wehruf kaum. „Doch, doch, es ist so," fuhr sie aufgeregt fort. „Die Leute, die im Rathause waren, erzählen es. Sie sind durch Stimmenmehrheit zum Tode verur teilt und werden jetzt hinausgeführt auf den Goh rin, wo sie erschossen werden sollen. Bon hieraus kön nen Sie den ganzen Zug sehe», Fräulein- Die Gefan genen müssen durch die Berliner Straße. Schade, jammerschade um das junge, tapfere Blut! Man könn te sich die Augen aus dem Kopfe weinen, daß wir das ansehen müssen. Das sagen sie alle." Eilfertig lief sie wieder hinaus. Wenn man hier oben auch gut sehen konnte, so war es doch unte» weit interessanter als bei den stummen, bleichen Mädchen, die so starr und gleichgültig waren und kaum Anteil an den Ereignissen zeigte». Noch lag Hilda hingestreckt am Boden. Ermentrud schlich zu ihr, unhörbar wie ein Geist. Geisterbleich auch ihr Gesicht. Still kniete sie neben der Schwester unid hob ihren Kopf auf ihren Schoß. Dann betete ihre Seele wiederum. „Gott, der du bist, hilf uns aus dieser Stunde. Steh du neben ihnen und steh du »ebe» uns. Trage, was wir nicht tragen können!" Trommelwirbel draußen — das tattmäßige Mar schieren von Soldaten, daneben das Hi»- u»d Her- lausen einer aufgeregten Volksmenge. Ermentrud zuckte zusammen und verhüllte ihr Gesicht. Sie kamen gleich kamen sie hier vorüber. Nur nichts sehen — nur Ulk! — , ' „Gott, der du bist, trage, was wir nicht tragen können." Lauter schallte der Trommelwirbel, näher klang der regelmäßige Tritt, stärker wurde das Getöse der Menge. Da schlug Hilda die Augen auf. Verstört sah sie umher. ! „Was ist ?" fragte sie verwirrt. „Was hören wir?" Ermentrud antwortete nicht. Mit kalten Finger» strich sie über Hildas Wange. Auf einmal stieß diese sie wild zurück. „Sie kommen!" schrie sie mit markerschütternder Stimme. „Ich weiß,, wer kommt, ich weiß, wer kommt! Ermentrud, und du meinst, ich wollte hier liegen? Sehen muß ich ihn, sehen, sehen, sehe»!" Sie schnellte mit einer Kraft in die Höhe, daß Ermentrud staunte, rannte zum Fenster u»d riß es auf. Und wie von einer innere» Macht getrieben, folgte ihr Ermentrud. Nebeneinander stände» sie, wett vorgebeugt. Sie kamen. Zwei todesmutige, todgeweihte Hel den in der Mitte einer französischen Kompagnie, um ringt von erregten Männer», von weinenden Frauen. Sie kamen, hoch aufgerichtet, mit festen Schritten. Ihre Blicke flogen wie selbstverständlich hinauf und grüßten die Frauen. Sie schwenkten die Mützen, und das köstliche Aufleuchten ihrer Augen trug für alle Zeiten Frieden in die todwunden Herze» der Schwe stern. Vorüber. — Vorüber der Trommelwirbel, vorüber der gleiche Schritt und Tritt, vorüber die begleitende Menge. Auf dem Gohrin wurde haltgcmacht. Eine Sek tion französischer Soldaten trat in eine Linie mit geladenen Gewehren mrd erwartete das Zeichen des Kommandierenden. Giesel, der Len Zug begleitet hatte, trat zu den Gefangenen. „Haben Sie noch etwas auszurichten?" fragte er mit bewegter Stimme. „Einen Gruß an unsere Frauen," antwortete Georg von Wilhelmi. „Sagen Sie ihnen, daß wir gern für König und Vaterland sterben." Sie knieten nieder und entblößten die Häupter zu kurzem Gebet. Dann erhoben sie sich. „Wir sind bereit," sagte Georg. „Machts kurz und schießt ordentlich," rief Fried rich von Saher. „Augen verbinden? Nein, wir ha ben manche Kugel mit offenen Augen kommen sehen. Wir halten stille." Georg sagte nichts, er wies nur ruhig die Hand zurück, die ihm die Binde anlegen wollte. Nun standen sie da und grüßten zum letzte» Male die Gottessonne. „Es lebe der König! Preußen hoch!" riefen sie mit starker Stimme. Die Salve krachte. Ohne einen Laut sanken die beiden zu Boden. — Auf dem Garnisonkirchhofe der Fricdenskirche wur de am Nachmittage dieses 25. Februar ein Doppel grab gegraben, am Nordende der Ruhestätte der Toten. Als es dunkelte, legte der Totengräber die Schau fel beiseite. Er war fertig und wartete. Die Aw gen waren ihm feucht; denn das Schicksal der beiden, die hier ruhen sollten, ging ihm nahe. Gleich daraus öffnete sich das Tor des Kirchhofs, und Männer in dunklen Mänteln trüge» zwei Särge herein. Sie brachten sie langsam bis an das offene Grab und setzten sie auf der Bahre nieder, die über