Suche löschen...
Amts- und Anzeigeblatt für den Amtsgerichtsbezirk Eibenstock und dessen Umgebung : 11.07.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426615816-191307118
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426615816-19130711
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426615816-19130711
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Amtsgerichtsbezirk ...
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-07
- Tag 1913-07-11
-
Monat
1913-07
-
Jahr
1913
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
ablchnen möge, mit der Erörterung der Bill fortzu fahren, bis die Wählerschaft Gelegenheit gehabt ha be, ihr Urteil über sie abzugeben. Spanien. Die Angelegenheit Raisuli. Der spanische Ministerpräsident führte am Mittwoch morgen aus, daß der Chef der Marokkaner, Raisuli, wirklich Deutschland um Schutz gebeten habe. Der Minister präsident meinte jedoch, daß diese Frage nicht ohne Spanien geregelt werden könne, da es sich um eine Persönlichkeit handele, die der spanischen Regierung über ihr Vorgehen noch Rechenschaft ablegen müsse. J«vie«. Ein Religionskrieg in Indien. Nach in Siml r eingegangenen Depeschen hat der Scheich Abdullah von Oman einen Religionskrieg gegen den Sultan von Oman begonnen. Die Orte Masa, Ro- stak und andere sind gefallen. Die Truppen des Sul tans sind nicht imstande, die Bewegung zu unterdrük ken Angriffe auf Matra und Maskat stehen bevor. Amerika. - Gegen die Monopolisierung des Transportgeschüftes in den Vereinigten Staaten. Die Interstate Commerce Commission, welche aus eigener Initiative eine Untersuchung über die Verhältnisse der New England-Bahnen cingeleitet hatte, hat einen Bericht erstattet. Die Kommission ver urteilt das Vorgehen der Newyork-Newhaven and Hart- ford-Bahn, insbesondere ihr Uebermaß im Ankauf von Straßenbahnlinien und Dampferlinien und die tat sächliche Monopolisierung des ganzen Transportz?- schäftes in New-England durch Erwerbung anderer Bahnen, darunter der Boston- und Mainebahn- Otülichk und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 10. Juli. Der staatliche K rast wagenbet rieb auf der Strecke Eibenstock - Johanngeorgenstadt wird bestimmt ab 1. August er folgen Das alte Leiden, oer Wagenmangel, hatte ei ne trübere Eröffnung des Betriebes unmöglich gemacht. Eibenstock, 10. Juli. Wir meldeten schon, daß Herr Ingenieur Arthur Jahn mit oem Kro nenorden vierter Klasse dekoriert worden ist Wie uns jetzt weiter mitgeteilt wird, ist die Auszeichnung ge legentlich der Einweihung der dritten von Herrn Jahn an,geführten Talsperre, der Listertalsperre erfolgt, die am vergangenen Sonnabend stattsand Die Listcr- talsperre ist ein gewaltiges Werk moderner Technik Die Sperrmauer ist 265 Meter lang, der Stauruhalt der Sperre beträgt 22 Millionen Kubikmeter, die Stau- släche ist 1,70 qkm. groß uud die Baukosten betragen 4,6 Millionen Mark. An weiteren Talsperren hat Herr Jahn aufgeführt die Haspertalsperre bei Hagen und die Ostertalsperre bei Plettenberg. — Eibenstock, 10. Julr. In unserem gestri gen Bericht über den Besuch des hiesigen Männerge- jangvereins „Orpheus" in Chemnitz ist Herr Kunst- fchullehrer Kneisel irrtümlich als Liedermeister und Herr Lehrer Mahn als Vorsitzender des Vereins be zeichnet. Das Verhältnis liegt aber gerade umgekehrt: Herr Kneisel ist Vorsitzender und Herr Mahn Lieder- meister. — Eibenstock, 10. Juli. Der Gemeinnützige Bauverein, der nunmehr in das 12. Jahr seiner Tätig keit eingetreten ist, hielt am 30. Juni 1913 in HelbigS Restaurant die 12. ordentliche Hauptversammlung ab. Der Jahresabschluß ist in Aktiven und Passiven mit 128459,73 Mk mi Gleichgewicht. Wie in allen früheren Geschäftsjahren, so konnten auch diesmal 4°/, Dividende verteilt werden. ES ist dies der höchste Gewinnfuß, den die Satzungen der Genossenschaft überhaupt zulasten: ein höherer Gewinnanteil ist ausgeschlossen, da der Verein nicht die Zwecke des Unter nehmertums verfolgt, sondern gemeinnützige Bestrebungen pflegt und an der Lösung sozialer Aufgaben hilft. Sowohl im Aufsichtßrat als auch im Vorstand wurden die satzungs- gemäß ausscheidenden Mitglieder wiedergewählt. Außer dem Geschäftsbericht bildete noch einen Hauptpunkt der Tages ordnung ein Bericht des VerbandSrevisorS. Da der Verein auf Anregung des ReichSamteS des Innern seit vorigem Jahre an den »Verband der auf der Grundlage des gemein schaftlichen Eigentums stehenden deutschen Baugenostenschaf ten' anaeschloffen ist, fand im Juni vorigen Jahres zum ersten Male seitens des VerbandSrevisorS, Herrn Schütze aus Erfurt, die aller zwei Jahre vorzunehmende gesetzliche Haupt- durchstcht statt. Wie die früheren Revisionen so legte auch der Bericht deS VerbandSrevisorS Zeugnis ab von der ge diegenen, sicheren Grundlage des Unternehmens und der tüch tigen, sorgfältigen Geschäftsführung und betonte dabei, daß die gemeinnützigen Bestrebungen des Bauvereins in weiteren Kreisen »ein größeres Maß von Unterstützung' verdienen. — Dresden, 9. Juli. Die sächsische Forstverwaltung hat sich bekanntlich infolge der ungünstigen Erfahrungen, die mehrfach mit dem Abkochen im Walde gemacht worden sind, veranlaßt gesehen, hierüber eine Verordnung unter dem 31. Januar d. IS. zu ertasten, die in der Hauptsache folgende Bestimmungen enthält: 1. Zum Abkochen in den sächsischen StaatSwaldungen oder in der Nähe solcher ist stets recht zeitig die Genehmigung der Revierverwaltung einzuholen, die den Platz zum Abkochen anweist und auf Kosten des Gesuchstellers einen Beamten oder Waldarbeiter zur Beauf sichtigung deS Abkochens schickt. 2. Das Feuer darf mit um herliegendem dürren Reisig, nicht aber mit Papier genährt werden und ist dann sorgfältig auSzulöschen und der Koch graben mit Erde zuzuwerfen. — Oschatz, 9. Juli. In Zschöllen feierte der Alter»- rentner Traugott Lehmann seine btamanteneHochzeit. Bei der 50-Jahrfeier de« MilitäroereinS Kameradschaft waren Lehmann und lein Bruder die einzigen noch lebenden Grün der. Bei der Weihe de» König-Albert-Denkmal» wurden die beiden Brüder durch längere Ansprachen de» König» und sei ner Söhne ausgezeichnet. — Waldheim, 10. Juli. Herr Kommerzien rat Bergmann hier fügte seiner Stiftung von 50 000 M. für Schul- und Zahnpflege noch weiter« 37148 M. hinzu. — Zwickau, 9. Juli. Am Montag abend wollte ein Zwickauer Fabrikbesitzer mit seiner Familie im Automo bil nach hier zurückkehren. Plötzlich oerlayte in der Nähe der Klotzschenke der Motor und man saß im Dunkeln auf der Straße fest. Nach einiger Zeit kam ihm sein Geschäfts teilhaber im Kraftwagen zu Hilfe. Man spannte diesen vor den stillstehenden Wagen mit einem Seile vor. Plötzlich er folgte auf unaufgeklärte eine Explosion und beide Wagen standen in Hellen Flammen. Es gelang noch, die auf ihnen sitzenden Mitfahrenden, Familienangehörige und den Besitzer, zu retten. Beide AutoS sind vollständig vernichtet. — Johanngeorgenstadt, 8. Juli. Der hier ausgebrochene Streik der H a nd s chuh n ä h erin n e n nimmt einen immer größeren Umfang an. Die kleineren Faktore kommen in eine unangenehme Lage. Es wird eine Lohnerhöhung von 50 Pfg. für das Dutzend gefordert. — Johanngeorgenstadt, 8. Juli. Die Grenz beamten des hiesigen ObergrenzkontrollbezirkeS, der von Wil- denthal bis nach Tellerhäuser reicht, werden am nächsten Sonnabend, 12. d. M. auf der Fardmühle hier ein Scharf und PreiSschießen veranstalten, dem auch Hr. Ober zollinspektor Löffler-Eibenstock beiwohnen wird. Für die Angehörigen der Beamten, besonders die Kinder, sind auch Festlichkeiten geplant. — Oberwiesenthal, 8. Juli. Heute beging Herr Pfarrer Böhme, hier, den Ehrentag seines 2 5 jähri - aen AmtSjubiläumS. Von nah und fern gingen dem Jubilar aus diesem Anlaß zahlreiche Glückwünsche zu. — Plauen i. V, 9. Juli. In der gestrigen Sigung unserer Handelskammer widmete der erste stellver tretende Vorsitzende, Kommerzienrat Wächter, dem dahinge schiedenen Vorsitzenden, Kommerzienrat Roessing, einen ehren den Nachruf, in dem er besonders die Verdienste deS Ver ewigten um das Verkehrswesen hervorhob. Auch deS ver ewigten Kammermitgliedes Direktor Krause gedachte der Red ner : das Andenken beider Verstorbenen wurde durch Erheben von den Plätzen geehrt. An Stelle des Direktors Krause in Schedewitz wurde Kommerzienrat C O. Schmelzer, Mitin haber der Firma Karl Schmelzer sen. in Lichtentanne, zum Mitgliede gewählt Die Rechnung der Kammer für 1912 schließt bei der Hauptkasse mit einer Einnahme von 142 622,43 M., Ausgaben von 83 639,78 M. und einem Bestände, von 58 982,65 M. Der Haushaltplan der Hauptkasse für 1913 schließt mit einer veranschlagten Einnahme von 148 482,65 M., einer Ausgabe von 98 062 M. und einem Bestände von 50 420.65 M. Die Sonderbeiträge für die drei Handelsschu len sollen in bisheriger Höhe erhoben werden; für die Han delskammer kommen 3 Pfg. Zuschlag zur Erhebung — Herlasgrün, 9. Juli. Eine aufregende Szene trug sich hier beim Abgang deS von Reichenbach nach Plauen fahrenden Personenzuges zu. Eine von Treuen kommende Familie war im Begriff, noch einzusteigen, als der Zug sich bereits in Bewegung setzte. Dabei kam die Frau auf den Trittstufen eines Wagens 4 Klasse zum Stürzen und hing halb draußen, halb drinnen die Stufen herab. Nebenher lief am fahrenden Zug der Mann entlang mit einem Kind auf dem Arm, ein zweites kleines Kind rannte mit nebenher. Trotz Rufens und Pfeifens fuhr der Zug weiter, bis jemand die Notbremse zog, den Zug zum Stehen brachte und dadurch der Szene ein Ende bereitete. Aus der Zeit der BesreiunuSlnegk. ^Nachdruck reÄdotsn I 11. Juli 1813. An diesem Tage erteilten die Monarchen von Rußland Und Preußen von Dra chenberg aus ihre Genehmigung zur Verlängerung des Waffenstillstandes bis zum 10. Mugust, wie dies von Napoleon 'verlangt und ihm von Oe sterreich zugestanden worden war. Indes dauerte es immerhin zwei Wochen, bis es zur Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrages kam, weil man bei den Verbündeten der Ansicht war, das- mit Ablauf des 10. August die Feindseligkeiten wie der beginnen könnten, wogege„ die Franzosen verlang ten, daß dies erst nach 'Ablauf einer sechstägigen Frist geschehen dürfe. Da Napoleon hartnäckig auf dieser Forderung bestand und sich weigerte, in die Friedens verhandlung einzutreten, bevor die Frage des Waffen stillstandes vollständig geregelt sei, gaben die Ver bündeten zuletzt auch in dieser Beziehung seinem Ver langen nach. — Dem frischen Vorwärtsstreben ei nes Blücher und anoerer Freiheitshelden stand auch im preußischen Hauptquartier vielfach der Kleinmut und banger Zweifel gegenüber, die sich unter ande ren in einer Denkschrift dokumentierten, die van Knesebeck herrührte und in der, mit Unterstützung des von jeher sranzvsenfreundlichen Anrrllon, >amsge- sührt wurde: Auf die Auflösung des Rheinbundes sei für jetzt nicht zu hoffen, der preußische Staat könne aber zur Not auch ohne Magdeburg bestehen, wenn er nur auf dem rechten Elbufer durch Mecklenburg und Schwedisch-Pommern wohl abgerundet würde und, eine feste Position an der Weichsel erhielte Der Kö nig selbst dachte mutiger und hielt dem Kaiser Franz von Oesterreich in einem eigenhändigen Briefe vor: der preußische Staat müsse in Deutschland erheb lich vergrößert werden, wenn Oesterreich un ihm ei nen starken und zuverlässigen Nachbar haben wolle. Vie Amerikanerin äes ro. Iakrkunäerts. Plauderei von Mary Oberberg. (Nachdruck verboten.) Recht fesselnde Meinungsäußerungen, Bekauptungen und Urteile über die moderne Frau, ihre Vorzüge und ihre Schwächen, dazwischen zerstreut eine Anzahl hübscher Aphorismen, findet man in der Newyorker World. Ver anlaßt durch die von hervorragenden Persönlichkeiten in letzter Zeit vielfach gegen die nev vornan gerichteten Be schuldigungen der Frivolität, Sittenlosigkeit und Vernach lässigung aller Pflichten als Gattin und Mutter, veranstaltete dieses Blatt eine Enquete, an der sich Politiker, hohe geist liche Würdenträger, nainhafte Schriftstellerinnen, die als Autoritäten auf dem Gebiet der Frauenfrage gelten, und lebenserfahrene Damen der guten Gesellschaft beteiligten. Unter den Leuten, die um ihre Ansicht über die Frau des zwanzigsten Säkulums gebeten wurden, befanden sich auch einzelne jener rücksichtslosen Kritiker der Frauenbewegung, in deren Augen daS nach Selbständigkeit und »Rechtem strebende Weib ein überspannte», anormales Wesen ist, dem man mit unnachgiebiger Hätte und Strenge entgegen treten müßte, um eS wieder zur »Vernunft' zu bringen. Die beständig wachsende HetratSunlust der Männer — so erklärt'Professor Thurston Peck, ein fanatischer Gegner der Frauenemanzipation — sei hauptsächlich darauft-urück- »usühren, daß die nach wirtschaftlicher Unabhängigkeit ringenden Mädchen den Vertretern des starken Geschlechts statt Achtung und Liebe nur Schrecken und Abscheu ein- flößen. Jeder ehrenhafte, mit Herz und Gemüt ausgestattete Mann kenne keinen sehnlicheren Wunsch als den, ein schönes, behagliches Heim zu besitzen, in welchem eine geliebte Frau ihre häuslichen Tugenden und Talente zur eigenen Genugtuung, zu ihres Gatten Freude und ihrer Kinder Wohl entfalte. Wenn er aber nur Frauen kennen lerne, die offen gestehen, daß sie Haushaltungspflichten nie selber übernehmen würden, daß sie ein Grauen davor haben, Kinder in die Welt zu setzen, und daß sie die Überzeugung hegen, zu einer viel wichtigeren .Mission' auSersehen zu sein, als die Sklavin und Dienerin eines Mannes zu werden — dann könne man es ihm freilich nicht oerübeln, wenn er sich gelobe, dem Junggesellentum niemals Valet zu sagen. Der auf ziemlich einseitigem Studium des modernen Weibes beruhenden Auffassung dieses Gelehrten schließen sich einige Herren von der Geistlichkeit an, indem sie das Loblied der Gattinnen und Mütter aus der »guten, alten Zeit" singen und für die Bestrebungen der heutigen Frau, die sich mit mehr oder minder Eifer und meist der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe, den gänzlich veränderten Lebensbedingungen anznpassen sucht, nicht das geringste Verständnis bekunden. Nur Verachtung haben sie für die Leistungen der Frau in den ihr jetzt offen stehenden Berufcarten und gar für ihre intellektuelle Befähigung und ihre schöpferische Kraft auf künstlerischem Gebiet. Und solche ungalanten Männer gibt'es in Amerika, dem Lande des Frauenfortschritts, der Frauenfreiheit und -Verherrlichung par exeellenes, m größerer Anzahl, als man ahnen mag. Auch unter ihren Geschlechtsgenossinnen haben die transatlantischen Frauenrechtlerinnen manche erbitterte Feindin. Eine zweite Laura Marholm ist die noch recht junge, sehr geistreiche und sehr hübsche Schriftstellerin Mrs. John van Vorst. In ihrem Buch „'kbe ^Voman IVKo 'roils" (Die arbeitende Frau) schleudert sie den sich emanzipierenden Mädchen nebst manchen ungerechten und beleidigenden Vorwürfen viele bittere Wahrheiten ins Gesicht. Sie behauptet, die Amerikanerin der neuesten Epoche sei von einer Unzufriedenheit uud Ruhelosigkeit erfüllt, die beängstigend wirke. Die Sucht nach Selb ständigkeit treibe sie einem Geschick in die Arme, das ihr nie und nimmer eine Spur von Glück und Befriedigung gewähren könne. Zu spät erst sehen diese wahrhaft törichten Jungfrauen es ein, daß sie ihren eigentlichen Beruf verfehlt haben. Nur selten dürften sie irgend jemand dies Geständnis machen, doch in innerster Seele seien sie durchdrungen von dieser herben Erkenntnis, und eine nach außen nur mühsam verborgene Verbitterung ergreife Besitz von ihnen. Erschreckend grob sei dk Zahl der »alten Jungfern", denen man heutzutage in den Ball- sälen der fashionablen Welt, in den Pensionaten, die den ums Brot arbeitenden Damen Aufnahme gewähren, und sogar in den Fabriken der großen Städte begegne. Und fast jedes zweite dieser alternden Mädchen trüge selber die Schuld daran, daß es aus Hyniens Reich ausgeschlossen bliebe. Mrs. Schuyler van Renßelaer äußerte sich dahin, daß alle jene Frauen und Mädchen, die, nicht von harter Not wendigkeit getrieben, persönlich in die Öffentlichkeit treten, unmöglich einen guten Charakter und irgendwelche be merkenswerten weiblichen Tugenden besitzen können, da ihnen das stillere, weniger nervenzerrüttende Leben im Schoß ihrer Familie keine Befriedigung zu gewähren ver mag. Das Weib, ganz gleich, ob ledig oder »ehelich ge- fesselt", dem es nur dann wohl ist, wenn es draußen in der Welt eine Rolle spielen kann und als »Phänomen' angestaunt wird, müsse unbedingt eine kaltherzige, eitle Egoistin sein. Und solcher Egoistinnen gäbe es unter den Amerikanerinnen des 20. Jahrhunderts leider nur zu viele. Einer reckt beißenden Kritik unterzieht Reverend Henry Frank die „nev voman" im allgemeinen und die Repräsentantin der vlutokratücken Gesellsckaft im be sonderen. In seinem Beitrag zur Psychologie des modernen Weibes heißt es unter anderm: „Theoretisch bat die Unabhängigkeitsbewegung im lebten Vierteljahrhundett dem schwachen Geschleckt genützt, praktisck aber besteht ihr Resultat in der moralischen Entartung der Frau und ihrer beständig zunehmenden Untauglichkeit für jene heiligen Obliegenheiten, zu denen die Natur sie bestimmte. Meiner Überzeugung nack ist die Emanzipierte von heute nickt annähernd so gut und vornehm veranlagt, wie ihre Großniutter es gewesen, die weniger von Freiheit und Reckten wußte, aber desto mehr von Pflichten und Privilegien, bei denen sie sich auch sehr wohl befand. DaS Weib ist selten originell und individuell. Der Nach ahmungstrieb ist jeder Frau angeboren, aus eigner Initiative handelt sie fast nie, und der wirklich ernsten Versuchung, vermag kaum jemals eine Evastochter zu widerstehen. In dem Augenblick, der ihr die heiß-erstrebte Freiheit bringt, beginnt sie ihr neues Leben damit, daß sie die meisten der smatten klemm Unatten des Mannes zu den ihrigen macht. Ist sie erst weiter vorgeschritten zögert sie auch keineswegs, seine schlimmeren und schlimmsten Laster sich anzugewöhnen. Wenn der schneidige Junggeselle raucht, trinkt, schwört, spielt und in Liaisons schwelgt, warum sollte eS die schneidige Junggesellin nicht auch?»Von jeher war das Weib kokett. Doch die frühere, unwillkürliche und daher bezaubernde Koketterie istüetzt einer berechnenden, bewußten/, aufdringlichen Gefallsucht gewichen, die stets ein bestimmtes Ziel verfolgt. Dem pessimistischen, absprechenden Urteil dieser Schwarzseher und Verächter der »neuen' Frau stehen nun die Anschauungen einer ungleich größeren Zahl von be kannten Newyorker Persönlichkeiten ' gegenüber, die dm Bestrebungen und Erfolgen der modernen Amerikanerin volle Gerechtigkeit widerfahren lasten. In beredter Sprache schildert ein älterer Seelsorger NewyorkS die vielen Vorzüge der Frau des 20. Jahrhunderts. »Wenn die Beziehungen zwischen Mann und Weib' — so führt Reverend Savage aus — »auch heute noch die unmittel bare oder indirefte Veranlassung find zu fast allen großen und kleinen Tragödien, die sich auf der Bühne des Leben» abspielen, entstehen sie doch höchst selten aus so nichtigen Motiven, wie eS früher häufig der Fall watt Die Frauen von heute laborieren eben gottlob nicht mehr an einem solchen Übermaß alberner Sentimentalität wie ihre Groß- und Urgroßmütter. Die gewaltige Umwälzung, die fick nn wirtschaftlichen Leben dank der großartig entwickelten modernen Industrie vollzogen hat, gestattet ihnen, fick mit wichtigeren Dingm zu beschäftigen als mit. ^Spinnen, Stricken, «Weben und sonstiger an den Verstand nur geringe Anforderungen stellender Tätigkeit. Ihr allzu begrenzt gewesener geistiger Horizont hat sich bedeuten''
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)