Volltext Seite (XML)
„Soll ntzir auch recht sein," gab der andere etwas pikiert zu. „Aber wenn Sies dem Prachtkerl da gleichtun, Direktor, so garantiere ich Ihnen dafür, daß wir noch heute Verlobung feiern. Ich bin wahrhaftig ganz verliebt in den Burschen." Der Bankdirektor, der während dieser begeisterten Lobrede des sonst schwer enthusiasmierten Kommerzien rats fröstelnd die mageren Schultern hochgezogen hatte, machte ein saures Gesicht. „Es eignet sich eben nicht jeder zum Vorsitzenden eines Athleten-Klubs," spöttelte er, „und an der Börse ist ein Heller Kopf jedenfalls mehr wert, als ein paar Kilo Muskelbündel." Ter Kommerzienrat brummte etwas Unverständliches. Dann warf er sich in die Brust und kommandierte: „Vorwärts jetzt — und 'rein ins nasse Element! Ich möchte mir meinen Roederer zum Diner verdienen." Er ließ sich die erste Brandungswelle über den Kopf schlagen, dann warf er sich fröhlich wie ein Jüngling der zweiten entgegen und arbeitete sich mit kräftigen Schwimm- stößen in die stark bewegte See hinaus. Ein paar Mal drehte er den Kopf, um nach seinem künftigen ScbwiegersohnAusschau zu halten; aber er sah nicht, das; sich der Herr Bankdirektor in rasen der Eile pustend und schnaubend wieder auf den sicheren Slrand hinauf geflüchtet hatte, nachdem ihn die erste, ungeschickt aufge fangene Woge platt auf den Bauch ge worfen. Der Kom merzienrat schwamm, bis er eine eigentüm liche Ermattung ver spürte und daraus den Schluß zog, daß es nun wohl an der Zeit sein möchte, umzu kehren. Da fühlte er plötzlich, wie sich eine mächtige, unwidersteh liche Unterströmung sei nen Bemühungen, das Land zu gewinnen, entgegenstemmte, und bald wußte er, daß es ihm niemals aus eigener Kraft gelingen würde, wieder festen Boden unter die Füße zu be kommen. — Weder an diesem noch an irgend einem späteren Tage würde derKommerzien- rat Ludovici in die Lage gekommen sein, sich bei einer Flasche Roederer seinesDaseins zu freuen, wenn nicht ein athletisch gebauter junger Mann den hoff nungslos mit den Wellen Kämpfenden mit schier übermensch lichem Kraftauswande glücklich ans Land ge steuert hätte. Es war der Oberlehrer Dr. Lengerke! Am Mittag dieses nämlichen Tages er eignete sich's, daß der elegante Kommerzienrat Ludovici ohne alle Furcht vor dem Gespött der Leute Arm in Arm mit einem Manne in Strohhut, Bratenrock und vorsintflutlichem Halskragen über den belebten Strand seiner heimischen Villa zuwandelte. Und es ereignete sich weiter, daß er diesen unmöglichen Menschen seiner wie durch ein Wunder von ihren Kopf schmerzen befreiten Tochter zuführte, mit den Worten: „Recht hast Du gehabt, Mädel, es kommt wirklich nicht so sehr darauf an, wie sich ein Mensch anzieht, sondern darauf, lvas in seinen Kleidern steckt. Ein Glück für uns alle, daß ich am Badestrand Gelegenheit hatte, mich darüber zu informieren. Geben Sie meiner Tochter den Arm, Doktor, und lassen Sie uns zu Tisch gehen. Ein neues Kouvert braucht nicht aufgelegt zu werden, denn der Direktor Ostermeyer läßt sich entschuldigen." öeäankensplitlel'. Ein bellender Hund beißt nicht — wenigstens nicht so lange er bellt. Vater: „Es ist doch merkwürdig, was sie heutzutag' alles erfinden! Zum schreib'n Habens schon a Maschm' und zckm rechnen Habens auch schon welche." Mutter (zum Sohn): „Siehst, Xaverl, die sind nachher für solche Leut', die in der Schul' nix g'Iernt haben." Druck und Verlag: Neue Berliner Verlags-Anstalt «ug. Krebs, Charlottenburg bei Berlin, Berliner Sir. eo. verantwortlich für die Redaktion der Neuen Berliner BerlagS-Anftalt Au^ Krebs: Max Cckerlcin, Charlottenburg, Weimarer Str. eo.