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vor Var van Senjea. Skizze von Pelle Molin. Aut. Uebertcagung a. d. Schwedisch, v. Paula Heymanns. Der Pächter von Kvanaas legte sich zur Ruhe. Draußen war Mondschein und Frost. An seiner Seite lag sein Weib und schnarchte. Ihr Mund war offen. Durch zwei Lücken ihrer Zahnreihe ging der Atem unter Pusten und Zischen. Dazu pfiff es in ihrer Nase; es klang wie der ferne Schrei einer Möve. Der Vollmond schien so hell, wie er nur im Norden scheinen kann. Ganz Sensen, die große Insel mit ihren Fjällen, Neckern und Bauernhöfen lag wie in elektrisches Licht getaucht. Der Pächter konnte nicht schlafen. Die pfeifende Nase seiner Fran schien Unglück und Gefahr zu künden, und die Erwartung peitschte seinen Körper — es war so unbeschreiblich grausig in dieser totenstillen Nacht. Er stand auf und schlich mit unhörbaren Schritten seiner bloßen Füße umher. Er trug einen kühnen Ent. schlnß in seiner Brust, wenn ihm das auch äußerlich nicht anzumerkeri war. Er wollte eine Heldentat vollbringen. Aber er erzitterte im Gedanken an den Augenblick der Entscheidung, der in dieser Nacht früher oder später her annaheu würde. Die Büchse lehnte an der Tür und starrte mit ihrem schwarzen tiefen Auge zur Decke hinauf. Der Mann stellte sich ans Fenster und sah über die Ebene und zu den Bergen hinüber. - Dort irgendwo lag die Höhle, aus der der Bär kommen würde wie ein großes Bündel mit funkelnden Augen. Ein schwerfälliges Getrappel ließ sich hören. Wurde stärker, kam näher. Der Bär! Er kam vom Abhang des Berges, halte keine Eile und keine Angst. Zuweilen blieb Lin ktMeckler Stütze. «Alle Augenblick hört man von an Jagdunglück, aber Jhna iS beim Baron seine Jagden no nie was g'scheh'nl" «Ja, wissen S', Frau Mirsanderl, der schießt leider so schlecht, daß er nit mal an Treiber trifft!" er stehen und schnupperte — stand dick und schwarz wie ein riesiger Fleck <n der mondbeglänzten Landschaft — malerisch und jovial. Der Pächter am Fenster sah ihn ängstlich an. Der Held in ihm rief zur Tat, und der Schwächling in seinem Innern weinte und bat um Aufschub bis zu einer anderen Nacht — einer dunkleren. Die Nase seiner Alten stöhnte und pfiff noch immer. Eine Kuhglocke wurde im Stalle laut und gleich darauf ein Schnauben vom Berge her. Der Braune setzte sich in Trab. Er g ng rund um den Kuhstall herum und sah sich mit einer humoristischen Kennermiene um. Er war schon oftmals in einem Kuhstall gewesen und hatte sich manch leckere Kuh geholt; er war seiner Sache sicher. Wo er seine großen warmen Tatzen hinsetzte schmolz das Eis. Das gefrorene Gras taute auf und wunderte sich. Dec Bauer hatte sich bis zur Haustür gewagt, die er einen schmalen Spalt breit geöffnet hielt, bereit, sie gleich zuschlagen zu können. Er wunderte sich — er auch. Ein Klang von zerbrochenem Glas unterbrach die Stille. Eine Kuh blökte, und die Leitkuh bewegte heftig ihre Schelle. Die Kuh, die dem Fenster am nächsten stand, sprang erschrocken auf, drängte sich, so weit es ging, an die Krippe heran und sah sich um. Sie hörte das Schnauben und erblickte eine breite Tatze im Fenster. Von der Wand rieselte der Kalk. Bis jetzt war der Bär mit aller Ruhe zu Werke ge gangen und hatte keinerlei Hast gezeigt, aber jetzt hopste er die Wand hinauf und hielt sich mit den Vordcrpranken am Fenster. Die Hinteren Pranken schrammten und kratzten den Kalk von der Wand. Nur einen einzigen Blick konnte er in den duftenden Stall werfen, so schnell plumpste er wieder zurück. Toch dieser Blick hatte genügt, um ihn anzuregen. Er sah ein, daß er auf diesem Wege niemals durchs Fenster gelangen würde. Mit schlauer Miene betrachtete er den Schleifstein, der seitlich unter dem Fenster stand, er beschloß, ihn als Treppe zu benützen. Also arbeitete er sich hinauf — es sah im Anfang ganz versprechend aus. Seiu Kopf war schon mit dem Fenster in gleicher Höhe. Just holte er mit den Tatzen zu einem festen Griff auf dem Fensterrahmen aus, da — der Schleifstein wurde unruhig und fing an zu tanzen. Der Braune hopste und balanzierte. Der Stein ging hin und zurück und lief einmal rund. Petz verlor den Halt uitd purzelte zur Erde, mit seinen Klauen tiefe Furchen in die Wand reißend. Er brummte ärgerlich — die Kühe antworteten ängstlich. Petz kroch aufs neue auf den Schleifstein, schlug auf der andern Seite wieder herunter und stieß mit der Schnauze an einen Stein. Nun raste er. Er verlor die gute Laune, was begreiflich ist. Noch einmal und unter wachsendem Eifer kletterte er auf das runde, rollende Auge, das sich vorgenommen zu haben schien, die Kühe auf Kvanaas zu schützen. — Noch einmal strampelte und balanzierte er, und noch einmal — — Er saß plötzlich rittlings auf dem Eisengestell und fiel hintenüber. Sein Kopf schlug mit Wucht auf die eiserne Ecke des Gestells, und er war eine kurze Minute betäubt. So still war es. Der Held schob seinen Kopf vor wie ein neugieriges Wiesel. Er sah den alten Knaben am Schleifstein — welch prächtige Gelegenheit zum Schuß! Höchstens 15 Ellen! Aus dem zerbrochenen Fenster strömte noch immer der warme Dampf. Der Mond schien weiß und groß — oder war es das glattrasierte Grimassenantlitz des Handels mannes aus Gillbostad? Sollte er schießen? Ja, das wollte er — uno er befahl seine Seele in die Hände der Vorsehung. Aber da stieg Petz auf und stieß in seiner Wut ein so grimmiges Gebrumm aus, daß der Mann vor Schreck hintenüber in die Verschanzung fiel. Da ein — Poltern! Das war die ganze Schleifstein vorrichtung, die der Bär mitten auf den Hof beförderte. Er — der Bär — hatte schneidenden Hunger. Und