Volltext Seite (XML)
schaftliche Arbeiter Alfred Emil Thieme auS Thüringen be gangen. Auf der unweit der Möckelschen Wohnung gelege nen Wiese beschäftigt, gab er vor, sein in der Wohnung liegen gelassenes Messer holen zu wollen. Da der Besitzer, Herr Möckel, wegen des langen Ausbleibens Argwohn hegte, ging er ebenfalls nach seiner Wohnung. Dort mußte er die Wahrnehmung machen, daß der Bursche nach gewaltsamem Erbrechen des SchreibpulteS die Kassen vollständig durch wühlt hatte, um Geld zu erlangen. Hier wurde der Ein brecher sestgehalten, bis die telephonisch herbeigerufene Poli zei eintraf und ihn dem Königlichen Amtsgericht Falkenstein überführte. Wäre der Dieb nicht ertappt worden, so wäre ihm eine größere Summe Geldes in die Hände gefallen. — Jägersgrün, 23. Juli. Dieser Tage fand man im sogenannten «schwarzen Teich', der zwischen Mühlleithen und Tannenbergsthal an der Landstraße liegt, die Leiche eines jungen Mannes. Es liegt Selbstmord vor. In diesem Teich ist seit Ostern der 4. Selbstmord verübt worden. — Bärenstein i. E., 24. Juli. Am Sonntag gegen mittag wurde beim Gutsbesitzer O. Eberth bei Besorgun gen um seine Pferde eines unruhig und schlug aus. Hierbei traf ein Hufschlag die Schläfe des Besitzers derart schwer, daß E. die Kinnlade und die Hirnschale zerschmettert wurden, was seinen sofortigen Tod verursachte. — Falsche Hundertmarkscheine befinden sich im Umlauf. Die Banknoten, vor deren Annahme gewarnt wird, sind durch photographische Blaukopien hergestellt und mit der Hand vervollständigt. Stempel und Nummer sind mit roter, die künstlichen Wasserzeichen mit graubrauner Farbe übermalt. Die Fasern sind durch farbige Striche dargestellt und die Riefelung scheint durch Ziehen mit einer Reißfeder hervorgebracht worden zu sein. Die falschen Scheine sind sorgfältig nachgeahmt und tragen di« Nummer 6 728985 b. — Der Güterverkehr auf der Eisenbahn ist andauernd sehr lebhaft; die Ernteaussichten sind bisher aut: die Wirtschaftslage erscheint anhaltend günstig. Es steht daher zu erwarten, daß der kommende Herbst und be sonders die Monate Oktober und November wieder große Ansprüche an die Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen stellen werden. Die Eisenbahnverwaltungen treffen daher schon jetzt alle Vorbereitungen, die eine möglichst glatte Ab wickelung des zu erwartenden starken Verkehrs gewährleisten. Zur Bewältigung des Verkehrs ist es aber ferner oringend erwünscht, daß die Bestrebungen der Eisenbahnverwaltungen von den Berkehrtreibenden unterstützt werden. Zur Milde rung der Gestellungsschwierigkeiten rm Herbst würde es ein mal erheblich beitragen, wenn der Bezug der Massengüter — besonders der Düngemittel und Kohlen — auf einen län geren Zeitraum verteilt und tunlichst schon jetzt abgewickelt würde. Ferner würde durch eine volle Ausnutzung des La degewichts der Güterwagen die Bedarfszahl nicht unbedeu tend eingeschränkt werden können. Besonders würde auch eine möglichst schnelle Be und Entladung der Güterwagen den Wagenumlauf verbessern. Alle Verkehrlreibenden wer den dringend ersucht, zum eigenen Vorteil der Gesamtheit hiernach zu verfahren. Aus dem Lande des Aufruhrs. Wieder haben die Albanesen zu den Waffen ge griffen, um das Joch der ihnen verhaßten Türken ab zuschütteln. Bon den Bergen lohen die Flammenzei chen, aus den Tälern tönt das Kr'egsgeschrei, und die ungestümen Kräfte dieses wilden Naturvolkes drän gen zum Ausbruch. Der Albaner, der sich selbst stolz Schipetaren oder Felsenbewohner nennt, ist ein gebo rener Kämpfer; kann er nicht als Soldat sich mit einem Feinde messen, so wird er zum Räuber, um sein wa- gelustig-abenteuerliches Temperament auszutoben, um seine vielgerühmte Tapferkeit zu bewähren. Wie das unwirtliche Bergland, in dem er jich so lange in zäher Abgeschlossenheit gehalten, ist er schroff, rauh, felsen hart im Ertragen von Anstrengungen, zerklüftet im jähen Emporwallen seiner Leidenschaften. Ein eigentümliches Dunkel ist über die Abstam mung dieses Bergvolkes gebreitet, bei dem noch Faust recht und Blutrache ungestört fortleben und das noch wie ein letzter Rest urtümlichen Barbarentums in die moderne Zeit hineinragt. Man hält die Albanier Heu te für einen versprengten Stamm jenes verwe genen Bölkes, das im Altertum den nördlichen Teil der Balkamnsel inne hatte und dem die wilden Thraker, die blutdürstigen Illyrier, die welterobernden Make- dvnen entstammten. Aber während jene Voltsstäm me im Laufe der Jahrhunderte aufgerieben und na mentlich durch die Einwanoerung dor Slaven mit fremden Elementen vermischt wurden, hat sich die unge brochene Urkraft der alten Jllyro-Thraker in völliger Reinheit in dem kriegerischen und hochbegabten Doll der Albanesen erhallen, die die Türken mit der Umformung eines byzantinischen Wortes Arnauten nennen. Bon den etwa 1^4 Millionen, die heute die zerklüftete Bcrg- landschaft bewohnen, ist der größte Teil noch reinrassig geblieben, wenngleich sich bereits eine gewisse Misch ung mit Türken und Griechen bemerkbar macht Et wa die Hälfte von ihnen sind Mohammedaner, die noch fast wilden Ghegen, während ihre südlicheren Stam mesbrüder, die Tosten, zumeist dor griechisch-katho tischen Kirche angehören und eine höhere Kultur auf- weisen. Die zur römisch katholischen Kirche gehörigen Miriditen, südöstlich von Skutan, bilden eine beson dere Gruppe. Wie Zivilisation und Glauben, so ist auch ihre äußere Erscheinung verschieden. Im Norden »verwiegt der blonde Typus mit Heller Hautfarbe und blauen Augen; die Albanesen des Süden sind schwarzhaarig und kleiner. Allen aber ist ein stark entwickelter Hei matstolz, todesmutige Tapferkeit und ein unbeugsames Freiheitsgefühl eigen. Malerisch schreiten sic einher in ihrer merkwürdigen Kleidung, mit der kurzen dun- lelroten Jacke, deren Vorderteil und Aermel ganz mit engen schwarzen Borten besetzt sind und von dor die gro ßen Messinglnöpfe zu Dutzenden leuchten; die weiten dunkelblauen Pumphosen reichen bis zu den Knien; der runde flache Fes, mit der langen blauen Seidentroddcl nickt ruf dem Kopfe; die Beine stecken n weißen Strümpfen und die Füße in sehr schönen Schuhen. Der Hanptschmuck besteht in Sticke reien. In Skutari kann man in jeder Straße ein Dut zend plaudernder Männer sehen, die mit gekreuzten Bei nen in einem kleinen dunklen Laden sitzen und die schwarzen Borten mft reicher Stickarbeit schmücken. Die se Stickereien sind oft wahre Wunderwerke und von den Männern ebenso begehrt wie vom schöneren Ge schlecht Die Frauen sind, wenn sie ganz jung sind, von her vorragender Schönheit, mit feinen, edlen Gesichtszü gen und blitzenden schwarzen Augen. Aber schon nach dem I7. Jahre beginnen sie zu welken und bekommen Runzeln. Ihre Tracht besteht aus demselben dunkel- roten Tuch wie die Männerjacken, und ist ebenso reich gestickt. Auch sie tragen Pumphosen von dickem Stoff, in denen sic mühselig einherwackeln, einen reichbcstick- ten langen Umhang, der von den Schultern zu den Hüf ten geht, von der Nase bis zu den Knien herab fällt der lange weiße Schleier, den die Christinnen wie die Mo- hamcdanerinnen tragen und den sie nur in der Kirche ablogen. Das Volk löst sich in zahllose Stämme auf. die wieder geschlossene Gemeinoebünde mit ei gener Selbstverwaltung bilden. An der Spitze des Stammes steht ein Bajaktar oder Fahnenträger, dessen Würde zumeist erblich ist und der im Kriegsfall an die Spitze der waffenfähigen Männer tritt. Verwaltung und Justiz liegen in den Händen eines Rats der Aeltesten; nur be: wenigen Stämmen herrscht eine monarchische Verfassung, an deren Spitze der in Oresch residierende Fürst, Prink genannt, steht. Schallt die Stimme des Aufruhrs durch die Berge, dann ver sammeln sich die Männer der Gemeinde in ihrem un zugänglichen Lager bis an die Zähne bewaffnet mit ih ren trefflichen Gewehren, mit großen altertümlichen Pistolen und den krummen Messern mit schön verzier tem Griff. Ein Reisender erzählt, wie er auf solch ein Lager stieß und von dem Häuptling mit der tra ditionellen Gastfreundlichleit, die unter ihnen herrscht, ausgenommen wurde. Einen romantisch-phantastischen Eindruck nahm er mit fort von diesen seltsam aus- stafsierten Männern mit den glattgeschorenen Köpfen - - nur am Hinterschädel wird ein langes Haarbüschel gelassen - und den trotzig verwegenen Zügen. Was sic ihm erzählten, war das Gleiche, was heut wieder au den Lagerfeuern der Arnauten ertönt: Haß gegen die Türken, der Wunsch nach Befreiung und der Schrei nach Abenteuern und Kämpfen, der ihnen so tief im Blute liegt. Oftpreußij-e Sauerkirschen. Erzählung von Käthe von Beeker. (5. Fortsetzung) Hinterher räsonierte er freilich heftig: „Frau, sie schnappt uns doch noch über in diesem Rabennest' Un sere Maus großgeistig und jedem Verkehr gewachsen! Wo sie das nur her hat? Ich hab' es gleich gesagt, wenn der Stein einmal ins Rollen kommt, weiß man nie, in welche Abgründe er rollt. Ich wasche meine Hände in Unschuld. Der Kerl, der mir mein Bein lahm schoß, hat alles auf dem Gewissen!" Aber das klang alles nach abziehendem Gewitter und ablcnkender Milde. Seine Schmerzen in dem be sagten lahmen Beine hatten nämlich plötzlich bedeutend nachgelassen und die Stimmung Ivar infolgedessen viel zugänglicher und besser geworden. Sie hob sich aber noch besonders, als er dann die Bekanntschaft der bei den mit Mißtrauen und Abneigung erwarteten Damen machte. Ein bißchen schwarz waren sie zwar beide, und,er neigte dazu, hinter schwarzem Haar auch schwarze Ge mütseigenschaften zu vermuten; in Ostpreußen war man uichr so brünett. Aber davon abgesehen mußte er an erkennen, daß Mutter und Tochter in Schönheit wett eiferten und in Liebenswürdigkeit auch. Die Mutter in sprudelnder, witziger Lebendigkeit, die Tochter in einer gewissen sanften, inn'gen Art, die im Verein mit dem jungen, zarten Gesicht und den dunklen weichen Sam metaugen bezaubernd wirkte. Wirklich, es ließ sich nicht das geringste gegen die Jugendfreundin seiner Frau cinwenden, besonders, da weder die Frau Justizrat noch Fräulein Ivonne irgend etwas von. dem bitteren Hasse der Besiegten und der Neigung zum Abschütteln des Tyrannenjoches verrie ten. Sie waren im Gegenteil so deutsch wie möglich, uud selbst der eingefleischteste Preuße hätte den Schil derungen der Reize Preußens, besonders Ostpreußens, nicht interessierter und anerkennender zuhören kön nen als Mutter und Tochter. Aber natürlich, ganz befriedigen könnte ihre Auf merksamkeit den unruhigen Patienten doch nicht. Sie waren doch nur Zuhörer, keine Kenner und Mitlober, und daher wurde die Betanutschaft des versprochene» ostprcnß'schen Assessors mit ungeschmälerter Herzens freude und Genugtuung begrüßt. Wirklich war er ein Dannenberg von denen auf Neuhausen! Herr von Gra- benthien hatte den Vater gekannt. Der Herr Assessor, ein schmächtiger, eleganter Mann, der mit liebenswürdigem Lächeln den Enthu siasmus des Landsmannes über sich ergehen und mitt- lerweilc seine Augen mit großem Interesse auf der blühenden, rosigen Jugendfrische des Töchterchens ru hen ließ, nickte mit einer gewissen nachsichtigen Zu stimmung und schob höflich ein: „Gewiß, ein präch tiger Boden, der die köstlichsten Blüten treibt." Dazu blickte er aber nicht den Vater, sondern wieder die Tochter an. „Blüten? Nein, Herr Assessor, Früchte, Früchte! Was tut man mit den Blüten? Weizen und Kartoffeln, das trägt unser Boden, das trägt er wie fein anderer, und das lohnt," belehrte Herr von Grabenthien eben so eifrig wie einsichtslos. „Was hat man denn hier? Fslderchcn wie Kinderspielzeug, Schachbrettfelderchen. Alle Nakelang ein anderes Törtchen Frucht. So'n Land ohne irgend jede Bodenkultur! Und dagegen un ser Ostpreußen! Sagen Sie selbst —" „Ja, gewiß, 0 ja, es ist ein ganz gutes, gesegnetes nis zurü let, daß a I- 0 ten S ben am und in Bon all ser, Brü ung oer der Err die Strc zahlreich Südwesti Niedersch 8 ! S'!. 4 4 ä 0 Z 4 3 4 3 « I richte untätig vom Di daß der den kei. Mörder namens nach de Rosenth Staat ihal m lhal grij wurde v richtshos «Glaube meinem daß di leidig lähmt letzten wieder der ras war w Passan geword Garett« Vecchio Gleise, Pflaste der des Höhe v beschäl) beikam, Ausmei Wagen mit oei hatte, 1 ßenniw bewege leute u 19 Waf Belardi litten l bracht Rai Seminarist Gottfried 2 Fritz Schi- Frau u. T 6dsmo Vermischte Nachrichten. — Schweres Unglück auf einer Tanz reu nie u. In Bansin an der Ostsee ereignete sich Mittwoch abend ein bedauerlicher Unglücksfall, dem eine Berliner Dame, Frau Gertrud Levy aus Berlin IV. zum Opfer fiel. Bei der Reunion im Hotel „Meeresstrand" krachte plötzlich ein Schuß, und eine Dame sank tot zu Boden. Sie hatte mit einem bekannten Herrn getanzt und dabei gefühlt, daß dieser .n seiner Brusttasche eine Browningpistole hatte. Frau Levy wollte sich die Waffe ansehen, aber im nächsten Augenbl'ck krachte bereits der Schuß. Im Lause des Donnerstags Vormittag nahm eine Gerichtstommis« sion den Tatbestand auf. — Eine Schreckensfahrt auf der römi schen Straßenbahn. Dienstag, kurz vor Mitter nacht, ereignete sich in Rom ein Straßenbahnunfall, wo bei 19 Menschen leicht uno einer schwer verletzt wurde. Der Straßenbahnwagen hatte kurz nach halb 12 Uhr nachts die Piazza-Vittorio mit dem Ziel Chiesa Nuova verlassen und war von etwa zwanzig Passagieren besetzt. Bis Torre del Cerroni war alles in Ordnung, als aber der Wagen in die stark abschüssige Via Cavour cinbog, sprang die Rolle vom Leitungsdraht, und der stromlose Wagen begann mit immer zunehmender Geschwindig keit talabwärts zu sausen, ohne oaß alles Bremsen et was nützte. Die Passaaiere, die zuerst vor Schreck gc- Land," gab der Assessor wieder höflich, aber etwas zerstreut zu, „besonders wenn man nicht dort zu leben braucht." „Nanu, erlauben Sie mal, Berehrtester!" Herrn von Grabenthien erstarb fast das Wort auf der Zun ge, und die Maus, an deren Harmlosigkeit das Lob der ostprenß sehe« Blüten ganz verständnislos abgeglitten wir, fuhr wie eine beleidigte Königin auf: „Nicht tzu leben braucht? In unserem lieben, herrlichen Ostpreu ßen?" „O, Pardon, gnädiges Fräulein, ich wußte nicht, daß Sie so heiß lokalpatriotisch empfinden, sonst hätte ich nicht so leichsinnig gesprochen. Ich finde es so rei- reizend, wenn man noch so mit, ganzer Seele Partei nehmen und lieben kann; aber wenn man mal die Welt auch wo anders kennen lernt, wie zum Beispiel Sie jetzt hier, dann muß man doch zugcben, daß sie sich über- all reizvoller ansieht als in unserem nüchternen Ge burtsfleckchen." Nun hatte Herr von Grabenthien die Sprache wieoergefunden. „Nüchternen Geburtsfleckchen? Mit unsern ragenden Wäldern, unsern weiten Seen. Mit den endlosen grünen Wiesen und den mächtigen Korn feldern?" Es kam ordentlich Schwung in seine Redeweise. Aber auf den entarteten Assessor machte das durch aus keinen Eindruck. Er zuckte wieder nur mitleidig die Achseln: „Nun ja, ein sehr brauchbares Land für Jagd und Fischerei. Mit etwas muß sich doch selbst der Ostpreuße die Zeit vortreiben können. Uud das Rindvieh hat es dort auch sehr gut — haha — kannisich redlich nähren. Das gebe ich alles zu, und wer wie Sie, Herr von Grabenthien, wie ein kleiner Fürst auf seinen Gütern sitzt, kann es auch dort sehr gut rushalten, be sonders, wenn er erst in die gesetzten Jahre des Fa milienvaters und Philosophen kommt. Aber sonst —" Das Achselzucken wiederholte sich, und die Miene verriet einen Nachsatz von unliebsamen Erörterungen. Frau von Grabenthien, die gleich beim Beginn der Unterhaltung ihrem Aeltesten einen ahnungsschweren Blick zugeworfen hatte, trat opfermutig dem drohenoen Unheil entgegen, indem sie sagte: „Natürlich, ein biß chen Ausguck in die Welt tut jevem Menschen gut. Min muß auch andere Leute und Länder kennen lernen als die Geburtsstätte, damit fich öer Blick weitet, und kei ne Einseitigkeit um sich greift. Die Verbiudungen und Reisegelegenheiten sind jetzt so angenehm." Das wqr ein neutrales Gebiet, auf dem konnte man den Meinungsverschiedenheiten ihre schlimmste Spitze nehmen und allmählich zn irgendeinem unge fährlichen Thema überlenken. Aber der ahnungslose Assessor war nun einmal darauf bedacht, seine Ansich ten über Ostpreußen weiter auszukramen. Er hakte gerade wieder am unrechten Punkt ein: „Ja, glück licherweise, da kam» jeder ab und zu aus der Einöde heraus und sich, wie gnädige Frau ganz richtig sagen, den Blick weiten uno das Urteil vor Einseitigkeit be wahren. Der Ostpreuße mit seinem angeborenen Eigen dünkel neigt leider zur Einseitigkeit. Er ist ausgespro chener Partikularist, findet daheim alles am besten." Weiter kam der Unglücksrabe nicht. Herr von Gra benthien, auf dessen Gesicht sr h die heftigsten Seelen- kämpfe abgespiegelt hatten, brach nun erbittert los: „Erlauben Sie mal, Herr Assessor", — den Dannen berg unterschlug er jetzt, dieser entartete Sprößling hatte das Recht auf den ehrenwerten Namen seines Geschlechts schon verwirkt — da haben Sie Ihre Worte doch etwas unvorsichtig gewählt. Eigendünkel? Eigendünkel, was doch nur berechtigtes HeimatSgefühk ist!" Aber, verehrter Herr von Grabenthien, nennen wir doch das Ding beim rechten Namen," fiel der As sessor überlegen lächelnd ein. „Ich kenne es ja, habe selbst an der Quelle gesessen, und meine Alten daheim singen noch immer dasselbe Lied. Aber, sehen Sie mal, die Jugend muß doch vernünftiger werden, muß anerkennen, was ihr von außerhalb zur Erweiterung ihrer Anschauungen geboten wird. Ich finde es ja vorzüglich, daß unsere liebe Heimat immer noch einen Stamm leidenschaftlicher Lokalpatrivten hat. Das muß sein, das ist höchst achtenswert von den alte» Herren. Wenn ich mich mal ins Privatleben zurück- ziehc und meinen Kohl baue, werde ich vielleicht auch wieder lokalpatriotischer werden, aber man muß doch' nebenbei immer anerkennen, daß es sich überall amüsanter und genußreicher lebt als in Ostpreußen." (Fortsetzung folgt.)