Volltext Seite (XML)
„Herr Klemm, es ist nicht das erste Mal, daß Sie mir Andeutungen machen, für die ich weder Sinn noch Neigung habe. Sie wissen, welch' schwere Prüfungen hinter mir liegen, es ist Ihnen auch bekannt, daß ich in absehbarer Zeit nicht daran denke, mich zu verhei raten, ja es ist überhaupt sehr fraglich, ob ich mich zu diesem Schritt je noch entschließen werde — " „Aber, Fräulein —" „Bitte, lassen Sie mich ausreden! Selbst wenn ich es tun würde, ich vermisse in Ihrem Benehmen dasjenige Maß von Takt, das ich unbedingt von ei nem Mann fordere, der auf mein Vertrauen Anspruch erhebt. Bemühen Sie sich daher nicht weiter!" Diese an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassenden Worte übten eine niederschmetternde Wirkung auf Klemm. Er wagte nicht mehr, zu Amalie aufzu blicken, verwirrt, sprachlos saß er einige Sekunden da; er merkte nicht, wie die fragenden Blicke der jetzt zu- rückkehrenden Damen und Herren auf ihm ruhten, erst die Klänge der Kapelle schreckten ihn aus seiner Be täubung auf. Er erhob sich, und schwankte hinaus wie ein Trunkener. „Was hat's denn zwischen dir und Herrn Klemm gegeben?" flüsterte Johanna ihrer Freundin zu. „Du kannst dir's wohl denken! Ich habe seine Zudringlichkeiten ein- für allemal zurückgewiesen und bin dessen gewiß, daß er mich nun in Ruhe läßt." „Das hast du recht gemacht, er ist ein bornierter, dünkelhafter Mensch!" An diesem Abend ging Amalie mit dem festen Vor satz nach Hause, fortan allen Vergnügungen fern zu bleiben und sie ließ sich darin durch nichts beirren — freilich zum Verdruß der Wendlinjchen Familie, die sich Vorwürfe darüber machte, ihre Freundin wider Wil len mit in Kreise gezogen zu haben, in denen sie sich nicht wohl fühlte. „Zürnen Sie uns nicht, liebe Amalie," bat Frau Wendlin, „wir haben ja das Beste gewollt und be dauern, daß Ihnen Unannehmlichkeiten daraus er wachsen sind." „Ich weiß es sehr wohl, und bin Ihnen herzlich dankbar für Ihre Güte und Liebe. Auch ich werde, so hoffe ich, wieder eine andere werden, doch dazu Hel sen nicht künstliche Mittel, die Zeit nur wird meine Wun den zu heilen vermögen. Der Winter war geschieden, der Frühling ins Land gezogen, neues Leben sproßte ringsumher; in vollem Blütenschmuck prangten Bäume und Zweige, balsami sche Düfte erfüllten die Luft, lustig ließen die munteren Vögel ihre Lieder erklingen, Bienen und Schmetterlinge schwirrten von Blume zu Blume, um aus deren Kelchen den süßen Nektar zu saugen — ein Bild so schön und ver lockend, daß es selbst den verknöcherten Stubenhocker mächtig hinauszog in Gottes freie Natur. Amalie stand am Fenster und ließ sinnend ihren Blick über den sorgfältig gepflegten Garten schweifen, nach der Laube hin, in der sie vor nun Jahresfrist wiederholt an der Seite des Geliebten gesessen. Auch damals war es ja Mai, zeigte sich die Natur in ihrem Brautkleide — dem Brautkleide, mit dem geschmückt sie, geführt von Lambert, bald vor den Traualtar tre ten wollte. Wie froh war sie in jenen Tagen, wie glück verheißend erschien ihr das Leben! Und heute? Ama lie seufzte schwer, in ihren Augen schimmerte es feucht, sie wandte sich ab und suchte Johanna auf. „Höre, liebe Freundin," sagte sie bewegt, „ich habe einen Plan gefaßt, bei dessen Ausführung du mir be hilflich sein mußt, ich bitte dich darum!" „Nun, was willst du denn tun?" fragte jene über rascht. „Eine Reise unternehmen, ich möchte wieder einige Monate nach Meran, ich glaube, es wird mir zuträglich sein." „Das glaube auch ich, aber ich würde deine län gere Abwesenheit sehr empfinden." „Ich will nicht allein reisen, du sollst mich beglei ten, auf meine Kosten mit mir gehen." „Wenn der Vater, meine Eltern einwilligen!" „Sie werden nichts dagegen einwenden, komm, wir wollen sofort mit ihnen reden." Wendlin machte allerdings, wie Johanna voraus gesehen, einige Bedenken gegen das Projekt geltend, so weit seine Tochter dabei inBetracht kam, gab aber schließe lich seinen Widerspruch auf und begleitete sogar die bei den Mädchen nach Meran, um für deren passende Unter kunft Sorge zu tragen. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — 7 Personen ertrunken. Wie aus Nantes gemeldet wird, ist ein Boot, in welchem 17 Arbeiter und Arbeiterinnen über die Loire setzen wollten, mitten im Flusse an eine Leuchtboje gestoßen und zerschellt. Sieben Arbeiter sind ertrunken, die übrigen konnten sich retten. — Prozetzkosten in Sachen Dr. Crippens. Die Prozrßkostcn des Dramas des Londoner Frauenmör ders Dr. Crippen werden auf Seiten Crippens, sowie der Staatsanwaltschaft auf je 20000 M. festgesetzt. — Furchtbare Hochwasserkatastrophe. Auch in der Provinz Ouangnao (Cochinchina) haben heftige Regengüsse große Verheerungen angerichtet. Mehr als 100 Menschen sind umgekommen. — Schwere Schneestürme in der Polar region. Aus Vardö in Nordnorwegen wird nach Christiania telegraphiert: Der Montag in Vardö ein getroffene russische Postdampfer und andere Schiffe melden, daß im Eismeer längs der ganzen Murman küste der Halbinsel Kola in den letzten Tagen furchtbare Schneestürme gewütet haben. Ein großer Dampfer, sowie acht kleinere Fahrzeuge, zumeist russischer und norwegischer Nationalität, sind gescheitert und mit ih ren Besatzungen unterge,gangen. Die Zahl der To ten wird auf ungefähr hundert geschätzt. Viele Lei chen sind bereits an Land getrieben. Die ganze Küste ist mit Schiffstrümmern und Waren wie besät. — Liebe Jugend! In den Ferien weilt ein Neffe bei mir zu Besuch, der schon einige Semester an der Tier arzneihochschule verbummelt hat. Wir sitzen miteinander beim Abendschoppen am Stammtisch, da bringt der Wirt seinen kranken Hund herbcigeschleppt und bittet den „Herrn Doktor" um ein ärztliches Gutachten — Dieser betrachtet mit kritischen Blicken den Köter, dann spricht er im Tone höchster wissenschaftlicher Ueberzeugung: „Man töte dieses TierI" — Empfindlich. Es war bei der Pistolensache 8tuä. jur. et r6r. pvl. Hans Jost Graf von Dammel gegen 8tuä jur. Schellke. Erlaucht brachten nur drei Diener mit auf den Kampfplatz. Einer hielt den Hut, einer den Rock, einer die Weste. Schellke vertraute seine Sachen einem be nachbarten Kiefernast an, was von Erlaucht nachsichtig be lächelt wurde. — Aber kurz vor dem: „Eins — zwei — drei" wurde Erlaucht plötzlich nervös. — .Aeh — Verzeih ung, Herr Unparteiischer," sprach er entrüstet, „aber wollen Sie nicht veranlassen, daß mein Herr — äh — Gegner seine — äh, äh — Röllchen ablegt. Derartiger — äh — Anblick muß mich ja irritieren!" — Günstige Gelegenheit. — „Wie hat Dir denn das Luftschiff gefallen, das heute über dem Bierkeller eine Stunde lang manöverierte?" — „Außerordentlich!... An zehn Liter Bier hab' ich getrnnken — und alles aus fremder Leute Krug!" — Schulaufsatz. ... Im Schulzimmer befinden sich viele Bänke mit zahlreichen Tintengläsern: darin sitzen die Kinder . . . Wettervorhersage für den 24. November 1910. Nordwestwind, aufheiternd, kälter, vorwiegend trocken. Fre«de«liste. Urdernachtii habrn im RathauS: Hermann Blau, Einkäufer, Ludwig Singer, Einkäufer, beide Wien. Max Just, Asm., Paris. August Effenberger, Asm., Stutt gart. Reichshof: D. Zink«. Prokurist, IPlauen. Georg Schelm, Asm., Leipzig. Walter Kurz, Asm., Meerane. Dagobert Walter, Asm, Max Waller, Asm., beide Elberfeld. Benno Strauß, Asm.. Franksurt. Georg Kipp, Asm., Zwickau. R. Ackermann, Asm., Hof i. B. Ernst Neuburger, Kfm., München. HanS Schneidenbach u. Frau, Plauen. Stadt Leipzig: Emil Böhm, Kfm., Halle. Alex Goltzsch, Asm., Dresden. Leo Strauß, Asm.. Frankfurt. Stadt Dresden: Emil Börner, Reisender, Max Fugmann. Reisender, beide Chemnitz. Eduard Kamsch, Färbereibes, Bärenstein. Max Schramm, Asm.. Zwickau. Engi. Hos: Olga Friedrich, Reisende, Plauen. Franz Beyer, In genieur, HartmannSdors. WitttilungtN des Hönigl. Stand,samles Eibenstock vom 16. biS mit 22. November 1910. Aufgeboten: u. hiesige: keine. k. auswärtige: keine. Eheschließungen: Der Grünwarenhändler OScar Max Jentzsch hiermit der Ausbesserin Marie Margarethe Köhler hier. Geburten: «Nr. 323—327'. Dem Zimmermann Rudels Waller Kel ler in Wrldenihal I T Dem Maschinensticker Alban Loui« Hähnel hier 1 S. Dem Handelsmann Josef Hauschild hier 1 S. Den, Musiker Moritz Otto Höfer hier I S. Dem Mühlenarbeiter Ernst Albert Tuchschcerer hier 1 T. Sterbesäll«: «Nr 174—1731. Der Mafchinensticker Max Friedrich Siegel bier, ledig, 20 I. 27 T Irma Elfriede Schönfelder, D. deS Ma- schinenstickerS Paul Cchönsilder hier, 5 M 13 T. Neueste Nachrichte«. — Chemnitz, 23. November. Der Raubmör der Gründig, der am 12. September d. I. in Bur kersdorf den Schankwirt Göller und dessen Ehefrau ermor dete und beraubte, wurde vom hiesigen Schwurgericht zwei» mal zum Tode und den üblichen Ncbenstrafen verurteilt. — Petersburg, 23. November. Zu Ehren Tolstois fanden gestern in verschiedenen Stadtteilen Prozessionen statt, an denen Studenten, Hörerin nen der Frauenkurse und Arbeiterinnen teilnahmen. DenZügen voran wurden Porträts von Tolstoi getragen, denen eine nach Hunderten zählende Menge solgte. Zahl reiche berittene Schutzleute und Gendarmen sprengten die Prozessionen immer wieder. Besonders lebhaft ging es vor dem Anitschkow-Palais zu. 300 Studenten wur den verhaftet, nach Feststellung ihrer Personalien aber wieder frei gelassen. Im Gedränge wurde eine Gymna siastin erdrückt. — Genua, 23. November. Gestern abend er folgte eine furchtbare Explosion im Stadtteil Klei ne Pforte. Als die Polizei sich an Ort und Stelle ein- sand, entdeckte sie in der Wohnung eines gewissen Ama to den 22jährigen Sohn Amatos, welcher vor einigen Tagen aus der Armee zurückgekehrt war, in seinem Blute liegend. Neben ihm lagen seine beiden Schwe stern im Alter von 14 und 16 Jahren. Diese waren jedoch nur leichter verletzt. Die Untersuchung ergab, daß die Katastrophe durch die Explosion einer Bombe herbeigeführt worden ist, die erfolgte, als der junge Amato die Bombe füllen wollte. Zwei andere Bom ben wurden in einem Nebenzimmer gefunden. — London, 23. November. Gestern nachmittag hatten sich die Suffragetten in großer Zahl in Caxton Hall angesammelt, um die Erklärung von As quith im Unterhause über die Ansicht der Regierung in der Frage des Frauenwahlrechts zu hören. Nach dem Asquith die Erklärungen bekannt gegeben hatte, zog eine große Menge nach der Wohnung des Premier ministers. Plötzlich kam Asquith zu Fuß auf dem We ge nach seiner Wohnung. Als die Frauen ihn bemerkten, umringten sie den Premierminister. Ein Fräulein ver setzte Asquith mit' dem Regenschirm einige Schläge auf den Kopf. Gleich darauf sprengten Konstabler heran, um Asquith zu schützen. Eine Automobildroschke wurde herbeigerufen, die Asquith nach seiner Wohnung führte. Ein Fräulein William schlug dabei sämtliche Fenster der Droschke ein. Etwa hundert Frauen wurden verhaftet. — London, 23. November. „Daily Mail" be richtet von neuen schwerem Unruhen, die sich gestern im Kohleübezirk von Walers ereignet haben, besonders in Tonypandy. Die Meinge mußte )/bttocKLN N.^I>LI.83k8k:M,8f'N.4k.'1' i Xirku 75 Im ^lsnufskturvvren, Kurrvnron, Lesstrs, Woll«. Woll- rvsren, Usndgckuks, 8trumpf«, lterreunrtikel, Wüscke, Horsstts, Zcdürrsn, Woissvursn, U«nd»rdsitso, I-sdsr- vsren, Lekmucksseksn, Leiten. Luriümerien, Ledreid- vnren, Lücker, Lvnütüren und Lebensmittel. Im I. : Ledersckubvsren, kilr,edudv»r«v, Lon isktion, linsben-ILollfektinn, Lurutskleidun^, Huts und Nütren. I« «I«r I »»a «Ism 2. ! vitmsn- Konfektion, liinderkonlektion, kelrs. Wirtsck»fts»rtiksl, 6sl«nterie«»rsn, 8pisI««rsn-^us»teIIuox. I» «I«r 2. , Oerdinen, Deeken, Dsppicks, Linoleum, Letten und Lettledern, D»msnputr. ^sßrmnrlit in i. k. Mnnmä V6r8äuw6 68, vvuill'onä ä68 ^U6r «s3krwllM68 un86r Xrmttmu8 2n b68U6L6n. In nUen Verknu^MMnnSeu 8inä p?6i8- >V6rt6 Lxtrnp08t6n NU8S6l6kt, äio InIIlM : : : : Il6ib8l6inkäuf6 ermö^lieden. : : : :