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den mar, stürzten plötzlich infolge Lockerung des Gerüst docks die beiden Arbeitenden, der Dachdeckermeister Nob. Jahn und dessen verheirateter Bruder, der bei ihm , als Gehilfe tätig war, in die Tiefe. Während ersterer sich unbeschädigt wieder erhob, blieb dessen Bruder wie leblos in einer Blutlache liegen. Er hatte einen schweren Schädelbruch rind andere schwere Verletzungen erlit ten Im städtischen Krankcnhause, wohin man den Ver unglückten gebracht hatte, erlag er bald den schweren Verletzungen. — Kirchberg, 16. Mai. Der hier ans Urlaub ! weilende, schon zweimal im Felde gewesene Soldat Tun- ' ger, welcher einen H a n d g r a n a t e n z ü n d e r bei § einer Ablösung im Felde, wie Vorschrift sei, abnahm nnd zu sich steckte und vergaß, denselben abzugeben, lehnte sich am Sonntag aus dem Fenster seiner Wohnung. Plötzlich explodierte der Zünder nnd riß dem Soldaten drei Finger der linken Hand ab und beschädigte auch noch das rechte Ange. Nach Anlegung eines Nvtverbandes wurde der Verunglückte nach dem Reservelazarett Zwickan über geführt. Es kann nicht ost genug gewarnt werden, der- ! artige Explosivgeschosse mit in die Heimat zu bringen. — Johanngeorgenstadt, 16. Mai. Von jeher wurde das obere Erzgebirge stark von Vogtländern besucht, weshalb sich auch die Kgl. Generaldirektion auf vieles Bitten hin veranlaßt sah, wegen der schlechten Bahn- verbindnng zwischen dem Erzgebirge und dem Vogtland eine Autoverbindung Johanngeorgenstadt-Eiben- stock-Auerbach-Rvdcwisch-Plauen zu schäften. Leider ist sie bei Beginn deS Weltkrieges aus betriebstechnischen Grün den eingezogen worden. Aber sie wird in diesem Jahre, während der Ferienzeit allerdings nur, wieder eröffnet. Wünschenswert wäre es, nicht erst von den Sommerferien, sondern von den Pfingstferien ab. Die Aussichten hierfür follen günstig sein. — Die Hellen Nächte haben ihren Anfang ge nommen; sie beginnen mit dem Tage, wo di« Sonne in ihrem scheinbaren Lauf weniger als 18 Grad unter den Horizont versinkt. Schon in den nächsten Tagen wird man bei uns um Mitternacht (nach unserer neuen Som merzeit eine Stunde später) einen leichten Dämmerungs bogen im Norden beobachten können; er wird allmählich größer nnd erreicht am 21. Juni seine höchste Ausdehnung, nm nach und nach bis zum 60. Juli wieder zu verschwin den. Während der Zeit der Hellen Nächte wird es auch um Mitternacht nicht völlig dunkel. Beim 70. Grad nörd licher Breite beginnen die Hellen Nächte schon am 26. März und am Pol bereits am 29. Januar. — Ausweis mitnehmen! Spaziergänger wurden bei ihren Gängen im Walde nahe der Grenze wiederholt von Patrouillen des Grenzschutzkommandos angehalten und zum Ausweis aufgefordert. Meist haben die harmlosen Spaziergänger keinen Ausweis mit. Es ist aber ratsam, um Unannehmlichkeiten zu vermeiden, wenn jeder, der einen weiteren Weg unternimmt, seine Ausweis papiere mitnähme. — Von der böhmischen Grenze, 16. Mai. Tie Oesfnung der Grenze für Milch und Eier steht demnächst im kleinen Grenzverkch» bevor. Insbe sondere ist die Aufhebung des Verbotes der Ausfuhr von Milch und Eiern in Anssicht genommen. Sowohl seitens der österreichischen als auch seitens der sächsischen Behör den ist besonderes Entgegenkommen gezeigt worden, um diese Maßregeln durchführen zu können. Deutscher Reichstag. Berlin, 17. Mai. Am Bundesratstisch: Tr. Heljserich, Wackerzapp, Jahn. -- Präsident Tr. Käinps eröffnet die Sitzung um 2^ Uhr. Aus der Tagesordnung steht zunächst der Etat des Reichs schatzamts, der ohne Erörterung erledigt wird. Eine Resolution, der Abteilung „Bäderjürsorge" des Ro ten Kreuzes eine angemessene Unterstützung zu ge währen, wird angenommen. — Es folgt der Etat des allgemeinen Pensionssonds. Abg. Meyer (Herford) erstattet den Bericht des Ausschusses und empfiehlt eine Resolution, dem Reichsausschuß der Kncgsbe- schädigten-Fürsorge einen angemessenen Zuschuß zu bewilligen. Die Resolution wird angenommen. Urber die Petitionen zum Pensionsfonds berichtet Abg. Tr. Pfleger. Sie werden für erledigt erklärt. L'r Etat für das Reichseisenbahnamt wird ohne Erör terung erledigt. Es folgt der Etat der Verwaltung der Neichseisenbahnen. Ter Etat wird ohne Erör terung angenommen, ebenso die Entschließung des Ausschusses. Ter Etat des Reichseiseubahnamtes wird ohne Aussprache erledigt. — Etat der Ver waltung der Reichs eisenv ah ncn. Abg. Kuchs (soz.): Tie Verkehrseinschrünkungen auf den elsaß lothringischen Eisenbahnen gehen weit über das hinaus, was durch die Interessen der Hecrcsv rwrl- tung geboten erscheint. Tas erregt bei der ohn> hin schon erbitterten Bevölkerung neue Mißstimmung. Man muß versuchen, hier Wandel zu schassen. Abg. Roescr (fortschr. Volksp.) bringt gleichfalls Wün sche der Angestellten vor. Abg. Jüler >natl ): Tie Bezüge der Angestellten sind bei oen heuttgen Teu-- rungsvcrhältnissen nicht ausreichend. Eine Erhö hung der Einnahmen darf aber nicht in Form von Uebtrstunden erfolgen. Ein Uebermaß von Uebcr- stuudkn vermehrt nur die Invalidität der Arbeiter und führt zu einer weiteren Belastung der Peu- sivnskasfen, die ohnehin jetzt stark in Anspruch ge nommen sein werden. Abg. Hacgy (Elsässer) bringt «bcnsalls Klagen aus dem Elsaß vor. Tie Zulagen sind nicht einheitlich geregelt. Tie Kinderzulage ist unzureichend. Minister Breitenbach: Tie Rrichs- eiseubahnen unterliegen natürlichen Hemmungen, die au? dem Krieg hervorgehen. Tie vorgebrachten Wünsche werden nach Möglichkeit geprüst worden. Tie Lage der Arbeiter und Untcrbeamten beschäf tigt die Verwaltung fortgesetzt. — Hierauf ward der Etat der Reichseisenbahnen bewilligt. Es folgt der Etat der ReichsPost- und Telegraph en- Verwaltung. Ten Bericht des Ausschusses er stattet Abg. Meyer (Herford), der der Unermüdlich keit und Pflichttreue der Feldpost Beamten gedenkt. Tie anfänglichen Klagen über die Feldpost sind jetzt verstummt. Es liegen zwei Resolutionen der Kom missionen 1. auf Erhöhung der Bezüge der nicht etatsmäßig angestellten Post- und Telegrapheu-As- sistcnlen, 2. aus Streichung der gegen Beamte ver hängten Strafen in den Personalakten. Staatssek retär Krätke: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine warme Anerkennung der Tätigkeit der Post- und Telegraphen Beamteil im Kriege. Tie BZör- derungsverhältnisse der Beamten sind im Kriege na türlich in der gleichen Weise fortgeschritten, wie am Friedell. Abg. Nacken (Zentr): Ter Betrieb der Reichs-Post- und Telegraphen-Verwaltung, der zum Teil mit ungeschultem Personal arbeitet, ist während des Krieges höchster Anerkennung wert. Ter Reichs tag würdigt auch die berechtigten Wünsche der Post- u. Tele- graphenbeamten und wünscht Gchtttsaufoesserungen. Ten Tuchlieseranten muß eine Bezahlung gewährt werden, welche den eigenen Unkosten entspricht. Staatssekretär Krätke: Ta die Tuchlicserantrn die bisherigen Tuche nicht weiter liefern konnten, mußte zu Ersatzstossen gegriffen werden. Abg. Tanba- del ((soz.): Wir verlangen bessere Bezahlung der Briefträgerinnen, Postagenten und Landbriesträger. Für viele Arbeiten im Postbetriebe könnten Kriegs beschädigte beschäftigt werden. Abg. Hubrich (fort- schc. Volksp.): Ob es auch nötig ist, den Offizieren Portosreiheit zu gewähren, möchte ich bezwerfeln. Tie Steigerung des Feldpostporsonals steht in keinem Verhältnis zu der Steigerung oes Feldpostetats. Auch im Jnneurerkehr haben die Tienstlelstungen außergewöhnlich zugenommen, und müßte oies hö here Bezahlung zur Folge haben. — Daraus ward die Weiterberatung des Etats auf Donnerstag 2 Uhr oer- tagt. — Schluß 5»/i Uhr. Das Haus Nr. 18. Erzählung von I. Jung. 10- Forlsegung. „Ich nehme deinen Vorschlag dankend an," sagte sie mit innigem Blick und reichte mir die Hano. Wir gingen langsam weiter. Ter Abend wär so still und mild. Ich glaube, wir beide dachten an die Vergangenheit. So erreichten wir das Torf, das ini Abendlicht vor uns lag. Tie Luft war warm und ein weiterer Aufenthalt im Freien wün schenswert. Wir betraten deshalb den geräumigen Garten, der stille, lauschige Plätze genügend darbot. Andere Gäste waren nicht anwesend. Unsere Unter haltung war also ungestört und unbeachtet. Bis zu meiner Rückkehr in die Stadt blieb uns Zeit genug zu weiterer Unterredung und Besprechung. In die ser Abendstunde ersuhr ich manches aus Margaretas Leben, was ihren Bries ergänzte und nnr einen Einblick in ihr früheres Seelenleben gewährte. Man che schwere Stunde lag hinter ihr. Meme Person blieb unerwähnt. Ich war ihr dankbar dafür. Tie Mitteilungen schienen sie jedoch zu ermüden, auch merkt», ich an ihrem Ton und Wesen ihre zunehmende Erregtheit. Ter Kellner brachte das bestellte Abend essen und während desselben trug ich die Kosten der Unterhaltung. So verstrich die Abendzeit, es wurvs dunkler, und ich mußte an den Heimweg denken. Als ich davon sprach, nickte sie nur stumm. Wir stunden aus, ich rief den Kellner, ordnete die Rechk- nuug, bestellte Zimmer und Wagen, dann verließen wir den Garten. „Ich begleite dich noch einige Schritte," sagte Margareta in leisem Ton. Es waren auch nur eini ge Schritte. Unter einem Kastanienbaum mit dich ter Krone blieb sie stehen. Di« Straße war men schenleer. „So, nun wollen wir Abschied nehmen, lebe wohl und werde recht glücklich!" Trotz der zuneh menden Dunkelheit bemerkt« ich den tiefen, vielsa genden Blick, der auf mir ruhte. Ich reichte ihr die Hand. Da fühlte ich einen krampfhaften Druck, und: „O, o, warum mußte ich deine Liebe verscher zen! Wie glücklich wäre ich geworden, und jetzt, jetzt fühle ich, was ich verloren, o, ich habe es empfun den, seit der Abendstunde, da ich dich zum ersten- mal wiedersah. Vergib, vergib — und nun behüt' dich Gott!" so kam es über die Lippen der bebenden Frau, die vor mir stand und meine Hand immer wieder an sich zog. Daun fühlte ich ihre heißen Lippen aus meiner Hand, und dann eilte sie tief atmend dem Gasthof zu. Bald war sie meinen Blik- ken entschwunden. II. Nun war es vollständig Herbst geworden. Es ist Ende Oktober. Ich stehe wieder auf jener Wal- deshöhe, von der ich damals meine Heimat nach vielen Jahren zum erstenmal wiedersah. Auch heute ist die Sonne ihrem Untergang nahe und ich blickt« hinein in das milde, langsam verglühende Abend rot. Welke Blätter rauschen zu meinen Füßen und daun nimmt sie der kühle Abendwind in feine Arme, um sie sortzutragen, weit und immer weiter. Ja, es ist Herbst, und der Winter kommt. - Wechselvolles Leben! Fortwährende Verände rung! Ich gehe die Höhe hinab der Heimat zu. Jetzt darf auch ich auf ein herzliches ^Willkommen rechnen, in treue, liebe Augen blicken und ein treues L,eb ans Herz drücken. Tas Dorf ist erreicht. Hin ter mir, das Tal heraus, höre ich die Töne des Posthorns. Ich gedenke meiner letzten Postsahrt, und vor meinem, inneren Auge steht Margareta, und . . . . unser letztes Abschiednehmen. Wie oft habe ich an diesen Abschied gedacht! Auch in diesem Au- geublick sehe ich das bebend« Weib vor mir, und mir ist es, als höre ich wieder die Worte der Lei denschaft, die mich an jenem Abend erschreckten. Tech, jetzt fort mit diesen Gedanken! Ich beschleu nige meine Schritte, und stehe nach wenigen Minu- len vor dem Hause Nr. 18. Alles still. Ich komm» heute unerwartet; erst nach einigen Tagen wollte ich, meinem letzten Bries entsprechend, hier eintr.s. fen. Licht sehe ich noch im Hause. Man hält wohl ein Tämmerstündchcw Da war es mir, als ver- nähme ich seitwärts im nahen Garten Stimmen. Ich horchte. Schritte, leichte Schritte hört« ich, und dann Stimmen, die immer näher kamen. Jetzt erkannte ich die tiefe Stimm« des alten Giebeler. Daun vernahm ich deutlich die Worte: „Vater, ach glaube wirklich, daß Tante Margareta mernen Bräu tigam geliebt hat und wohl noch liebt." „Aber, Kind, laß doch diese Gedanken endlich fahren. Du bist sicherlich im Irrtum." „So? Noch eins, Vater. Warum schreibt Tante Margareta denn in klaren, deutlichen Warwn, daß sie zu meiner Hochzeit nicht kommen könnte? Nach dem Grund solle ich aber nicht fragen, denn ... ." „Was? Wie? Sie kommt nicht zu dernec Hoch- zeit?" unterbrach der alte Giebeler im Ton der höchsten Verwunderung seine Tochter, „ja, dann, dann. . ." Er schwieg. Nach einigen Augenblicken fuhr meine Braut fort: „Als Tante Margareta im vorigen Monat von der Reise nach S. zurücktehrte, schien sie mir so verändert. Mir war, als wate sie aus einmal so still geworden, und, Vater, eines Abends, als ich wegen großer Müdigkeit frühzeitig zu Bett gegangen war, wurde ich gegen Mitternacht wach. Tie Nachtlampe brannte noch und vor der- selben saß Margareta, wie es schien, mit Briesschrei- ben beschäftigt. Sie schien erregt zu sein. „Es geht nicht," sagte sie endlich und stand auf. „O, könnte ich dich doch vergessen," fuhr sie dann fort und blickte in die Nacht hinaus. Ich schloß die Augen und als ich sie wieder öffnete, war es dunkel im Zimmer. Es blieb still." „Tas ist ja merkwürdig; aber Kind, was geht es dich, bei Licht betrachtet, eigentlich an? Geheim nisse der Tante haben mit dir und deiner Liebe nichts zu tun. Tein Bräutigam kommt ja in diesen Ta gen, dann kannst du über diesen Punkt mit ihm reden." „Ich habe ihm gestern bereits vieserhalb geschrie ben, Vater; doch nun wollen wir ins Haus zehen, es ist kühl geworden." — Ich stand noch an der Ecke des Hauses und überlegte. Sollte ich ins Haus gehen und sagen: „Ja, Margareta war die Liebe meiner Jugend, und, ich weiß es seit jenem unvergeßlichen Abend, daß sic mich lieb hat und leidet? Konnte ich das in die ser Stunde? Ohne recht zu wissen, was ich tat, ging ich an der Hecke des Gartens entlang. Jeder weitere Schritt entfernte mich von dem Hause. Ich hatte die Haupt straße des Torfes erreicht und befand mich in der Nähe des Posthauses. Ter Postwagen stand zur Ab fahrt bereit. Noch einmal blickte ich zurück nach dem dunklen Hause in der Nähe der Kirche. Was soll ich tun? fragte ich mich noch einmal. Jetzt trat der Postillon aus der Türe des Posthauses. Noch einmal überlegte ich, dann schritt ich schnell auf den Postwagen zu. „Ich sahre mit," sagte ich und öffnete selbst di« Wagentüre. „Ah, Herr Kreissekretär!" sagte der mir be kannte Postillon. „Still," bemerkte ich kurz. Ter junge Mann nickte verständnisvoll, schloß leise die Wagentücr, stieg aus und fort gings. Nun hatte ich Muße, nachzudenken. Was hatte ich getan? Glich meine Rückreise nicht einer Flucht? Hätte ich als ein in der Schule des Lebens gersifter Mann nicht frei und offen erzählen sollen von dem, was einst mein Hecz empfunden? Konnte man mir ein solches Bekenntnis mißdeuten? Gewiß nicht. Aber, was hatre mich denn von diesem Schritt zurückgehalten? Was einst gewesen, sollte begraben sein für mich und Mar gareta. Auf mein spät gefundenes Glück sollte kein Schatten fallen. Und nun trat meine Jugendge- liebte abermals auf meinen Lebenspfad. Aber sir wollte mein^ Glück nicht stören. Sie hatte mich ja selbst gebeten, mein« eheliche Verbindung zu beschleu nigen. Und dann war allerdings jener letzt« Ab schied gefolgt, der mir Margaretas Fühlen und Empfinden offenbart hatte. Sie war nicht zu ihren Verwandten zurückgekehrt. Ter Brief meiner Braut würde mir gewiß über diesen Punkt Aufklärung ga- ben. Tie Eisenbahnstation war erreicht. Zn weni- gen Minuten kam der Schnellzug und so konnte ich heute noch, wenn auch spät, meinen Wohnort er reichen — (Schluß folgt.) Fremdenlifte. Nebernachtet haben i« RatbauS: Krastwagensithr« Straßner, Plauen. Willi Lausch mann, Reisender, Leipzig. Wettervorhersage für den 19. Mai 1916. Zeitweise heiter, keine wesentliche Temperaturänderung, trocken. Wer Brotgetreide verfüttert, versündigt stch am Batertande.