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Exzellenz besann sich: „Ach natürlich! Verzeih', lieber Unger. Natürlich der Unger, der immer Opernsänger in Berlin oder Wien werden wollte. Na, und bist Du's ge worden?" „Hm. Nicht ganz. Aber Pfarrer bin ich geworden. In einem reizenden kleinen Dörfchen im Odenwald." Nicht weniger als neun kamen in Feldgrau; Offiziere, die Urlaub erhalten hatten, Stabsärzte und Garnisondienst fähige. Vier andere Feldgraue hatten an den Wirt schriftliche Entschuldigungen eingesandt. Zwei fehlten unentschuldigt und doch mit gutem Grund; sie hatten den Heldentod fürs Vaterland gefunden. Von allen alten Kommilitonen, die noch lebten, hatte keiner die Verab redung vergessen. Zu den schriftlich Entschuldigten gehörte auch Heinz von Klausen, der Millionärssohn aus Neuyork. „Ihr lieben Freunde," so hieß es in seinem Briefe, „was tuts mir leid, daß ich nicht kommen kann. Aber ich bin Deutscher, bin Reserveoffizier, und da wißt Ihr wohl: die Engländer lassen mich nicht über den großen Teich. Wer von Euch wird der Tüchtigste geworden sein? Mein Vater hat sich vor fünf undzwanzig Jahren nicht lumpen lassen und dem zukünf tigen Tüchtigsten damals einen .ganz gehörigen' Preis gestiftet, wie ichs von ihm verlangt hatte: ein Bündel amerikanischer Aktien, das — zum Gedächtnis der Zahl 2ö — in Mark umgerechnet genau 25060 Mark wert war. Damals! Inzwischen ist das Bündel mehr als das Drei fache wert geworden. Der Betrag ist bei unserem deutschen Bankhaus hinterlegt: sobald Ihr abgestimmt habt, wird er sofort an Euren Tüchtigsten ausgezahlt ..." „Ei, ei," sagte Fritz Unger, der Pfarrer, „da müßten loir dem Heinz von Klausen den Preis Anerkennen, weil er den Preis so tüchtig verwaltet hat!" „Nein," entgegnete Doktor Klemens Bachmann, der Stabsarzt, der schon mit neunzehn Jahren ein Pedant ge wesen war, „der Preis ist nicht für eine einmalige tüchtige Handlung bestimmt, sondern sozusagen für die Tüchtigkeit einer ganzen Lebensleistung. Uebrigens: mir gehört er ganz gewiß nicht. Ich bin nichts geworden als ein einfacher Schnupfen- und Rizinus-Doktor. Aber dem Amerikaner gehört er auch nicht." Man nahm nun Platz an dem langen Kneiptisch, wenn auch auf die Veranstaltung einer regelrechten Kneiperei angesichts der ernsten Zeit verzichtet wurde. Exzellenz Brode hielt eine kurze, feierliche Rede; er gedachte der feldgrauen Freunde, die gefallen waren und derer, die draußen standen. Er gedachte der lieben Freundes, der jenseits des Ozeans weilte und machte dann der Tisch- gesellschaft den Vorschlag, Fritz Unger, der Pfarrer, sollte jetzt den Vorsitz übernehmen und zu prüfen versuchen, weni — als dem Tüchtigsten — der Preis vor allen gebühre. Es kam, wie der Minister cs erwartet hatte. Die Juristen und die Aerzte, die Offiziere und die Professoren, kurz: alle einigten sich dahin, daß Exzellenz Brode den Preis verdiene. Wäre der Preis eine silberne Bowle gewesen — mit Freude hätte der Minister ihn angenommen. Aber 80000 oder 90000 Mark? Selbst wenn er sie zu wohltätige» Zwecken verwendete, fühlte er sich doch innerlich nicht be rechtigt, sie anzunehmen. Er war gewohnt, sich jede Frage genau zu beantworten; er sprach zu sich: „Was hält dich ab, das Geld zu nehmen?" Und fand die Antwort: „Ich brauche das Geld nicht, aber vielleicht ist unter uns einer, der's braucht." Wer konnte es sein, der's brauchte? Der Pfarrer hatte alle so wohlwollend und doch so gründlich ausgefragt — es schien allen finanziell gut zu gehen. Aber halt! Gerade den Pfarrer, den hatte niemand gefragt. Brode holte das Versäumte nach, vorsichtig und unauffällig, und er hatte bald genug herausgefunden, daß der Pfarrer gar kümmerlich lebte in dem kleinen Dorf im OdenwHd; er hatte eine große Familie, der ehrwürdige Herr, zwölf Kinder; die fünf ältesten Söhne standen im Felde. Oft war Mangel und Not zu Gast in dem kleinen Pfarrhaus. Und doch war er heute gekommen; denn er hatte es ja versprochen — vor 25 Jahren. „Sag', Unger," tastete der Minister weiter, „und Deine Kinder; wieviel Mädchen sind eS? Und wieviel Jungen?" Die blauen Augen ves Pfarrers blitzten vor Stolz, als er antworten durfte: „Jungens sind sie — alle zwölf!" Da fuhr Exzellenz Brode auf und rief: „Freunde! Der Tüchtigste ist gefunden! Ihm gehört der Preis! — was wir getan haben, war Egoismus, Streberei, Berech nung. Er hat dem Vaterland von uns allen den besten Dienst erwiesen. Er ist der Tüchtigste geworden! Vater von zwölf Jungens!" Kein Einwand half dem lächelnden Pfarrer. Er war und blieb der Tüchtigste. Er wird auch das viele amerikanische Geld gut und tüchtig verwalten. Er wird den Armen reichlich geben, und wenn seine Aeltesten gesund heimkehren, werden sie ein Haus finden, wo das Glück wohnt und die Zufriedenheit. Immer öelckättsmann. „Geb'n Se mer ä Billett nach Hocnheim und zurück!" „Hier — macht eine Mark vierzig!" „Legen Sie noch sechzig Pfennig dazu, Herr Expeditor, dann hab'n Se a' Paar pickfeine Hosenträger!" * stuck eine Slaats-stnslellung. „Sie sagten. Sie seien 8 Jahre lang Staatsangestellter gewesen, Angeklagter? Wie ist denn das möglich? Sie sind ja seit Ihrem 20. Jahre kaum aus dem Zuchthaus her ausgekommen!" „Eben deshalb, Herr Präsident, ich war jedesmal als Kalfaktor im Zuchthaus angestellt, und genoß als solcher das Vertrauen meiner Vorgesetzten." * stusgleickenäe vereckligkeit. „Für Sie Feinschmecker hat wohl schon manches Reb- Huhn sein Leben lassen müssen." „Für Rebhuhn lasse ich auch mein Leben." Vie feinälicken örüäer. Student (zum Gerichtsvollzieher): „Wissen Sie was, wir kennen uns schon so lange — trinken wir Brüderschaft!"