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—l-, 2 i— bri Schritt auf der Dielentreppe. Es ist besser, du begegnest ihm ! wegnng auch die klarsten jetzt nicht." Und ausgerechnet Kunsts Nachfolge du das?" „Nun, das alte Fräulein, um dann mit einem gütigen Lächeln das Portemonnaie aus Dieses Gebot gab unser Herr bekanntlich der Menschheit im einen. Seine Auserwählteu, die tatsächlich bereit waren, l-rmössbivUotkok 6 2.^02 1992 Die verbrennmigsanlagc auf dem Zentratfriedhos in Zürich, vir während des Weltkriegs vollendet und unlängst eröffnet wurde. Phot. Leipziger Pressebureau. wieder mit ihren Blu men beschäf tigten Tante stehen und sagte: „Wenn ich bloß wüßte, wie du es anfängst,dich immer in die Seele eines anderen hin einzuver setzen und seine Sache zn deiner ei- gcnenzu ma chen? Ant worte mir nicht mit der üblichen Re densart, daß du dich eben nur iu der der Tasche zu ziehen und dem strahlen den Buben ein Fünfzigpfennigstück in die Hand zu drücken. Er reißt ihr bei nahe den Kopf ab vor Freude uud ist dann wie der Wind zur Türe hinaus. Kaum hatte Tante Marie Zeit, ihre ver schobene Frisur zu orduen, da tritt Anne- Marie wieder eiu und bringt die Rosen- stützen. Als sie die Abwesenheit des Bruders gewahrt, nimmt sie flugs die Tante beim Kopfe und flüstert ihr flehend ins Ohr: „Tantchen, wenn Vater nach her zu dir kommt, leg eiu gutes Wort für mich bei ihm ein, daß er mich auf die Kunstgewerbeschule gehen läßt. Ich habe ihn vorhin darum gebeten, aber ein glat tes Nein war die Antwort. Und Mutter will auch nichts davon wissen. O, es ist schrecklich, wenn man so rückständige El tern hat, die von Frauenberufen —" „Anne-Marie!" tönt's mahnend von den Lippen der Tante. „Ach, Tantchen, sei nicht böse, und verlaß du mich nicht! Du bist die ein zige, die mich versteht. Ich will nicht auf einen Mann warten, aber auch keine gewöhnliche alte Jungfer werden." Kaum ist das unvorsichtige Wort dem frischen Mädchenmunde entflohen, da bedeckt auch schon eine dunkle Nöte das süße Gesichtchen, und mit Tränen der Scham in den Augen umhalst sie die schweigende Tante, die nicht einmal ei nen strafenden Blick für die Unbedachte hat. Nur um de» Mund zeigt sich ein weher Zug, der aber sofort wieder ver schwindet und dem alten gütigen Lächeln , . l nicht." Erschreckt flitzt Anne-Marie hinaus, aber der Pater Hal sie wohl doch bemerkt, denn als er nach dem üblichen Handkuß, den er der Pflegerin seiner mutterlosen Jugend stets Ehrerbietigst zollt, in Tante Maries bequemem Lehnsessel am Fenster Platz genom men, fragt er sogleich: „Hat die Anne-Marie dir von ihren ver- rücktenWün- schen gespro chen?" Das : Köpfe und die weiblichsten Weiber an? Und ausgerechnet Kunstgewerblerin will das Mädel werden!" „Das hat sie von dir!" meint die Tante, um, als der Baurat empört auffahren wollte, begütigend hinzuzusetzen: „Das Zeichen talent nämlich! Und warnm soll sie das nicht ausbilden?" Der Baurat stand auf und schritt erregt einige Male durch das Zimmer. Daun blieb er mit verschränkten Armen vor der Lsterreichisch-ungarifcher Beobachtungsposten im Gebirge, wo die Truppen angesichts des früh entsetzenden Winters bereits mit Pelzmänteln und -stiefeln ausgerüstet sind alte Frän- leinhält prü fend eine fertig geord nete Vase gegen das Licht und sagt gelas sen:,, Gewiß, Hngo! Du iveißt ja, daß deine Kinder keine Ge heimnisse vor mir haben." „Na, dann hast du ihr doch hoffent lich ordent lich den Star gestochen." „Wie meinst und dann konnte ich doch nicht ahnen, daß sie jetzt ,Quo vacki^ ginnt. Wie sehr ähnelt ihm die Tochter. Und deshalb ist sie auch bringen werden!' " ihr besonderer Liebling, und auch seiner, sie weiß es wohh Darum Platz macht. Sauft löst sie die weichen Mädchenarme von ihrem Halse uud sagt leise: „Geh jetzt, Kind, ich höre Vaters geben nrag. Als die. Tante nicht gleich antwortet, sieht er verwundert auf, aber da steht sie schon neben ihm und legt die seine schmale Hand auf seine Schulter. „Lieber Hugo, ich muß dich recht enttäuschen, aber denke dir mir, ich kann die Idee der Kleinen nicht so verrückt finden. Ich bin wirklich nicht so alt modisch, wie ihr immer denkt. Ich kann das Bestreben unserer heutigen jungen Mädchen, sich auf eigene Füße zu stellen und nicht die Versorgung durch eine Ehe als einzig erstrebenswertes Ziel zu Mil ieu, nicht tadeln." Der Baurat schlägt die Hände über den, Kopfe zusammen: „Das muß ich von dir hören, der —" „Altmodischen alten Jungfer, der das Familienglück stets als das Höchste im Leben erschien", unterbricht ihn die Tante rnhig. „Ja, und die sich in edelster, selbst losester Weise hinopferte für fremdes Glück! Dn, Tantchen, Pflegemütter- chen, Allerweltsbehüterin, wirst doch nickst die unweiblichen Ideen der heu- »igen weiblichen Jugend begünstigen ? Was soll denn werden, wenn wir keine solchen Allerweltstanten mehr haben? Ich sür meine Person könnte mir znm Beispiel das Haus ohne dich nicht vor stellen. Du bist so eine Art Rangier- bahnhof, auf den: alle verfahrenen Züge wieder ins rechte Geleis gebracht wer den. Solche Tanten muß es einfach geben, die Nasse darf nicht nussterben. Die ist ja tausendmal wichtiger als die Bernfsweiber, die den Männern nur das Brot wegnehmen und die Ehe- scheu noch vergrößern. Potztausend nochmal! Steckt denn diese Frauenbe- . mit diesen verdrehten neumodischen Ideen kam sic Christi übest und seinem Gebote: Liebe deinen Nächsten wie dich doch bei dir, wie man so sagt, vor die rechte Schmiede." wlbst, folgst, denn das genügt hier nicht." Tante Marie schaut lächelnd auf den stattliche« Manu, über „Dieses Gebot gab unser Herr bekanntlich der Menschheit im dessen hoher Denkerstirn das lockige Haar bereits zu ergv ingen werden!' ' , , ' „Nein, wirklich, das konntest du uicht", bestätigt gauz ernsthaft der ^orgenschatten auf der Stirue. Die „verrückte Idee" seines " " ' ' " ' i . Mädels beunruhigt ihn mehr, als er zn-