Volltext Seite (XML)
Auf äer ritkligeu Spur. Humoreske von * * Der Rechtsanwalt Fritz Petermann hatte es seinen Freunden nicht glauben »vollen, daß auch in seinem jungen, idyllischen Eheparadies eines Tages die bewußte Schlange mit weit aufgesperrtem Rachen nach seiner Ferse trachtev würde. . . . Erst als er das Gift ihres Bisses empfand, versuchte er sich vor ihr zu schützen. . . . Es war aber bereits zu spät dafür! Die Wirkung dauerte fort. Sein Blut wallte in leidenschaftlichem Grimm, und wenn er auch zu dein erprobten Mittel, in reicher Menge dagegen Alkohol anzuwenden, griff — ihm ward nicht Wohler. Die Schlange nannte sich Eifersucht und ihr schleichendes Gift war der Argwohn, mit dem er seit Wochen seinem jungen, liebreizenden Frauchen nachspürte. Zuweilen griff er an die Stirn und dachte ernsthaf» nach, ob er denn wirklich einen stichhaltigen Grund hatte, an ihrer durch die langen Jahre eines Brautstandes erprobten Treue zu zweifeln. . . . Er mußte es leider bejahen! Frau Claire schloß sich zu einer Zeit, während welcher sie ihren Gatten von Berufswegen wußte, zeitweise in ihr Zimmer ein. Dos war freilich noch kein Grund, um sich ernsthaft zu erregen. Sie war aber in dieser Abgeschlossen, heit nicht allein. Das hatte ihm der Zufall verraten, der in der Person seines jüngsten Schreibers eines Tages ein von ihm vergessenes Aktenstück holen mußte. Seine Frau sollte es ihm einhändigen, denn sie kannte sich mit der Unordnung seines Aktenständers glänzend aus. Die alte, seit zwanzig Jahren in seinen Diensten stehende Babette aber hatte dies als unmöglich erklärt, weil die gnädige Frau einen Besuch habe, den sie nicht allein lassen könnte. Als er Babette mittags nach oiesein Besuch fragte, be stritt sie eine derartige Aeußerung auf das Entschiedenste. Auch seine Frau erklärte, keinen Besuch gehabt zu haben und versuchte seinen Verdacht mit dem Hinweis auf den Katarrh, der sie ja doch im Mocgenrock und auf dem Divan hielt, zu entkräften. Schon wollte Fritz Petermann an ein Mißverständnis glauben, als er abends beim Zubett gehen vor dem großen eleganten Schrank seiner Gattin einen Gegenstand erblickte, der ihm alles Blut zum Herzen jagte. Er hob ihn zwischen Daumen und Zeigefinger empor und stürzte damit auf die heftig Niesende zu: „Was ist dies? — Bitte!" Frau Claire erblaßte sichtlich. Zugleich streckte sich ihre kleine, schmale Hand nach dem Gegenstand aus, der vor ihrer Nase hin- und herschwebte. Sie versuchte einen leichten Ton anzuschlagen. „Einer meiner Handschuhe, wie Du siehst! Ah . . . richtig ... der neue hellbraune, nach welchem ich so viel gesucht habe . . ." Lr gebt licker. A.: „Ihre Schwiegermutter wird wohl hierorts beerdigt, oder lassen Sie sie in ihre Heimat überführen?" B.: „Ach, nein, ich lasse sie in Gotha ver brennen, sicher ist sicher!" Aber der Rechtsanwalt war jeglicher Bitte unzugäng lich. Er sagte voller Hohn und Eifer: „Seit wann trägst Du denn Herrenhandschuhe, beste Claire. . . Da griff sie zu dem altbewührten Mittel, das die Frauen in allen Fällen, wo sie sich im Unrecht wissen, zur Hand nehmen. Sie spielte sich auf die sittlich Entrüstete hinaus. „Was soll dieser Ton," sagte sie streng. „Ich lasse mir ihn keines wegs gefallen . . . Du . . . liebst mich eben nicht mehr . . ." Der Sprung von dem braunen Handschuh zur rosenroten Liebe war gewagt. Aber Fritz Petermann war allzeit ein guter Turner gewesen. Er sprang also unverzagt mit . . . Auf seiner Stirn zeigten sich kleine, perlenhafte Tropfen, wie er sie des öfteren bei einem Schwerverbrecher zu beobachten in der Lage war. Er gab den Vorwurf zurück: „Weil Dein Gefühl für mich zu erkalten im Begriff ist, verdächtigst Du mich," eutrüstete er sich . . . „Mein Gefühl," entsetzte sie sich. „Fritz, womit willst Du das beweisen?" Er hielt ihr stumm den Handschuh hin . . . Da wußte sie sich keinen Rat mehr. Sie sank in fassungslosem Schluchzen auf den ihr zunächst stehenden Stuhl und begehrte zu sterben. . . . Schließlich bat Fritz Petermann der Zitternden jeglichen Verdacht ab, schleuderte den Handschuh weit von sich und gelobte blindes, festes Vertrauen für die Zukunft! Es war aber nur ein Trick von ihm, durch welchen er sich Gewißheit zu verschaffen hoffte . . . Während der nächsten Tage war er sehr sanft und nachgiebig ge stimmt und überschüttete seine Frau mit allerhand zarten Aufmerksam keiten, die er sich bereits, aus Gründen, welche ihm die Sparsamkeit aufzwangen, glänzend abgewöhnt hatte. Jawohl .... Rechtsanwalt Fritz Petermann war ein ganz vorzüglicher Rechenmeister, während Frau Claire eine allzeit offene Hand besaß. Wäre es zum Beispiel nach ihr gegangen, so hätte sie bei dem ersten Schneider arbeiten lassen. Aber es ging, gottlob, nach ihm. Nach ein paar harten Zusammenstößen hatte sie sich seinem Willen gefügt und alles war wunderschön gewesen, bis jener braune Handschuh erschien. Fritz Petermann wurde zusehends elend und matt! Er verlor seinen glänzenden Appetit und schlief schlecht. Seine Mandanten, die gerade die Lebhaftigkeit und Frische, mit der er sich ihrer Sachen angenommen, schätzten, schüttelten den Kopf über ihn. Frau Claire regte sich sogar furchtbar auf: „Du solltest zum Arzt gehen, Liebling," bat sie ihn herzlich. Er aber schüttelte stumm den Kopf. Ihm konnte kein Arzt helfen. Denn was ihm jener Vorschlägen und befehlen würde — einen vermehrten Aufenthalt in guter frischer Luft — das konnte er sich zurzeit unmöglich leisten. ... Er ging nämlich nur zum Schein seinem Beruf nach. Die gelbe Aktentasche aber füllten statt der dickleibigen Schriftsätze — alte Zeitungen. . . . Denn die Handakten hatte sein junger, schneidiger Ver treter, den er sich für ein paar Wochen geleistet hatte, um endlich die richtige Spur aufzufinden. Er nahm regelmäßig um 8 Uhr morgens von seinem Weibchen herzlich Abschied, schlug geräuschvoll die Korridortür hinter sich zu und huschte dann — sobald er sie in der Küche wußte —