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Nun schritten die beiden jungen Leute, die so ziemlich in gleichem Alter stehen mochten, auf der Straße dahin, jeder für sich offenbar mit seinen Ge danken beschäftigt. Plötzlich nahm Assessor Worbeser das Wort. „Ich muß gestehen," jagte er in einem sonderbar scharfen Ton, „daß ich nicht erwartet hätte, dich" — er brach jäh ab und verbesserte sich rasch „Lrc als Schwager eines Kameraden wlederzufinben. Ich bewundere Ihre - Kühnheit." Das Gasglühlicht der Straßenlaternen verbreitete Licht genug, so daß der Sprechende mit einem forschen den Seitenblick wahrnahm, wie über das Gesicht seines Begleiters ein heftiges Zucken lief, und wie seine Lippen sich fest aufeinanderpreßten. Erst nach einer Weile kam in dumpfem, gepreßten Ton die Frage: „Sind Lie gekommen, um meine Zukunft zu vernichten und das Glück meiner Braut zu zerstören ?" „Ich bin gekommen," versetzte der andere schroff und kalt, „weil eine dienstliche Pflicht cs mir gebot. Freilich, ich will nicht verhehlen, daß ich mich nun angesichts unseres Wiedertreffens nnter für mich so ganz überraschenden Umständen in einer höchst pein lichen Situation befinde. Nun weiß ich nicht: soll ich den Frieden dieses Hauses brechen, das mich gast freundlich ausgenommen hat, oder soll ich schweigen?" Viktor Lehnhard hielt seine Schritte an. Lein Auge flammte, er packte mit seiner Rechten den Unter arm seines Begleiters so heftig, baß Vieser einen Schmerzenslaut nicht unterdrücken konnte. „Worbejer," stieß er aus keuchender Brust hervor, „Worbeser, wenn du mich angiebst, du, der du der Verführer warst, der geistige Urheber, es wäre eine zu gemeine, schändliche Handlung." Der Assessor schüttelte entrüstet die Hand von sich ab und jagte, sich stolz in den Schultern reckeno, mit hochmütiger, verweisender Miene: „Ich muß Sie doch dringend ersuchen, sich künftig jeder vertraulichen An rede zu enthalten. Sie wissen, daß zwischen uns ron freundschaftlichen Beziehungen nicht mehr bie Rede sein kann, seit — na seit Sie kein unbescholtener Mensch mehr sind. Und was Ihren Vorwurf betrifft, daß ick: Sie verführt hätte, daß ich ser geistige Urheber Ler Schuld gewesen märe, die Sie auf sich geladeu haben, so muß ich diese Behauptung als eine lächerliche Uebertreibung bezeichnen. Habe ich Ihnen gesagt, Sie sollten sich an fremdem Gut oergreifen? Wenn ich Sie bewog, an den Vergnügungen teilzunehmen, die mir meine Mittel erlaubten, jo hätten Sie ja ab lehnen können, wenn es über Ihre Vermögensverhält- nisse ging." „Habe ich das nicht getan? Habe ich nicht zehn- unb zwanzigmal beteuert: „Ich kann nicht niitmachen, laß mich, Worbejer!" Aber haben Sie da nicht gr jpvttet und gehöhnt: „Du Rauhbein! Pfui, knausern! In dem Kerl steckt doch kein Schneid!" Und ich mit meinen einundzwanzig Jahren war töricht genug, mich Hinreißen zu lassen und aus falschem Ehrgefühl eine —" Er brach jäh ab und schlug .erschüttert die Hand vor sein in tiefster Seelenqual zuckendes Gesicht. Der Assessor sah sich ängstlich um. Zugleich setzte er sich wieder in Bewegung. „Lassen Sie doch die Schauspielerei!" sagte er kalt. „Wenn uns einer hörte!" „Worbeser," fuhr der andere mit unterbrückter Stimme eindringlich fort, „ich bitte Sie, ich flehe Sie an: seien Sie menschlich! Lassen Sie die Vergangenheit vergangen sein!" „So? Und wenn die Geschichte später doch heraus- lommt, wie stehe ich dann da? Wirb mir Leutnant Wollmar dann nicht mit Recht die heftigsten Vorwürfe machen? Wird er nicht sagen, es sei meine kamerad schastliche Pflicht gewesen, zu sprechen, ihn und seine Familie zu warnen?" Der andere schüttelte mit leidenschaftlicher Gebärde den Kopf. „Nein! Nimmermehr kann es Ihre Pflicht jein, Menjchen, die glücklich sind, unglücklich zu machen, einer alten, längst vergessenen Geschichte wegen, Nie mand hier außer meinem Chef weiß davon. Niemand! Und mein Chef wird niemals sprechen. Das hat er mir ausdrücklich erklärt. Mein Chef ist ein billig den kender Mann. Er weiß, daß es nicht gerecht wäre, dem Mann anzurechnen, was der unbesonnene Jüng ling tat. Habe ich nicht gesühnt durch lange, acbeits- volle, vorwurfsfreie Jahre? Mit Stolz und Genug tuung kann ich auf die letzten sieben Jahre meines Lebens zurückblicken. Fragen Sie in der Stadt, Wvr- beser, wie man über mich denkt! Ich habe mir das Recht erworben, zu verlangen, daß man mich heute nicht unter dem, was weit hinter inir liegt, leiden läßt. Ich habe mir durch ehrliche Arbeit eine an gesehene Existenz geschaffen. Ich fühle mich glücklich hier, und ich habe die Kraft und den besten Willen, glücklich zu machen, und nun kommen Sie, Worbeser, und wollen mit grausamer Hand alles zectrümm'rn, was ich mühsam in langen Jahren aufgebaut habe!" Der Assessor machte eine wegwerfende Handbr- wegung. „Meinen Sie, warf er mit seiner scharfen Stimme ein, der ein gewohnheitsmäßiger ironischer Klang inne- wohnte, „meinen Sie, daß sich Ihre Frau noch glück lich fühlen kann, wenn sie einmal hört, daß sie sich verheiratet hat mit einem —" „Worbeser!" „Na ja, so was läßt sich doch nicht einfach aus wischen und herausstreichen aus Ihrem Leben. Das haftet Ihnen noch an bis ans Ende Ihrer Tage. Und wenn Sie wenigstens nicht den ehrgeizigen Einfall gehabt hätten, sich mit der Familie eines Offiziers verbinden zu wollen. Jeder andere könnte sich schließ lich darüber hinwegsetzen, wenn ihn sein persönliches Empsinden nicht daran hindert. Aber ein Offizier!" Ein dumpfes Stöhnen rang sich aus der Brust des anderen empor. „Aber, Worbejer," erwiderte er, „Sie können mir doch nicht zum Vorwurf machen, was ein Zufall ist. Seien Sie doch nicht ungerecht gegen mich! Es war ja doch nicht mein Wille, ich habe mir ja doch nicht gesagt: die willst du lieben und keine andere! Es war doch eine andere Macht die mich trieb, und gegen die ich ohnmächtig bin!" „Ach — höhere Macht! Unsinn! Phrase! Redm Sie nur nicht so geschwollnes Zeug! Wenn ich mir aus irgend einem Grunde sagen muß: die und die darfst du nicht lieben, na, dann liebe ich sie eben nicht. Wenn man etwas ehrlich will, dann kann man es auch." Viktor Lehnhard griff sich an die Stirn und seufzte. Dann schlug er beide Hände ineinander. „Worbeser," sagte er, „Sie sind eben ein anderer Mensch als ich. Sie können doch nicht alle Menschen nach sich beurteilen. Bei dem einen ist der Verstand überwiegend, bei dem anderen das Temperament." Mit ätzendem Spott versetzte der Reseroeleutnant: „Ich würde Ihnen raten, in diesem Falle den Ber stand walten zu lassen und sich zu sagen, daß Sie unmöglich der Schwager eines aktiven Offiziers werden können." (FortsetzungfMgr) Kriegs-Allerlei. Schlecht verpackte Fe ld p o sts e n d u n g e n. Bei den Postsammelstellen gehen ;etzt täglich Hun derttaujende von Sendungen für unsere tapferen Soh baten ein. Sehr viele von diesen Briefen enthalten Liebesgaben in Gestalt von Zigarren, Zigaretten, Schokolade usw. Leider läßt die Verpackung m vielen Fällen zu wünschen übrig. Der Verschluß ist oft mangelhaft, sodaß der Inhalt heraussällt und lose in Körben und Briefsäcken der Sammelstellen vorgefun den wird. Es empfiehlt sich daher, solche Sendungen gut zu verpacken und möglichst mit einem Faden zu umschnüren. Die vielfach verbreitete Ansicht, daß ein Bries nicht verschnürt sein dürfte, ist irrig. Bei Brie fen nach Gebieten, nach denen verschlossene Sendungen unzulässig sind, ist die Umschnürung so anzubcingen, daß sie leicht gelöst werden kann (Schleife). Gewöhn liche Feldpostbriefe sind bis 50 Gramm portofrei, bis 250 Gramm kosten sie 20 Pfg. Patrouillenritte. Au» den Privatbriefen eine» auf dem westlichen Kriegs schauplätze befindlichen höheren sächsischen Reiteroffizier» ent nehmen wir da» Folgende: Pferde und Mannschaften leiden wohl ab und zu durch die starken Märsche bei großer Hitze oder auch durch eine au» sicherem Versteck entsandte Kugel — zum Gefecht kommt man aber nicht, weil die Franzosen, gleichviel wie stark sie auflraten, beim ersten deutschen .Hurra", beim Anblick der ersten deutschen Lanze in wilder Flucht da vonjagen. Unlängst hatte der Offizier eine Patrouille auS- gesandt. In einem dichten Wald erhielt sie starkes Feuer von versteckten Feinden. Der führende Offizier sank ver wundet vom Pferde, die übrigen zogen sich auS dem Forste unter ständigem Kugelregen zurück. Da erhält daS Pferd de» zweiten Offizier- einen Treffer, überschlägt sich und be gräbt den Reiter unter sich. Jetzt zeigen sich mehrere Fran- rosen, die tapfer den Gestürzten bekämpfen wollen. Aus seiner unfreiwilligen Lage unter dem Pferde erschießt er zwei Angreifer mit dem Revolver. DaS schwer getroffene Pferd erhebt sich bei den Schüssen noch einmal und gibt so seinen Reiter frei, der sich seinerseits erhebt, worauf die übrigen Angreifer ohne weiteres davonlaufen. Einem Soldaten der Patrouille ist, ebenfalls auf dem Felde, das Pferd erschaffen, worauf fünf Infanteristen den Angriff auf ihn wagen. Alle fünf fallen teils den Geschaffen, teils dem Kolben seines Karabiners zum Opfer. Zufällig steht in der Nähe der Kampfplatzes eine Frau mit einem Korb voll Pflaumen. Ruhig ißt der Gardist den Korb leer, um dann sorglos per xeäes zu seinem Regiment zurückzuwandern. Der Komman deur hat ihn zum Gefreiten ernannt und zur Auszeichnung vorgeschlagen. Auch die beiden Offiziere sind wieder bei ihrem Regiment. Wettervorhersage für den 8. September 1914. Keine wesentlich« Witterungsänderung. Niederschlag in Eibenstock, gemessen am 6. September früh 7 Uhr .,. mw - l auf I stw BodenstäÄ». Niederschlag in Eibenstock, gemeßen am 7 September früh 7 Uhr mm - .,. ! auf 1 q« Bodenstäch« Barometerstand am 6. September -s- 7,2: am 7. September -f- 7,1. Freibad im Gemeindeteiche. Wafferwärme am 7 September 1914, mittags 1 Uhr, 15° Celsius. Standesamtliche Nachrichten ans Schönheide vom 30. August bis mit 5. September 1914. GelmrUsäUe: 184) Dem Handarbeiter Fritz Rudolf Männel hier 1 T- 18S) Dem Maurer Emil Männel in Neuheide 1 S. 186) Dem Eisenhiittenarbeiter Karl Robert Liebelt hier 1 S. 187) Dem Schnei dermeister Gustav Hermann Lorenz hier 1 S. 188) Dem BÜrstensabrik- arbeiter Bernhard Göschel hier 1 S. 189) Dem Eisenbahnarbeiter Al fred Brückner hier 1 T. Aufgebote: ») hiesige: keine, b) auswärtige. keine. Ehefchließungen: kerne. LterbcfaUe: 127) Die BürstensabrikarbeiterSehefrau Ernestine Wil helmine Seidel geborene Friedrich in Schönheiderhammer, 66 I. 6 M 17 T. 128) Franz Heinrich, S. des Eisenhüttenarbeiters Karl Roberr Liebelt hier, 9 T. 129) Rudolf Walter, S- des Eisengießers Fritz Wal ter Körner hier, 2 M- 18 T- 130) Der Modelltischler Franz Hermann Ließner in Schönheiderhammer, 69 I. 3 M. 19 T. 131, Kurt, S. deS Eisensormers Richard Arno Unger hier, 4 M. 22 T. Hilfsausschuh für österreichisch - ungarische Staatsangehörige. Krei-Hauptmauakchafte« Chemnitz «. Zwickau. Durch die Kriegslage sind viele Angehörige de» österreich-ungarischen Staates, welche in den Krei-Hauptmannschaften Chemnitz und Zwickau wohnhaft sind, in unverschuldete Not geraten. Diese zu lindern, hat sich auf Anregung Seiner Exzellenz des k. und k. österreichisch-ungarische Ge sandten in Dresden Freiherrn v. Braun beim k. und k. österreichisch-un garischen Konsulat in Chemnitz ein HilfSauSschuß gebildet, welcher sich an alle österreichisch-ungarischen Staatsangehörigen und Freunde dieser Hilfsaktion mit der höflichen Bitte wendet, ihn durch Zuweisung von Spenden und dergleichen zu unterstützen. Die Spendenliste wird zeitweise veröffentlicht werden. Zur Annahme von Spenden haben sich die Eibenstocker Bank so wie sämtliche Filialen deS Chemnitzer Bank-Vereins in liebenswürdiger Weis« bereiterklärt. Alle diesbezüglichen Schriftstücke sind an Herrn Ma schinenfabrikanten G. A. Bräuer in Chemnitz, Lerchenftr. 14 zu senden. ES wäre mit Freuden zu begrüßen, wenn sich in allen Orten Herren zur Mitarbeit melden wollten. — Der Ausschuß besteht au« den Herren G. A. Bräuer, Maschinenfabrikant, Chemnitz; Josef Ritschel, Kauf mann, Chemnitz; Josef Worm, Direktor der Höheren Wukschule, Chem nitz: Architekt Emil Rößler, Plauen i. V, Poftplatz 8 Sonntag abend '/,8 Uhr entschlief sanft und ruhig nach schwrren Leiden unser luder Bruder, Schwager und Onk«l ködert in seinem vollendeten 68 Lebensjahre. Die» zeigen hierdurch schmerzerfüllt an geb. ^11« i« aller Kintertfieö««. ckibeustock, am 7 S ptemder 1914 Die Beerdigung unseres lieben Entschlairnen findet Mitt woch nachm. 3 Uhr vom Trauerhause au» statt. c. Heute DieuStag Vorm Wellfleisch, frische Brat wurst, nachm. frische Blut- und Leberwurst mit neuem gekocht. Sauerkeaut. I»» M, xL MlMck Vormittag Wellfleisch und frische Bratwurst mit gekochtem neue« Sauerkraut. Täglich frische Sützrahm-Tafel- versendet direkt an Private per Pfd. zu Mark 1,re franko ins Haus die UMerei IrM, u. Wt»«. (gesetzl. gesch ), unübertroffene» Oel für Automobil», Motorräder und Luftfahrzeuge LLodius L Sotm. Hannover-Wülfel u. Basel. Urs-ruW-ZciWisst empfiehlt Emil Hauuebob«. Für die beim Heimgange meiner geliebten Frau, unserer treusorgenden Mutter, Schwester, Schwägerin u. Tante «läa LLsLodsnsr geb. bewiesene Teilnahme sagen wir hiermit herzlichste« I>a«k. Familie nevst übrige« Hinterbliebene«. Kibmstock, 5. Septrmber 1914. Sehr starke Seufgurken und frische Bohne» empfiehlt LeWMige Mer für Kletderftofl-DesstuS gesucht. Offerten unter Vi. 2 an die Geschäftsstelle der .Zeitung' in Mee ra«« i. Sa. erbeten. BnWisk Nr. 6 der «Snigl. SLchs. «rmee ist eingegangen und kann in der Ge schäftsstelle diese» Blatte» eingesehen werden. zu-WMMnyn, neue« Schema, weiße und grün« Formulare, hält stet» vorrätig di« Buchdruckerei von NImH Lnnn»h»^w. In dem Augersche« Hause, Schnre- bergerstraße, ist die smlilmdmi im Obergeschoß sofort zu vermiete« durch OrtSrichter Meich-uer. HmsordmmM find zu haben in der Buchdrucker«, von LimU Bei der hies. Sparkasse find zu Zluter- stü-tmgsjweLe« ferner eingegangen: 561 M. 39 Pf. "/, Anteil der Be amten und Lehrer. 10 , — . v. Frl. E. M. 100 , — , , Hrn. Rich. Hertel. 169 , — . , d. Loge z. d. 3 S. 2 Rate 30 . — . , Hrn. Carl Stölzel. 10 . - , , . C. F. Weitere Gaben werden gern ent gegengenommen. Druck und Verlag von Emil Hannebohn in Eibenstock.