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— Car 1» feld, 14. Januar. Ein schöner, echt gebirgi- scher Wintertag war der letzte Sonntag. Da» ideale Sportgeländ» zu beiden Seiten CarlSfAd», welches seit Wochen reichlichen (l,20 ms und tadellosen Schnee aufzuweisen Hal, wurde von zahlreichen Sportlern besucht. Dabei war es nahezu windstill und die Luft von seltener Klarheit. Die Winterlandschafl bietet zur Zeit prächtige Bilder, namentlich der Hochwaid mit seinen zauberschönen Rauhreifen und Schneegebilden. Eine Schneeschuhpartie durch den tief- beschneiten schweigsamen Winterwald bei dem tagsüber jetzt herrschenden schönen Sonnenschein vermittelt einen ganz be sonderen Naturgenuß. Der Sktklub Eibenstock unter nahm daher eine Tour über den großen Kranichsee nach Sauersack, Hirschenstand, Wildenthal, Eibenstock (ca. 26 km), und auch der Skiklub CarlSfeld hielt unter zahlreicher Be teiligung eine Ausfahrt nach dem WiesenhauS. Die Wetter« aussichten sind sehr günstig, sodaß man bestimmt auf weitere schöne, für die Ausübung des gesunden Skisportes günstige Tage für die nächste Zeil rechnen kann. — Leipzig, 12. Januar. Die KirchenauStrittS- bewegung scheint in Leipzig wenig Anklang zu finden. Bei einer von etwa 2000 Personen besuchten Versammlung, die am Sonntag da« Komitee „Konfessionslos* veranstaltete, und in der der ReichStagSabgeordnele Peu« und Professor Wilhelm Ostwald sprachen, wurden nur 100 Karten mit der Austrittserklärung auSgefüllt abgegeben. Da nun nach den Erfahrungen der Gerichte in dem weitaus größten Teil der Fälle die AuStrittSanträge wieder zurückgezogen werden, so dürfte die Veranstaltung als erfolglos zu be zeichnen sein. — Leipzig, 13. Januar. Dem Erbauer des Völker schlachtdenkmals, Geh. Hofrat Clemens Thieme, der seinerzeit den Roten Adlerorden vierter Klasse erhalten aber zurückgewiesen hatte, ist der Rote Adlerorden dritter Klasse mit der Krone verliehen worden. — Leipzig, 13. Januar. Die hiesigen Studieren den der Zahnheilkunde haben beschlossen, die Vor lesungen und Praktiken Mittwoch wiederzubesuchen, nachdem sich die medizinische Fakultät entschlossen hat, in Verhandlungen zur schwebenden Promotionsfrage einzutreten, und da auch der Kultusminister bereit ist, die Wünsche der Studentenschaft persönlich entgegenzunehmen. — Leipzig, 13. Januar. In den Kreisen deS Leip- ziger Verbandes werden mit großer Spannung die morgigen Beschlüsse erwartet. ES finden keine neuen Ver handlungen mehr statt, sondern sowohl die Kassenvertreler als die Vertreter der Aerzteschaft werden die Entschlüsse über die am vorigen Dienstag ihnen unterbreiteten Vorschläge dem Breslauer Oberversicherungsamt mitteilen, das dann weitere Beschlüsse fasten wird. -- Grimma, 13. Januar. In Prüsig bei Mutzschen spielte sich in der Nacht zum Montag eine Liebestragödie ab. Der 25jährige Sohn des Gutsbesitzers Platz schoß auf die 19jährige Wirtschaft sgehilfin Kohl aus Pöhsig, mit der er ein Liebesverhältnis unterhalten hatte, das nicht ohne Folgen geblieben war, und verwundete sie durch einen Streifschuß. Dann verübte er Selbstmord durch Er hängen. Die Verletzung des Mädchens ist nicht lebensgefährlich. — Aue, 13. Januar. Wie verlautet, ist in nächster Zeit die Errichtung eines staatlichen Kranken hauses für den Bezirk Schwarzenberg in Aus sicht genommen. — Johanngeorgenstadt, 13. Januar. Aus An laß der Beratung über die Abänderung des Gemeindewahl rechts kam es gestern nachmittag hier zu Straßenkund- gebungen, vie jedoch keinen ernsten Charakter annahmen. Einige hundert Arbeiter zogen während der entscheidenden Sitzung vor das Rathaus, um gegen die Wahlrechtsänderung zu demonstrieren. Sie gingen aber schließlich wieder ausein ander, sodaß die Sicherheitsbeamten nicht einzuschreiten brauchten. Der Stadtgemeinderat beschloß die Einführung eines Klassen- und Verhältniswahlrechts. — Der Stadtrat beschloß, Herrn Ratsregistrator Ludwig in Aner kennung seiner ausgezeichneten Dienstleistung zum Rat»- sekretär zu befördern. Sächsischer Landtag. Dresden, 13. Januar. Erste Kammer. Am RegierungStische StaatSminister v. Seydewitz. Präsident Graf Vitzthum v. Eckstädt eröffnet die Sitzung um 11 Uhr 10 Min. Auch Prinz Johann Georg wohnt der Sitz ung bei. Vor Eintritt in die Tagesordnung erfolgt zunächst die eidliche Verpflichtung de» neueinberufeneu Kam- mrrherrn Senft von Pilsach auf die Verfassung durch den Präsidenten. Einstimmig und ohne Debatte passieren die Staatshaushaltsrechnung der Kasse der Oberrechnnngskammer zu Kapitel 36 des ordentlichen Etat» 1912 sowie die vom LandtagSauSschuffe zur Verwaltung der Staatsschulden auf die Jahre 1910 und 1911 abgelegten Rechnungen. Die üb rigen auf der Tagesordnung stehenden Petitionen und Be schwerden werden nach den Anträgen der Deputation ohne Debatte erledigt. Nächste Sitzung morgen vormittag 11 Uhr. Auf der Tagesordnung steht die allgemeine Vorberatung über die Eiatkapitel 25 und 26, Verzinsung und Tilgung der Staats schulden, und in Verbindung damit die allgemeine Etatsde batte. Schluß 12'/, Uhr. Dresden, 12. Januar. Zweite Kammer. Präsident Dr. Vogel eröffnet die erste Sitzung nach der Weihnachtspause kurz nach 2 Uhr und heißt die Abgeordneten im neuen Jahre zu neuer Arbeit willkommen. Auf der Tagesordnung steht als einziger Punkt die Schlußberatung über den Gesetzentwurf betreffend die Amseln und Eichhörnchen. Abgeordneter Frenzel (Kons) er stattet den Bericht namens der Gesetzgebungsveputation und beantragt die unveränderte Annahme der Vorlage. Ministerial direktor Geheimrat Dr. Rumpelt erklärt, die Regierung sei erst an den Entwurf herangetreten, nachdem sich sehr maßgebende Stellen dahin «»»gesprochen haben, daß die Amsel in der Umgebung der Großstädte genusse Entartungen aufweis», sodaß sie au« einem nützlichen «in schädlicher Vogel geworden sei. Der Entwurf wolle weiter nicht«, als den reichsgesetzlichen Regelzustand auch auf Sachsen auSdehnen. Selbstverständlich werde von der Erlaubniserteilung zum Ab schuß der Amseln nur ganz vorsichtig Gebrauch gemacht werden, und nur insoweit, al- ein wirtschaftlicher Schutz da mit erreicht werden soll. Abg. Gleisberg (Natl.) bemerkt, daß die Verhältnisse ganz anders lägen als im Niederlande. Hier seien die Amseln geradezu zur Landplage geworden. Abg. Heimann (Kons.) erklärt, daß er al» Bewohner de» Gedi-ge« e« al« einen Frevel ansrhrn würde, wenn jemand dort die Erlaubnis kinholen wollte, Amseln abzuschießen. Abg. Dr. Spieß (Kons.) betont als Vorsitzender der Depu tation ausdrücklich, daß diese nicht eine Vernichtung der Amseln gewollt habe. Sie habe sich aber der Ansicht nicht verschließen können, daß die Amsel dort, wo sie in Mafien auftritt, mehr Schaden anrichte als Nutzen Nach der Re gierungserklärung sei die Gewähr gegeben, daß die Abschuß- genehmigung nur m geeigneten Fällen erteilt werde. Für das Vogtland und da« Erzgebirge sei die Amsel geschützt. Nach weiteren Ausführungen der Ab geordneten Günther (Fo,tschrtl), Singer (Natl.), Greu- l i ch (Kons) und Dr. Böhme (Kons.) wird das Gesetz un verändert nach der Vorlage entsprechend dem Anträge der Deputation angenommen. Nächste Sitzung morgen Nach mittag 2 Uhr. Pensionen. Deutscher ReichStak. 180. Sitzung vom 13. Januar 1914. Am Tische des Bundesrates: Niemand Die erste Sitzung nach den Veihnachtsferien eröffnet Präsident Dr. Kämpf nm , Uhr und er wünscht den Mitglie dern ein glückliches neues Jahr. Auf der Tagesordnung stehen Petitionen, die zum Teil freilich von «weitgehender Bedeutung sind So erörterte man auf Grund einer Eingabe das Reichs tag sw a h l r e ch t für die Franc n. Hierfür legte sich krur die sozialdemokratische Partei voll und ganz, wie «s schön heißt, „ins Zeug". Sämtliche bürgerlichen Parteien sind dagegen, auch ein nicht unbeträchtlicher Teil der Fortschrittspartei, und so «wurde denn gemäß dem Kvmmissiousbeschlusse dem Antrag ein Begräb nis zweiter Klasse zuteil, indem man ihn der Regie rung zur „Kenntnisnahme" überipies. Zur Berück sichtigung überwiesen wurde eine Petition aus Köln, daß zwecks Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeil postlagernde Sendungen dicvoll eAdresse des Empfängers tragen müßten. Dann be faßte man sich auf Grund einer Magdeburger Peti tion mit dem Militärbvhkvtt von Schanklokalen lle ber die Petition wurde trotz der sozialdemokratischen Be« süqwortung znr Tagesordnung übergegangen, nachdem ein Vertreter deS Kriegsministeriums erklärt hatte, daß der Bvykvttbefehl bereits im Jahre 1912 aufge hoben worden sei. Aus der Zeit der Befreiungskriege. Nachdruck verdnter. 1 5. I a n nur 181 4. Immer und überall gebührt in diesem Kriege Gneisen au das Verdienst, die je- wellige Lage richtig erkannt und ausgesprochen zu hal ben. An diesem Tage schrieb er an Knesebeck ins Haupt quartier, darlegend, daß inan jetzt bereits in Paris sein konnte, wenn ma" gleich nach dem Leipziger. Siege Napoleon unaufhaltsam gefolgt wäre. Ferner wies er darauf hin, das; man ruhig und wubesorgt auf Paris, auch jetzt noch marschieren könne, da Napoleons Armee klein und in schlechtem Zustande sei, an Wassermangel leide und die Stimmung in Frankreich Napoleon feind lich sei. Eine Schlacht bei Paris werde die rasche Entscheidung herbeiführen; in 18 Tagen töüue man vvr Paris sein. An Stein schrieb Gneisenau am selben Tage: „Ich zittere vor Furcht, daß man sich von Frfedensanerbietungeu Napoleons täuschen lassen und uns in unserem Siegesläufe aufhalten wird. Nur in Pams könnün wir den Frieden vorschreiben, wie ihn die Ruhe der Böller bedarf: zwei.Jahre später würden wir für die Schwäche bestraft werden, die wir uns jetzt zuschulden komme» lassem " Derartige Briefe machten nur auf den Zaren Eindruck, ns/cht auf die Oesterreicher, nicht auf Knesebeck und Hardenberg, nicht auf den preußischen König. In diesen Kreise" galten Gneisenau und seine Gleichgesinnten als „exzentrisch" und „exaltiert". Die LoHöle. Novelle von Ferno-Tanner. (2. Fortsetzung.) Sigrid AKmann an Assessor SchweNtulat. Berlin, den .... Sehr geehrter Herr Schwenkulat! Das war doch wenigstens ein Brief, der wie Sic selbst war! Ich muß Ihnen offen sagen, hätten Sie so langweilig «weiter geschrieben wie Ihr erster Brief sich einführte, hätte ich gestreikt. So aber habe ich mich köstlich amüsiert und freue mich jetzt schon auf weitere Schilderungen aus Ihrem Krähwinkelnestchen. Wie ist denn nun das „schickliche" Fräulein Herbert bei näherer Bekanntschaft? Wie sind die andere" Damen der sogenannten Gesellschaft? Gewiß haben Sie doch nun bereits Gelegenheit gehabt, einige Honoratioren-, festlichkeiten mitzumachen, und wer «weiß, ob Sie Ihnen nicht ganz gut gefallen haben. Fch habe gefunden, ,daß sich auch die allergefestigtste Meinung der Herren der Schöpfung über solche Dinge ändert, sobald nur eine nette, kleine persönliche Note mithineinspielt. Was mich anbetrifft, so wäre das Leben in solch einer kleine"' Stadt geradezu mein Tod. Nicht photographiert an der Wand möchte ich dort hängen! Ich brauche Nun einmal zu meinem Wohlbefinden eine gewisse groß städtische Kultur. Ich muß gute Theater und Konzerte, geistvolle Vorträge, eine interessante, ich möchte sagen, etwas international angehauchte Geselligkeit haben, einige Menschen, die über alles reden könnten, weil sie eben alles gesehen haben, und die so gleichmütig von einer Löwenjagd oder einer Nordpolreise erzählen kön nen, wie Durchschnittsleute es fertig bringen, vo" einer Tour durch Thüringen zu reden. Ich will nicht sagen, daß ich solche Menschen ger.rde besonders liebe, aber «ch schätze sie im Verkehr, und Leute, die sich über Kiles, aufregen und alles entzückend und großartig finden, fallen mir einfach auf dre Nerven. Ja, ich pruß gestehest, ich bin sogar nicht unempfänglich für die Reize eines exquisiten kleinen Diners, eines Diners, an dem eben alles tadellos ist vom Damast und Blumenschmuck der Tafel an bis herunter zur letzten Krachmandel, die man verspeist. Hoffentlich Halter« Sie mich darum nicht für materiell. - Hassen tue ich allerdings wie Sre alles Geldprotzentum und ärgere mich, daß gerade die Leute meistens so nuverschämt reich sind, die kein» Ahnung haben, wie sie ihr Geld auf wirklich vornehme Weise auSgeben können Das ist ja eben das Schöne der Großstadt, daß man sich hier auch ohne allzuviel Reichtum Genüsse verschaffen kann, die in der Kleinstaat einfach unmöglich sind - man muß es allerdings verstehen, aber dann hat es Huch gerade noch seinen besonderen Reiz. Me recht haben Sie, wenn Sie von Wohltätig- keitssexerei sprechen, ich hasse die sogenannten wohl tätigen Damen geradezu, besonders die jungen. Bei den alten kann ich's ja allenfalls noch verstehen, baß sie versuchen, sich auf diese Weise zu zerstreuen, die Geselligkeit strengt sie zu sehr an, der Magen kann die Vorzüge eines Diners nicht mehr so recht ver tragen, vielleicht lassen auch die Geschnracksnerven nach, das Schlafbedürfnis wird größer wie nach geistigen Genüssen, und - vielleicht haben sie keine Töch ter mehr zu verheiraten. ES mag ja auch gewiß ein ganz erhebendes Gefühl für sic sein, zum Vorstand eines Vereins zu gehören, in dem die Prinzessi" L oder die Fürstin Z Vorsitzende ist, und öfters durch einige gnäcTigc Worte von der erlauchten Frau geehrt zu werden, und unter Umständen gibt's ja sogar einen Orden! Bei den jungen Mädchen aber finde ich's,ge- rafdezu verrückt und weiß keine andere Motivierung dafür, als das schöne Wart meiner .Backfischzeit: „ sic will sich tun!" Da ist z. B. dieses Fräulein Marianne Baumbach, Tochter des Geheimen Regie- rungSrats B., oie ein wahres Muster von Wohltätig keit sein soll, wäscht eigenhändig schmutzige Kinder und locht Essen für Arbeiter. Dabei soll sie jung, schön und reich sein ich bin wirklich neugierig, sie einmal keimen zu levnen. Ob sich diese Damen nun wirklich cinbilven, der Menschheit zu nützen oder sie zu besser", wenn gerade sie diese niederen Arbeite,, tn" ? Soviel ich weiß, wächst doch die sozialdemokrjatische Partei lustig foick. - Doch mein Brief wird beängstigend lang, darum schleunigst Schluß! Wie lauge wird wohl Ihre Verbannung dauern? Soviel ich mich er innere, sprachen Sie davon, daß sie nur vorübergehend sein würde das letztere wünscht Ihnen von Herzes Sigrid Altmann. Marianne Baumbach an Assessor Schwenkulat. Berlin, den Sehr geehrter Herr Assessor! Sie scheinen mir ein wahrer Tausendkünstler zu sein, denn ldie Gewissensbisse, die ich „den"och" nach dem Absenden meines Briefes an Sie empfand, habest sich nicht nur nach Ihren, zweiten Briefe zerstreut sind verschwunden Ivie — um das abgebrauchte Bild zu gebrauchen - wie der Schnee «in der Sonne sondern ich denke, daß diese schriftlichen Plauderstun den «uns wirklich die mündliche Unterhaltung ersetzet werden. Ich maße mir aber, geehrter Herr Thomas, keinerlei Verdienst an Ihrer Bekehrung an. Aber ich freue mich dieser Bekehrung. Sie wissen, daß ich «sehr an Berlin, meiner Geburtsstadt, hänge und vielleicht möchte ich nirgends anders wohnen, ich weiß es aber von gelegentlichen Besuchen bei meiner verstorbenen Mutter, Verwandten in einer Kleinstadt, daß ma" wirk lich dort mehr Muße und Sammlung für seinen zn"ereN Menschen hat. Mir scheinen die Freundschafte" dau ernder und fester, die Interessen innerlicher, nicht so auf rein äußerliche Dinge gestellt wie hier. Sie sprechen so richtig von dem „bürgerlichen Be hagen" des Kleinstadtlebens, eist Behagen übrigens, das «man jim auch in Berlin verschaffest kann, wenn, man versiebt, sich «im Hause eine solche stille Oase zu erhalten, wü ich sic in Großmutters Wohnstube und in meinem Wohnstübchqn mir geschaffen habe. Eistr Oase, in der man nicht nur ausruht von de" Stürmen der Geselligkeit, sondern sich auch sammelt zu erneutem Waffengang. Denn die geistreichen und berufstüchtigen Frauen scheinen mir alle wie lampfestde Walküren u"d wer, «wie ich, weder geistreich ist, poch auf Mädchen-Gym nasium «oder Lyceum sich ganz unglaubliche Gelehr samkeit in irgend einer Fakultät erworben hat, wer nur allein sein Herz ustd sein Gemüt befragt, we"n die Hände sich in «den Dchnst sozialer Nöte stellen, der «muß sich immer wieder stärken und stählen, um nicht als gar zu „rückständig" abgetan zu werden. Im allge meinen «wäre mir ja das „Abgetansein" nicht störeÄ, aber der Vater würde es schmerzlich empfinden, wenn seine Einzige so gar „simpel" wäre. Wissen Sie, Herr Assessor, zu welchem Studium ich ivvhl Lust haben würde? Zur Nationalökonomie. Als «ich das jüngst auf einem Diner bei Kammergerichts rat Meldorf (wo Sie auch verkehrten und anscheinend auf diesem Diner sehr vermißt wurden), zu meinem Nachbarn sagte, einem zur Kriegs-Akademie komman dierten Oberleutnant, der nvch dazu ein Vetter vost mir ist, da klemmte der sich, um mich darauf stnzusehen, extra sein Monocle ein ustd sagte: „Gnädige Cousine, warum gerade Nationalökonomie? Dabei kommt es« doch immer nur auf die Powerteh hinaus, die Powerleh, die Reuter unsterblich gemacht hat." Er konnte mich nicht verstehest, daß mich die „Powerteh" nicht schrecken würde, «in die Tiefen der Volkswirtschaftslehre einzudringen. Sie steht mir ja doch täglich vor Augen, diese Powerteh, in meine» kleinen Pflegebefohlenen in der Krippe, im Kinder hort, auch rm Arboiterinnenheim. Mütter, die ihr Heim nicht besorgen können, Kinder, die Mütter haben und doch tagsüber in eiin „Heim" gebracht werden müsse», damit die Arbeit der Mutter Brot schafft, das sist «doch der Gipfel aller Powerteh. Wer dazu helfen könnte, daß Müttor eben nur Mütter ihrer Kinder si»d( das wäre «noch etwas Großes, etwas Gewaltiges! Keine Wohltätigkeitsspielerei. Aber das ist unmöglich. Und ich darf vor allem mir nicht solche Utopienbilder oor- spiegeln. Man verliert die Fühlung mit der Gegen-