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soll dcm Vernehmen »ach zum 12. ^uni erfolgen Man NIMM! an, daß die Tagung nur elwa 3 Tage dauern werde. Deutsch-schwedisch,' Bereinigung. In Berlin haben sich am Mittwoch ein: große Anzahl bekannter Persönlichkeiten aus dem verschiedensten Städten Deutschlands zu einer deutsch schwedischen Ber einigung zusammengeschlossen, bereu Zweck es ist, die gegenseitigen Beziehungen zwischen Deutschland und Schweden auf dem Gebiete der geistig-» und Wirt schastlichen Kultur zu pflegen und ru fördern. Zu gleicher Zeit ist in Stockholm eine ichmrdisch deutsche Vereinigung mit den, gleichen Ziele von belamüten und einflußreichen schwedischen Persümrchteiten ins Le ben gerufen worden. Deutscher Frauenverein vom Roten Kre uz. Zur Feier des 25jährige» Bestehens des deut schen Frauenvereins vom Roten Kreu» für die Kolonien fand Dienstag mittag im Herrenhause zu Berlin eine Festsitzung statt. Unter den Ehrengästen befand sich der Ehrenvorsitzende des Vereins Herzogregent Johann Al brecht von Braunschweig mit Gemahlin. Roben ihm sah der Präsident des Herrenhauses von Wedel Pies- dorf, weiter hatten sich die Staatssekretäre Dr Solf und Krätke eingefunden. Den Vorsitz sühctc die Lei terin des Gesamtvorstandes des Vereins, Frau Staats sekretär Dr. von Stephan. Staatsselcetär Dr. Solf hielt die Festrede über koloniale WohlfahrtSpfleg', für die der Verein jährlich 200000 Mark ouswendet. Er fand stürmischen Beifall. Frau Hofrat Dr. Ha gen, Frankfurt am Main überbrachte dem Verein die Iubiläumsgeschenke, die in den einzelnen Abteilungen gciammelt worden sind. So haben gestiftet: Bre men 5000 Mark, Chemnitz 4500 Mark, Köln 2000 Mark, Frankfurt am Main 5000 Mark, Halle 500 Mark, Leip zig 1000 Mark, Magdeburg 5000 Mark. Geheimer Iustizrat Becher, Köln, stiftete dem Verein 10 000 Mi. Nachdem Frau Staatssekretär von Stephan allen Red nern und Spendern den Dank des Vereins ausgespro chen hatte, wurde die Festsitzung, wie sie begonnen hat te, auch mit Chorgesang geschlossen. Oesterreich-Ungarn. — O e sterrei chis ch es Ab ge or d » te n h a » s. Tas österreichische Abgeordnetenhaus setzte am Mitt woch die erste Lesung des Bubgelprovisoriums fort. Der tschechische Sozialdemokrat Tusar wandte sich ge gen die Agrarier, welche durch ihre Wirtschaftspolitik verhinderten, daß Oesterreich eine vernü-ustige Poli- tit gegenüber den Balkanstaaten treibe Da der Red ner auch die Krone und den Thronfolger in dir Debat te zog, wurde er vom Vorsitzenden zur Ordnung ge rufen, ebenso wegen Aeußerunge-n gegen das Herren haus. Der Obmann des Polenkluös Leo erklärte, der Polentlub wünsche, daß der Finanzplon vor den S.'M- merferien Gesetzeskraft erlange. In Besprechung der auswärtigen Lage erklärte Leo, daß die erzielten Erfol ge im Mißverhältnis zu den gebrachten Opfern stän den, zumal die Befürchtung bestehe, daß die gegen wärtige Lösung keine Sicherstellung des europäischen Friedens für eine längere Zeitepoche gebracht habe- Das polnische Volk sehe die nationale Ehre in der Monarchie gewahrt und werde deshalb, jollce es einst zum entscheidenden Kampfe zwischen der Monarchie und seinenc nördlichen Nachbarn kommen, seine staatsbür gerlichen Pflichten erfüllen. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen. Der Redner wurde vcglüci wünscht.) — Der Verleumdungsprozeß des un garischen Ministerpräsidenten. In dem Berlcumdungsprozeß des Ministerpräsidenten v. n Lu kacs gegen den Abgeordneten Zoltan Desh wurden am Mittwoch die Zeugen der Verteidigung vern 'mmen Der stellvertretende Generaldirektor oer Ungarischen Baink- und Handels-Aktiengesellschaft, Emmerich Vajda, gab an, daß die Bankdirektion seinen! Kollegen Paul Elek Beträge zu diskreter Verwendung übergeben habe. El^k gab als Zeuge an, er habe einen drei Millionen über steigenden Betrag für den Mahlsands gegeben. Vajda habe aus eigener Wissenschaft keine Kenntnis davon, a" wen Elek diese Summe gezahlt hab' Mehrere Zeugen erklärten, daß Elek sich vor ihnen vollkommen gerecht fertigt und die richtige Verwendung dieser Gel der nachgewiesen habe. Zeuge Graf Iulius Anoras- sy, früherer Minister des Innern, erklärte, er habe es abgelehnt, an der Rechtfertigungsaktion für Elek teilzunehmen, da er keine Schweigepflicht habe über nehmen wollen für den Fall, daß er von politischen Mißbräuchen Kenntnis erhalte. Graf Johann Zichy, ehemaliger Unterrichtsminister, erklärte, daß er wegen des Falles Tesy-Lukacs aus dem Kabinett ausgetre- teu fei. Er habe als Minister von dieser Angelegen heit Kenntnis erhalten und glaubt sich nicht berechtigt, darüber auszusagen. Lattiche md siichfische Nachrichten. — Eibenstock, LS. Mai Der Weltreisende Walter Koßuta wird hier in diesen Tagen eintreffrn. Er trat am 24. April seine Reile in Berlin an und wird von hier aus seine Reise nach Wien fortsetzen, wo er in zwei Monaten rinzutreffen gedenkt. In allen Orten, die er be rührt, läßt sich Herr Koßuta seine Anwesenheit behördlich be scheinigen. Ueber seine Reise führt er ein Tagebuch, da» er später zu veröffentlichen gedenkt. Alle Kosten des Lebens- unterhalt« und der Reise darf er, einer Abmachung zufolge, nur allein vom Erlös deS AnsichlspostkartenverkaufS bestrei ten. Wir wünschen dem unternehmenden jungen Mann viel Glück auf seiner nicht ungefährlichen Weltreise! — Dresden, 28. Mai. Der Stadt Zwickau ist regierungsseitig genehmigt worden, daß sie für eme An- leihe im Nennwerte von K Millionen Mark Schuldver schreibungen auf den Inhaber in Abschnitten von 1000 und KOO Mark nach Anleihe und TilgungSplan auSgeben darf. — Meißen, 28 Mai. Hier fiel der Dachdecker gehilfe Zieschang bei einem Leiterbruch in ein Faß kochenden TeereS: er wurde hoffnungslos verbrüht in ein Krankenhaus gebracht. — Chemnitz, 27. Mai In der Nähe von Frohn- lrnen (Strürmark) rannte ein A u! o m o bi l, dessen Chauf feur Hoffmann aus Dresden plötzlich von einem Unwohl sein befallen wurde, gegen »inen Baum. Die In- fassen, Fabrikant Hendel, Dr. Föhnke und Privatier Brin bach, alle aus Chemnitz, wurden hrrauSgeschlrudert und schwer verletzt. — Einsiedel bei Chemnitz, 28. Mai. Einen guten Fang machte der hier stationierte Gendarm, indem er bei einer in Gemeinschaft mit zwei hiesigen Schutzleuten am Diens tag frühzeitig vorgenommenen Razzia im StaatSwald hinter der Papierfabrik sechs Mann sestnehmen konnte, tne in wohnlich eingerichteten Lagern unter Fichten näch tigten. — Werdau, 28. Mai. Gestern abend wurde auf Rückersdorfer Flur der Schullehrer und Organist Zöllner vom Blitz erschlagen. Zwei ihn begleitende Kollegen wurden betäubt. — Kirchberg, 27. Mai. Gestern beging der Senior chef der Firma E. I. Kandel, Buchdrucker« und AmtSblatt- verlag, Herr Ernst Josef Kandel mit seiner Gemahlin, Marie geb. Härtel, daS 50jährige Ehejubiläum. Jubel bräutigam und Braut stehen beide im 76. Lebensjahre. Während Herr Kandel sich noch voller körperlicher und gei stiger Rüstigkeit erfreut, macht sich bei dessen Ehefrau die Last der Jahre bemerkbar. — Glaubitz bei Riesa. 28. Mai. Ein zu besonderer Vorsicht mahnender Unfall ereignete sich hier vor einigen Tagen. DaS l'/z jährige Kind des Müllers Vogt spielte im Hofe, als ein bösartiger Hahn dem Kinde einige Bißwunden an der Schläfe beibrachte. Trotzdem daS Kind bald inS Krankenhaus übergeführt wurde, erlag eS dort den erhaltenen Verletzungen. — Colditz, 28. Mai. Die Unsitte der Kinder, kleine Handwagen stehend zu lenken, hat hier ein bedauernswertes Opfer gefordert. Der Sjährige Sohn des Schachtmeisters Krause fuhr, auf einem Handwagen stehend, einen ste len Berg herab und in das Geschirr eines mit Ton schwer beladenen Wagens hinein. Der Knabe wurde so schwer verletzt, daß er kurz nach dem Un- fall starb. Sitzung de- Eirche«vorfta«de- zu Eibenstocks vom 20. Mai 1913. Nach Eröffnung der Sitzung gedachte der Vorsitzende zunächst des auSgeschiedencn Pastor Rudolph mit Dank für seine Tätigkeit in der Gemeinde und wünschte ihm auch für sein neue» Amt reichen Segen. Darnach wurde in die Tagesordnung eingetreten und Folgendes be- schloffen i l) Die Kosten für ein Herrn l'. Rudolph zu überreichende» Geschenk zur Erinnerung an seine Wirksamkeit in der Kirchgemeinde wurden genehmigt. 2) Von den Jahresberichten des Landesvereins für innere Mission, des Fürsorgeoereins für Krüppel und für Taubstumme wird Kenntnis genommen, den Vereinen sollen die bisherigen Jahresbeiträge wieder gewährt werden. 3) Einer vom Stadtrat ergangenen Anregung zur Aenderung des Aus baues aus der Pfarre soll bei deren bevorstehender äußeren Her stellung näher getreten werden. 4) Die Kosten für bauliche Herstellungen im Psarrgute werden bewilligt nach dem Vorschläge des Vorsitzenden, daß der Mieter einen Betrag von 120 Mark im Jahre an die Kirchkasse 6 Jahre lang zahlt und daß dessen Sicherheit festgestellt wird. 5) Einer vom Vorsitzenden gegebenen Anregung, die Besetzung des 1. Diakonats betr., wird beigetreten u. soll darüber Bericht an die K. Superintendentur erstattet werden. t>) Die Gasuhr für Kochgar im Diakonat soll von der Kirchgemeinde übernommen werden. 7) Die würdigere Ausgestaltung der Trauerfeierlrchkeiten in der Fried hofskapelle rvird ins Auge gefaßt. Erörterungen darüber, wie das geschehen kann, sowie Uber die Kostenfrage sind anzustellen. 8) Eine neuerliche Beschwerde des Bildhauer Kober hier wird besprochen und soll derselbe dahin beschicken werden, daß seine Angaben z. T. unrichtig sind oder mangel» näherer Mitteilungen nicht verfolgt werden können. Es ist ipm zu erklären, daß dieselben sich gegen eine Person richten, welche dem Kirchenvorstand nicht direkt untersteht. Nachdem noch von einigen Mitteilungen der Kircheninspektion und einer Einladung Kenntnis genommen worden war, wurde die Sitzung geschlossen. Deutscher Reichstag. 153 Sitzung vvm 28. Mui, nachmittags halb 3 Uhr. Am Bundesratstische: Dr Delbrück. Mau hätte eigentlich für heute im Reichstag einen großen Tag erwartet; stand doch nichts mehr und nichts weiniger als die sozialdemokratische Interpellaticn über das Vereinsgesetz in Elsaß-Lothringen aus der Tagesord nung. Doch man hatte fick' getäuscht. Auf Befragen des Präsidenten erklärte Staatssekretär Dr. Delbrück, daß der Reichskanzler bereit sei, die Interpellation En de dieser Woche zu beantworten. Die Interpellation mußte deshalb von der Tagesordnung abgesetzt werden. Das Haus beschäftigte sich sodann mit der zweiten Le sung des Reich- und Staatsangehöcigleitsgeseyes. Der Sozialdemokrat Lanosberg lehnt namens seiner Par teigenossen den Antrag Herzog, die Fassung der Re gierungsvorlage wieder herzustellen, ab, obwohl er^ zugeben muß, daß die Kommission manche Verbesser ungen vorgenommen hat. Ein Zentrumsredner betont, daß seine Partei daran festhaltcn müsse, oaß die Frau der Staatsangehörigkeit des Mannes zu folgen hat. Auch die Nationalliberalen treten für die Vorlage ein. Von konservativer Seite wird die Vorlage geradezu begrüßt Die Fortschrittler lassen durch ihren Red ner Da:. Blunck erklären, daß die Ävmmisslonsbeschlüs- se insofern einen Vorzug besitzen, als sie den Erwerb der unmittelbaren Reichsangehörfgkeit gewährleisten. Der Antrag Herzog, der die unmittelbare Neichsange- hörigkeit wieder beseitigen würde, wl'rd von fortschritt licher Seite auf das entschiedenste abgelehnt. Ein Po le erblickt in diesem Gesetz eine Pol-nfpindlichkcit und bemerkt, daß seine Partei gegen den Entwurf stimmen werde. Nach einigen weiteren unwesentlichen Be merkungen wird der Antrag Herzog, den Paragraph 1 der Regierungsvorlage wieder herzustellcn, abg»- lehnt. Es verbleibt somit bei dem Kommissionsbeschluff Nächste Sitzung am Donnerstag, nachmittags zwei, Uhr. Aus der Zeit der Besreiungskiege. l Nachdruck vrröo to.j 30. Mai 1813. An diesem Tage begannen nun endlich im Kloster Wahl statt die Waffenstill- standsverhandlungen zwischen dem sramzösrschen Unter händler Caulincourt einerseits und dem russischen Generals Schuwalow und preußischen General Kleist andererseits Sie drehten sich m erster Linie um die Grenze des neutralen Gebietes, oas nach dem Vor- schlage Napoleons zwischen den kämpfenden Parteien gelegt iverden sollte. Ueber die Grenzlinie konnte mqn sich an diesem Tage nicht einigen, da Napoleon zuge- mutet wurde, nicht nur ein erobertes Gebiet von 10 Meilen Tiefe, sondern auch Breslau, Hamburg unv Lü beck aufzugeben; da französischerseits der beiderseitige augenblickliche Besitzstand verlangt wurde, brach man die Verhandlungen ab und gelangte erst später zu einer Einigung. Wie bekannt, hatten die Verbündeten Ue- berflnß an Reiterei und diese wurde nun, zum teil sehr geschickt, zur Entsendung von Streispartieon im Rücken des französischen Heeres benutzt. Dücch seine Verwegenheit zeichnete sich der russische General Ticharnitscheff aus, der sich vis nach Halberstadt hinunter machte und am genannten Tage den westfä lischen Divisionsgeneral von Ochs, 10 Offizi-re und 1000 Mann gesungen nahm, auch 14 Kanonen usw. er beutete. Bei der Gefangenahme sagte Tscharnitscheff zu Ochs: „Wir sind beide Generale, nur mit dem Unter schiede, ick bin ein Russe und fechte für die deutsche Freiheit, sie sind ein Deutscher und fechten für Deutsch lands Unterdrückung. Ochs hatte von der Pike auf ge dient, war stets im fremden Kriegsdienst gewesen, war auch unter den vom Kurfürsten von Hessen an England verkauften Truppen gewesen, und er behandelte den Krieg als Handwerk; deshalb trifft ihn der Vorwurf Tscharnitscheffs wohl weniger schwer, aber der Fall ist bezeichnend für die Verwirrung damaliger Zeit. An diesem Tage begann wieder die Flucht der Beiwohner des platten Landes um Breslau herum vor den Fran zosen. Wer seine Habe auf Wagen wcgbringen konnte, gehörte zu den Glücklichen; die meisten trugen das Zu sammengeraffte auf den Schultern. In sumpfiges Bruchland oder in den tiefen Wald hmehn ging dir Flucht; unwegsame Verstecke wurden ausgesucht. Gar mancher ist so auf der Flucht zu Grunde gegangen. forges aus Men. Heitere Erzählung von I. L. (Nachdruck verboten.) Die Bekanntschaft mit Herrn Jorges aus Wien hab« ich diesen Sommer an der Ostsee gemacht; offen gestanden bin ich nicht weiter stolz darauf, wie sich nachher zeigen wird. Wenn sich aber ein Herr, der noch dazn ein hübsches, pikantes Frauchen besitzt, in der Einsamkeit der zweiten Badesaison als Schriftsteller vorstellt, freut man sich doch, einen Kollegen getroffen zu haben, denn man kann doch nicht wissen, daß der Herr in Wirklichkeit nur Annoncen akquisiteur für ein kleines Wiener „KaSblatt" ist. Herr Forges hat drei Eigenschaften. Erstens ißt und trinkt er gern sehr gut, zweitens findet er alles in Deutsch land zu teuer, drittens — nun, die dritte Eigenschaft lernte ich erst am Tage seiner Abreise kennen. Mit dem Essen fing's an. Herr Forges kommt in ein Restaurant und findet auf der Speisenkarte „Diverse Brötchen ... 30 Pf." Er bestellt also diverse Brötchen, iveil er gar keinen Appetit hat und nur eine Kleinigkeit essen möchte. Nachdem er ohne Appetit fünf Brötchen ver tilgt hat, soll er natürlich eine Mark fünfzig Pfennig be zahlen, aber da erwacht der Löwe in Herrn Jorges. Ich habe schon einmal einen wütenden Elefanten gesehen, der auf seinen Wärter losgehen wollte, auch einen Fleischer hund, der die Tollwut hatte, aber sie waren Lämmer im Vergleich zu Herrn Forges aus Wien. Die Skala seiner zärtlichen Ausdrücke, die er für den Kellner und das Restaurant übrig hatte, begann mit „Das ist eine Gaunerei" und gipfelte in dem Satze, daß so etwas nur in Reichsdeutschland passieren könne, aber niemals in Wien. „Gaunerei" war überhanpt für Herrn Forges auS Wien alles, was ihm in diesem Badeorte begegnete. Daß man ihm in einem anderen Restaurant achtzig Pfennig für vier Eier mit Butter und Brot abnahni, war ebenso eine Gaunerei, wie der Preis von zwölf Pfennig für eine österreichische Regiezigarre hier am Orte, für die er zu Hause in Wien nur zwölf Heller zahlte. Auch daß er zu einem Ausfluge ein Motorboot, das ihm gerade paßte; nicht benutzen konnte, weil es polizeilich noch nicht zur Fahrt zugelassen war, war eine Gaunerei, und des gleichen die Tatsache, daß am nächsten Tage Hohm Seegangs wegen die kleinen Motorboote überhaupt nicht verkehrten. Mit einem solchen angenehmen Badegast zu verkehren, ist eine Erholung, und es leuchtet gewiß jedem ein, wir sehr ich mich nach der Gesellschaft des Herrn ForgeS auS Wien sehnte. Aber eS half nichts. Wir wohnten in einem Hotel, und da nur noch wenige Gäste im Orte waren, war es ein Ding der Unmöglichkeit, dem Schicksal in Ge stalt des Herrn Forges zu entgehen. Wollte ich links gehen, so wollte er rechts entlang. Wenn ich aber wirk lich links abbog, war er sofort wieder hinter mir, er hatte es sich doch überlegt. Wollten wir einen Ausflug zu Fuß machen, so wollte er per Wagen fahren, kam aber doch nachher mit uns, und wenn ivir Wagen fuhren, so war ihm der Preis eine „Gaunerei", er wollte lieber zu Fuß gehen und stieg doch ein, sobald wir ohne ihn losfahren wollten. Und dabei merkte er uns stets an, wenn wir ihn etwa zufällig verlieren wollten, und ließ uns dann erst recht nicht von seiner Seite. Seine Frau erwies sich seinen Launen gegenüber als geduldiges Lamm und war absolut unfähig, auf ihn einen erziehlichen Einfluß aus zuüben. Bäder nahm Herr Forges natürlich auch nicht, denn für die Benutzung des bißchen SeewasserS in natürlichem Zustande, ohne Seife und Handtuch, 40 Pfennig zahlen zu sollen, erschien ihm erst recht als Gaunerei. Vier Wochen waren so unter fortwährenden Nörgeleien des Herrn Forges dahingegangen, als der Herr Kollege aus Wien endlich Anstalten machte, sein Bündel zu schnüren und wieder an die blaue Donau zurückzukehren, wo eS keine Gauner gäbe. Wir freuten uns, offen gestanden, mehr auf die Trennung — denn schließlich fällt so ein Mensch auf die Nerven, selbst wenn er eine nette Frau hat. Am Abend vor seiner Abreise war Herr Forges sogar so liebenswürdig, sich von einen! Herrn unserer Tafel runde zwanzig Mark zu leihen, weil er nur noch öster reichische Scheine bei sich hätte und diese erst morgen — die Geschäfte waren schon geschlossen — einwechseln könnte. Der. Herr gab ihm das Geld; waS tut man nicht alles, um jemandem gefällig zu sein, besonders wenn man die Gemißheir hat, daß er abreift. Und Herr Forges au« Wien mit Jrau reifte ab. Am nächsten Lage. Er reiste sogar so zeitig ab>- daß er dea Herrn nicht aus dem Schlaf stören und ihm die zwanzig Mark wtedergeben konnte. Und der freundliche Herr, der