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sonderen beklagte, die Ernte sei eben leider diesmal nicht so ausgefallen. In solchen Fällen braucht der Landmann Unterstützung, und darum wolle er, Kleinbeil, dein Besucher eine Ziege schenken, die er zufällig habe übernehmen müssen. „Sie wundern sich vielleicht," fügte Kleinbeil freundlich hin zu, „aber eine Bedingung mutz ich daran knüpfen: datz «ie mein Kunde bleiben I Man mutz heute eben alles tun, um seine Kundschaft zu erhalten." Oelke betrachtete mit verdutztem Gesichte die Ziege, die ihm in einepr Stalle persönlich vorgestellt wurde, bedankte sich schönstens und marschierte los, indem er seine neue Hausgenossin an einem Strick hinter sich Herzog. Es war schon dunkel, als er z<u Hause ankam, und so sah niemand den Transport ins Dorf einziehen. Grotz war die Aufregung in der Familie Oelke. Die Mutter des Hauses molk die Ziege und die Milch fand den allgemeinen Beifall. Am nächsten Morgen, der durch das Meckern des neuen Familienmitgliedes eingeläutet wurde, begab sich Oelke uach seinem mit seiner Gattin abgehaltenen Konsilium zu seinem Nachbar. „Der Weitz immer Mat, der hat's hinter den Ohren I" fügte er motivierend hinzu. Nachbar Hagelpfiff spitzte die Ohren, hinter denen er's hatte, als er von der eigenartigen Schenkung hörte. „Hm, der Kleinheit als Wohltäterl" murmelte er. „Schenkt Dir eine Ziege, bloß um Deine Kundschaft zu behalten! Deine Kundschaft I" Der Nachbar steckte sich eine Pfeife mit Dreikönigs knaster an, ein Kraut, mit dem man die Kriegsmacht von drei Königen hätte in die Flucht schlagen können. Dies be schleunigte jedoch bei ihm den Flug der Gedanken und so paffte und meditierte er. Endlich aber, nachdem er verschie dentlich gebrummt und gemurmelt, leuchtete es in seinem pfiffigen Gesicht auf und er gab dem andächtig lauschenden und kopfmckenden Oelke einen Rat, den dieser auch gleich darauf befolgte. Zur selben Zeit, als dies lehrreiche Gespräch stattfand, fuhr ein Kütschlein ans der Stadt heraus. In schönem Bogen,wie „der Iris Farbenschleier", wölbte sich der Rücken des Kutschers, dahinter aber saß, bisweilen grinsend, Herr KleiiEeil junior, und neben ihm hatte der Gerichtsvollzieher Morgenweck Platz genommen. „Na, der wird Augen machen!" meinte Kleinbeil, der heute äußerst vergnügt war. „Sonderbare Augen habe ich auch letzter Tage gesehen," erwiderte der Gerichtsvollzieher, der gerne erzählte. „Sic wissen ja, unser Gerichtsgebäude sieht von außen gar nicht danach aus. Wie nun letzten Mittwoch gerade das Schöffen gericht verhandelte, ich war zufällig als Zeuge darin, — da klopft's bescheiden an die Tür, und auf das Herein tritt ein armer Reisender ein und bittet um eine kleine Gabe. Na, der machte Augen, wie der Amtsrichter ihn sofort einstecken ließ — jetzt wo die schönste Wanderzeit ist!" Kleinbeil in seiner fröhlichen Laune lachte herzlich. „Der wird Augen machen!" wiederholte er dann. Und Oelke machte Augen, als er beide Herren jetzt zur Mittagszeit in den Hausflur treten sah. „'n Tag, Herr Oelke," rief Kleinbeil lustig, als sie der Hausherr schüchtern begrüßte. „Heute kommen wir noch einmal, um zu pfänden. Häben Sie denn Ihre Kuh noch?" „Jawohl!" erwiderte Oelke verdutzt. „Na, dann her damit!" rief Kleinbeil. „Ja es ist aber doch das unentbehrliche Stück Vieh —" entgegnete Oelke. „Sie haben doch," mengte sich der Gerichtsvollzieher ein, „noch eine Ziege, und diese gilt als unentbehrliches Stück Vieh." „Die Ziege?" erwiderte Oelke, und ein seltsames Lächeln verschönte sein gutmütiges Gesicht, „die ist da!" Hiermit stieß er die Tür zur Wohnstube auf, und da sähen die beiden beutelustigen Herren die ganze Familie Oelke um den Tisch Herumsitzen, und das, was sie schon vorher durch seinen wür zigen Geruch aufmerksam gemacht hatte, stand auf dem Tische. Lin tckrvieriger Patient- A.: „Ich glaubte, der Arzt hätte Ihnen das Bier trinken verboten?" B.: „Ja, aber dec kennt mich nicht; mir braucht man nur etwas zu verbieten, dann tu' ich es erst recht!" „Sie haben," stammelte Kleinbeil, „Sie haben die Ziege — gcschl —" Das letzte Wort wollte nicht über die Lippen. « „Ja, es ist nun einmal so," sagte Oelke in seinem be scheidenen Tone, „die Kinder hatten gar so viel Appetit darauf!" Die beiden Herren waren verstummt. Da ergriff der Gerichtsvollzieher Herrn Kleinbeil junior am Arme, zog ihn sanft auf die Straße und sagte dort: „Nun schnell auf den Wagen, sonst — schlachtet er Sie auch noch!" In diesem Dorfe wurde Herr Kleinbeil nie wieder ge sehen. Vie haupttacke. „Sie wollen also Ihren Sohn Maler werden lassen? Hat denn der Kleine Talent zur Kunst?" „Riesiges Talent, er kann tagelang hungern." * Beweis. „Meine Verlobung mit Emil ist doch zurückgegangen. Ob ich ihm nun die Schmucksachen zurückgebe, die er mir schenkte?" „Hat er sie zurückgefordert?" „Nein." „Dann schick' sie zurück, dann sind sie nicht echt."