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s e r u » g e n diingen. In Zukunft muß jeder Personenzug mit einer Grundgkschwinbigkeil von 40 km i» der Stunde fahren. Dadurch wird die bisherige Fahrldauer fast um die Hälfte gekürzt Außerdem sollen drei beschleunigte Züge von hier nach Karlsbad durchgesührt werden, die direkte Wagen Berlin -Chemnitz Karlsbad und Leipzig —Werdau - Karls bad über Johanngeorgenstadt führen werden. Die Zeiten hierfür sind »och nicht festgesetzt. Vorgesehen ist auch ein neuer Abendzug. der Johanngeorgenstadt '211 Uhr verläßt und Anschlüsse bis Zwickau schasst. Im Interesse der Er schließung des Erzgebirges ist diese notwendige und zeitge mäße Neuerung sehr zu begrüßen. — Schnarrtanne, 12. Februar. Arge- Mißge- geschick widerfuhr gestern einem Automobilbesitzer aus Auer bach, dessen noch fast neues A u l o m o b i l (es war erst seit wenigen Monaten in Gebraucht durch Erploston bezw. Kurz schluß in Brand geriet und vollständig zer stört wurde. Das Unglück ereignete sich gestern abend ge gen '^8 Uhr in Schnarrtonne aus der Schönheider Straße unweit des Bahnhofes Personen wurden zum Glück nicht verletzt. Der Schaden beträgt ra 7000 M., ist jedoch durch Versicherung gedeckt. Eingesandt. Die aus das Jahr 1912 laufenden Rechnungen sind nunmehr abzusrgließen, darunter auch die oer kirchli chen Kassen Leider begegnet die Erhebung des an die Kirchrasse z r zahlenden K i r ch e n q u a t e m b e r S sowie die deS sog K v u s i r m a n d en g el d e s seit eini ger Zeit erheblichen Schwierigkeiten. Es sollen n'im lich Stimmen laut werden, welche diese Gefälle als unberechtigt hinstcUcn; ja es verlautet, daß, sogar von einzelnen Seiten embfohlen worden sei, sie nicht zu bezahlen. Es ist wohl selbstverständlich, daß die Kirchsassen Verwaltung Abgaben nicht erheben kann, welche recht lich nicht begründet sind. Das gilt denn auch vom Kircheugnatember und vom Konfirmanocngcld. Beide sind jetzt jür die Kirchgemeinde Eibenstock sestgelegt Der Umstand, daßAb gaben gleicher Art anderwärts nicht überall bestehen, ändert hieran nichts. So ränge das aber der Fall ist, muß der Kirchenvorstand die fälligen Beträge einhebcn, eventuell sogar zwangsw-i- se: denn er muß die geltenden Ordnun gen seinerseits einhaltcn. Erst wenn neue Bestim mungcn ohne diese Steuern ringeführt wären, müh len diese maßgebeno sein. Ein unhaltbarer Zn- stand wäre es aber auch, we nn die Zay - lung der Abgaben gewissermaßen in das Belieben der Gemeinoeglieder gestellt würde Steuer-, rönnen niemals nach Belieben ge zahlt werden. Es ist deshalb auch unrichtig, daß dies bisher der Fall gew.gcn sei. Im Vorjahre sind viel mehr alle rückständigen Beträge von 1910 eilige zogen worden, sewett nicht ourch besondere Verhältnisse der en Erlaß bedingt war. Es ist wohl bekannt, daß in der Gemeinde Ser Wunsch vorhanden ist, die derzeitigen Bestimmungen über den Kirchenqvatember und das Konfirmanoengeld zu ändern. Leider ist eine solche Aenderung nicht vH ne Weiteres durchführbar. Die bestehenden Schwie rigkeiten haben sich bisher ,richt überwinden lassen. Vielleichr können s»e noch behoben werden, bringen» aber ist zu wünschen, daß, um Verdruß zu vermeroen, die nach den derzeitigen Ordnungen rückständigem Ve träge baldigst abgefnhrt werden. F. W. Starke, Pfarre' Theater in Eibenstock. Gestern abend war der Tempel der Musen dem Frohsinn geweiht. Ein Luststück aus Kadclburgs besten Tagen, sein „Badeabentcuer in Ostende," oder „Hans Huckebein", wie man es auch betitelt, verschaffte den Anwesenden einige rech! vergnügte Stunden. Em schnelles Aufeluonderfolgcn komischer Situationen, Me ßender Dialog unk ohne Unterbrechung sich aneinan derreihende Witze sind Kadclburgs Waffen, mit denen er sich seine zum Lachen auserkorenen Opfer unter tan macht. — Die Leistungen der einzelnen Schau spieler waren auch gestern wieder recht anerkennens werte, vom Schwiegerpapa Krauer herab bis ;um Buchhalter des Herrn Haller,stüdt. Der nächste Freitag wird uns eine der aufsehen erregendsten Prrmiäre bringen, und zwar Carl M. Ja cobys „Tragödie einer Frau." Dies Sit tenbild aus dem Russischen ist eine i Novität ersten Ranges und dürfte seine Zugkraft auch hier nicht ver fehlen. Trotzdem die Aufführungskosten für diese Neu heit außerordentlich hehe sind, hat die Direktion doch von einer Erhöhung d»r Eintrittspreise abgesehen, um möglichst jedem Gelegenheit zu geben, dies dramati sche, tvuchtige Werk kennen zu lernen. Deutscher Reichstag. 1l0 Sibang oom 12. Februar, 1 Uhr Der Bundesratstisch bleibt unbesetzt. Der sozial demokratisch' Wahlrechtsantrag verlangt die Einführ ung des Reichstagswahlrechts für alle über 20 Jah re alten Staatsbürger beiderlei Geschlechts, für al le gesetzgebenden Körp'rschaften des Reichs. Begründet wird der radikale Antrag durch den Gen. Wels mit dem vekannten Argument Daß die Partei damit bn den übrigen Fraktionen rgendwelchen Anklang find?« wsi^ de, war nichr ru erwarten, und fast alle übrigen bür gerlichen Parteien ließen ourch ihre Wortführer Er klärungen abgebcn, daß sie sich auf das Entschiedensta gegen einen derartigen Antrag wenden müßten Von Seiten der Rechten wurde direkt erklärt, sich an der Debatte überhaupt nicht zu beteiligen, da wieder eiu- mal Rechte der Landesstaaten vor dem Forum des Reichstages erörtert würden. Ausführlicher äu ßerte sich der Fortschrittler Kopsch über dw Angele- ge.'heit, indesten ging auch ihm der sozialdemoirati- sche Antrag gar zu weit Die zweite Lesung schloß sich sosorr an. oa niemano Kommijsionsberatuug bean tragt hatte Zn dieser zweiten Lesung wurde auch nichts Neues gesagt. Abgeordneter Liebknecht pole misierte in ker Hauptsache gegen Preußen. Nach ihm ging der , rtschrittliche Abgeordnete Zivtmvsch aus die Verinjs.iuo^verhältnisfe in Mecklenburg ein Nachdem noch mehrere sozialdemokratische Redner ge iprvchen haben, wird die Diskussion geschlossen. In der Abstnnmuug erfolgte oie Ablehnung des Antrages in allen Teilen, swa?- vie dritte Lesung nicht staktfin- det Am Denuerstag soll der Justiz und Postetat be raten werden Merkrmä Kääerarten. Plauderei von Dr. med. Adolf Stark. (Nachdruck verboten.) Wenn wir uns fragen, was den Menschen, dies typisch« Landgeschöpf, bewogen hat, ins Wasser hinabzusteigen und sich die Fluten über dem Kopse zusammenschlagen zu lassem so erscheint es als das Naheliegendste und Natürlichste, daß es das Bedürfnis nach Reinigung und Erfrischung gewesen sei. Aber das Naheliegende und Natürliche ist durchaus nicht immer das richtige. Ich fühle mich nicht berufen, diese Frage lösen zu wollen und gar hier, in einer Plauderei: aber es gibt auf jeden Fall zu denken, daß zahl reiche Naturvölker, auch solche, welche am Wasser leben, geradezu vor Schmutz starren, sich darin sehr wohl zu be finden scheinen und vor dem Wasser häufig eine ans Komische streifende Abscheu haben. Auch daß die meisten der in den heißen Gegenden entstandenen Religionen, von den Indern und der Bibel angefangen, deren Ursprung sich bis inS graue Altertum verliert, bis herab zu Mohammed, daß alle diese Religionen in ihrem Ritus Waschungen als gottesdienstliche Funktionen aufnahmen, alles dies deutet darauf hin, daß ihre Gründer zwar einerseits von dem hygienischen Wette -eS Badens durchdrungen waren, andererseits aber auch wußten, daß ohne einen gewissen Zwang die Wasserscheu der großen Menge sich nicht über winden ließe. Wie dem auch sei, die Erkenntnis von der Gesundheit und der Notwendigkeit des regelmäßigen Bades ist auch heute noch nicht in die Mafien gedrungen. Umsomehr aber war das Volk stets zu allerhand phantastischen Bäderarten geneigt, von denen man sich eine besondere Wirkung ver sprach, sei es für die Gesundheit, sei es sonst in irgend welcher Beziehung. Da wäre vor allem der Aberglaube zu erwähnen, daß dem Wasser gewisser Flüsse eine besondere Heilkraft zukäme. Schon in der Bibel finden wir die Angabe, daß der Aus satz durch ein dreimaliges Bad im Jordan geheilt werde, eine Erzählung, die sich auch bei den Indern findet. Nur heißt hier der heilige Strom natürlich nicht Jordan, sondern Ganges oder Indus. Diese Art der Bäder, deren Wirkung, soweit sie über haupt vorhanden ist, nur als suggestiv bezeichnet werden kann, ist nicht zu verwechseln mit dem Baden in heil kräftigen, kalten oder warmen Mineralwässern. Bei diesen handelt es sich tatsächlich um eine bedeutende und wissen schaftlich festgestellte Heilwirkung, die teils auf die Temperatur, größtenteils aber auf die Mineralbestandteile -urückzuführen ist. Das Wasser ist das natürlichste und häufigste Bade medium, aber durchaus nicht das einzige. Baden in Ol war im Altertum nichts Ungewöhnliches, wenn dies Ver fahren auch natürlich, schon wegen seiner Kostspieligkeit, seltener war als die häufig geübten Waschungen und Ein reibungen mit Ol. Und noch eine Flüssigkeit wäre zu er wähnen, die besonders im Mittelalter zu Heilbädern ver wendet wurde, das Blut. Das Blut, die Quelle und der Sitz des Lebens, wie es in alten Schriften oft genannt wird, spielte natur gemäß in der Medizin des Mittelalters eine hervorragende Rolle. Der Schluß lag nahe, daß dieser „besondere Saft" belebend und stärkend wirke. Und vereinzelte, aber wohl beglaubigte Nachrichten und Gerichtsprotokolle wissen da von zu erzählen, daß man sich nicht immer mit un schuldigem Tierblut begnügte, daß Aberglaube und Eitelkeit — den Blutbädern wurde eine verjüngende Wirkung zu geschrieben — zu Mordtaten, vornehmlich an Kindern, führten. Ganz ungeheuer ist die Zahl der Bäderarten in der neueren Zeit angeschwolleu. Neben den verschiedenen Mineralwässern kommen auch andere Stoffe in Betracht, allerdings im Unterschied zum Mittelalter durchweg dem Mineralreich oder der Pflanzenwelt entnommen. In erster Reihe stehen hier die Mineralmoorbäder. Abgestorbene Pflanzen, welche in die Tiefe eines stehenden Wassers versunken sind, haben einen eigentümlichen Prozeß durchgemacht, den man als Vorstufe der Kohlenbildung ansehen kann, die Vermoorung. Um aber ein Moor zum Heilmoor zu machen, ist es notwendig, daß an Stelle des gewöhnlichen Sumpfwafiers Mineralquellen treten, wodurch der Moor eine sehr wirksame Zusammensetzung erhält. Den Moorbädern ähnlich in Konsistenz und Wirkung sind die Schlammbäder. Im Anschluß daran wollen wir noch die Sandbäder erwähnen, bei welchen der Badende ringsum von einer heißen Sandschicht umgeben ist. Unter dem Namen elektrische Bäder werden in der modernen Medizin gewisse Badesorinen angewendet, bei welchen durch das Badewasser und natürlich auch durch den Körper des Badenden elektrische Ströme verschiedener Arten und Stärken geleitet werden. Das sogenannte elektrische Vierzellenbad verdient streng genommen seinen Namen nicht: es ist kein Bad, sondern nur eine besondere Form der Elektrisierung, wobei statt der Elektroden mit Flüssigkeit gefüllte Gefäße, in die Hände und Füße ein tauchen, verivendet werden. Eine Schöpfung der neuesten Zeit, der es Vorbehalten war, den Heilwett des Lichtes zu erkennen, sind die Licht bäder, bei denen der entblößte Körper einer intensiven Be strahlung durch elektrisches Licht ausgesetzt ist. Ihnen schließen sich die Sonnen- und Luftbäder an, bei welche« unser Tagesgestirn die Rolle des elektrischen Lichtes über nimmt, welche also den Vorteil der Billigkeit haben, leider aber nicht immer zu haben find: denn in unserem Klima find die sonnenarmen Tage allzu zahlreich. Zum Schluß seien dann noch die Heißluftbäder er wähnt, bei welchen man durch geeignete Vorrichtungen auf den Körper Hitzegrade einwirken läßt, deren Höhe ost ganz bedeutend ist. Auch Gasbäder, daS heißt Vor richtungen, bei welchen der Körper des Badenden statt von Lust von Kohlensäuregas umgeben ist, kommen in Verwendung. Damit ifKArigenS daS Kapitel noch sticht erschöpft; aber diese kurz« Übersicht genügt wohl, um zu zeigen, welch reiche Auswahl dem modernen Menschen zur Verfügung steht, wenn er „ins Bad" geben will. Der Mortveckfel. Humoreske auS dem Flämischen von HanS Hart. (Nachdruck verbot«.) „Nein, Luise! Das sollst du nicht!" — „Ich will'» aber!" — „Du verweigerst mir den Gehorsam?" — „Gewiß!" — „Nimm dich in acht, sage ich dirl" — „Denkst du. »ch fürchte mich vor dir?" — „Unverträgliches Weib!" — „Lächerlicher Manul" - „Gut denn. Lasten wir uns trennen!" — „Ganz recht. Weh mir, daß meine Eltern mich an einen Mann wie dich gegeben!" — „Weh niir, daß ich io dumm war, mir keine andere aus- zusuchen!" Im Begriff, in das Zimmer ihrer Tochter einzutreten, hatte Frau Müller bereits ihre Hand auf die Klinke der Tür gelegt, als der heftige Wortwechsel sie zurückhielt. Ist es möglich, dachte sie bei sich. Karl und Luise zauken sich miteinander! Und sic sind doch erst seit sechs Monaten verheiratet. Welcher Verdruß! Soll sie hinein gehen und den beiden, sie überraschend, das Häßliche ihre» Tuns vor Augen führen und sie zu versöhnen trachten? Nein, bester war es, die beiden sich zu überlassen. Selbst die Eltern sollen sich nicht in Streitigkeiten der Eheleut« mengen. Heute abend sollten di« Kinder bei ihren Elter« speisen, und da würde es sich erweisen, ob der Zank noch fortdauerte. In diesem Falle war dann immer noch Zeit, einzugreisen und die Sache ins reine zu bringen. Auf den Zehen sich zurückschleichend, befahl Frau Müller der alten, treuen Dienstmagd an, nichts von ihrem Be suche gegen die Herrschaft zu erwähnen. Als die jungen Leute abends kamen, schienen sie vergnügt und fröhlich wie immer. Sie betrugen sich gegeneinander, als ob ni« eine Wolke den Ehehimmel getrübt. Frau Müller war glücklich. Ende gut, alles gut! — Am Tage darauf konnte die Mutter sich der Gedanken an das gestern Vorgefallene nicht entschlagen. Um 1 Uhr, als sie die beiden zu Haus wußte, ging sie hin. Zum Dienstmädchen, das ihr öffnete, sagte sie: „Melde mich nicht. Ich will meine Kinder überraschen." Und sie lief leise zu der Zimmertür, wo sie gestern gelauscht. Laute Stimmen klangen durch die geschlossen« Tür. Horchend blieb Frau Müller stehen. „Nimm dich in acht, sage ich dir!" — „Denkst du, ich fürchte mich vor dir?" — „Unverträgliches Weib!" — „Lächerlicher Mann!" — „Gut denn! Lasten wir un« trennen!" Entsetzt hörte es di« arme Mutter. Tränen träte« ihr in die Augen. War es möglich? Karl und Luise, die gestern abend so vergnügt schienen, zankten sich heute auf die gleiche Weise wie gestern. Es war also doch so. Nach kaum sechsmonatiger Ehe war es so weit gekommen. Und doch war es eine Heirat aus Liebe gewesen. Ebenso wie am Tage vorher legte sie der Dienstmagd Schweigen auf, doch ehe sie an der Haustür war, konnte sie der Ver suchung, ihrem liebevollen Herzen Lust zu machen, nicht widerstehen. Sie mußte sprechen: „Die jungen Leut« führen gerade ein sehr heftiges Gespräch. Ich will nicht stören." ,Ach, Frau Müller!" lautete die Antwort, „sie lasten sich ln ihrem Zanken durch niemanden mehr stören. Sie können sich einander nicht mehr auSstehen. Es ist ein Unglück!" — „Hast du das auch schon bemerkt, Marie?" — „Ob ich es gemerkt habe? Ich hätte ja taub sein müssen, um es nicht zu merken. Abends und morgens geht alle» in Ruhe, dann sind sie beide fröhlich und verliebt wie zwei Tutteltäubchen: aber nach Tisch fängt der Spektakel an mit Schelten und Schreien und — Schlagen." — „Nicht möglich!" — „Gewiß doch. Ich hab's mit eigenen Äugen gesehen, daß mein Herr eine Ohrfeige bekam." — „Ich kann es nicht glauben!" — „Was tat Karl dann darauf?" fragte Frau Mütter weiter. Es war ja noch schlimmer al» sie gedacht. „Was mochte denn nur eigentlich oorgefallen sein?" „Nichts!" antwortete die treue Matte. „Er sagte nur; Sapperlot, das ist ein bißchen stark, und rieb sich di« Wange." — „Das ist alles?" — „Ja. Aber ich muß zu geben, er hat viel Geduld." — Fassungslos sank die Mutter Luisens auf einen Stuhl. Ihr Kind, ihre sanfte Luis« konnte sich so weit vergessen, den Gatten zu schlagen. Si« konnte es nicht begreifen. Bald hatte sie sich so weit gefaßt, um nach Hause gehen zu können. Dott erzählte sie ihrem Manne alles, was geschehen. „O Himmel!" stöhnte der greise Vater. „Welch harter Schlag für unS, die wir nichts anderes verlangten, kein höheres Lebensziel hatten, als unsere einzige Tochter glücklich zu sehen! Und nun zu wissen, daß sie unglücklich ist." Seit diesen Tagen lebten die beiden guten alten Leute in fortwährender Angst vor der ihnen unvermeidlich scheinenden Ehescheidung, denn, wir die treue Marie be richtete, die Streitereien wiederholten sich immer noch tag täglich. Wer das junge Paar in Gesellschaft sah, konnte nicht vermuten, was sich zu Hause hinter geschlossenen Türen abspielte. Meisterlich wußten sie den Schein eines glücklichen Ehepaares beizubehalten. DaS schlimmste war, daß die beiden Eltern ihren Verdruß, ihre Unruhe ver bergen mußten und gezwungen waren, den Kindern ein lachendes Gesicht zu zeigen. Dazu kam, daß in wenigen Wochen ihrer Ehe erster Tag zum 25. Male wiederkehrte. Das Fest der silbernen Hochzeit mußte gefeiert werden. Es ging nicht anders. Der Tag des Festes war gekommen. Während die Gäste dem Jubelpaare ihre Glückwünsche darbrachten, wechselten Frau Müller und ihr Mann vielsagende Blicke. Das Herz wurde ihnen noch schwerer, als sie hätten, daß Karl und Luise eine Duoszene aufführen wollten. Eine Komödie, hinter der sich ein Drama verbarg. Die Gäste hatten Platz genommen. Das die Stelle eines Vorhangs einnehmende Tuch ging hoch, und die beiden jungen Ehe leute traten aus und spielten. Doch was war das?" „Nein, Luise! DaS sollst du nicht!" — „Ich will aber!" — „Du verweigerst mir den Gehorsam?" — „Ge wiß!" — „Nimm dich in acht, sage ich dirl" — Frau Müller lauschte atemlos. „O bester Mann!" flüsterte sie, ihrem Gatten die Hand drückend. — „WaS ist, Frauchen?" — „O Himmel! — soll es — ich glaube — hör'!" - Und das Gespräch auf der Bühne ging fort: „LuisL ich " — „Was?! Du hebst die Hand gegen mich? Da!" Patsch. „Eine Ohrfeige? Das ist stark. Sapper- lotl" — Di« Zuschauer klatschten stürmisch Beifall. Und et» Helles, lautes Lachen brach über die Lippen der Fra» Müller. Ihr ging ein Licht auf. DaS ihr in so schmerz licher Erinnerung gebliebene Gespräch war ein Aufsage« der Rollen gewesen. ,O, wa» war ich dumm, un» beide» so viel Sorg« und Leid zu machen!" sagte sie, sich zu ihr«« Manne beugend. .Di« Kinder dürfen es nicht wisse». Wie würden sie mich auslachen l"