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Amts- und Anzeigeblatt für den Amtsgerichtsbezirk Eibenstock und dessen Umgebung : 11.04.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426615816-191204115
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426615816-19120411
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426615816-19120411
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Amtsgerichtsbezirk ...
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Jahr
1912
-
Monat
1912-04
- Tag 1912-04-11
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Monat
1912-04
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Jahr
1912
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Herr Wilhelm Hermann Walter Breiting ;» gewiesen. -- Eiben stock, 10. April. Wie schütt i» gestriger Vtumnier kurz erwähnt, führte am I. Ostertage abends >m „Deutschen Hause' die Zimmerschützen-Gesellschaft das über aus tragisch endende Ludwig sche Trauerspiel »Der Erb- förster " auf, das auf die außerordentlich zahlreiche Be sucherschaar den nachhaltigsten Eindruck auSübte. Recht wirkungsvoll und naturalistisch wurde die Titelrolle, der Förster Christian Ulrich zur Darstellung gebracht und die übrigen Mitglieder der Förstersfamilie, wie seine Frau Sophie, di« Kinder Andreas und Marie, reihten sich der Leistung würdig an. Aber auch der Bräutigam Robert Stein konnte als treffliche Charakterfigur bezeichnet werden. So war die Ge samtwirkung der Aufführung eine durchaus abgerundete und der lebhafte Beifall, den das Publikum spendete, bewies den Darstellern, daß sie nicht umsonst sich gemüht. Da vielfach der Wunsch nach einer Wiederholung der AMührung geäußert ist, gedenkt die Gesellschaft in de» nächsten Wochen das Stück noch einmal zu geben. - Dresden, lO. April. Für Sachsen bringt die neue Wehrvorlage im Falle ihrer Genehmig ung den Abschluß der Organisation der beiden sächsischen Armeekorps. Das neu zu errichtende 16. In s ante ei'- Regiment Nr. 182 ist das im Verbände des 12. Armee korps noch fehlende Regiment und macht die bisher an seiner Stelle bei der 64. Infanterie-Brigade befind lichen beide» Jäger-Bataillone für ihre eigentliche Be stimmuug frei. Von ihnen wird je eins den beiden Armeekorps zugeteill werden. Als Standort des neu en Regiments ist für den Fall der Annahme der Wchr- »orlage durch die gesetzgebenden Körperschaften Frei berg in Aussicht genommen. Das jetzt in Freiberg stehende 5. Bataillon des Infanterie Regiments Nr. 177 tritt zur Verminderung der Kosten zu dem neuen Re giment über, während das 177. Regiment sein B Ba taillon neu aufstellt. Die Garnison des letzteren wird später Dresden. Außerdem solle,, die noch fehlenden 6. Vaiaillonc bei den Infanterie-Regimentern Nr. 178 und >179 zur Ausstellung gelangen, und ztvar das er stere in Kamenz, das letztere -in Leisnig, was die Ver legung des Regime,ltsstabes des 179. Regiments von Wurzen nach Leisnig nach sich zieht. Die beiden Jä ger Bataillone bieten die Möglichkeit, ohne Zerreißung selbständiger Truppenteile Städte mit Garnison zu vcr sehen, in denen bisher noch leine Truppen liege» Sc. Majestät der König hat in dem Wunsche, diese Möglich- leit auszunutzen, als Standort für ein Jäger Ba taillon Löbau, für das andere Meißen in Aussicht zu nehmen tzeruht Die bei den Infanterie-Regimentern noch fehlenden Maschinengewehr Kompagnien Werve» rn den Standorten der Regimentsstäbe aufgestellt. Das öon den gesetzgebenden Körperschaften bereits be willigte Fußartillerie-Regimcnt Nr. 19 soll mit einem Bataillon bereits am 10. Oktober 9912, mit dem an deren ein Jahr später gebildet werde». Nm die Bri- gadekommandeure von dein Ersatzgeschäjt zu ent lasten, wird die Aufstellung von zwei Landwehr-In spektionen geplant, von denen die eine im Bereiche des 12. Armeekorps vom 1. Januar 1912 ab die Be zirtSkommankoS 1. und 2. Dresden, Freiberg und Flöha die andere im Bereiche des 14. Armeekorps vcm 1 April 1914 ab die Bezirkskommandos Chemnitz, Au naberg, Schneeberg, Auerbach und Plauen umfasse» soll Leipzig, 8. April- Das älteste Gymnasium Leipzigs, die Thomasschule, feiert vom 24. bis 26. September ihr 700jähriges Bestehen. Von den in Aussicht genommenen Veranstaltungen sei vor allem ein historisches Kirchenkonzert in der Thomaökir- che genannt. 'Zwickau, 9. April. Im Bergarbeiter- Aus stand war die Lage heute nicht wesentlich ver ändert. Bei der Frühschicht war im hiesigen Rcv.cr eine kleine Abnahme zu verzeichnen, die aber im Laufe des Tages wieder ausgeglichen werden dürfte -- Cainsdorf b. Zwickau, 7. April. Der etwa 30 Jahre alte beim Elektrizitätswerk „Obererzgebirg" beschäftigte Monteur Ernst Kurt Ebert aus Niederhaßlau kam gestern nachmittag bei seiner Arbeit in der Nähe der hiesigen Kirche der Hochspannleitung zu nahe und wurde von dem etwa 3000 Volt messenden Strom getötet. Der Ver unglückte hinterläßt Frau und zwei Kinder. — Aue, 8. April. Unter zahlreicher Beteiligung der Delegierten aus den einzelnen sächsischen Vereinen fand am 1. April im Saale des Gasthauses Muldenthal die diesjäh rige (5.) Jahresversammlung des Musiker verbandes des Königreichs Sachsen (Landes- Delegierten-Versammlung) statt. Der Vorsitzende des Landes verbandes, Herr Teuchert, erstattete den außerordentlich umfang reichen Jahresbericht. Darnach besteht der sächsische Unter verband zurzeit aus 22 Lokaloereinen mit zusammen 10,13 Einzelmitgliedern. Ausgetreten sind im vergangenen Ge schäftsjahre die Lokalvereine Altenburg, Chemnitz und Leip zig (mit Vorbehalt). — Nach langwierigen Erörterungen über den Austritt des Leipziger Lokalvereins aus dem Verbände, die mit sehr umfangreichen Erklärungen des Präsidenten des Allgemeinen Deutschen Musikerverbandes, Hrn. Cords-Berlin, ihr Ende fanden, wurden verschiedene Punkte erörtert, die für die Lage der Musiker von großer Bedeutung sind. So wurde z. B. die Konkurrenz der Militärmustk beklagt, ferner, daß Lehrlinge in den Abendstunden zum Tanze aufspielen, und endlich wurde lebhaft darüber Klage geführt, daß in Großstädten sozialdemokratische Wirte in ihren Sälen nur Musiker spielen lassen, die gewerkschaftlich organisiert sind. Besonders schlimm sei das in Dresden, wo die wirtschaftliche Lage der nicht gewerkschaftlich organisierten Musiker ganz darnieder sei, wozu auch der Umstand beitrage, daß dort zu allen großen festlichen Veranstaltungen Militärmusik bevor zugt wird. Sodann wurde von Herrn Büttner-Dresden der Kassenbericht erstattet. Dieser balanciert bei einem Kassen- bcstand von 1558 Mk. 76 Pf. in Einnahmen und Ausgaben mit 3374 Mk. 69 Pf. Der Bericht ist vorschriftsmäßig ge prüft und für richtig befunden worden, sodaß dem Kassierer Entlastung erteilt werden konnte. Danach wurde folgender Antrag des Vorstandes zur Beratung gestellt. .Die am 1. April 1912 in Aue tagende Landes-Delegierten-Versammlung des Musikcrverbandes des Königreichs Sachsen bringt folgen den Antrag zur Abstimmung: Der Zentralausschuß wolle beschließen, daß sämtliche Unterhaltungskosten des Sächsischen Unterverbandes, der eine Besserung der getstiaen und wirt schaftlichen Lage der Musiker anstrebt, dis auf weiteres auS den Mitteln des Allgemeinen Deutschen Muflkerverbandes bestritten werden. Dieser Antrag ist dem am 2. und 3. April in Berlin tagenden Zentralausschuß zu unterbreiten und er ist zur Abstimmung zu bringen. Der Antrag wurde einstim mig angenommen. — Schneeberg, 9. April. Eine vereitelte Bal lonfahrt, fast ganz analog dem Vorkommnisse in Eiben stock während des Bielfe st es hat hier am 2. Oster feiertag viele enttäuscht. Wir lesen darüber im »Erzgeb. VolkSfreund" u. a.: In dichten Scharen strömten die Schau- lustiae» nach der Statte, wo unter der Aufsicht deS bekann ten Luftschiffers Spiegel aus Chemnitz von 10 Uhr vormit tags ab die Füllung des 400 odm fassenden Riesenballons ftattfand. Ein Teil begab sich auf den Füllplatz, um das interessante Schauspiel aus unmittelbarer Nähe beobachten »u können. Der heftige Sturm ließ eine Verzögerung des Aufstiegs vermuten, da das Gas immer wieder zurückgedrängt wurde und die Füllung deshalb nur ziemlich langsam von statten gehen konnte. .Vor '/,7 bis 7 Uhr wird es nichts' lautete die Auskunft. Also: hinein ins Schützenheim. Gegen '/,7 Uhr ging eine Bewegung durch die Menge. Der Sturm hatte die Fahrt vereitelt. Der Ballon war durch die Windstöße aus dem Netz herausgedrückt wor den, und um das Flugzeug nicht zu gefährden, mußte der Luftschiffer die Reißleine ziehen und das Gas aus dem B allon entweichen lasse». — Skeptiker, die noch immer glaub ten, auf solche oder ähnliche Weise könne ein Ballon nicht vom Winde entführt werden, dürften in Anbetracht dieses Falles schließlich auch zur Einsicht kommen. Buchholz, 9 April. Eine Sammlung für einMilitärflugzeug „ Erzgebirge " ist von un serer Stadt eingeleltet worden. - - Frankenberg, 9. April. Im OseuhauS der städtischen Gasanstalt stürzte heute vormittag dec 54 Jahre alte verheiratete Hofarbeiter Clemens Mor genstern etwa zwei Meter hoch von einer Lei ter ab. Er siel so sunglücklich auf den Kopf, daß xr einen schwere» Schädelbruch erlitt. An dem Aufkom men des Verletzten muß leider gezweifelt werden. Köuigs Wartha,'8. April. Unter Mord- und Brandsiiftungsveroacht ist im Dorfe Nauslitz der Gutsbesitzer Winkelmann verhaftet wor den. Am Donnerstag früh ist in dessem Wohnhaus Feuer (ausgebrochen. Bei den Löscharbeiten fand man auf'dem Oberboden des brennenden Hauses unter glim mender Jutterspreu die zum Teil verkohlte Leiche des seit Januar dieses Jahres vermißten 61 Jahre alte» Arbeiters.Iakob Melke, der bei Winkelmann in Dien ste» Aand. Winkelmann wurde unter sdem Verdacht, den Metke seinerzeit getötet und jetzt das Haus angezün det zu haben, damit die Leiche, die sich durch starke» Geruch -im Hanse bereits bemerkbar zu machen begann, mit verbrenne, festgenommen und vorläufig in bas Amtsgerichtsgefängnis Kamenz cingelicfert. Winkel mann Hat bereits vor einigen Jahren einmal wegen Brandstiftungsverdacht vor Gericht gestanden. — Belgershain b. Leipzig, 8. April. Ein aus Leipzig gebürtiger 25jähriger Kaufmann tötete am Ostersonnabend nachmittag in der 4. Stunde durch drei Schüsse seine hier bei Verwandten aufhältliche etwa 23jähr. Geliebte, ergriff dann die Flucht und schoß unter einer Bahnbrücke auf sich selbst. Der Täter wurde bewußtlos aufgehoben, durch einen herbeigerufenen Arzt in einem nahe gelegenen Hause verbunden und nach Leipzig überführt. Der junge Mann ist. wie verlautet, schon auf dem Transport verstorben. Der Grund zur Tat soll in Liebesverhältnissen zu suchen sein. — Falkenstein, 9. April. Einen Selbstmord versuch verübte am Sonnabend nachmittag der 60 Jahre alle Uebcrzieher Rudolf M. hier in seiner Wohnung. Nach dem ein Versuch, sich zu erhängen, ihm nicht geglückt, brachte er sich tiefe Schnittwunden am linken Handgelenk bei, wobei er sich die Schlagader zerschnitt. Er wurde jedoch noch recht zeitig aufgefunden und nach Anlegung eines ärztlichen Not verbandes durch die Sanitätskolonne »ach dem Krankenhaus gebracht. Er ist jetzt außer Gefahr. — stldorf i. V., 8. April. Glück km Unglück hatte am -Gründonnerstag der Enoe der 'dreißiger Jahre stehende, H» d'er Möbelfabrik von Beyer u. Dörfcldt beschäftigte Feuermann Uebel. Als er die Maschine in -Gang setzen wollte, wurde er unvermutet an der Bluse sm die Transmission gezogen und zwei Mal herumgeschleuoert. .Dabei zerriß die Bltts^md UeLel flog in weitem Bogen in eine Ecke des Fabriksaa- leS, nno zwar in einen Haufen Säge- (und Hobelspäne So war der Mann ohne jede Besohüdigung da- davongekommen. — Jägersgrün, 7. April. Die 82jährige Witwe Wilhelmine Pfaff kam beim Feueranmachen dem Feuer zu nahe, sodaß ihre Kleider m Brand gerieten. Die alte Frau erlitt dabei so schwere Brandwunden, daß sie nach 2 Tagen starb. Der Doppelgänger. Roman von H. Hill. (2. Fortsetzung.) Cs blieb ihm nichts anderes übrig, als den — . quittieren. Von der Gage allein konnte er nicht leben — so nahm er denn Abschied.von der kleinen süddeutschen Garnison und wandte sich nach Berlin, da er hier eine Stellung zu finden hoffte. Ein paar hundert Mark waren ihm geblieben, so daß er für wenige Wochen zu leben hatte; bis das winzig« Kapital aufgezehrt war, hoffte er «ine erträgliche Beschäftigung zu finden. Aber alle seine Bemühungen blieben vergeblich. Wenn er glaubte, etwas Paffendes entdeckt zu haben, so waren schon hundert andere Bewerber da, die mehr gelernt hatten als er. Immer deutlicher sah er den Tag kommen, da er, ohne eines» Pfennig Geld in der Tasche, nicht mehr wissen würde, woher er seinen Lebensunterhalt nehmen sollte. Von dem eleganten Kavallerie-Offizier, dem Besitzer wertvoller Pferde, dem besten Herrenreiter, war er heute bis zum Eigentümer von wenigen Groschen herabgesunken So ties war er in seine unerfreulichen Gedanken verloren, daß er um eiu Haar unter die Räder einer Droschke geraten wäre, die bei der Friedrichstraße die Linden überquerte. Erst der nicht gerade liebenswürdig« Zuruf des Kutschers machte u,n auf die drohende Gefahr ausmerksam, und er sprang eiligst auf da» Trottoir zurück. In den Fond des Wagens zurückgelehnt saß ein einzelner Herr, der bei Burkhardts Aublick ein« merlivürdig« Aufregung zeigte. Er beugte sich weil vor, uni den jungen Mann noch einmal scharf ins Auge zu fassen. Dann wandt« er fich hastig zu dem Kutscher: »Fahren Sie nach der nächsten Post — so schnell wie möglich l" Er wartete kaum ab, bis der Wagen hielt, und füllte mit hastender Feder ein Deprschenformular. Das Telegramm war an eine Adresse in Chicago gerichtet und lautete: „L ist wieder frei. Ich sah ihn soeben .Unter de» Linde».' Schicken Sie sofort die anderen.* Fünf Minuten später setzt« «r in d«r Droschke sein« Fahrt fort. — Wolfgang Burkhardt war in die Friedrichstraße eingeboae». Er hatte dem Benehmen des Fremden nicht die geringste Be achtung geschenkt; seine Sorgen quälten ihn viel zu sehr, als da rin« so geringfügige Sache ihm nicht hätte sehr gleichgültig sei» sollen. Er war erst ein kleines Stückchen gegangen, als ih» jemand am Arme berührte. Beim Umwenden blickte er in daS bartlose Gesicht eine» «twa neunzehnjährigen Jüngling». Er wollte ihn fragen, was er von ihm wünsche, aber der junge Mensch kam ihm zuvor: »Verleihen Sie, mein Herr — aber e»ne Dame hat mich ab gesandt, Sie heraufzuholen. Sie wartet da oben. Sie hat «ine geschäftliche Angelegenheit mil Ihnen zu besprechen." Burkhardt war aufs Aenßerste erstaunt. Das offene Gesicht des Jünglings gefiel ihm und er dacht« nicht an die Möglichkeit, daß nian sich etwa einen schlechten^ Scherz mit ihm machen wolle. Aber er hatte in Berlin gar keine weiblichen Bekanntschaften, von denen er sich solcher Bot schaft versehen konnte. Und seit dem Niedergang seiner GlückS- umstände hatte er vollends alle die flüchtigen Beziehungen ab gebrochen, die er ehedem zu dem schonen Geschlecht unterhalten. Er war von jeher mehr ein Sportsmann, als ein Freund der Frauen gewesen, und noch nie hatte ein weibliches Wesen tiefer« Bedeutung für sein Leben gewonnen. »Wo ist Ihr „da oben", mein Freund?" fragte er freundlich. „In Herr» Bernardis Bureau," lautete die bereitwillige Antwort. „Die Danie ist eine von seinen Kundinnen." Burkhardt kannte den Namen des berühmten Detektiv». Und seine Neugier wurde durch den Namen, den der Bursche da genannt hatte, in noch höherem Maße gereizt Wenn hier em Mißverständnis vorlag, so war es jedenfalls der Mühe wert, ihm auf den Grund zu gehen. Darum zögerte er uicht, seiuem jugeudlichen Führer zu folgen. „Wie heißt denn die junge Dame?" fragte er, während st« die Treppe emporstiegen. Aber der andere erklärte mit einem bedauernden Achselzucken, daß er darüber keine Auskunft gebe» könne. Wenige Minuten später wußte er, daß die Liebe, die in den Tagen seines Reichtums keine Macht über ihn geivonnen hatten ihm all ihre süßen Wunder für die Zeit seiner tiefste» Armut und Erniedrigung vorbehalten hatte. Niemals glaubte er ein holdseligeres Geschöpf gesehen zu habe», als das schöne, schlank Mädchen, das sich bei seinem Eintritt aus ihrem Stuhl am Fenster erhob. Wie gebannt hingen seine Augen an ihre» reizenden Gesicht, und er, der oft ungläubig gelacht hatte, iven» mau ihm von einer Liebe auf deu ersten Blick gesprochen, erhielt in diesen» Augenblick die Gewißheit, daß die hehre Göttin ihr« uuwidcrstehliche Macht nicht ungestraft verspotten lasse. Hertha aber, für die dieser lunge Alan» nichts andere» war, als eine Figur in dem Spiel, das sie zu spiele« beabsichtigt«, fand nach Ueberwindnng einer kleinen Verlegenheit für ihre An rede eine»« ganz geschäftsmäßigen Ton. „Ich hoffe, mein Herr, daß Sie die Freiheit entschuldigen werden, die ich mir niit Ihnen genommen habe. Wenn Sie geneigt sind, auf verhältnismäßig leichte Art eine größere Summ« zu verdienen — sage» wir eine Summe von dreißigtansend Mark — so werden wir uns, wie ich hoffe, bald verständigen. Im anderen Full kann ich Sie nur um Vergebung bitten wegen der Unbequemlichkeit, die ich Jhueu bereitet habe." Burkhardt halte eine Empfindung, als wäre «r auS d«r rauben Wirtlichtest plötzlich »litten in ein abentenerliches Märchen versetzt worden. 'Aber seine Erziehung, die ihn gelehrt hatte, sich in jeder Lage des Lebens zu beherrschen, verhalf ihm auch jetzt dam, diesem Unerwarteten gegenüber seine Haltung zu bewahren. „Warum sollte ich leugnen, daß ich eine größere Geldsumme recht gut brauche« könnte?" erwiderte er niit einem kleinen Lächeln. „Und cs ist ja ein recht hübscher Betrag, den Sie da genannt haben. Zunächst aber möchte ich doch wissen, von welcher Ari die Leistnng sein soll, die Sie dafür verlangen, und vor allein, wie Sie gerade ans mich verfallen sind." Hertha machte Wolters ein Zeichen, das Zimmer zu verlassen. Und indem sie selbst ihren früheren Platz wieder einnahm, deutet» sie »nit einladender Handbewegung auf einen anderen Stuhl. „Selbstverständlich erwarte ich von Ihnen eine bestimmte Antwort erst, nachdem Sie erfahren haben, um was e» sich handelt. Ich begreife Ihr Erstaunen über die Art, in der ich mich an Sie gewendet. Aber Sie werden meine scheinbar so seltsame Handlungsweise leichter verstehen, wenn ich Ihnen sage, daß ich mich für den beivußten Zweck nur eines Herrn von ganz bestimmtem Aussehen bedienen kann. Seit Wochen sitze ich bei nahe täglich stundenlang an diesem Fenster, um in dem Gewühl der lebhaftesten Verkehrsstraße ein Gesicht zu entdecken, daS dem einer mir sehr nahestehenden Persönlichkeit ähnlich ist." Burkhardt hatte etwas wie einen Stich durchs Herz gefühlt als sie von einer ihr nahestehenden Persönlichkeit gesprochen. So töricht es ihm selbst erscheinen wollte, es ivaren doch ohne alle» Zweifel die ersten Regungen der Eifersucht, die er da verspürt hatte. „Und Sie glauben, daß mein Gesicht ?" „Es ist dem meines Verlobten so ähnlich, daß man Sie, wenn nicht sür ihn selbst, so doch sicher für einen Zwillingsbruder halten könnte. Mit einer geringen Nachhilfe würden Sie i» Wahrheit sein Doppelgänger sein." „Sehr wohl! Aber ich verstehe noch immer nicht * „Der Herr, von dem ich spreche, befindet sich als Geistes kranker in einer Heilanstalt. Aber er ist bei völlig gesundem Berstande. Und Sie sollen mir dazu helfen» ihn zu befreien." Es war für Burkhardt wahrhaftig lehr wenig Verlockendes in diesem seltsamen Anerbieten. Einen Menschen aus dem Irren- Hause zu befreien, nur damit er in der Lage sei, von diesem holdseligen Wesen Besitz zu nehmen, erschien ihm als die unge heuerlichste aller Zumutungen, die man ihm hätte machen könne»». Tausendmal eher würde er bereit gewesen sein, den Kamps gegen «ine ganze Welt aufzunehmen, um sie damit für sich selbst zu ge winnen. Aber «raren das für einen Menschen in seiner Lag« nicht sehr törichte Bedenklichkeiten? Er dachte an die dreißig- tausend Mark, die sie ihm in Aussicht gestellt, und fragt«: „Gnädiges Fräulein haben ohne Zweifel bereits einen be stimmten Plan?" « Sie eine Nervenkrankheit heucheln und, ""f "5,"^ Kosten, unter irgend einem Namen in der namltchen Heilanstalt An,nähme suchen sollten. Ihre Aehnlichkeit mit memem Bcrlobtcn würde Ihnen dann genuß die Möglichkeit gewahren, bei payender Gelegenheit die Wärter zu täuschen und
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