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Amts- und gnzeigeblatt für den Amtsgerichtsbezirk Eibenstock und dessen Umgebung Bezugspreis Vierteljahr!. M. 1.50 einschließl. des „IUustr. Unterhaltungsblatts" und der humoristischen Beilage „Seifenblasen" in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Tel.-Adr.: Amtsblatt. für Eibenstock, Larlsfeld, kjundshübel, Neuheide, (VbersMtzengrün, Zchönheide, Zchönheiderhammer, Zosa, Unterstützengrün,wildenthal usw. Verantwortlicher Redakteur. Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. . - - 87. Jahrgang, - Sonntag, den 18. Dczember Erscheint täglich abends mit Rusnahme der - Sonn- und Feiertage für den folgenden Tag Anzeigenpreis: die kleinspaltige Zeile 12 : Pfennige. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pfennige. »4«4«44444444*4444444*ch44444444444444*ch4< Fernsprecher Nr 210. 4. Termin Gcmcindccinkommcnstener 1910 betr. An die Bezahlung des am 15. November dsS. Js. fällig gewesenen 4. Termins Gemetndeeinkommenftener wird hiermit nochmals erinnert mit dem Bemerken, daß, nachdem die zur Bezahlung nachgelassene Frist von 4 Wochen abgelaufen ist, gegen säumige Zahler nunmehr das ZwangSvollftreckungsverfahre« eingeleitet werden wird. Eibenstock, den 16. Dezember 1910. Der Stadtrat. Hesse. Bg. Errichtung einer Höheren Abteilung an der Ocfsentlichen Handcls- lchranstalt zu Plauen i. V. (früher Handelsschule zu Plauen) 3 jähriger Kursus mit Vorbereitungsklasse. Die höhere Abteilung hat die Aufgabe, ihren Schülern außer einer über das Ziel der Volksschule hinausgehenden Allgemeinbildung eine den Anforderungen der Gegenwart entsprechende höhere kaufmännische Aachvilvung zu vermitteln und sie zur Erwer bung des Berechtigungsscheines zum einjährig-freiwilligen Militärdienste zu befähigen. Zum Eintritt in die 3. Klasse werden Kenntnisse vorausgesetzt, wie sie auf einer gehobenen Bürgerschule nach 8jährigem Schulbesuche erworben werden können; außerdem wird sichere Beherrschung der Grammatik der französischen Sprache bis einschl. der regel mäßigen Verben verlangt. Die Borbereltungsklasse ersetzt das 8. Schuljahr der Volks schule und bereitet unter Betonung von Deutsch, Rechnen und Französisch zum Eintritt in die 3. Klasse der höheren Abteilung vor. Der Eintritt in diese Klasse kann demnach schon mit 13 Jahren erfolgen. Ostern 181t werden zunächst die 3. Kt sse der höhe ren Abteilung und die Vorbereitung-klasse eröffnet Weitere Auskunft erteilt gern und Anmeldungen nimmt entgegen. Prof. Direktor. Nr. 1l» des Nachtrags zur Schankstättenverbotsliste ist zu streichen. Stadtrat Eibenstock den l6. Dezember 1910. Staatsminister Graf Vitzthum von Eckstädt über die Ausfuhrfähigkeit der sächsischen Industrie. Bei dem Festmahl aus Anlaß der Einweihung des neuen Dienstgebäudes der Handelskammer Dresden, das mit einem vom Präsidenten der Handelskammer Dresden auf Ihre Majestäten Kaiser Wilhelm und Kö nig Friedrich August ausgebrachten Trinkspruch ein geleitet wurde, antwortete Se. Exzellenz Herr Staats minister Graf Vitzthum von Eckstädt auf das zweite, vom Vizepräsidenten Herrn Kommerzienrat Hensel-Pir na auf die Vertreter der Königl. Staatsregierung und alle anderen Gäste der Handelskammer ausgcbrachte Hoch in folgender Rede: Meine Herren! Ich bin von den anderen mit hier anwesenden Herren Staatsministern gebeten worden, auf die liebenswürdigen Worte der Begrüßung zu ant worten, die der Herr Vorredner soeben an die Ehren gäste gerichtet hat. Ich glaube im Sinne aller Ehren gäste zu handeln, wenn ich den Dank für Einladung und Begrüßung mit einem herzlichen Glückwunsch be antworte. Es ist eine schöne Sitte, den Einzug in ein neues Haus dadurch zu feiern, daß man es seinen Nach barn und Freunden gastlich öffnet. Und die Nachbarn und Freunde können nichts Besseres tun, als den: Wunsch mitzubringen, daß Gottes Segen auf der Arbeit ruhe, die in diesem Hause geleistet wird und daß das Haus eine rechte Heimstätte werde für alle, die dort aus- und eingehen. Ich habe schon heute früh Gelegenheit gehabt, den Herren meinen Glückwunsch auszusprechen, gestatten Sie mir einen Gedanken, den ich dort angedeutet habe, et was näher auszuführen: Ich wies darauf hin, wie die Entwickelung unserer sächsischen Industrie nach in nen die Steuerkraft des Landes und die Erwerbsfähig keit seiner Bevölkerung mächtig gehoben habe und wie sie nach außen uns den Ruf eines industriellen Aus fuhrlandes ersten Ranges verschafft habe. Mit dem Hinweis auf den Exportcharakter unserer Industrie berühre ich eine Eigentümlich keit unserer Entwickelung. Sie hat einerseits — un serem Lande zweifellos zum Vorteil — die Grenzen seines Einflusses und seiner Betätigung weit hinaus geschoben über die Grenzen des natürlichen Staatsge biets. Sie hat andererseits — und darin liegt eine gewisse Gefahr — unsere inneren Verhältnisse in eine gewisse Abhängigkeit vom ausländischen Markt und von der amsländischen Konjunktur gebracht. Die Regierung muß mit dieser Tatsache rechnen. Unsere Industrie wird bis auf weiteres darauf ange wiesen sein, den größten Teil ihrer Erzeugnisse aus- zusühren; darum hat auch der sächsische Staat das leb hafteste Interesse daran, der Industrie diese Ausfuhr möglichkeit zu erhalten, um sich selbst die Steuerkraft und Erwerbsfähigkeit seiner Bevölkerung zu bewahren. In dem Streben begegnen uns neuerdings man cherlei Schwierigkeiten. Bald drohen sie uns aus einem Lande zu kommen wie Japan, das die Anspruchslosig keit seiner Bevölkerung anzuspannen gedankt, um sich eine neue Industrie erst zu schaffen, bald sind es alte Industrieländer wie Frankreich und Amerika, die ihr Schutzzollsystem bedrohlich weiter ausbauen. Hier sind es neu erschlossene Wasserkräfte, wie in Schweden, die mit Hilfe der Elektrizität dienstbar gemacht für neue Industrien billige Arbeitskraft liefern, dort wächst uns eine Konkurrenz heran mit Hilse der Maschinen, die wir selber ausführen. Und bei unserem wichtigsten Rohstoff, der Baumwolle empfinden wir schmerzlich die Abhängigkeit vom ausländischen Produzenten. Bei allen diesen Schwierigkeiten tröstet uns einiger maßen das Bewußtsein, daß wir einen Vorsprung be sitzen, auf dem uns das Ausland nicht allzubald einho len wird. Worin besteht er? Bei manchen Industrie zweigen mag der Besitz von Patenten und Fabrikations geheimnissen einen solchen Vorsprung gewährleisten. Aber diesen Vorteil genießt doch nur ein Teil unserer Industrie. Wertvoller schon ist die Tatsache, daß sich wohl unsere gesamte Industrie auf eine durch viele Generationen hindurch geschulte Arbeiterschaft stützen kann. Der entscheidende Grund für den bisher errun genen Vorsprung liegt aber wohl in der Fähigkeit un seres Handels, mit den Bedürfnissen und Gewohnheiten unserer Abnehmer auch in den fernsten Ländern Füh lung zu halten und in dem Bestreben unserer Industrie, die alte Kundschaft durch stetige Verbesserung der Lei stungen dauernd zu erhalten. Wir können aber vor der Tatsache nicht die Au gen schließen, daß auch in den mit uns im Wettbewerb stehenden Ländern das Bestreben besteht, die Ware — insbesondere gewisse Spezialitäten in immer grö ßerer Vollkommenheit zu liefern. Und so scheint die ganze Entwickelung auf dem Weltmarkt auf eine Ar beitsteilung in der Weise hinzudrängen, daß eine Na tion der andern die Herstellung gewisser Spezialitäten überläßt. Aber doch nur in sehr bedingter Weise; denn diese Entwickelung vollzieht sich nicht im Wege fried licher Verständigung, sondern in heftigem wirtschaft lichem Wettkampf. Selbst die Handelsverträge, in de nen sich die wirtschaftlichen Machtvcrhältnisse wider spiegeln, mögen sic auch auf beiden Seiten von fried lichem Geiste getragen sein, im Grunde dienen sie doch dem Aufmarsch aller industriellen Kräfte zu erneutem Kampfe. Wenn wir daher in einem Handelsvertrag auch diesen oder jenen Markt für einen oder den andern Artikel aufgegeben haben, so muß dann um so härter der Kampf um andere jungfräuliche Märkte und um den Absatz derjenigen Waren entbrennen, in deren Herstel lung wir uns stark fühlen. So ist die Entwickelung in unaufhörlichem Flusse begriffen und kaum ist ein Handelsvertrag glücklich zum Abschluß gelangt, so zei gen sich in der Zukunft neue Aufgaben. Die sächsische Industrie und der sächsische Handel dürfen versichert sein, daß die StaatSrcgierung sich der Verpflichtung bewußt ist, dem sächsischen Gewerbe in diesem Kampfe um den ausländischen Markt zu helfen, soweit sie dazu im Rahmen der Handelspolitik des Reiches imstande ist. Wenn nun in den Kreise,, der säch sischen Industrie mit Recht erkannt worden ist, daß der Schwerpunkt dieses Strebens in die Verhandlungen des Wirtschaftlichen Ausschusses gelegt werden muß, so ist der Wunsch der sächsischen Industrie durchaus verständ lich und berechtigt, in diesem Ausschuß so gut als irgend möglich und zwar unter Berücksichtigung der Bedeu tung der sächsischen Ausfuhr vertreten zu lein. Die Re gierung wird es sich angelegen sein lassen, auch diesen Wunsch nach Möglichkeit zu fördern. Nur möchte ich ei ner ängstlichen Auffassung entgegentreten, als hänge das Ergebnis der Beratungen im Wirtschaftlichen Ausschuß von dessen zahlenmäßiger Zusammensetzung ab. Wer den Beratungen dieser aus hervorragenden Sachverständigen zusammengesetzten Körperschaft bei gewohnt hat, wird bestätigen können, daß es bei den durchaus sachlich geführten Beratungen in der Haupt sache darauf ankommt, in welcher Weise und mit welchen Gründen Forderungen und Wünsche vertrete,, werden- Es kommt daher auch hier mehr auf die Qualität als auf die Quantität an Ich glaube, die sächsische Industrie und insonder heit die Dresdner Handelskammer kann sich glücklich schätzen, in der Person des verehrten Vorsitzenden der Dresdner Handelskammer einen ebenso erfahrenen wie eifrigen Vertreter im Wirtschaftlichen Ausschuß zu be sitzen. Möge es ihm und seinen Kollegen gelingen, die sächsischen industriellen Interessen auch in Zukunft wirk sam wahrzunehmen. Heute gedenken wir aber in erster Linie derjenigen Gewerbetreibenden, die in der Dresdner Handelskam mer ihre Vertretung besitzen. Darum kehre ich zum Schluß zum Eingang meiner Ausführungen zurück. Mö ge die Industrie des Handelskammerbezirks blühen und gedeihen und möge Gottes Segen auf der Arbeit ruhen, die in diesem Hause geleistet wird. Die Rede des Ministers wurde häufig durch Beifall unterbrochen. Tagesgeichichte. Deutschland. Der deutsche Kronprinz in Bombay. Ans Bombay, 16. Dezember, wird gedrahtet: Sämt liche Mitglieder der deutschen Kolonie begrüßten gestern abend den Kronprinzen im Bungalow des deutschen Konsuls. Auf Wunsch des Kronprinzen sah man von der Ueberreichung einer besonderen Adresse ab. Der Kronprinz unterhielt sich in ungezwungenster Weise mit jedem Einzelnen und zeigte großes Interesse für die indischen kommerziellen und industriellen Einrich tungen. Heute vormittag besuchte der Kronprinz die arabischen Ställe. Nachmittags erfolgte die Abreise nach Haiderabad. Zur Verabschiedung bei Seiner Kai serlichen Hoheit war Gouverneur Sir George Syden- ham mit seiner Gemahlin am Bahnhofe erschienen- Der Ton im Reichstage. Der Ton im Reichstage ist, wie die letzten Debatten zur Genüge dar getan haben, auf einem bedenklichen Tiefstand ange- hangt. Er nähert sich der Verwilderung, und man kann beinahe auf ihn das bekannte Wort anwenden: „Es gibt keine schlimmeren Wilden, als die zivilisier ten Wilden". Ein kräftiges, entschiedenes Wort, wa rum soll es nicht gesprochen werden ? Sogar ein der bes Wort kann mitunter als „goldene Rücksichtslosig keit" erfrischend wie ein Gewitter wirken. Die Be schimpfungen aber und Anrempeleien, denen in erster Reihe die Vertreter der Regierung ausgesetzt waren und denen sie, wie anerkannt werden muß, mit ebensoviel Takt wie Selbstbeherrschung standhielten, diese Me thoden des Niederschreiens sind denn doch des Deut schen Reichstages unwürdig. Von dem Eindruck, den solche Szenen auf das Ausland machen, ganz zu schwei gen. Viel bedauerlicher ist der Eindruck auf deutsche Leser. Wenn irgendwer im Reichstage glauben wollte, durch die — beiläufig manchmal künstlich angefachten Sturmszenen werde das politische Interesse eine Be lebung erfahren, so dürfte dies eine arge Selbsttäusch ung sein. Das Gegenteil ist der Fall: die Gefahr besteht, daß viele an einer Politik den Geschmack verlieren, die in einer Zeit, die so schwere Anforderungen an das Le ben stellt, Ernst und Sachlichkeit der Auffassung in ho hem Grade vermissen läßt. Die letzten Etatdxbattenj sind kein Ruhmesblatt in der parlamentarischen Ge schichte; wohl niemals seit dem Bestehen oes Reichs tages waren in wenigen Tagen so zahlreiche präsidiale Ordnungsrufe erforderlich. Die sachliche Ausbeute ist eine verzweifelt geringe. Persönliche Eitelkeit und Mangel an Erziehung haben Triumphe gefeiert. Verfass ungsentwurffürElsaßLoth-