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Mts- un- Änzeigeblatt für den Amtsgerichtsbezirk Eibenstock und dessen Umgebung Fernsprecher Nr 210. Hel.-Ndr.: Amtsblatt. -u SLS SSL» Erscheint täglich abends mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage für den folgenden Tag Anzeigenpreis: die kleinspaltige Seile 12 Pfennige. Im amtlichen Teile die gespaltene Seile 30 Pfennige. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. ' ----n-----. 57. Jahrgang. — Freitag, den 16. September Bezugspreis Vierteljahr!. M. l.50 einschließl. des „Illustr. Unterhaltungsblatts" und der humoristischen Beilage „Seifenblasen" in der Expedition, bei unseren Voten sowie bei allen Reichspostanstalten. Eibenstock, Earlsfeld, Hundshübel, Neuheide, Gberstützengrün, Schönheide, Zchönheiderhammer.Zosa,Unterstützengrün,wildenthal usw. Pflichtfeuerwehr Carlsfeld. Sonntag, den 18. September 1910, früy v,7 Myr: Antritt: Am Marktplatz. Uebungspflichtig sind alle reichsdeutschen Einwohner vom 1. Januar desjenigen JahreS ab, in welchem sie das 18. Lebensjahr erfüllen, bis zum 3l. Dezember desjenigen Jahre», in welchem sie das 35. Lebensjahr vollenden. Die Mannschaften haben sich be, Vermei» dung einer Geldstrafe bi» z« 30 M. pünktlich einzufinden. Carlsfeld, den 13. September 1910. Der Gemeindevorstand. Der Feuerwehr-Kommandant. Wenn Diplomaten reden. Beim Abschiedsbankett der Pariser deutschen Ko lonie hat der bisherige Botschafter, Fürst Radolin, eine Rede gehalten, deren Wortlaut geeignet ist, das größte Aufsehen zu erregen. Anfänglich war man geneigt, den vorliegenden Berichten keinen Glauben beizumes sen, weil man von einem angesehenen hohen deut schen Beamten eine derartige Haltung nicht gewöhnt ist. Nunmehr liegt aber der Wortlaut der Rede vor, und hieraus erhellt, daß der Botschafter tatsächlich er klärt hat, daß er die Verabschiedung noch nicht erwar tete und mit ungebrochener Kraft Paris verlasse; auch der nachfolgende Satz, wonach Fürst Radolin ohne Neid und Eifersucht seinem Nachfolger die besten Erfolge wünsche, weil ihm das Interesse Deutschlands über al les gehe, scheint eine kleine Spitze zu enthalten. Bis her war es bei uns in Deutschland nicht üblich, daß ein Diplomat in so angesehener Stelle seinem verbit tertem Herzen in derartiger Weise Luft macht, und man wird nicht behaupten können, daß ein derartiges Verhalten dem Staatswohl zu Nutzen dient. Es steht wohl außer Zweifel, daß Fürst Radolin, wie man so zu sagen Pflegt, „abgesägt" worden ist, obwohl er gern noch trotz seines hohen Alters den Posten des Botschaf ters in Paris weiter versehen wollte. Nun liegt es aus der Hand, daß gerade auf einen derartigen wichtigen Posten eine frische Kraft gehört, und man wird es dem Reichskanzler nicht verdenken können, wenn er da ein griff; gewiß hat Fürst Radolin große Verdienste wäh rend seiner langjährigen diplomatischen Laufbahn und seine guten Beziehungen zur Pariser Gesellschaft mö gen ihm auch tatsächlich zuweilen zugute gekommen sein, andererseits aber läßt sich nicht leugnen, daß seine Tätigkeit in Paris den Gegenstand scharfer Angriffe gegeben hat und daß man vielfach die Ansicht vertrat, nach Paris gehöre eine andere umsichtigere Persönlich keit. Ob dies freilich Freiherr von Schön sein wird, dem Radolin Platz machen muß, läßt sich heute keines wegs Voraussagen. Fürst Radolin selbst scheint auf seine Verdienste sehr stolz zu sein und er vergißt in seiner Abschiedsrede nicht, diese zu unterstreichen. Das scheint eine kleine Schwäche von ihm zu sein, denn schon einmal hat der Botschafter von sich reden gemacht, als er die Verdienste um die Einigung zwischen Deutsch land und Frankreich in der Marokkofrage gegenüber dem Fürsten Bülow für sich selber in Anspruch uahm, was seinerzeit sogar zu einer offiziösen Note in der „Nordd. Allg. Ztg." führte, um aller Welt kund und zu wissen zu tun, daß zwischen dem Reichskanzler und dem Pariser Botschafter keinerlei Differenzen bestehen. Es ist ja menschlich begreiflich, daß Fürst Radolin über das vermeintliche Unrecht, das ihm durch seine Abbe rufung geschieht, verbittert ist, aber es spricht sicher lich nicht für ihn, daß er es sich nicht versagen konnte, einen derartigen Pfeil gegen die Berliner Zentrallei tung loszulassen, und hieran hätte ihn der diploma tische Takt selbst dann hindern müssen, wenn seine Ab berufung in einer etwas brüsken Form erfolgt sein sollte, wre das in letzter Zeit gegenüber hohen Staats beamten mehrfach der Fall gewesen sein soll. Tagesgeschichte. Deutschland. — Die Kaiserreise nach Ungarn und Oesterreich. Am Freitag nachmittag trifft Kaiser Wilhelm auf der Station Fünfkirchen ein, von wo er seine Reise bis Mohacs fortsetzt, um sich dann auf der Donau in das dem Erzherzog Friedrich gehörige Jagd schloß Bellye zu begeben. Unser Kaiser hat schon sehr oft im Gebiete der Doppelmonarchie dem edlen Waid werk abgelegen, und es sind in diesen Septembertagcn gerade 25 Jahre her, daß er — damals noch Prinz — den vom Kronprinzen Rudolf veranstalteten Hoch gebirgsjagden in Steiermark beiwohnte, während er das letzte Mal im November 1908 beim Erzherzog Franz Ferdinand in Eckartsau jagte. Auf den unga rischen Jagdgründen des Erzherzogs Friedrich, welcher der älteste Bruder der Königin-Mutter von Spanien und mit Prinzessin Isabella von Croy vermählt ist, hat der Kaiser auch bereits verschiedene Male geweilt. Er liebt dieses weltentlegene Revier, das von der Sta tion Mohacs erreicht wird, einem Marktflecken im Ko- mitat Baranya, wo 1526 Soliman II. die Ungarn aufs Haupt schlug und wo anderthalb Jahrhunderte darauf Karl von Lothringen den Türken eine schwere Nieder lage beibrachte. Des Kaisers Aufenthalt im Schloß Bellye wird vier Tage dauern, sodann erfolgt die Ab reise nach Wien, wo die Ankunft am Dienstag vormit tag stattfindet. — Kaiser Wilhelm läßt es sich nicht .nehmen, bei seiner Anwesenheit auf österreichisch-un garischem Boden auch den kaiserlichen Freund und Alli ierten in Schloß Schönbrunn zu begrüßen, mit dem er zuletzt im September 1909 bei den Manövern in Mäh ren zusammen war. Des Kaisers jetziger Besuch ist vornehmlich eine nachträgliche Geburtstagsvisite, Wil helm II. will nicht unterlassen, dem greisen Monar chen, der bekanntlich am 18. August das 80. Lebens jahr vollendete, auch noch persönlich seine Glückwünsche darzubringen. Eine besondere politische Bedeutung hat demnach diese Begegnung nicht, die lediglich neuerdings die herzlichen Beziehungen dokumentierte, welche sort und fort zwischen den beiden Herrschern und zwischen den beiderseitigen Reichen bestehen. Daß dieses selten gute Freundschafts- und Allianzverhältnis, welches nun schon drei Jahrzehnte angedauert hat, immer wieder der Welt vor Augen geführt wird, ist eine der sichersten Garantien für die Erhaltung des europäischen Frie dens. Und deshalb ist der bevorstehende Besuch un seres Kaisers in Wien freudig zu begrüßen, er bedeu tet für uns eine neue Bürgschaft, daß der Friede unter den Großmächten keine Störung zu befürchten hat. — Verdrehung der tatsächlichen Ver hältnisse. Die „Berl, polit. Nachr." schreiben: In den letzten Tagen suchen einige Zeitungen den finanzi ellen Erfolg der Reichsfinanzreform von 1909 dadurch zu diskreditieren, daß sie von einem Zurückbleiben der tatsächlichen Erträge der neuen Zölle und Steuern hin ter den Erwartungen um 200 Millionen Mark sprechen. Diese Behauptung ist auf die Berechnungen des Han- sabundes zurückzuführen; allerdings ist er insoweit in Schutz zu nehmen, als er nur gemeint hat, um etwa 200 Millionen Mark bliebe der Etatsansatz für 1910 hinter den Erwartungen von den Erträgen der letzten Reichsfinanzreform zurück. Aber auch diese Behaup tung ist falsch. Wir haben zahlenmäßig nachgewiesen, daß die Differenz zwischen der ursprünglichen Ertrags schätzung und dem Etatsansatze von 1910 sich auf rund 120 Millionen Mark beläuft. Dazu kommt, daß ganz naturgemäß der Etatsansatz für 1910 nicht mit den dauernden Einnahmen aus den neuesten Zöllen und Steuern identisch ist. Schon der nächstjährige Reichs haushaltsetat wird voraussichtlich eine kleine Steige rung der aus der Reichsfinanzreform von 1909 sich er gebenden Ansätze aufweisen. Es war auch von vorn herein in Aussicht genommen, im Interesse der Gesun dung der Reichsfinanzen nicht gleich den ganzen dau ernden Ertrag in den Etat einzustellen. Wer nunmehr trotz aller dieser Feststellungen bei der Behauptung beharrt, daß der finanzielle Erfolg der letzten Reichs finanzreform um 200 Millionen Mark hinter den Er wartungen zurückgeblieben sei, macht mindestens sich einer leichtfertigen Verdrehung der tatsächlichen Ver hältnisse schuldig. — Zur Fleischnot. Ueber den Empfang einer Deputation des Deutschen Fleischerverbandes beim Landwirtschaftsministers berichtet die „N. A. Ztg.": Der Minister gab zunächst dem lebhaften Interesse Aus druck, welches er der Frage der Fleischteuerung und Fleischversorgung schon zu einer Zeit entgegengebracht habe, wo die Klagen über die Steigerung der Vieh- und Fleischpreise noch nicht zu seiner Kenntnis gebracht seien. Der Minister glaubte eine weitere Erleichterung der Einfuhr von Nutz und Schlachtvieh aus dem Aus lande im Hinblick auf die für den inländischen Viehbe stand drohende Seuchengefahr und auch deshalb nicht in Aussicht stellen zu können, weil der Viehbestand sowohl wie die Höhe der Viehpreise in den für die Ein fuhr in Betracht kommenden Ländern eine erhebliche Vermehrung der Einfuhr und damit einen nennens werten Einfluß auf die Gestaltung der Viehpreise im Inlands nicht erhoffen lassen. Auch von der zollfreien Einfuhr von Futtermitteln, die zudem mit Rücksicht auf die Reichsfinanzen kaum ausführbar erscheine, sei eine Besserung der augenblicklichen Lage um "so weniger zu erhoffen, weil ein Futtermangel gegenwärtig nicht vorhanden, im Gegenteil der reichliche Futtervorrat zum Teil die schwächere Beschickung der Rindvieh märkte herbeigeführt habe. Der Minister gab schließ lich die Erklärung ab, daß, wenn wider Erwarten ein Rückgang der gegenwärtigen Vieh- und Fleischpreise nicht eintreten und der Marktauftrieb dauernd nachlas sen sollte, er sich der Verpflichtung nicht entziehen werde, weitere Maßnahmen zur Sicherung der Fleisch versorgung ins Auge zu fassen. Er könne aber auch für diesen Fall in erster Linie nur eine Erleichterung der Fleischeinfuhr, die übrigens schon jetzt keineswegs unbedeutend sei, in Aussicht stellen. — Das Talon st euergesetz, das im vorigen Jahre als ein Glied der Steuerreform zur Einfüh rung gelangte, wird im Reichstage kein Nachspiel mehr erhalten. Bekanntlich waren von zahlreichen Banken im Sommer 1909 vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umgehung der Steuer neue Talonbogen ausgege ben worden. Durch Verhandlungen mit diesen Insti tuten ist es fast in allen Fällen gelungen, die entzogene Steuer nachträglich zu erheben, so daß eine Novelle zum Talonsteuergesetz, die dieser Umgehung entgegen treten wollte, nicht nötig ist. — Zur Erweiterung der Zündwaren steuer. Wie der Berliner Korrespondent der „Franks. Ztg." erfährt, hat sich das Reichsschatzamt inbezug auf eine Erweiterung der Zündwarensteuer noch nicht fest gelegt, vielmehr erst an die Bundesregierung diesbe zügliche Anfragen gerichtet, von deren Ergebnis es ab hängen wird, ob eine solche Vorlage die gesetzgebenden Körperschaften in der nächsten Session beschäftigen wird. — Gesamtaussperrung der Metallar beiter? Der Vorstand des Gesamtverbandes Deut scher Metallindustrieller hat, wie wir erfahren, beschlos sen, aus Donnerstag, den 22. September, eine Aus schußsitzung nach Berlin einzuberufen, welche über die Gesamtaussperrung zugunsten der angegriffenen See schiffswerften Beschluß fassen soll. Rußland. — Petersburg, 14. September. Die Kiewer Jntendanturrevision stellte fest, daß die dor tigen Intendanten im Verlauf von fünf Jahren sieb zehn Millionen Mark Schmiergelder erhal ten haben Belgien. — Brüssel, 14. September. Nach der neuesten hierher gelangten amtlichen Meldung ist der Besuch des deutschen Kaiserpaares erst nach dem 25. Oktober zu erwarten, jedoch noch vor Schluß der Welt ausstellung. Griechenland. — Athen, 14. September. Um 11 Uhr vormit tags wurde durch den König die Nationalver sammlung eröffnet. Die Kammer war sehr zahl reich besucht; auf den Tribünen sah man viele Diplo maten. Draußen bildeten die Truppen Spalier. Bei der Eröffnung stand der Kronprinz zur Rechten des Königs, eine große Zahl Offiziere wohnten der Feier bei. In seiner Rede sagte der König: Die Beding ungen, unter welchen die Nation den Kammerbeschluß vom 18. Februar annahm, haben bewiesen, daß unser ganzes Volt die Verfassung, die Kraft unseres Landes, unversehrt aufrecht erhalten will. Auf derselben Grundlage ist der allgemeine Wunsch ausgesprochen worden, daß nur die nicht grundlegenden Bestimmungen der Verfassung revidiert werden sollen. So ist das Volk dazu berufen worden, die doppelte Zahl von Ab geordneten zu dieser Verfassungsrevision zu erwählen. Ich freue mich, Sie hier begrüßen zu können, und ich